Die „Bundespräsidenten-Partei“ im Sommerinterview des ZDF
Der letztverbliebene Repräsentant einer vom Wähler verhinderten schwarz-gelben Koalition, Bundespräsident Köhler wird, wie das ZDF schreibt, „nicht müde die Große Koalition zu kritisieren“.
Die Regierung solle sich „auf das Wesentliche“ und „auf die Sachprobleme konzentrieren und nicht schon wieder Ablenkungsmanöver, Zeit gewinnen und Ressourcen binden in politischen Sandkastenspielen.”
Ganz typisch für Ideologen stellt er seinen „ökonomischen Sachverstand“ über die „Parteigrenzen“, ja sogar über „wirtschaftspolitisch unterschiedliche Theorien“. Föderalismusreform, Rentenalter ab 67 schön und gut, aber hätten wir den Ruck, den Roman Herzog verlangt hat, ernsthafter und entschlossener umgesetzt, „wären wir weiter“. Wir lebten „ernsthaft von der Substanz“ und könnten uns „keine Verzögerung leisten“, die „großen Themen“ würden aber nicht entschlossen genug angepackt. Und dann natürlich immer wieder seine Allerweltsformel: „Vorfahrt für Arbeit“.
Damit wir uns nicht den Vorwurf einhandeln, Köhler ständig nur zu kritisieren, stimmen wir seiner Grundsatzkritik, nämlich dass die augenblickliche Politik nur an Symptomen kuriert und sich nicht um das „Wesentliche“ kümmert, ausdrücklich zu, wir unterscheiden uns aber diametral in dem, was Köhler für das „Wesentliche“ hält: Der Bundespräsident will die „Veränderungen“ auf der Linie seines angebotsorientierten Lehrbuchdogmas, und obwohl wir etwa bei Hartz IV „vielleicht aus objektiven Gründen nicht ganz genau wussten, was damit alles angestoßen wurde“, ohne Rücksicht auf das bisherige Scheitern noch schneller und noch radikaler durchgezogen wissen. In dieser von Köhler penetrant angemahnten Beschleunigung seines wirtschaftspolitischen Kurses sehen wir von den NachDenkSeiten das wesentliche „Sachproblem“. Solange es keine aktive Konjunktur- und Beschäftigungspolitik gibt, bleiben die „Reformen“ der Großen Koalition in der Tat nur „Sandkastenspiele“ und Köhlers ständiges Nörgeln an den Regierungsparteien eben nur das übliche Nörgeln der „Bundespräsidenten-Partei“, die so tut, als könne sie sich über die anderen Parteien stellen.
Siehe dazu auch: Die Verstörung von Stephan-Andreas Casdorff.
Anmerkung: Wenn Casdorff behauptet „Köhler sagt das, was die Menschen sagen“, so widerspricht das allem, was man an Meinungs- und Wahlbekundungen kennt. Natürlich stimmt jeder der Platitude „Vorfahrt für Arbeit“ zu, aber nicht dem, was Köhler damit meint, nämlich Vorfahrt für Arbeit um jeden Preis.
Siehe auch: Präsident Kanthindenburgbeckenbauer Köhler von Alexander Gauland.