Deutschland nahezu ohne politische Alternative nach der Bundestagswahl am 22.9.13
Umfragen sind keine verlässlichen Prognosen. Aber das Gesamtbild der verschiedenen Befragungsergebnisse ist ziemlich eindeutig: Es gibt nahezu keine Chance zur „Abwahl“ von Frau Merkel. Der Gegenkandidat Steinbrück bringt die SPD erwartungsgemäß gegen die 22% von 2009; Rot-Grün ist weit weg von einer Mehrheit; Merkel hat gleich mehrere Koalitionsoptionen; die einzige rechnerische Alternative zu ihr – Rot-Grün-Rot – wird von den verantwortlichen Feiglingen nicht einmal erwogen. – In den folgenden Tabellen sind auf der Basis der Zusammenstellung von wahlrecht.de die aktuellen Koalitionsmöglichkeiten errechnet. Ich ergänze um einige Beobachtungen und Gedanken zur Konstellation und Entwicklung der Parteien. Albrecht Müller.
Hier zunächst die Tabelle von wahlrecht.de:
Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre …
Institut | Allensbach | Emnid | Forsa | Forsch’gr. Wahlen |
---|---|---|---|---|
Veröffentl. | 19.06.2013 | 07.07.2013 | 10.07.2013 | 28.06.2013 |
CDU/CSU | 38,0 % | 42 % | 41 % | 43 % |
SPD | 26,0 % | 26 % | 22 % | 26 % |
GRÜNE | 14,0 % | 12 % | 15 % | 13 % |
FDP | 6,0 % | 4 % | 5 % | 4 % |
DIE LINKE | 7,0 % | 8 % | 9 % | 6 % |
PIRATEN | 2,0 % | 3 % | 2 % | – |
AfD | 3,0 % | 2 % | – | 3 % |
Sonstige | 4,0 % | 3 % | 6 % | 5 % |
Institut | GMS | Infratest dimap | Bundestagswahl |
---|---|---|---|
Veröffentl. | 18.06.2013 | 04.07.2013 | 27.09.2009 |
CDU/CSU | 41 % | 42 % | 33,8 % |
SPD | 25 % | 25 % | 23,0 % |
GRÜNE | 14 % | 14 % | 10,7 % |
FDP | 5 % | 4 % | 14,6 % |
DIE LINKE | 8 % | 7 % | 11,9 % |
PIRATEN | 2 % | 3 % | 2,0 % |
AfD | 2 % | – | – |
Sonstige | 3 % | 5 % | 4,0 % |
Und hier die Koalitionsberechnungen auf der Basis dieser neuesten Umfrageergebnisse:
Zeile | |||||||
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Schwarz+Gelb | 44 | 46 | 46 | 47 | 46 | 46 | (1) |
Rot+Grün+Rot(Linke) | 47 | 46 | 46 | 45 | 47 | 46 | (2) |
Rot+Grün | 40 | 38 | 37 | 39 | 39 | 39 | (3) |
Schwarz+Grün | 52 | 54 | 56 | 56 | 55 | 56 | (4) |
Schwarz+Rot | 64 | 68 | 63 | 69 | 66 | 67 | (5) |
Dazu einige Zusammenfassende Feststellungen und Wertungen:
- Die Union liegt bei allen Instituten außer bei Allensbach über 40 % und würde damit ihren Wert von 2009 (33,8 %) beachtlich verbessern. Das ist angesichts der verheerenden Folgen der Merkelschen Politik ein alarmierendes Signal zum Zustand unserer Demokratie. Sanktionen bleiben aus, gute Propaganda überlagert alles.
- Die FDP schwankt um die 5%. Nach den bisherigen Erfahrungen kann man mit nahezu hundertprozentiger Sicherheit davon ausgehen, dass es die FDP schaffen wird. Dann ist Schwarz-Gelb mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder möglich. Der Wert für diese Koalition schwankt um die 46 % (Siehe Zeile (1)).
- Ähnlich hoch und mit ähnlichen Schwankungen versehen ist die rechnerisch mögliche Koalition aus SPD, Grünen und Linkspartei. (Zeile (2)). Wenn die SPD eine Kanzlermehrheit gewinnen wollte, dann hätte sie auf diese verfemte Option setzen müssen. Das war von Anfang an erkennbar. Dass sie das nicht getan hat, belegt, dass Steinbrück und die SPD-Führung von Anfang an die Kanzlermacht gar nicht wollten.
- Rot-Grün (Zeile (3)) kommt nur bei Allensbach auf 40 %, ansonsten darunter und weit entfernt von einer Kanzlermehrheit.
- Schwarz-Rot (Zeile (5)), die Große Koalition, hätte eine satte Mehrheit von um die 65 %.
- Schwarz-Grün (Zeile (4)) hätte ebenfalls eine ausreichende Mehrheit -schwankend um die 55 %.
- Die CDU-Vorsitzende Merkel hat nach diesen Prognosen die Wahl zwischen verschiedenen Möglichkeiten.
- In den Reihen von Sozialdemokraten, vor allem im Umfeld von Steinmeier, setzt man auf die große Koalition und kalkuliert damit, dass Angela Merkel diese Zusammenarbeit präferieren müsste, weil sie die SPD im Bundesrat zur Gewinnung von Mehrheiten braucht. Ob dieses Kalkül aufgeht, ist fraglich. Es ist zwar anstrengend, für die Ergebnisse einer schwarz-gelben Koalition oder einer schwarz-grünen Koalition Mehrheiten im Bundesrat zu finden, aber unmöglich ist das nicht. Schließlich regiert die SPD in den Ländern in der Regel mit den Grünen und nicht allein.
- Für Schwarz-Grün wurde schon seit längerem im Hintergrund mobilisiert, auch aktuell scharren Sympathisanten der Grünen mit den Füßen. Ich halte diese Option durchaus für möglich. Es wird in bildungsbürgerlichen und sozial-ökologischen Kreisen für diese Option kräftig mobilisiert werden. Eine einzige Tat, die der Union und Frau Merkel nichts kosten würde, eher im Gegenteil, würde die Schleußen für große Sympathien des grünen Potenzials für die Schwarzen weiter öffnen: z.B. die vor der Wahl verkündete Entscheidung des Eigentümers der Deutschen Bahn AG, des Bundes, Stuttgart 21 zu begraben. Diese Entscheidung könnten Angela Merkel und Verkehrsminister Ramsauer (CSU) dem konservativen Potenzial ihrer Parteien schon deshalb gut verkaufen, weil das Projekt sowieso schon aus der Sicht des Betreibers, der DB AG, unrentabel geworden ist und allen sonstigen Bekenntnissen zu einer sparsamen Politik widerspricht.
- Daran anschließend noch eine Spekulation: Wenn ich Wahlkampfberater von Frau Merkel wäre, dann würde ich raten, offen oder versteckt auf die absolute Mehrheit zu setzen und diese mit drei Entscheidungen bzw. Versprechen anzustreben:
- Der erwähnten Entscheidung, Stuttgart 21 zu beenden.
- Der Intervention beim Parteifreund Seehofer, noch vor der Wahl für die Entlassung des Gustl Mollath aus der geschlossenen Anstalt zu sorgen.
- Das klare und verbindliche Versprechen, einen flächendeckenden Mindestlohn einzuführen.
Das Grün angehauchte Bürgertum würde in Begeisterung ausbrechen, das liberale Bürgertum wäre beruhigt, die einschlägig tätigen Publizisten und so genannten Politikwissenschaftler würden ihre Phantasien von der Sozialdemokratisierung der Union bestätigt sehen, der DGB Vorsitzende Sommer würde seine ohnehin vorhandene Sympathie für Angela Merkel fundiert sehen, und alle zusammen würden vergessen, dass unsere Bundeskanzlerin nahezu alles mitmacht, was neoliberale Kräfte vorhaben und letztlich nichts tut, um die Zumutungen der USA, von der Überwachung bis zur Gestaltung der Freihandelszone, abzuwehren.
- Die potentiellen Wählerinnen und Wähler von SPD und Linkspartei stecken im Dilemma, bei dieser Wahl keine Option zu haben. Davon bei anderer Gelegenheit mehr.