Joachim Jahnke: Die Hauptursachen für das Defizit der gesetzlichen Rentenversicherung sind: Der Rückgang versicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse, die negative Reallohnentwicklung und niedriges Beitragsaufkommen aus den Neuen Ländern.
Was werden uns ständig für Begründungen für die fortlaufenden Renten-„Reformen“ genannt: Demographische Entwicklung, Überalterung, überzogene Rentenansprüche, Unbezahlbarkeit des Sozialstaates aufgrund der knappen öffentlichen Kassen usw. usf. Mit einer „Reform“ nach der anderen, mit Nullrunden, mit Rentenkürzungen durch den sog. Nachhaltigkeitsfaktor, mit der Besteuerung der Renten, mit höheren Krankenversicherungsbeiträgen anderen Einschnitten wird an den Symptomen des Finanzierungsdefizits der gesetzlichen Rentenversicherung herumgedoktert.
Joachim Jahnke hat dagegen einmal die Beziehung zwischen dem Rückgang der versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse und den Defiziten der Rentenkasse dargestellt.
Solange die Politik nicht an den Ursachen der Rentenmisere ansetzt und nicht zu mehr Wachstum und sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung beiträgt und die Löhne und – damit korrespondierend – die Rentenversicherungsbeiträge nicht steigen, wird eine Renten-„Reform“ nach der anderen scheitern und die gesetzliche Rente vollends ruiniert.
Ist das so schwer zu begreifen? Warum wird uns von den „Reformern“ mit irreführenden Argumenten immer wieder nur Sand in die Augen gestreut?
Für die marktradikalen politischen Kräfte ist die Senkung der Rente auf eine minimale Grundsicherung vor Altersarmut schlicht politisch gewollt. Damit lässt sich die Senkung der Lohnnebenkosten durchsetzen, damit kann man die Löhne weiter senken, damit kann man den Arbeitsmarkt weiter deregulieren und flexibilisieren und immer mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze abbauen und sie im besten Falle durch Billigjobs oder Niedrigstlöhner ersetzen.
Das sind die wichtigsten Hebel, um den Sozialstaat abzubauen, die Staatsquote zu senken und die „Eigenverantwortung“, sprich die Privatisierung der sozialen Sicherungssysteme durchzusetzen. Deswegen erhebt man die neoliberale angebotsorientierte Wirtschaftspolitik zur Steigerung von Gewinnen und Dividenden zum Dogma und erklärt nachfrageorientierte Ansätze zur Ankurbelung der Wirtschaft, die seit den dreißiger Jahren bis in die achtziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts „Wohlstand für alle“ und mehr soziale Gerechtigkeit ermöglicht haben, für überholt.