Der Börsengang der Bahn stinkt zum Himmel.
Im „Stern“ vom 29.7.2006 erschien ein Interview mit Bahnchef Mehdorn: „Herr Mehdorn, warum verkaufen Sie die Bahn?“
Ich habe die ersten Antworten kommentiert. Im weiteren Verlauf sprechen sie für sich. Der Bahnchef kann nicht erklären, warum ein Unternehmen, in das allein in den letzten 10 Jahren 90 Milliarden Steuergelder investiert worden sind, und das seit über einem Jahrhundert riesige Werte in Gleisanlagen, Bahnhöfen, Grundstücken angesammelt hat, nun zu einem Wert von nur 40 Milliarden an die Börse gebracht werden soll. Da ist etwas faul. Die ausweichenden Antworten von Mehdorn offenbaren dies. Zum Gesamtkomplex siehe auch meinen Tagebucheintrag vom 24.7.2006.
Hier der Beginn des Interviews:
Herr Mehdorn, warum verkaufen Sie unsere Bahn?
Interview: Norbert Höfler, Jan Boris Wintzenburg
Ausländische Investoren wollen einsteigen. Mit gutem Grund. Die Bahn ist mehr wert, als sie kosten soll. Hartmut Mehdorn kann es kaum erwarten.
Herr Mehdorn, jedem Deutschen gehört ein kleines Stück Bahnhof, Gleis oder ICE. Warum wollen Sie unsere Bahn verkaufen?
Die Bahn braucht ständig Geld. Züge, Gleise und Anlagen müssen erhalten und modernisiert werden. Die Bahn hat vor zwölf Jahren aufgehört, eine Behörde zu sein. Sie muss wachsen – wie jedes andere Unternehmen auch. Außerdem ist der Bund – ich will es mal lieb ausdrücken – in Geldnot. Deshalb sagen wir: Hey, Bund, verkauf einen Teil deines Vermögens, damit wir uns frisches Kapital aus dem Markt holen können – zum Wohle von Kunden und Steuerzahlern.
AM: Das ist in mehrfacher Hinsicht die Unwahrheit: erstens kann sich die Bahn AG auch ohne Gang zur Börse Geld für Investitionen besorgen, bei den Banken, über Anleihen. Auch der Bund hat mit Steuergeldern laufend Investitionen bezahlt. Schon die Ausdrucksweise – „frisches“ Kapital – zeigt, dass der Bahnchef die Leser des Stern in die Irre führen will. Das ist kein sachlicher Begriff sondern ein agitatorischer, der den Eindruck hinterlassen soll, ohne Börsengang komme die Bahn nicht an Geld. Zweitens: Zum Wohle von Kunden und Steuerzahlern ist der Börsengang und noch dazu ein Verscherbeln an Großinvestoren auf keinen Fall. Vermutlich werden die Strecken ausgedünnt und die Preise erhöht. Auch der Steuerzahler hat nichts davon, wenn das aufgebaute Vermögen der Bahn unter Preis verkauft wird.
Zum Verkauf stehen 63270 Kilometer Gleise, 5707 Bahnhöfe, 232 ICE-Züge …
Wenn Sie so wollen. Tatsächlich stehen Aktienanteile zum Verkauf. Auf den Aktien steht nicht drauf, ob sie Schiene oder Bahnhof sind. Es geht um ein Unternehmen, das in diesem Jahr einen Umsatz von über 28 Milliarden Euro und kräftig steigende Gewinne machen wird.
Was hat der Bahnkunde vom Börsengang?
Er profitiert davon, dass wir mit neuem Kapital den Modernisierungsprozess der Bahn fortsetzen können. Der Kunde bekommt einen besseren Service und fährt pünktlicher, sauberer und noch sicherer.
AM: Warum dies mit dem Eigentümer Bund nicht möglich sein soll, wird nirgendwo begründet. Schließlich ist die Bahn auch in der Vergangenheit und in hundertprozentigem Bundesbesitz ständig modernisiert worden.
Wird Bahnfahren auch billiger?
Es wird sicher nicht billiger. Wir werden insgesamt aber auch nicht teurer werden.
AM: Woher weiß Mehdorn letzteres?
Und so weiter…