Hinweise des Tages
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JB)
- Ulrike Herrmann – Die Blasen der anderen
- Christoph Butterwegge: Altersarmut – ein Armutszeugnis
- Der SPIEGEL und die Krise
- Steuerabkommen
- Heiner Flassbeck – Greater income share for labour – The essential catalyst for global economic recovery and employment
- Arbeitslose wollen mindestens 7,50 Euro
- Riester-Rente kann Rentenlücke nicht schließen
- Steigende Fahrpreise – Die Kostenlüge der Deutschen Bahn
- Privatisierung – JVA Burg wird viel teurer als geplant
- Die große Enteignung
- Die Abrechnung – Oppenheim-Esch im Visier der Justiz
- Paul Krugman – Psychodrama Queens, Revisited
- Zuwanderer: Integration ist besser als ihr Ruf
- Wachsende Speicherwut
- Merkel kritisiert Israel wegen Siedlungs-Plänen
- Leistungsschutzrecht: Eine unheilige Scheindebatte
- Sponsoren des CDU-Parteitags
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Ulrike Herrmann – Die Blasen der anderen
Es klingt wie eine Sensation, die Freude machen muss: Der deutsche Staat schreibt in diesem Jahr eine schwarze Null – wird also keine Schulden machen. Darauf haben viele Deutsche seit Jahrzehnten sehnsüchtig gewartet. Denn Schulden sind für viele Bürger ein böses Wort, in dem ganz schnell auch die moralisch konnotierte Schuld mitschwingt. Tatsächlich ist es jedoch eine sehr ambivalente Nachricht, dass der deutsche Staat jetzt ohne neue Schulden auskommt. Das Problem bündelt sich in der banalen Frage: Wo soll das Geld jetzt hin? (…)
Im Saldo sparen die deutschen Privathaushalte. Das Gleiche gilt für deutsche Firmen. Auch sie sitzen auf gut gefüllten Konten. Und nun steuert selbst der Staat auf eine schwarze Null zu. Wenn aber alle Sektoren sparen, dann bleibt dem vielen Geld nur noch eine Adresse: das Ausland. Man beginnt, die Schulden der anderen zu finanzieren. Das haben die Deutschen auch in der Vergangenheit in ganz großem Umfang getan. Ihr Geld hat die Hypothekenkrise in den USA befeuert und die Eurokrise ermöglicht. Deutsches Geld hat den europäischen Peripheriestaaten erlaubt, deutlich zu viele Kredite aufzunehmen. Sparen ist also gefährlich, obwohl es vielen Deutschen als Tugend erscheint.
Quelle: tazAnmerkung unseres Lesers G.K.: Deutschland (v.a. die deutsche “Elite”) ist zumindest bis zum heutigen Tag der eindeutige Profiteur der Krise innerhalb der Eurozone (welche “Kollateralschäden” in den kommenden Jahren möglicherweise auf Deutschland zurückschlagen werden, ist heute noch ungewiss). Dies gilt sowohl hinsichtlich des Exports von Arbeitslosigkeit in die übrigen Staaten der Eurozone (was dort zu Wachstumsverlusten und höherer Staatsverschuldung führt) als auch im Hinblick auf die krisenbedingt hohen Zinsabschläge auf deutsche Staatsanleihen.
Zu den von Ulrike Herrmann beschriebenen Konsequenzen aus dem Sparen der deutschen Privathaushalte, der deutschen Unternehmen sowie des deutschen Staates und dem daraus notwendig werdenden deutschen Kapitalexport (d.h. Anstieg der Auslandsverschuldung in den kapitalimportierenden [Krisen-]Staaten) schreibt Heiner Flassbeck in seinem Buch “Zehn Mythen der Krise” (Seite 21):“All dies wäre noch hinzunehmen, wenn der Allgemeinheit oder wenigstens der Politik bewußt wäre, daß in dieser Lage nur noch ausländische Unternehmen und Konsumenten dafür sorgen können, daß deutsche Sparwünsche nicht sofort in die Rezession führen. Doch weit gefehlt: Gerade weil das Ausland in hohem Maße verschuldet ist und die Grenzen seiner Verschuldungsfähigkeit erreicht hat, wird es von Deutschland beschimpft und bei der Kreditvergabe, die das deutsche Modell am Leben erhält, mit Bedingungen überzogen, die in vielen Ländern neue Armut und früher oder später einen Aufstand der Massen provozieren werden.”
- Christoph Butterwegge: Altersarmut – ein Armutszeugnis
Für alte Menschen ist Armut besonders deprimierend, diskriminierend und demoralisierend, weil sie dadurch nicht bloß an Lebensqualität einbüßen, sondern ihnen nach dem Arbeitsleben auch die Würde genommen und ein gerechter Lohn für ihre Lebensleistung vorenthalten wird. Zudem wirkt Altersarmut als Druckmittel, Drohkulisse und Disziplinierungsinstrument, das Millionen jüngere Menschen nötigt, härter zu arbeiten und einen wachsenden Teil ihres mühselig verdienten Geldes auf den Finanzmärkten in der trügerischen Hoffnung anzulegen, durch private Vorsorge einen weniger entbehrungsreichen Lebensabend verbringen zu können.
Im westdeutschen Nachkriegskapitalismus galt die Rente noch als »verdienter Lohn für Lebensleistung«, auf den man einen verfassungsrechtlich garantierten Anspruch hatte, um im Ruhestand keine Abstriche vom gewohnten Lebensstandard hinnehmen zu müssen. Seinerzeit wäre niemand auf die Idee gekommen, das Rentenniveau zu senken, obwohl die durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen auch damals kontinuierlich stieg und sich die Finanzierung der Altersrenten daher trotz hoher Geburtenraten, die erst mit dem sogenannten Pillenknick gegen Mitte der 1960er Jahre einbrachen, immer schwieriger gestaltete. Damals gab es eine »Allparteienkoalition« der Sozialpolitiker/innen im Bundestag, was aber nicht mit grenzenloser Großzügigkeit ihrer Fraktionen zu erklären ist, sondern in der günstigen Konjunkturentwicklung, erfolgreichen Kämpfen der Gewerkschaftsbewegung unter Einschluß spontaner Arbeitsniederlegungen (Septemberstreiks 1969) sowie einer mittlerweile gefestigten Wohlfahrtskultur der Bundesrepublik begründet lag.
Quelle: Ossietzky - Der SPIEGEL und die Krise
- Profiteure der Krise – Das dreifache Dilemma der Euro-Retter
Griechenland, Spanien, Zypern – bei den Krisenstaaten, über die die Euro-Finanzminister heute beraten, zeigt sich ein Problem: Von den Rettungsaktionen profitieren vor allem Akteure, die es nicht verdienen. Nämlich Hedgefonds, Großbanken und russische Oligarchen. […]
Hilfsprogramm für Zypern: Der angeschlagene Inselstaat soll von den Euro-Rettern 17,5 Milliarden Euro bekommen. Am Montag wird es darüber voraussichtlich noch keine endgültige Entscheidung geben. Doch dass es Hilfen geben wird, scheint beschlossene Sache. Damit dürften Rettungsmilliarden ausgerechnet in ein Land fließen, das einen zweifelhaften Ruf als Steueroase und Geldwäscheparadies hat. Der Bundesnachrichtendienst warnt, dass in Zypern russisches Schwarzgeld in Höhe von 26 Milliarden Dollar liegt. Ausländische Unternehmen, die in Deutschland als verdächtig gelten, Geldwäsche zu betreiben, kommen laut Bundeskriminalamt am dritthäufigsten aus Zypern. Und das Land hat gerade einmal rund 900.000 Einwohner. Im Klartext heißt das: Europäische Steuerzahler helfen dabei, russisches Oligarchengeld zu retten.
Quelle: SPIEGEL OnlineAnmerkung JB: Es ist ja bemerkenswert, dass ausgerechnet SPIEGEL Online kritisch über Profiteure der Eurokrise spricht und auch die Hedge-Fonds beim Namen nennt. Beim Beispiel Zypern nimmt SPIEGEL Online jedoch eine seltsame und inkonsequente Linie ein. Es ist ja richtig, dass Zypern – mit Billigung der EU – eine Steueroase für russische Schwarzgelder ist. Diese Schwarzgelder haben Zypern jedoch nicht in die Krise getrieben. Dafür zeichnete sich das Engagement des zypriotischen Bankensektors in der griechischen Volkswirtschaft verantwortlich. Die Kreditausfälle, die eine Folge der Austeritätspolitik sind, haben das zypriotische Bankensystem in Mitleidenschaft gezogen und nun braucht Zypern Geld, um seine Banken zu retten. So weit, so schlecht. Aber was haben die russischen Oligarchen nun damit zu tun? Sie haben Einlagen bei den zypriotischen Banken, die bei einer Pleite dieser Banken wohl zumindest zum Teil verloren gingen. Damit sind die russischen Oligarchen für die zypriotischen Banken das, was deutsche Vermögende für die Hypo Real Estate, die IKB, die WestLB usw. usf. waren. Wenn SPIEGEL Online nun die Russen als „Profiteure der Eurokrise“ bezeichnet, müsste man auch so konsequent sein, über den Tellerrand zu schauen und alle Profiteure der Bankenrettungen namentlich nennen. Und da sind die Russen im Verhältnis nur ein sehr kleines Licht. Den deutschen Geldadel würde man in der Redaktion von SPIEGEL Online jedoch nie als Profiteur der Krise bezeichnen. Warum eigentlich?
- Irland: Der Mustertiger
Während Griechenland mal wieder mit der Pleite ringt, kommt Irlands Wirtschaft langsam wieder auf die Beine. Der einstige “keltische Tiger” könnte das erste Euro-Krisenland werden, dem mit hartem Sparkurs die Trendwende gelingt. Haben die duldsamen Iren alles richtig gemacht?
Quelle: SPIEGEL OnlineAnmerkung unseres Lesers S.E.: Trügerische Quintessenz des Artikels: wenn alle inklusive der Gewerkschaften das harte Sparprogramm mittragen und man die Investoren nicht verschreckt, dann kommt trotz Binnenkonsumflaute der Aufschwung; nehmt euch ein Beispiel. Dabei hängt alles wie auch beim Boom des keltischen Tigers vor rund 10 Jahren an den internationalen Konzernen und Dienstleistern, die nun zu noch günstigeren Bedingungen Profite generieren können. Dabei nehmen sie zwar eine kleine Schicht der irischen Fachkräfte durch “gut bezahlte Arbeitsplätze” mit, aber größere Bevölkerungsgruppen bleiben auf der Strecke, bei denen der Aufschwung nicht ankommen wird, nur die Sozialkürzungen.
- Profiteure der Krise – Das dreifache Dilemma der Euro-Retter
- Steuerabkommen
- Neuer Schwung für die Lösung im Steuerstreit?
Die Schweiz und die USA haben das Fatca-Abkommen paraphiert. Schweizer Institute sollen ab 2014 Informationen über US-Kunden an die amerikanische Steuerbehörde liefern. Mit dem Foreign Account Tax Compliance Act (Fatca) binden die Amerikaner weltweit Finanzinstitute in den Kampf gegen die Steuerhinterziehung ein. Diese müssen Informationen über amerikanische Kunden an die amerikanische Steuerbehörde IRS liefern. Die Amerikaner externalisieren damit die Jagd nach Steuersündern auf Dritte. Sie können sich dies nur angesichts des weltweit grössten Kapitalmarktes leisten, an dem Investoren kaum vorbeikommen. In der ursprünglichen Fatca-Version droht nicht kooperierenden Instituten und Kunden eine Quellensteuer auf Erlösen aus amerikanischen Wertschriften von 30%. Am Montag haben die USA und die Schweiz nun einen Vertrag paraphiert, der eine vereinfachte Umsetzung erlaubt.
Quelle: NZZAnmerkung Orlando Pascheit: Es ist schon merkwürdig, spricht man mit Schweizern oder auch manch Liberalem hierzulande über das deutsch-schweizerische Steuerabkommen, so wird viel über die Freiheit der Bürger und die Zumutungen des Staates geredet. Und natürlich ist Steuerhinterziehung unser Problem, weil wir es zulassen, dass der Staat so hohe Steuersätze verordnet. Hinsichtlich der USA konstatiert die NZZ einfach, dass man es sich nicht leisten könnte, vom weltweit größten Kapitalmarkt ausgeschlossen zu sein. Details zum Ergebnis der Verhandlungen sind bisher nicht bekannt, der Text des Abkommens wird nicht vor der Unterzeichnung veröffentlicht. Sicher dürfte aber sein, dass die USA die Androhung einer prohibitiven Quellensteuer und damit den faktischen Ausschluss vom US-Markt für nicht kooperierende Instituten und Kunden beibehalten wird. – Darf man angesichts solcher Abkommen nicht einmal fragen, was den deutschen Finanzminister umtreibt, für uns ein im Verhältnis zu den USA so mieses Abkommen auszuhandeln? Auch er dürfte inzwischen wissen, dass die Credit Suisse, die UBS und andere Schweizer Banken Steuerpflichtige jahrelang darin unterstützt haben, ihr Vermögen mit Hilfe von auf Offshore-Zentren angesiedelten Trusts und anderen Firmenkonstruktionen vor dem Fiskus zu verbergen. Und wenn er meint, der deutsche Markt sei nicht groß genug, um über diesen Druck auf die Schweiz auszuüben, so sollte er sich endlich für eine weiterreichende europäische Lösung stark machen, für die die EU-Kommission schon längst plädiert.
- Argumente gegen das Steuerabkommen
Mit aller Kraft sollten die deutschen Politiker das Bemühen der EU unterstützen, das Schweizer Bankgeheimnis zu knacken. Eine europaweite Lösung böte auch die Chance, das angespannte Verhältnis zwischen Deutschland und der Schweiz zu entkrampfen.
Quelle: Frankfurter RundschauAnmerkung JB: Die FR vergisst leider zu erwähnen, dass die EU bereits eine europaweite Lösung entwickelt hatte, die ausgerechnet vom deutschen Finanzministerium verhindert wurde. Warum sollten also nun genau die deutschen Politiker eine Richtlinie vorantreiben, die sie vor nicht einmal einem Jahr mit aller Kraft torpediert haben?
- Steuer-CD offenbart Milliardenbetrug
Die von der NRW-Finanzverwaltung jüngst angekaufte Steuer-CD erweist sich Medienangaben zufolge als höchst ergiebig. Demnach werden auf dem Datenträger Steuerhinterziehungen in Höhe von 2,9 Milliarden Euro dokumentiert.
Quelle: Kölner Stadtanzeiger
- Neuer Schwung für die Lösung im Steuerstreit?
- Heiner Flassbeck – Greater income share for labour – The essential catalyst for global economic recovery and employment
The persistent weakness of the advanced economies poses a threat to prospects for recovery of the world economy, as developing countries’ domestic demand
is not strong enough to sustain their recent growth path. For some time now, developing countries have been the engine of the global economy, but in the absence of a revival of demand from traditional markets in the North, the decoupling effort is running out of steam. In most parts of the developed world, fiscal austerity, despite being patently unsuccessful so far, is considered to be indispensable for medium- and long-term success. However, factors that are darkening the immediate and medium-term prospects for the global economy will not automatically brighten the long-term prospects. In fact, it is just the other way round: the darker the short term, the bigger the negative impact for the future and the negative spillover to other countries, both large and small.
Quelle: UNCTAD [PDF – 730 KB] - Arbeitslose wollen mindestens 7,50 Euro
7,50 Euro pro Stunde – so viel Geld erwarten Arbeitslose von ihrer nächsten Arbeitsstelle. Viele überschätzen, wie viel sie verdienen können. […]
„Ein Großteil der Arbeitslosen in Deutschland beurteilt die Verdienstmöglichkeiten zu optimistisch“, sagt Holger Schäfer, einer der Autoren der Studie, für die das Institut rund 1000 Personen befragt hat. Die Hälfte der Arbeitslosen fordere ein Einkommen, dass ihren geschätzten Marktwert um mehr als 20 Prozent übersteigt. Die Arbeitsvermittlung scheitere darum in vielen Fällen an zu hohen Lohnansprüchen. […]
Allerdings entwickelten sich die Ansprüche der verschiedenen Gruppen unterschiedlich. Die Nettoansprüche der Arbeitslosen sanken innerhalb der vier Jahre immerhin um 53 Cent, die der Hausfrauen um 44 Cent. Dagegen fordern Schüler und Studenten 1,38 Euro mehr. Die Fachleute begründen das mit dem Aufschwung am Arbeitsmarkt und den deutlich verbesserten Chancen für Akademiker und Fachkräfte.
Quelle: FAZAnmerkung JB: Dieser „Artikel“ ist eine Buchstabenwüste, die den Verstand jedes FAZ-Lesers auf tiefste beleidigt. Autor Sven Astheimer lässt keinen dummes Klischee aus. Höhere Lohnforderungen von Schülern und Studenten für ihren Nebenjob erklärt er (indirekt über nicht näher genannte „Fachleute“) als Indiz für den Aufschwung und „deutliche verbesserten“ Chancen für Akademiker und Fachkräfte. Da fragt man sich, was die FAZ unter Akademikern und Fachkräften versteht? Etwa Schüler und Studenten die jobben? Auch der Rest des Artikels glänzt durch intellektuelle Glanzlosigkeit. Wie funktioniert eigentlich die Preisfindung in einem Markt? Wenn die Anbieter nahezu geschlossen einen höheren Preis verlangen, als ihn die Abnehmer bereit sind zu zahlen, kommt das Geschäft in der Regel nicht zustande. Das ist Marktwirtschaft. Auf dem Arbeitsmarkt scheinen solch simple Gesetze jedoch nicht zu gelten. Dort wird der Anbieter von Arbeit, also der Arbeitssuchende, dafür gerügt, dass er zu hohe Ansprüche hätte. Warum drehen wir den Spieß nicht einfach mal um? Ist es nicht der Abnehmer, der unrealistisch niedrige Preisvorstellungen hat und einen zu geringen Lohn anbietet? In einer echten Marktwirtschaft wäre das so nicht möglich, da die Stelle dann unbesetzt bliebe. Dank der Sanktionen durch das Sozialgesetzbuch kann hierzulande der Arbeitssuchende jedoch gezwungen werden, seine Arbeitskraft zu einem Preis anzubieten, der weit unter seinen Vorstellungen liegt.
- Riester-Rente kann Rentenlücke nicht schließen
Wer privat vorsorgt, kann sein Versorgungsniveau im Alter halten. So lautet das Versprechen der Regierung. Unter der aktuellen Lage am Kapitalmarkt droht, dass die Rechnung nicht aufgeht.
Der Sozialbeirat befürchtet, dass auch mit staatlich geförderter ergänzender Altersvorsorge (Riester-Rente) das Rentenniveau nicht zu halten sein wird. Das geht aus dem aktuellen Gutachten des ältesten Beratungsgremiums der Bundesregierung hervor. „Die Ergänzungsfunktion der Riester-Rente hängt entscheidend vom Zinsniveau ab“, heißt es darin mahnend. „Sollte es über einen längeren Zeitraum deutlich unter der im Alterssicherungsbericht verwendeten Annahme für den Nominalzins, der derzeit noch mit 4 Prozent angesetzt wird, bleiben, sind die im Alterssicherungsbericht ausgewiesenen Gesamtversorgungsniveaus in der Zukunft nicht erreichbar.“
Die Warnung des zwölfköpfigen Gremiums bedeutet, dass Arbeitnehmer, die „riestern“, sich nicht darauf verlassen, das sinkende Rentenniveau ausgleichen zu können – so wie es ihnen von der Bundesregierung versprochen wurde. Dafür müssten vier Bedingungen erfüllt sein: Erstens muss der Arbeitnehmer 4 Prozent seines Bruttoeinkommens für die private Vorsorge aufwenden. Zweitens muss er bereit sein, zusätzliche Spielräume, die sich aus der stufenweise steigenden Steuerfreistellung der Rentenversicherungsbeiträge ergeben, ergänzend einzusetzen. Drittens wurde eine jährliche Verzinsung des Kapitalstocks von 4 Prozent unterstellt. Viertens dürfen die Verwaltungskosten nicht mehr als 10 Prozent betragen.
Quelle: FAZ - Steigende Fahrpreise – Die Kostenlüge der Deutschen Bahn
Die Deutsche Bahn AG macht satte Gewinne. Trotzdem wird das Bahnfahren ab Sonntag teurer. Zum Fahrplanwechsel erhöht der Staatskonzern die Preise im Personenverkehr um durchschnittlich 2,8 Prozent und begründet diesen Schritt in erster Linie mit gestiegenen Energiekosten.
Dabei ist die Bahn als Großkunde privilegiert und muss nur wenig für die Energiewende und den Ausbau der Stromnetze zahlen, sagt der Grünen-Politiker und Vorsitzende des Verkehrsausschusses Anton Hofreiter gegenüber Frontal21. Außerdem profitiere die Bahn seit Monaten von sinkenden Strompreisen. „Sie freut sich darüber, dass der Großhandelspreis sinkt und gegenüber den Kunden begründet sie die steigenden Ticketpreise mit steigenden Strompreisen“, so Hofreiter. „Offensichtlich weil sie denken: Naja, der Kunde hat steigende Strompreise, da glaubt er uns das schon.“
Verbraucherschützer kritisieren das alljährliche Drehen an der Preisschraube bei der Deutschen Bahn. Seit 2003 hätten sich die Tickets um satte 35 Prozent verteuert. Die Inflation stieg aber um gerade mal 16 Prozent.
Quelle: ZDF frontal21 - Privatisierung – JVA Burg wird viel teurer als geplant
Der Betrieb der Justizvollzugsanstalt Burg wird viel teurer als ursprünglich geplant. Zu diesem Ergebnis kommt ein bislang nicht veröffentlichter Bericht des Landesrechnungshofes. Es geht um Mehrkosten im mittleren zweistelligen Millionenbereich. […]
Hintergrund: Sachsen-Anhalt hat in Burg das erste privatwirtschaftliche Betreibermodell einer Justizvollzugsanstalt verwirklicht. Das funktioniert so: Das Land mietet das Gefängnis für 25 Jahre. In diesem Zeitraum muss das Land insgesamt 512 Millionen Euro an den privaten Partner zahlen. In dieser Summe sind sämtliche Kosten für Bau, Teilbetrieb und private Personalkosten enthalten.
Nach Berechnungen der Landesregierung wäre der komplette Betrieb des Gefängnisses durch das Land etwa zwölf Prozent teurer geworden. Der aktuelle Prüfbericht zeichnet ein anderes Bild.
Quelle: VolksstimmeAnmerkung unseres Lesers V.H.: Ein weiteres Privatisierungsprojekt erweist sich als Propagandamärchen. In diesem Zusammenhang sei noch einmal an Steinbrücks Eintreten für Privatisierungen erinnert. Für ihn hat es sich jedenfalls gelohnt. So soll er für ein simples Interview (“ÖPP muß besser kommuniziert werden.”), abgedruckt im Geschäftsbericht 2010 des Baukonzerns Bilfinger-Berger, mehr als 7000 Euro abkassiert haben. Echt sozialdemokratisch, nicht wahr?
- Die große Enteignung
Otto Köhler über die Wiedervereinigung und die Arbeit der Treuhand
Helmut Kohl rechtfertigt das unter Regie der Treuhand zustande gekommene desaströse Ergebnis bei der Abwicklung der DDR-Betriebe mit der Motivation der ostdeutschen Bevölkerung, ansonsten in die alten Bundesländer auszuwandern. Dabei wird nicht selten verschwiegen, dass dies weniger der Realität als der damaligen CDU-Propaganda entspricht – und dass der damalige Bundeskanzler womöglich eher sein eigenes Glück bei der nächsten Bundestagswahl als das bleibende Wohlergehen seiner neuen Volksgenossen im Sinne hatte.
Zentrale politische Losungen der Wiedervereinigung sprachen gar nicht dem ostdeutschen Volk aus der Seele, sondern wurden von der CDU ausersonnen und inszeniert. Das schildert der Journalist Otto Köhler unter anderem in seinem Buch Die grosse Enteignung – Wie die Treuhand eine Volkswirtschaft liquidierte.
Quelle: Telepolis - Die Abrechnung – Oppenheim-Esch im Visier der Justiz
Sie zählte zu den reichsten und mächtigsten Banken Deutschlands: „Sal. Oppenheim“ war die erste Adresse für den deutschen Geldadel. Heute ermitteln die Strafverfolger gegen die ehemalige Führungsriege der Bank wegen Untreue und Steuerhinterziehung. Ihr langjähriger Geschäftspartner Josef Esch steht sogar unter Korruptionsverdacht. Es drohen Haftstrafen bis zu zehn Jahren. Außerdem klagen ehemalige Kunden der Privatbank auf Schadenersatz in Milliardenhöhe.
Besonders die Rolle, die „Sal. Oppenheim“ bei der Pleite des Arcandor-Konzerns, des ehemaligen Karstadt-Quelle, gespielt hatte, steht dabei im Focus. Es geht um dubiose Aktien- und Immobiliengeschäfte hinter den Kulissen des Warenhaus-Konzerns.
Die story-Autoren Ingolf Gritschneder und Georg Wellmann folgen den Spuren der verschwundenen Millionen und versuchen, das Beziehungsgeflecht hinter den Geschäften aufzudecken.
Quelle: WDR die story - Paul Krugman – Psychodrama Queens, Revisited
A while back I worried that the Obama administration actually believed in pundit fantasies, those elaborate psychodramas supposedly going on in voters’ minds as they contemplate whether Obama has reached out enough to the center or whatever. My point wasn’t that voters are stupid; it was that people have lives, they aren’t following politics at all closely, and they vote based on broad perceptions of where politicians stand, not on the kind of thing that pundits obsess about.
At this point the Obamians seem to have learned better. But I couldn’t resist flagging a couple of examples of what voters really know. First, Public Policy Polling found that 39 percent of voters have a view, pro or con, about Simpson-Bowles. Not bad, you might think. But a quarter of voters also had views on Panetta-Burns, a plan that as it happens doesn’t exist.
Meanwhile, another poll – internet-based, but by a firm with a good record — finds that, by a margin of almost four to one, people think that going over the fiscal cliff will cause the deficit to increase. In a way, I understand this: the VSPs have been pounding the drum over and over again about how deficits are bad, evil; now they are warning about a fiscal something-or-other, so how are people supposed to know that they’re suddenly worried that we’ll reduce the deficit too much?
Anyway, these are useful reminders that politics isn’t about policy details, it’s about broad thrusts and whether people think you’re on their side.
Quelle: The New York TimesAnmerkung: Krugman über schlecht informierte Wähler: Sie sind nicht dumm, aber sie sind damit beschäftigt, ihr Leben zu führen, anstatt sich intensiv mit der Politik auseinanderzusetzen.
- Zuwanderer: Integration ist besser als ihr Ruf
64 Prozent aller Einwanderer gingen hier im Jahr 2010 einer Beschäftigung nach – im Jahr 2000 waren es erst 57 Prozent gewesen. Damit hat Deutschland kräftig aufgeholt und liegt nun nahe am Durchschnitt aller 34 Länder, die der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) angehören. Die Beschäftigungsquote von Zuwanderern liegt im OECD-Durchschnitt bei 65 Prozent – 2,6 Prozentpunkte unter der von Menschen ohne Migrationshintergrund. nach wie vor ist hierzulande der Anteil der gering qualifizierten Migranten besonders hoch. 38 Prozent aller Menschen zwischen 15 und 64, die in Deutschland leben, aber im Ausland geboren wurden, besitzen nicht mehr als einen Pflichtschulabschluss. Von den 15- bis 34-jährigen Nachkommen von Zuwanderern besaßen 13 Prozent im Jahr 2008 weder eine Beschäftigung, noch absolvierten sie eine Ausbildung – bei Kindern von Inländern lag dieser Anteil bei nur rund 9 Prozent. Aber selbst die gering qualifizierten Nachkommen von Einwanderern werden relativ gut in den Arbeitsmarkt integriert, haben die Forscher fest gestellt. Niedrig qualifizierte Migranten gelten vielen Arbeitgebern als “arbeitswillig”, sagte der OECD-Integrationsfachmann Thomas Liebig, als er am Montag die Studie vorstellte. Augenfällig ist aber, wie selten die Nachkommen von Einwanderern in Deutschland im öffentlichen Sektor landen.
Quelle 1: taz
Quelle 2: OECDAnmerkung Orlando Pascheit: Überraschend dürfte für manchen Sarrazin-Anhänger diese Entwicklung sein, den integrationswilligen Bürger dürfte überraschen, wie wenig die Politik zu ihrem Wort steht, Integration zu fördern. Weniger Konferenzen und mehr Einstellungen von Zuwanderern muss die Schlussfolgerung aus diesem Bericht heißen. Als ob es nicht genügend Schnittstellen gäbe, wo zwischen Zuwanderern und Staat vermittelt werden muss.
- Wachsende Speicherwut
Grün-Rot in Stuttgart und ihr neues Polizeigesetz
Kaum beachtet von der breiten Öffentlichkeit wurde in Baden-Württemberg unlängst das Polizeigesetz verschärft. Das Besondere an diesem Vorgang: Das Land wird von einer grün-roten Koalition regiert. Und bei der Abstimmung im Stuttgarter Landtag votierte die schwarz-gelbe Opposition einträchtig mit den Regierungsparteien.
Quelle: Neues Deutschland - Merkel kritisiert Israel wegen Siedlungs-Plänen
Kanzlerin Angela Merkel hat Israels Pläne zum Bau von mehr als 3000 neuen Wohneinheiten in den Palästinensergebieten in ungewöhnlich scharfer Form kritisiert. Die Bundesregierung sei über diese neuen Siedlungspläne «äußerst besorgt», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Israel untergrabe damit das Vertrauen in seine Verhandlungsbereitschaft. Außerdem werde der Raum für einen Palästinenserstaat, den auch Deutschland wolle, immer kleiner. Merkel appellierte über ihren Sprecher ausdrücklich an Israel, von der Ausschreibung für den Bau abzusehen.
Quelle: Frankfurter RundschauAnmerkung unseres Lesers G.K.: Das ist wieder eine dieser dpa-Meldungen, über die sich die hiesigen Konservativen freuen dürften: Merkel kritisiert lt. dpa die israelischen Siedlungspläne in “ungewöhnlich scharfer Form”. Oder, wie unsere Merkel-freundlichen Medien in solchen Situationen gerne fabulieren: “Merkel redet Klartext”. Zur “Unterstreichung” ihres “ungewöhnlich scharfen” Protests begnügt Merkel sich ganz lapidar damit, über ihren Sprecher an die israelische Regierung “appelieren” zu lassen. Hauptsache, sie hat zu den israelischen Siedlungsplänen etwas verlautbaren lassen. Man soll ihr ja nicht nachsagen können, sie betreibe einseitige Interessenpolitik zu Gunsten der israelischen Regierung. Folgt aus der von der israelischen Regierung verkündeten völkerrechtswidrigen Siedlungspolitik nun beispielsweise ein Stop jener deutschen Rüstungsexporte nach Israel, die dafür geeignet sind, gegen die palästinensische Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten eingesetzt zu werden? Aber nicht doch!
Aber wir müssen Verständnis haben, denn Merkel hat in diesen Tagen Wichtigeres zu tun, als sich um völkerrechtswidrige Annexionspläne der israelischen Regierung zu kümmern: Sie “muß” sich der überaus wichtigen Aufgabe stellen, sich von den Delegierten des CDU-Parteitages und den ihr treu ergebenen Medien huldigen zu lassen. Was kümmert es Merkel, wenn beispielsweise die von der deutschen Rüstungsindustrie an die israelische Regierung exportierten Waffen gegen die palästinensische Zivilbevölkerung in den israelisch besetzten Gebieten eingesetzt werden? Und was kümmert es die Kanzlerin, wenn deutsche Waffen z.B. an die salafistische Diktatur in Saudi-Arabien exportiert und von dieser zur Niederschlagung der Demokratiebewegung in Bahrain eingesetzt werden? Die Hauptsache für die der Partei mit dem “C” im Namen angehörenden Kanzlerin scheint es zu sein, daß die Profite der deutschen Rüstungsindustrie stimmen und sie sich geradezu kindisch (jedoch nicht mit kindlicher Unschuld) über den Anstieg der deutschen (Rüstungs-)Exporte erfreuen kann.Siehe auch die folgenden Beiträge:
Handelsblatt: “Deutschland beliefert Israel massiv mit Waffen”
Die Presse: “Deutsche Panzer für die Saudis: Merkels heimliche Revolution” - Leistungsschutzrecht: Eine unheilige Scheindebatte
Die Debatte um das Leistungsschutzrecht geht an der Sache vorbei. Worum geht es eigentlich? Der Kern der Argumentation der Verfechter des Leistungsschutzrechts ist, dass Google mit Inhalten Geld verdiene, die von anderen (namentlich den Presseverlagen und Journalisten) mit viel Aufwand produziert werden. Besonders Google News ist den Verlagen ein Dorn im Auge, weil die Nutzer angeblich zu wenig auf die Webseiten der Zeitungen klicken, sondern sich den Nachrichten-Überblick bei Google holen und dann wieder anderen Dingen zuwenden. Schaut man genauer hin, fällt ins Auge, dass ausgerechnet Google News vollständig werbefrei ist. Google verdient damit offensichtlich kein Geld, der Dienst wird aus anderen Einnahmen querfinanziert. Worum geht es also? Offenbar darum, dass Google überhaupt Geld im Netz verdient, wohingegen die meisten Verlage Mühe haben, ihre Online-Angebote auf eine schwarze Null zu bringen, wenn mal ehrlich gerechnet würde. Und von diesem Geld – hier liegt der Hund begraben –, möchten die Verlage etwas abhaben. Die schnöde Wahrheit ist auch, dass der Teil des Online-Werbekuchens, der nicht bei Google und Facebook landet, insgesamt einfach zu klein ist, um die Kosten eines vielfältigen Journalismus zu finanzieren.
Quelle: FAZAnmerkung Orlando Pascheit: Da scheint sich die FAZ die ABO-Kündigung eines Lesers zu Herzen genommen zu haben, der dies mit der parteiischen Berichterstattung zum Leistungsschutzrecht begründet und schreibt:
“Sie werfen im Besonderen in Ihrem Artikel Google vor, seine Machtstellung für die eigenen Zwecke zu missbrauchen. Daher frage ich mich: Was ist das, was Sie machen? Während bei Google auf der Kampagnen-Seite zumindest noch jeder weiß, dass hier jemand mit offenem Visier für seine Zwecke streitet, nutzen Sie das Visier des ‘unabhängigen Journalismus’, um für Ihre Ziele zu werben.”
In der im Text genannten Stellungnahme des Max-Planck-Instituts für Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht von “Professoren mit ausgewiesener Expertise” unterschrieben heißt es am Ende [PDF – 190 KB]:
“Gesamthaft betrachtet scheint der Regierungsentwurf nicht durchdacht. Er lässt sich auch durch kein sachliches Argument rechtfertigen. Dass er überhaupt vorgelegt wurde, erstaunt schon aufgrund der Tatsache, dass bereits in einer Anhörung des Bundesministeriums der Justiz vom 28. Juni 2010 ein solches Schutzrecht praktisch einhellig abgelehnt wurde. Dahinter stehen selbst die Presseverleger nicht geschlossen.
Es fehlt damit jede Grundlage dafür, die vorgeschlagene Regelung zu verabschieden.” - Sponsoren des CDU-Parteitags
Auch der DGB gehört zu den Sponsoren. Warum eigentlich?