Hinweise des Tages
(KR+AM)
- Thema „Unterschicht“
- Die SPD entdeckt, dass die Mitte den sozialen Abstieg fürchtet
Hubertus Heil über die neue Drei-Drittel-Gesellschaft, Probleme der Unterschicht und Fehler des Sozialstaats.
Quelle: TAGESSPIEGELKommentar: Der Generalsekretär der SPD beklagt die Folgen rot-grüner Politik:
Unsere Gesellschaft droht in eine Drei-Drittel-Gesellschaft zu zerfallen: Das Drittel, dem es richtig gut geht, vererbt alle Chancen an seine Kinder. Dann gibt es die verunsicherte Mitte der Gesellschaft, die den sozialen Abstieg befürchtet. Schließlich das Drittel, das abgehängt ist, die neuen Armen.
Zugleich verteidigt er diese Politik:
In der SPD gibt es einen wachsenden Stolz über den Mut der rot-grünen Bundesregierung, die überfälligen Reformen anzupacken.
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Armut und soziale Ausgrenzung sind nicht über uns gekommen; sie sind das Ergebnis der Politik von Gerhard Schröder.
Quelle: TAGESSPIEGEL
Für solche Versuche, die Wähler zu täuschen, fand der SPD-Linke Ottmar Schreiner passende Worte:
- Die SPD entdeckt, dass die Mitte den sozialen Abstieg fürchtet
- Der missverstandene Nobelpreisträger
Als der US-Ökonom Edmund Phelps vor einigen Tagen den Nobelpreis für Wirtschaft gewann, wurde er vielfach als Kritiker des Wohlfahrtsstaats und als Gegner aktiver Arbeitsmarktpolitik dargestellt. Doch diese Deutung ist irreführend und gefährlich, schreibt der Volkswirt Willi Semmler.
Quelle: SPIEGELKommentar: Für den meist stramm neoliberalen SPIEGEL unter Stefan Aust ein ungewohnt nachdenklicher Beitrag zum Thema Sozialstaat.
- Die Verantwortung für den Lehrstellenmangel
weisen die Massenmedien den Schwächsten unserer Gesellschaft zu: den sogenannten »Lernbeeinträchtigten«. Man könne, so tönten kommerzielle wie auch öffentlich-rechtliche Sender, die Arbeitgeber doch verstehen, wenn sie es ablehnten, infolge mangelhafter schulischer Leistungen unfähige (und infolge mangelhafter elterlicher Erziehung undisziplinierte) Lehrlinge einzustellen. Unbeachtet bleibt, dass ein großer Teil der Kinder und Jugendlichen heute in Verhältnissen aufwächst, in denen es weder feste Arbeit noch geregelte Arbeitszeiten noch ausreichende Familieneinkommen gibt. Verschwiegen wird, dass nach Angaben der Wohlfahrtsverbände zur Zeit jedes sechste Kind in Armut aufwächst, weil es mit seiner Familie auf Sozialhilfe-Niveau leben muss. Dass Lernbeeinträchtigung und Verhaltensgestörtheit junger Menschen zumeist aus sozialer Benachteiligung erwachsen, schert die Kommentatoren nicht. Die rufen auch nicht Regierungen und Parlamente auf, die Sparmaßnahmen bei Schulen und Bildungseinrichtungen abzubrechen und auf Gegenkurs zu gehen. Nicht die Wirtschaft, nicht die politischen Rahmenbedingungen, nicht unsere Gesellschaft – nein, die Jugendlichen selbst sollen an ihrem Elend schuld sein!
Quelle: LINKSNET - Die Lieben des Merz
Immer unverhohlener sichert sich Friedrich Merz, als Abgeordneter augenscheinlich unterfordert, zusätzliche Einnahme- und Einflussquellen. “Ist er nun vormittags Abgeordneter und nachmittags Lobbyist oder umgekehrt” fragt Christian Humborg, bei Tranparency International zuständig für politische Korruption. Letztlich aber müsse der Wähler entscheiden, wie viel er sich gefallen lässt. Und der hat Friedrich Merz nun schon dreimal mit einem Direktmandat in den Bundestag geschickt.
Quelle: FR - Unsere Stärke ist die Breite
Eliteforscher Hartmann prophezeit eine zweigeteilte Universitätslandschaft mit einem ungleichen Wettbewerb: „In 10 Jahren werden wir 25 forschende Unis haben. Die restlichen 75 Unis werden im Kern nur noch ausbilden.“
Quelle: TAZ - Evaluierungswahn an den Hochschulen
Die Wissensgesellschaft fördert selten kluges Denken: Der Wiener Philosoph Konrad Paul Liessmann über Reformgeist, verfehlte Bildungspolitik, den Evaluierungswahn und anderes unnützes Wissen.
Quelle: TAZ - Die Haftung der Manager
Oskar Lafontaine über den Einstieg des Staates bei EADS und die Verantwortung der Manager in Deutschland.
Quelle: FR - Die Älteren aufs Abstellgleis
Die Unternehmensberatung Roland Berger empfiehlt Jobcentern, ältere Erwerbslose möglichst abzuwimmeln. Intensivere Betreuung soll es nur noch bei Aussicht auf Vermittlung geben.
Quelle: Junge Welt - Hungerlohn trotz Abschluss
„Insgesamt können sich die Unternehmen zunehmend auch für geringe Löhne aus dem Pool der Qualifizierten bedienen“, sagte Professor Gerhard Bosch gestern bei der Vorlage einer Studie des Gelsenkirchener Instituts Arbeit und Technik (IAT) zum Thema Mindestlöhne. Von einer starken Zunahme des Niedriglohnsektors in den vergangenen Jahren hätten vor allem Geringqualifizierte nur wenig profitieren können. In ihrer Studie plädieren die Wissenschaftler für die schrittweise Einführung von Mindestlöhnen.
Quelle: Kölner-Stadt-Anzeiger - Gegen die Ausbeutung von Praktikanten
DGB reicht Petition beim Bundestag ein. Auch die Berliner IHK will Standards für Praktikanten und eine Mindestvergütung.
Quelle: TAGESSPIEGEL - Die Angst geht um
Die Stimmung in den Belegschaften von Deutschlands größtem IT-Dienstleister T-Systems ist mies. »Das Unternehmen wird jedes Jahr umgebaut und neu strukturiert – und dabei geht es nur um Kostenersparnis und Personalabbau«, kritisierte ver.di-Sekretär Lehmann. »Wir kommen mit der Arbeit gar nicht mehr hinterher«, bestätigte ein Angestellter, der im Bereich »Remote-Entstörung« tätig ist. Auch hier lagere der Konzern die Arbeit zunehmend in Billiglohnländer wie Ungarn und Indien aus, berichtete er. »Das einzige, was zählt, ist, dass es billiger wird – die Probleme, die dabei auftauchen, werden ignoriert.«
Quelle: Junge Welt - Macho-Vorwurf gegen Allianz-Vorstand
Neue Art von Jobabbau: Der Münchener Versicherer soll seine Mitarbeiterinnen aufgefordert haben, Kinder zu kriegen – damit Stellen gestrichen werden können. Frauen sind empört, demonstrieren dürfen sie aber nicht. Der Chef fühlt sich missverstanden.
Quelle: TAZ - Jedes fünfte Windrad im Norden steht still
Der auf dem “Energiegipfel” der Bundesregierung angekündigte beschleunigte Ausbau erneuerbarer Energien gerät wegen fehlender Stromleitungen ins Stocken. Die Stromnetze können das rapide wachsende Angebot an Windenergie nicht mehr verkraften. Windparks werden immer öfter abgeschaltet – auch bei Starkwind.
Quelle: WELT - Menschenrechts-Experten bekräftigen absolutes Folterverbot
Das vom Völkerrecht vorgeschriebene absolute Folterverbot ist nicht nur gefährdet, sondern de facto bereits abgeschafft – vor allem durch den Anti-Terror-Kampf der USA. Zu diesem Urteil sind Juristen und Historiker bei einer zweitägigen Fachtagung in Berlin gelangt. Nun seien Europa und die Gerichte in der Pflicht.
Quelle: FRSiehe dazu auch die Pressemitteilung des Veranstalters Amnesty International:
Quelle: amnesty.de - Friedensnobelpreis
- Erfolgsgeschichte Mikrokredit
Kleinkredite haben sich als der sicherste Weg aus der Armut erwiesen. Trotz hoher Zinsen ist die Rückzahlquote besser als bei normalen Banken.
Quelle: TAZ - Friedensnobelpreis für einen Banker mit Kleingeld
In das allgemeine Loblied mischen sich kritische Stimmen, die die Preisvergabe zwar durchaus begrüßen, den Vorbildcharakter des Projekts allerdings bestreiten.
Quelle: FR - Was wir vom Nobelpreisträger lernen sollten
Während Yunus dafür ausgezeichnet wurde, dass er Finanzdienstleistungen auch für Leute erschwinglich gemacht hat, die sich erst noch aus der Armut befreien müssen, werden bei uns die Finanzdienstleistungen immer mehr zum Tummelplatz der Superreichen.
Die Folgen sind offensichtlich: Der Kredit ist in allen Industrieländern auf dem Rückmarsch. Während die Bankkredite an Unternehmen bis 1992 laufend zugenommen haben, sind sie seither von 146 auf 125 Milliarden Franken zurückgegangen. Real gesehen bedeutet das einen Rückgang von fast 30 Prozent. Die «normale» Wirtschaft mit ihren oft tiefen Margen und harten Preiskämpfen ist für die vornehmen Banken eine fremde Welt geworden.
Quelle: BLICK
- Erfolgsgeschichte Mikrokredit
- Briten schützen sich vor US-Regulierung
Die britische Regierung will mit einem neuen Gesetz verhindern, dass die Londoner Börse unter den Hammer der amerikanischen Finanzmarkt-Regulierung gerät. London hat bisher indirekt von der US-amerikanischen SOX-Gesetzgebung profitiert. Eine Reihe von ausländischen Unternehmen hat sich in den letzten Jahren gegen eine Börsenkotierung in New York entschieden und London den Vorzug gegeben.
Quelle: NZZKommentar: Deregulierungswettbewerb allerorten. Der Sarbanes-Oxley Act of 2002 (SOX) ist ein US-Gesetz zur Verbesserung der Unternehmensberichterstattung in Folge der Bilanzskandale von Unternehmen wie Enron oder Worldcom. Ziel des Gesetzes ist es, das Vertrauen der Anleger in die Richtigkeit der veröffentlichten Finanzdaten von Unternehmen wiederherzustellen. (siehe Wikipedia).
- Die Debatte um eine unipolare Weltordnung ist vorbei. Die USA sind nur noch eine Macht unter mehreren.
Heute sieht sich der Westen mit einer rasanten Expansion chinesischen ökonomischen und politischen Einflusses konfrontiert, während die USA auf einem Tiefstand ihrer “Soft Powers” angelangt sind.
Quelle: FTD - Eine soziale Stadt ist nicht börsenfähig
Lutz Freitag, Präsident des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmer, warnt vor Reits. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) verfolgt trotz Gegenwind aus der SPD weiter die Pläne in Deutschland Real Estate Investment Trusts (Reits) – an der Börse notierte Immobilienfirmen – ab dem nächsten Jahr zuzulassen.(Interview)
Quelle: FR - Berlin soll alle Wohnungen verkaufen
Finanzsenator Sarrazin will durch Privatisierung 4,1 Milliarden Euro einnehmen / SPD-Politiker rechnet nicht mit Mietanstieg / Reiche Bundesländer kritisieren Haushaltspolitik des Senats
BERLIN. Vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über finanzielle Nothilfen für Berlin macht sich Finanzsenator Thilo Sarrazin für den Totalverkauf der städtischen Wohnungsbaugesellschaften stark. “Hinreichende Argumente gegen die Privatisierung öffentlicher Wohnungsbestände gibt es nicht”, heißt es in einem internen Papier des SPD-Politikers, das der Berliner Zeitung vorliegt. Rund 4,1 Milliarden Euro könnte das Land durch den Verkauf der sechs städtischen Gesellschaften einnehmen.
Quelle: BerlinOnline - Drastischer Mitgliederschwund bei SPD und CDU
Bei SPD und CDU sind die Mitgliederzahlen weiter deutlich zurückgegangen. Seit dem Start der Großen Koalition verloren beide Parteien erneut fast 40.000 Beitragszahler.
Quelle: SPIEGELAnmerkung: Ich bin schon gespannt, wie die Parteien den Mitgliederschwund erklären wollen. Wozu braucht man noch Mitglieder, die stören nur bei der Interessen-orientierten Politik der Parteieliten.
- Die Counterspinner
Die Medien-Watchdog-Organisation FAIR versteht sich seit 20 Jahren als Vorkämpfer der Antizensur in den USA. Und ist heute wichtiger denn je
Aus New York
Adrienne WoltersdorfAM: Na ja, wir versuchen es mit den NachDenkSeiten auch.
- Mindestlohn
…muss unterschiedliche Gegebenheiten berücksichtigen, meint das Institut Arbeit und Technik
Quelle: idw-online - Die Exzellenzinitiative bedeutet das Ende der Volluniversität
(leider ohne link aber interessant:)
In der SZ steht im Feuilleton von Johan Schloemann ein Text unter der Überschrift : Die Exzellenzinitiative bedeutet das Ende der Volluniversität – wo u.a. zu lesen ist : Gewiss hat also der Präsident des Wissenschaftsrates recht, wenn er feststellt : Die Exzellenzinitiative habe eine Hebelwirkung, “die weit überproportional zu den eingesetzten Mitteln ist”. Dieser Hebel kann auch nicht ohne Auswirkungen auf den ohnehin beweglicher werdenden Fächerkanon bleiben. Wenn nämlich Reputation nicht mehr langfristig geschaffen , sondern kurzfristig beantragt wird, dann gibt es immer weniger Übereinstimmung, welche Themen und Fächer nicht nur nützlich, sondern auch notwendig sind.. Letzteres , die Notwendigkeit, ließ sich ja bislang schon nicht zweifelsfrei beweisen, ja die Wissenschaft wehrte sich mit Recht gegen eine solche Beweispflicht – vielmehr brauchte es eine gewisse disziplinäre Eigenentwicklung und Institutionalisierung, um die Unentbehrlichkeit glaubhaft zu machen. Noch verteidigt der Heidelberger Universitätspräsident seinen gescheiterten Antrag : “Wir werden das Prinzip Volluniversität nicht nach 620 Jahren aufgeben, das tun ja auch Harvard und Stanford nicht”. Aber wie lange lässt sich das durchhalten, wenn das Übergewicht projektbezogener Förderung immer größer wird?
Spätestens wenn diese Wirkungen der Parallelwelten an den Universitäten der Wissenschaftspolitik aufgefallen sind, wird man merken, dass zwischen dem volkswirtschaftlichen Ziel, noch mehr junge Leute studieren zu lassen und der gewünschten Eliteforschung ein struktureller Widerspruch besteht. Die Exzellenzinitiative löst ihn nicht, sie lässt ihn weiter klaffen.