Telekom, ein typisches Beispiel für eine Shareholder-Value- Unternehmensstrategie: Es geht nur noch um die Steigerung der Dividenden durch Stellenabbau. Die Zufriedenheit der Kunden ist irrelevant.
Die Telekom verlor allein in diesem Jahr eine Million Festnetzkunden. Die Telekom-Aktie stürzte ab. Um das „Vertrauen“ enttäuschter Aktionäre zurückzugewinnen, sollen Besitzer von T-Aktien künftig stärker von der Dividende profitieren. Deshalb denkt Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke über weitere Stellenstreichungen nach. An eine Verbesserung des Angebots und der Kundenbetreuung, um Kunden zurückzugewinnen denkt der Business-School-Absolvent offenbar nicht. Aber gerade am Service der Telekom verzweifeln ihre Kunden.
Wer schon einmal ein Problem mit seinem Telefonanschluss hatte, weiß worüber ich spreche. Ich hatte das an und für sich banale Problem, dass ich zwei Telfonanschlüsse in meiner Wohnung hatte – einen analogen und eine ISDN-Leitung. Da ich auf Dauer nicht zwei Grundgebühren im Monat bezahlen wollte, kündigte ich den analogen Anschluss nebst der DSL-Leitung und beantragte (schriftlich) den analogen Anschluss und die schnelle Computerverbindung auf die ISDN-Leitung umzustellen. Im Ergebnis war ich mehrere Tage ohne Internetzugang und habe mehrere Tage damit zugebracht, dutzende von 0800er-Service-Nummern anzuwählen und dutzenden von Mitarbeitern der Telekom mein Problem vorzutragen – ohne dass mir geholfen wurde.
Wer sich mit einem Problem an die Telekom wendet, der taucht in eine kafkaeske Welt ein: Bandansage „Herzliche willkommen bei der Deutschen Telekom! Im Augenblick sind alle unsere Mitarbeiter besetzt, Sie werden verbunden.“ Endlose werbliche Dauerberieselung in der Warteschleife. Endlich eine Stimme. Man trägt sein Problem vor, der Mitarbeiter ist nicht zuständig, er nennt eine andere Service-Nummer. Das Spiel beginnt von vorne. Das dutzende Mal, tagelang.
Keine interne Weiterleitung an jemand, der zuständig ist, keine Betreuung durch einen Ansprechpartner, der einen bis zur Lösung des Problems betreut. Bei jedem neuen Anruf (mit herzlichem Willkommen und Warteschleife) steht man immer wieder am Anfang.
Allenfalls wird man aufgefordert selbst an seiner Telefonanlage herumzustöpseln und zu schalten.
Termine mit Außendienstmitarbeiter, die vor Ort helfen könnten, bekommt man bestenfalls in Zweiwochenfrist und wenn man das Glück hat, dass einer kommt, dann streckt er die Waffen, weil das Problem ggf. bei T-Mobile liegt oder weil ein nicht im Zuständigkeitsbereich der Telekom liegendes Gerät (z.B. ein Rooter für den W-Lan-Anschluss) vielleicht nicht funktioniert. (Was bei mir übrigens nicht der Fall war.) Teuer bezahlen darf man trotzdem.
Am Ende entschließt man sich verzweifelt, private Hilfe in Anspruch zu nehmen und schwört sich völlig genervt schnellstmöglich den Anbieter zu wechseln.
Mir ist völlig klar, warum die Telekom Festnetz- und DSL-Kunden verliert. Das liegt nachrangig sicher auch am Preis, in erster Linie aber daran, dass viele Kunden, die einmal ein Problem mit ihrem Anschluss hatten, verärgert sind über die Serviceleistungen und sich nach einem Anbieter umsehen, der sie ordentlich betreut. Der Wechsel ist zwar auch ein Risiko-Spiel in unserer herrlichen IT-Gesellschaft, aber, wer erst einmal das Vertrauen in seinen bisherigen Anbieter verloren hat, geht halt jedes Risiko ein.
Die Telekom kann Werbung kaufen noch und nöcher, sie kann Telefone mit wunderbaren Farben verkaufen, sie kann mit viel Geschrei jede Woche einen neue XXL-Super-BusinessCall-Bestfriend-City-FreeCall-usw.-Tarif auf den Markt bringen und dutzende unterschiedlichster Flatrates anpreisen (die sowieso niemand mehr durschaut), doch wenn es ein Problem gibt, wird der Kunde von Service-Nummer zu Service-Nummer weitergereicht und keiner der (überwachten) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist für das Problem zuständig oder kann es innerhalb seines Zuständigkeitsbereichs lösen.
Die Telekom, kann ihr Unternehmen mit vielen Millionen Euro auf allen Fernsehkanälen, auf allen Sportlertrikots und mit millionenfachen Hauswurfsendungen bewerben und das hilft vielleicht auch eine zeitlang den Aktienkurs zu stabilisieren.
Die Telekom kann ihr Unternehmen „schlank“ machen und tausende von Stellen streichen, sie kann immer neue „effizientere“ Organisationsstrukturen und Managementmethoden einführen, auch das mag die Aktionäre freuen, aber an die Probleme und Bedürfnisse der Kunden scheinen die Manager nicht mehr zu denken.
So ist es auch kein Wunder, dass die Kunden davonlaufen und das Image mehr und mehr kaputt geht.
Das scheint aber alles nicht so wichtig zu sein, Hauptsache die Dividende stimmen. Nur darauf wird anscheinend reagiert. Also werden weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen, damit die Kosten weiter sinken und die Dividende steigen und am Ende steht der Kunde noch schlechter da.
Für das Telekom-Management geht es offenbar nur noch um die Bedürfnisse und Erwartungen der Aktionäre, der shareholder, und nicht mehr um die Interessen der Kunden, der Mitarbeiter oder gar um den Bedarf der Gesellschaft an einer funktionierenden und leicht handhabbaren Telekommunikationsinfrastruktur. Die Stakeholder sind allenfalls lästige oder auszusaugende Objekte der Shareholder.
Kein Wunder also, wenn immer mehr Kunden fernbleiben oder der Telekom den Rücken kehren und die Aktien des Unternehmens so weit sinken, dass sich die Shareholder einem neuen Investor oder einem ausländischen Konkurrenten in die Arme werfen.