Hinweise des Tages
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (RS/WL/JB)
Hier die Übersicht. Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert.
- Korruptionsabkommen
- NRW schlägt wieder zu – und erwischt die UBS
- Vermögensteuer – Rot-Grün will an Reichtum ab zwei Millionen Euro
- Nochmals: Reden wir endlich über die Ausgaben
- Steuerflucht: Das lukrative Geschäft mit neuen Pässen
- Kauf von Staatsanleihen 1975 – Als die Bundesbank ein Tabu brach
- Europäischer Bankensozialismus
- Euroausstieg als Drohkulisse
- Söder schießt sich auf Draghi ein
- Standard & Poor’s: Düstere Prognose für Griechenland
- Wolfgang Münchau: Wann ist ein Land pleite?
- Eine Ökonomie von Schuld und Sühne
- Joseph E. Stiglitz: Der Preis der Ungleichheit
- Bodo, der Baggerfahrer – Verzweifelt gesucht
- Rendite in der gesetzlichen Rentenversicherung
- Reformpläne: Von der Leyen schnürt ihr Rentenpaket
- Schuldenkrise als Generationenkonflikt – Traue keinem Europäer über 30!
- DAK-Gesundheitsreport 2012: Krankmeldungen erreichen 2011 höchsten Stand seit 15 Jahren
- 10 Jahre Bologna-Reform im HRG: “Klingt nach Pasta – ist aber Käse”
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Korruptionsabkommen
- Abgeordnete bestechen leicht gemacht
Kaum irgendwo ist es so einfach, ungestraft Politiker zu bestechen wie in Deutschland. Vermutlich wird das auch erst mal so bleiben.
Quelle: DIE ZEIT - Warum Schwarz-Gelb das Korruptionsabkommen bremst
Bereits 2003 unterzeichnete Deutschland das Uno-Übereinkommen zur Korruption. Doch die Umsetzung als Gesetz fehlt nach wie vor. Union und FDP im Bundestag bremsen, die Wirtschaft ist stinksauer.
Für die Opposition ist es schlicht peinlich, für die Vorstände der deutschen DAX -Konzerne eine Frage der Glaubwürdigkeit. Deutschland hat im Jahr 2003 das Uno-Übereinkommen zur Korruption unterzeichnet, aber bis heute nicht ratifiziert. Grund ist ein langanhaltender Streit im Bundestag über die Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung. Union und FDP blockieren eine Regelung, weil sie die freie Ausübung des Mandats in Gefahr sehen.
Quelle: FTD
- Abgeordnete bestechen leicht gemacht
- NRW schlägt wieder zu – und erwischt die UBS
Nordrhein-Westfalen hat wieder zugeschlagen – und diesmal soll es ein richtig “dickes Ding” sein: Auf einer Steuer-CD, die Fahnder aus Wuppertal aufgekauft haben, finden sich Daten der UBS. Damit hat der Steuerstreit mit der Schweiz auch die Großbank erwischt. […]
Laut Insiderinformationen hat die in spektakulären Fällen erprobte Steuerfahndung Wuppertal die Daten der UBS erworben. Von einem “ganz dicken Ding” ist die Rede. Zudem haben die Fahnder des Finanzamtes Aachen bei einer weiteren Schweizer Bank zugeschlagen. Neben Kontenverbindungen gehe es bei der UBS auch um Stiftungen, die deutsche Kunden zur Steuerhinterziehung nutzten, sagte ein Informant aus dem Umfeld des Finanzministeriums in Düsseldorf der FTD. Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Bochum, die bereits den ehemaligen Postchef Klaus Zumwinkel wegen seiner liechtensteinischen Stiftungen angeklagt hatte, soll die Ermittlungen leiten. “Große Namen” seien auf der CD verzeichnet. Und: Mit den Daten über Steuersünder haben die Fahnder zudem Schulungsmaterial der UBS gekauft, mit dem der Bank Beihilfe zur Steuerhinterziehung nachgewiesen werden soll. In einer Präsentation soll Mitarbeitern erklärt werden, wie sie deutschen Kunden eine “steueroptimierte” Anlage bei der UBS schmackhaft machen sollen.
Quelle: FTD - Vermögensteuer – Rot-Grün will an Reichtum ab zwei Millionen Euro
SPD und Grüne drängen auf eine neue Vermögensteuer. Jetzt liegen erste Eckpunkte vor: Reiche sollen ein Prozent abdrücken, wenn ihr Vermögen größer als zwei Millionen Euro beträgt. So sollen 11,5 Milliarden in die öffentlichen Kassen fließen.
SPD und Grüne drücken bei der Wiedereinführung der Vermögensteuer aufs Tempo. Eine Arbeitsgruppe der rot-grün regierten Bundesländer hat jetzt erste Eckpunkte vorgelegt. Danach soll auf Großvermögen von mehr als zwei Millionen Euro jährlich eine Steuer von einem Prozent fällig werden. Der Freibetrag für Ehepaare soll doppelt so hoch sein, erklärte der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) in Düsseldorf.
Ziel sei es, große Vermögen stärker an der Konsolidierung der Haushalte zu beteiligen, sagte Walter-Borjans. Eine steuerliche Überlastung von Reichen soll dadurch aber nicht entstehen. Eine entsprechende Bundesratsinitiative wollen NRW, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hamburg nach der Sommerpause einbringen.
Quelle: SPIEGEL OnlineAnmerkung JB: Dies ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung. Fragt sich nur, ob SPD und Grüne sich auch noch daran erinnern können, wenn einmal die politischen Machtverhältnisse so sind, dass sich diese Initiative auch durchsetzen ließe.
- Nochmals: Reden wir endlich über die Ausgaben
Anmerkung unseres Lesers R.M. zur Anmerkung von JB: Würden in Deutschland alle Erwerbstätigen ungefähr das gleiche Einkommen haben, so würden die oberen 10 % in der Einkommensstatistik auch 10% des Einkommensteuer-Aufkommens beitragen.
Könnten die oberen 10% Besserverdienenden das gesamte Volkseinkommen für sich beanspruchen, so würden sie 100% des Einkommensteuer-Aufkommens zahlen.
Wäre das dann ein Grund zu Jammern für diese 10%?
Fazit: Je höher der Anteil ist, den die oberen 25 oder 10 oder 5 Prozent in der Einkommenssteuer-Statistik zum gesamten Aufkommen an Einkommenssteuer beitragen, umso ungleicher ist das Einkommen zugunsten dieser Bestverdiener verteilt.Ergänzende Anmerkung RS: Das ist ja die Masche, die mit dem „die oberste X% zahlt Y% der Steuer“ (wo Y eine deutlich höhere Zahl ist, als X). Die Täuschung bei solchen Aussagen besteht nicht nur daraus, dass dabei nur die Einkommenssteuer berücksichtigt wird, sondern auch daraus, dass es normalerweise dem menschlichen Gerechtigkeitsempfinden widerspricht, wenn eine kleine gesellschaftliche Gruppe einen scheinbar unverhältnismäßig großen Anteil der gesellschaftlichen Lasten trägt. Doch diejenigen, die mit dieser Masche argumentieren, wissen natürlich auch, dass die meisten Menschen diese Verteilung der Lasten nicht als ungerecht empfinden würden, wenn sie wüssten, dass die (einkommens-)steuerliche Belastung dieser kleinen gesellschaftlichen Gruppe dem Anteil dieser Gruppe am Volkseinkommen entspricht. Daher kann man die Betonung auf die (Einkommens-)Steuerbelastung der obersten X%, den Einkommensanteil dieser Gruppe aber unterschlägt, nur als absichtliche Täuschung bezeichnen.
Marc Beise weiß ganz genau, dass er seine Leser nicht überzeugen würde, wenn er den Anteil der Einkommenssteuer mit deren Anteil am Gesamteinkommen vergleichen ließe. Deshalb unterschlägt er letzteres. Das ist bewusste Täuschung, also Propaganda, und kein Journalismus. Es ist ein Armutszeugnis für die ach so seriöse Süddeutsche Zeitung.Weitere Anmerkung S.G.: Auch Beises Aussagen zur Steuerquote sind faktisch falsch. 1980 lag die Steuerquote bei 23,8%; 2000 bei 23,5% und 2010 bei 22,2%. Außerdem beträgt die durchschnittliche Steuerquote in der Europäischen Union 40%. Von einem “Spitzenwert der vergangenen Jahrzehnte” kann daher überhaupt nicht die Rede sein, erst Recht nicht im europäischen Vergleich.
Sogar der Monatsbericht des BMF 06/2011 kommt zu dem Fazit:
“Deutschland hat im internationalen Vergleich weiterhin eine niedrige und unterdurchschnittliche Steuerquote und eine mittlere Abgabenquote.” - Steuerflucht: Das lukrative Geschäft mit neuen Pässen
Für Schweizer Finanzhäuser ist es fast unmöglich geworden, das Geld reicher Amerikaner zu verstecken. Stattdessen besorgen sie ihnen mit Hilfe von Spezialisten einen neuen Pass.
Quelle: HandelszeitungAnmerkung RS: Als amerikanischer Staatsbürger, der jedes Jahr eine amerikanische Steuererklärung abgeben muss, obwohl ich seit 22 Jahren in Deutschland lebe, habe ich für meine reichen Landsleute, die ihre Staatsangehörigkeit abgeben wollen, um Steuern zu vermeiden, kein Mitleid. Ich traure ihnen auch nicht nach. Sie sollen ruhig gehen – good riddance! Immerhin sind amerikanische Staatsangehörige, die ihre Staatsangehörigkeit deshalb abgeben, weil sie Steuern vermeiden wollen, weitere zehn Jahre nach Aufgabe ihrer Staatsangehörigkeit in den USA steuerpflichtig. Das ist auch gut so.
- Kauf von Staatsanleihen 1975 – Als die Bundesbank ein Tabu brach
Die Bundesbank lehnt es strikt ab, dass die EZB Staatsanleihen aus Krisenländern kauft, und warnt vor einem Tabubruch. Doch eine Analyse der BNP Paribas zeigt: Die deutschen Währungshüter sahen das früher anders – und kauften im Sommer 1975 selbst Anleihen in Milliardenhöhe. […]
Seither aber scheint sich keiner an die Jugendsünde erinnern zu wollen. Wenn der heutige Bundesbank-Präsident Jens Weidmann den EZB-Plan zum Staatsanleihenkauf ablehnt, dann sieht er sich in guter “Tradition der Bundesbank”.
Quelle: SPIEGEL OnlineAnmerkung JB: Die Recherche der BNP ist bemerkenswert. Vor allem die selbsternannten Ordnungspolitiker scheinen zu verdrängen, dass selbst zu “besten D-Mark-Zeiten” die Diskussion um eine Staatsfinanzierung durch die Bundesbank recht lebhaft war. Auch im Jahre 1986 wurde die Diskussion erneut durch das Buch “Notenbankkredite an den Staat?” angestossen – Herausgeber des Buches und Befürworter einer direkten Staatsfinanzierung durch die Bundesbank war damals niemand anderes als Klaus von Dohnanyi, der heute unter Konservativen als eine Art Graue Eminenz der Ordnungspolitik gilt.
- Europäischer Bankensozialismus
Die Bankenschulden in der EU sind weitaus höher, als die Staatsschulden. Nach Berechnungen des IFO-Instituts betragen sie in den fünf Krisenländern etwa 9,2 Billionen Euro. Diese Summe kommt nach den jüngsten Beschlüssen in Brüssel zu den bisherigen Eventualverbindlichkeiten des ESM im Extremfall noch hinzu. Diesen Bankenschulden stehen allerdings Vermögen von Investoren, Hedge Fonds, Versicherungen und Banken gegenüber – die derzeit staatlich geschützt werden. Anstatt dafür zu sorgen, dass genau diese Vermögen durch die Politik in die Haftung genommen werden, haftet bislang vor allem einer: der Steuerzahler…Das bedeutet, dass die europäischen Steuerzahler auch für jene bürgen, die ihre Steuern nicht in einem Mitgliedsland der Union entrichten…
Stattdessen ist eine Einhegung der spekulativen Geschäfte wie auch eine grundlegende Strukturreform des Finanzsektors dringend geboten. Vor allem der gegenwärtige Bankensozialismus muss so rasch wie möglich beendet werden. Denn das Problem des ESM besteht darin, dass ihm – bei einem Ausfall eines oder mehrerer Schuldnerstaaten – selbst das Wasser bis zum Halse steht. Als sogenannter lender of last resort kann ihm kein weiterer Gläubiger beispringen.
Von sinnvollen und nachhaltigen Lösungsansätzen sind wir allerdings derzeit weit entfernt. So werden die Abwicklungspläne, die die amerikanischen Aufsichtsbehörden vor wenigen Wochen von systemrelevanten Banken einholten, nicht verhindern, dass diese – in der Gewissheit, dass sie im Notfall mit Hilfe von Steuergeldern gerettet werden – auch in Zukunft hohe Risiken eingehen.
Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik - Euroausstieg als Drohkulisse
Zu den täglichen Schreckensmeldungen über den Zustand des Euro ist eine neue hinzugekommen: Laut Medienberichten rüsten sich Shell, Vodafone und andere britische sowie amerikanische Konzerne für einen Zerfall der Währungsunion. Es drohe eine Kapitalflucht aus dem Euroraum. Beobachter bewerten solche Meldungen als Panikmache, um dem Euro als Dollar-Konkurrenten zu schaden oder die Europäische Zentralbank zu weiteren Aktivitäten zu ermuntern. Die jüngsten Zahlen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) für das erste Quartal zeigen keine Flucht aus dem Euro in den Dollar. – Eher weisen die BIZ-Statistiken auf Verschiebungen bei Finanzanlagen innerhalb des Euroraums hin. “Dank des Euro kann jeder gewünschte Betrag ohne Kursverluste transferiert werden”, sagt Friedrich Thießen, Professor der TU Chemnitz. Die Geldflucht hinterlasse in den betroffenen Ländern “in gewisser Weise verbrannte Erde”, indem sie die finanziellen Ressourcen entziehe, die zu einem Wiederaufschwung nötig wären. “Dann sind die Politiker gezwungen, drakonische Maßnahmen zu ergreifen.” An erster Stelle wären das Kapitalverkehrskontrollen.
Quelle 1: taz
Quelle 2: taz, Ulrike Herrmann, Über Fluchtgedanken der Konzerne aus der EurozoneAnmerkung Orlando Pascheit: Also liebe Leute, wenn Ihr das glaubt, kauft morgen gleich Dollars und streicht bei Ende der Euroflucht einen hübschen Arbitragegewinn ein.
- Söder schießt sich auf Draghi ein
Söder sagte der “Bild am Sonntag”, die EZB gehe einen gefährlichen Weg und dürfe sich nicht vom Währungshüter zur Inflationsbank entwickeln. Griechenland müsse die Währungsunion bis zum Jahresende verlassen, sonst würde Deutschland großen wirtschaftlichen Schaden davontragen. Man müsse an Athen ein Exempel statuieren. Die Äußerungen des CSU-Politikers stießen auf Unverständnis in der Opposition. SPD-Vize-Fraktionschef Joachim Poß nannte den bayerischen Finanziminister einen “gewissenlosen Krawallmacher”. Söder hatte der “Bild” gesagt, irgendwann müsse jeder bei Mama ausziehen, und die Griechen seien jetzt so weit.
Quelle: FTDAnmerkung unseres Lesers S.P.: die penetrant nationalistisch- populistische Hetze von Herrn Söder geht mir zunehmend auf die Nerven. Wer hätte vor noch 5 Jahren gedacht, dass Politiker einer demokratischen Partei sich dergestalt über Partnerländer in der EU auslassen würden. Für einen CSU- Sieg in Bayern ist Herr Söder offenkundig gern bereit, der Völkerverständigung in Europa Schaden zuzufügen und damit das Friedenswerk der Kriegsgeneration zu beschädigen. Gleichzeitig sind Söders Ausfälle ein Beleg für das gesellschaftlich- politische Zerstörungspotential der neoliberal- sozialdarwinistischen Denke, wonach jeder seines Glückes Schmied sei und das Leben ein Kampf aller gegen alle und Solidarität die natürliche Auslese zum Schaden der Art nur verzerre. Mit dem Anspruch der CSU, sich in ihrer Politik von christilich- humanistischen Werten leiten zu lassen, hat Söders Gefasel ohnehin nichts zu tun, aber das stört Personen wie Herrn Söder offenkundig nicht.
- Standard & Poor’s: Düstere Prognose für Griechenland
Die Ratingagentur Standard & Poor’s senkt den Ausblick für die Kreditwürdigkeit Griechenlands auf „negativ“. Grund: Der Wirtschaft gehe es weiter schlecht, die Haushaltskonsolidierung würde nicht schnell genug vorangetrieben – deshalb werde Griechenland weitere Hilfen benötigen. Für den Zeitraum 2012 bis 2013 geht S&P nun von einem Schrumpfen der griechischen Wirtschaft von zehn bis elf Prozent aus, verglichen mit den EU/IWF-Schätzungen von vier bis fünf Prozent.
Quelle: Berliner ZeitungAnmerkung Orlando Pascheit: Es wäre schon ganz hilfreich, wenn die Berliner Zeitung darauf hinweisen würde, dass bei einer Schrumpfung des BIP um 10 bis 11 Prozent, die von EU/IWF geforderte Verbesserung von Schuldenkritrien, die sich definitionsgemäß auf das BIP beziehen, kaum möglich ist. Der Zähler kämpft gegen den Nenner einen aussichtslosen Kampf.
- Wolfgang Münchau: Wann ist ein Land pleite?
Japan lebt mit 200 Prozent Staatsschulden ziemlich gut, Argentinien war bei 65 Prozent pleite. Das sollte uns eine Lehre sein: Wer nur auf Schuldenstände starrt, wird keinen Ausweg aus der Euro-Krise finden. Viel wichtiger sind Zinssätze und Wachstumsraten.
Quelle: Spiegel-OnlineAnmerkung JB: Was Münchau da schreibt, ist gar nicht mal schlecht. Er vergisst jedoch eine “Kleinigkeit”, wenn er den Primärsaldo nach seiner “Pi-mal-Daumen-Formel” berechnet. Die Formel unterstellt, dass die Einnahmen und Ausgaben des Staates immer im gleichen Maße wie das BIP steigen. Das ist – vorsichtig ausgedrückt – gewagt, aber es ist ja auch nur “pi mal Daumen”. Was wichtiger ist: Die Formel ignoriert, dass der Staat auch durch eine Erhöhung der Steuersätze sein Primärsaldo relativ und absolut erhöhen kann. Offenbar hat Münchau – ob bewusst oder unbewusst – die Möglichkeit von Steuererhöhungen bereits ausgeblendet.
- Eine Ökonomie von Schuld und Sühne
Als neulich beinahe jede Nachrichtensendung mit den Worten des bayerischen Finanzministers zur Eurokrise aufwartete, nämlich mit jenen, er befürworte einen Euro-Ausschluss Griechenlands aus pädagogischen Zwecken, um Spanien und Italien quasi zu warnen, da hätte man auch titeln können mit der Schlagzeile: Söder spricht sich für eine Ökonomie von Schuld und Sühne aus! Und genau das ist das Problem, das die herrschende Politik mit der Krise hat. Sie sieht sie als ein moralisches Strafgericht und hegt überhaupt die irrtümliche Ansicht, Ökonomie sei als moralischer Sport, als pädagogische Kampagne zu betreiben.
Quelle: ad sinistram - Joseph E. Stiglitz: Der Preis der Ungleichheit
Heutzutage entlarven diese Zahlen, den amerikanischen Traum als Mythos. In den USA herrscht heute weniger Chancengleichheit als in Europa – oder sogar in jedem anderen hochentwickelten Industrieland, für das entsprechende Zahlen vorliegen…
Während der „Erholung“ der Jahre 2009 bis 2010 entfielen auf das eine Prozent der US-Amerikaner mit dem höchsten Einkommen 93 Prozent der Einkommenszuwächse…
Selbst Banker, die die Weltwirtschaft – und auch ihre eigenen Firmen – an den Rande des Ruins geführt hatten, erhielten überdurchschnittliche Boni…den meisten Amerikanern geht es heute schlechter als 1997, also vor anderthalb Jahrzehnten; ihre inflationsbereinigten Realeinkommen sind heute niedriger als damals. Alle Früchte des Wirtschaftswachstums ernten die Reichen…
Die Vereinigten Staaten zahlen einen hohen Preis dafür, dass sie sich weiter in die gegenteilige Richtung entwickeln. Ungleichheit führt zu weniger Wachstum und Effizienz. Der Mangel an Chancen hat zur Folge, dass Amerikas wertvollster Schatz – seine Menschen – sich nicht optimal entfalten können. Viele am unteren Ende der Gesellschaft oder sogar in der Mittelschicht schöpfen ihr Potential nicht aus, weil die Reichen, die kaum öffentlicher Dienstleistungen bedürfen und Angst haben, dass eine starke Regierung eine Einkommensumverteilung bewirken könnte, ihren politischen Einfluss nutzen, um die Steuern zu senken und die Staatsausgaben zurückzufahren. Die Folge sind zu geringe Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Technologie, was wiederum die Motoren des Wachstums hemmt.
Quelle: Blätter für deutsche und internationale PolitikDazu passt:
Flexibiliät, die schädlich ist
Was passiert genau, wenn die Ungleichheit wächst? James K. Galbraith hat die Auswirkungen auf die Ökonomie studiert.
Vor zehn Jahren galt, wer sich für mehr Gleichheit einsetzte (oder umgekehrt die wachsende Ungleichheit beklagte), noch als hoffnungslos altlinks. Selbst die Sozialdemokraten der Blair- und Schröder-Jahre waren bereit, die angebliche soziale Funktionalität von Ungleichheit anzuerkennen. Heute ist das Pendel merklich zurück geschwungen. Nicht nur keynesianische Ökonomen wie Joseph Stiglitz, Paul Krugman, Nouriel Roubini und andere identifizieren die Ungleichheit als entscheidende Quellen unserer ökonomischen Misere, selbst die Reports des Währungsfonds und der OECD blasen regelmäßig in dieses Horn und fragen besorgt, „was die Politik gegen wachsende Einkommensungleichheiten machen kann?” Dass Ungleichheit nicht der Preis für Prosperität ist, sondern uns sehr viele Probleme einbrockt, das wird langsam schon der neue Common Sense. Gut so.
Quelle: Robert Misik - Bodo, der Baggerfahrer – Verzweifelt gesucht
Der Mythos vom „Fachkräftemangel“ ist eines der Meisterstücke von Lüge und Manipulation der Öffentlichkeit. Immer wieder wird diese Behauptung durch Politiker oder Lobbyisten der Wirtschaftsverbände aufgestellt, welche dann von den Medien regelmäßig ungeprüft und unwidersprochen Eins zu Eins übernommen wird. Dabei ist dieser Mythos, neben den mittels dubiosen Methoden kleingerechneten Arbeitslosenzahlen, ein wichtiges Glied in der neoliberal gefärbten Argumentationskette. Denn mithilfe dieser Behauptung werden ganz nebenbei weitere Schein-Fakten aufgebaut, welche den Diskurs der öffentlichen Meinungsbildung maßbeglich bestimmen. […]
Hätten diese Absurditäten nicht einen so entscheidenden Einfluss auf das öffentliche Meinungsbild, könnte man sich beruhigt zurücklehnen, eventuell noch sarkastisch die Anmerkung eines früheren Bundestrainers zitierend: „Ein noch tieferer Tiefpunkt.“ Doch mithilfe dieses Geflechts von Halb- und Unwahrheiten werden Fakten geschaffen, welche die ohnehin hochangespannte gesellschaftliche Situationen noch weiter verschärfen. Im Fahrwasser des „Fachkräftemangels“ wird schon jetzt eine große Anzahl ausländischer Arbeitskräfte gezielt ins Land gelotst, deren einzige Aufgabe es ist, durch eine noch höhere Konkurrenz das Lohnniveau zusätzlich weiter zu senken. So muss denn auch diese Fata Morgana mit immer neuen „Argumenten“ aufrecht erhalten werden, egal, wie unsinnig diese auch sein mögen. Es handelt sich hierbei inzwischen um eine hart geführte ideologische Auseinandersetzung, bei der Fakten eher lästig sind. Doch je größer die ideologische Verbohrtheit in der Argumentation, umso absurder werden die angeführten Argumente.
Quelle: Der Spiegelfechter - Rendite in der gesetzlichen Rentenversicherung
Auch Versicherte, die erst in den nächsten Jahrzehnten in Rente gehen, können mit einer deutlich positiven Rendite rechnen. Dies ist das Ergebnis von Renditeberechnungen der Deutschen Rentenversicherung, die von unabhängigen Institutionen wie der Stiftung Warentest bestätigt werden. Trotzdem gilt: Wer im Alter seinen bisherigen Lebensstandard halten will, sollte zusätzlich privat oder über seinen Betrieb vorsorgen.
Quelle: Broschüre der Deutschen Rentenversicherung [PDF – 231 KB]Anmerkung MB: Abgesehen von der besonderen Information mit der Rendite ist das über weite Passagen eine Werbebroschüre für kommerzielle Altersvorsorge. Das Ergebnis unabhängiger Institutionen wie Stiftung Warentest und Sachverständigenrat ??? Zitate von Wissenschaftler im Dienste der Versicherungswirtschaft wie Professor Börsch-Supan und Rürup ergeben noch die besondere Würze.
- Reformpläne: Von der Leyen schnürt ihr Rentenpaket
Überraschend hat Sozialministerin Ursula von der Leyen einen Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Altersarmut veröffentlicht. Sie beharrt auf der teuren Zuschussrente für Geringverdiener. Der Beitragssatz soll trotzdem auf 19 Prozent sinken.
Bundessozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat überraschend schon in der laufenden Ressortabstimmung einen Gesetzentwurf für ein Rentenpaket veröffentlicht. Ihre Reformpläne umfassen sowohl die umstrittene Zuschussrente für Geringverdiener als auch eine Kombirente für Personen, die vorzeitig in Ruhestand gehen. Außerdem sind Verbesserungen für Erwerbsminderungsrentner und ein höheres Budget für Rehabilitationsleistungen vorgesehen. Von der Leyen verknüpft ihre Pläne zur Bekämpfung der Altersarmut erstmals mit der Aussicht auf niedrigere Rentenbeiträge. Sie will schon jetzt festlegen, dass der Beitragssatz zur Rentenversicherung 2013 von 19,6 auf 19,0 Prozent sinkt.
Quelle: FAZAnmerkung unseres Lesers J.A.: Ein unfaßbares ideologisches Potpourri. Bei Verzicht auf die 0,6 Prozentpunkte Beitragssenkung könnte die Rente für alle (!!) um zusätzliche 3% erhöht werden oder z. B. die Rente ab 66 (statt erst ab 67) für alle gelten. Aber von der Leyen will die Ideologie “die Renten sind wegen des demographischen Wandels unbezahlbar” gegen die Realität durchsetzen. Anderenfalls würde für jeden offenbar werden, daß die SV-Rente ganz einfach bezahlbar ist. Stattdessen möchte von der Leyen die Rente als Almosen. Besonders geschickt, daß sie mit dieser PR dafür sorgt, daß sie trotz schlimmstmöglicher neoliberaler Politik als “soziales Gewissen” der Regierung erscheint.
Besonders schön ist das Bild zum Text – Rentnerpaar sorgenfrei im Liegestuhl in der Sonne, wahrscheinlich im Dauerurlaub, von 850 Euro Rente!!!Ergänzende Anmerkung RS: Inzwischen ist das Bild zum Text kein Liegestuhl mehr, sondern eine Parkbank – das übliche Begleitbild zu Artikeln über Rentner. Hauptsache, sie sitzen untätig herum und vermitteln das Bild von Menschen, die nichts mit sich anfangen können, und deshalb nur – natürlich auf Kosten der jüngeren Generationen – herumsitzen, anstatt etwas Produktives zu machen.
Dazu passt folgendes:
- Schuldenkrise als Generationenkonflikt – Traue keinem Europäer über 30!
Bürger gegen Banken, Nord gegen Süd, Oben gegen Unten? Einer der größten Konflikte in den Euro-Krisenstaaten wird meist totgeschwiegen: Die Alten leben auf Kosten der Jungen. Höchste Zeit, dass die Jugend gegen ihre Eltern auf die Barrikaden geht.
Quelle: Spiegel-OnlineAnmerkung Jürgen Karl: SPON at it’s best! Wieder ein unglaublicher Verdummungsartikel! Natürlich ist die Konfliktlinie nicht Alt gegen Jung sondern Arm gegen Reich, Oben gegen Unten. Es fehlen einem die Worte welche rhetorischen Verrenkungen den neoliberalen Schmierern so einfallen. Die ältere Generation ist verantwortlich für die Schulden- und Finanzkrise.
“Dennoch ist es richtig, pauschal nach der Verantwortung der älteren Generation zu fragen – um so zu ehrlicheren Antworten auf die Krise zu kommen.
Dazu gehören unbequeme Arbeitsmarktreformen, welche die Privilegien der Älteren beschneiden.”Wer gewinnt wenn es allen schlechter geht, wenn für alle der Kündigungsschutz aufgehoben wird? Man muss das wirklich zweimal lesen. So viel hirnloser Blödsinn auf einmal ….
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Die SPIEGEL-Hetze ist auch nicht besser als die “Wahrheiten” der BILD-Zeitung. Haben “die älteren Beschäftigten” dafür gesorgt, daß die Jungen nur noch befristete Verträge bekommen oder gar keine Arbeit? Was nützt es den Jungen, die Renten der Älteren – und damit gleich die eigene – zu beschneiden? Hier sollen also wieder die Jungen gegen die Alten aufgehetzt werden, um von den Vermögenden abzulenken. “Der Abstand zwischen den Einkommen der von Jüngeren und Älteren müssen sich verringern.” – das stimmt, natürlich müssen die Löhne der Jungen deutlich steigen, muß es mehr unbefristete Arbeitsplätze geben usw.
Am selben Tag in SpOn:
Teilzeit und Prekariat Immer weniger Vollzeitjobs für junge Menschen
Drei von vier Deutschen unter 30 Jahren haben keine volle unbefristete Stelle mehr. Bei Geringqualifizierten ist der Anteil laut einer Studie noch geringer. Dafür gehen immer mehr Frauen arbeiten – und auch Ältere finden wieder einen Job. - DAK-Gesundheitsreport 2012: Krankmeldungen erreichen 2011 höchsten Stand seit 15 Jahren
Der Krankenstand stieg 2011 auf 3,6 Prozent. Ein Jahr zuvor lag er noch bei 3,4 Prozent. Er liegt damit so hoch wie seit 15 Jahren nicht mehr. Herbert Rebscher, Chef der DAK-Gesundheit, warnt jedoch davor, diese Steigerung falsch zu interpretieren.
„Bei der Entwicklung des Krankenstandes zeigen sich über alle Branchen hinweg bereits die ersten Anzeichen des demografischen Wandels“, kommentiert er den Trend. „Die Belegschaften sind schon heute durchschnittlich älter als vor zehn Jahren. Ältere Mitarbeiter sind seltener krank als Jüngere, dafür aber deutlich länger“. Rebscher prognostiziert, dass aufgrund der Demografie der Krankenstand auch in den nächsten Jahren beschleunigt steigen wird, wenn Unternehmen nicht durch Prävention gegensteuern. Erst kürzlich hatte die Bundesagentur für Arbeit gemeldet, dass der Anteil der 60- bis 65-Jährigen an allen Erwerbstätigen sich in den letzten zehn Jahren fast verdreifacht hat.
Ungebrochen ist auch der Trend bei den psychischen Erkrankungen: Im vergangenen Jahr stieg ihr Anteil von 12,1 auf 13,4 Prozent am Gesamtkrankenstand. Damit hat sich in den zurückliegenden 15 Jahren der Anteil dieser Krankheitsgruppe am Krankenstand mehr als verdoppelt. Depressionen & Co machen heute knapp ein Siebtel des gesamten Krankenstandes aus. „Die durchschnittliche Dauer einer Krankschreibung bei psychischen Leiden liegt bei rund 30 Tagen. Das Betriebsklima, die Führungskultur und familiengerechte Arbeitsplätze sind betriebswirtschaftlich gesehen weiche Faktoren, können aber helfen, psychische Erkrankungen zu vermeiden. Ein Monat Arbeitsausfall ist ein betriebswirtschaftliches Risiko, so dass es sich lohnt, auch hier zu investieren“, so Rebscher. Ein DAK-Versicherter war 2011 durchschnittlich 13,2 Kalendertage krankgeschrieben. Die gute Nachricht: Mehr als die Hälfte aller erwerbstätigen Versicherten (52,2 Prozent) meldete sich 2011 gar nicht krank. Für den Gesundheitsreport hat die DAK-Gesundheit die Krankschreibungen von 2,4 Millionen erwerbstätigen Versicherten mit Hilfe des IGES Instituts aus Berlin ausgewertet.
Quelle: DAK-GesundheitAnmerkung WL: Zur Behauptung, dass sich der Anteil der 60- bis 65-Jährigen an allen Erwerbstätigen in den letzten 10 Jahren fast verdreifacht habe, siehe „Wie Papageien-Journalismus funktioniert und wie das IAB seine eigenen Studien zu politischen Propagandazwecken missbraucht“
- 10 Jahre Bologna-Reform im HRG: “Klingt nach Pasta – ist aber Käse”
… vor zehn Jahren wurde die 6. Novelle des Hochschulrahmengesetzes beschlossen. Es sollten damals ein bundesweites Studiengebührenverbot und bundesweit Verfasste Studierendenschaften festgeschrieben werden.
Heute haben jedoch einzig und allein noch die umstrittenen Bachelor- und Masterabschlüsse Gültigkeit und auch ein Jahrzehnt nach gesetzlicher Festschreibung der Bologna-Reform überwiegen die Verschlechterungen.
Hierzu Erik Marquardt, fzs-Vorstandsmitglied:
“Das Bundesministerium versucht mit der heutigen Pressemitteilung den Eindruck einer vollumfänglich gelungenen Reform zu erwecken. Dieses Bild lässt sich aus Perspektive der Hochschulen jedoch nicht nachvollziehen. Vielfach wurden die alten Studiengänge mit einem großen Schuss Konkurrenzdenken und einer kräftigen Prise Ellenbogenmentalität gewürzt und dann als innovative Lehrkonzepte verkauft.
Statt kreativ die Inhalte der Studiengänge weiter zu entwickeln, die soziale Infrastruktur auszubauen, den Zugang zum Studium zu erleichtern oder gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen – alles Ziele des Bologna- Prozesses – wurden starre Strukturvorgaben geschaffen und neoliberale Selektionsinstrumente installiert.
Das Ergebnis ist sichtbar: Die Abbruchquoten sind seit Bologna deutlich gestiegen. Mindestens 300.000 Studienplätze fehlen in den kommenden Jahren. Schon jetzt ist es vielfach nicht einfach, vom Bachelor in den Master zu kommen. Die Studiengänge sind verschult und die Betreuungssituationen schlecht.
Trotz dieser katastrophalen Lage wird von den Studierenden erwartet, immer mehr in immer kürzerer Zeit zu lernen. In den vergangenen zehn Jahren wurde die dringend nötige Hochschulreform immer wieder zugunsten eines neoliberalen Umbaus der Hochschulen verzichtet. Dies als “zukunftstaugliche” und “erfolgreiche” Studienreform zu bezeichnen, grenzt an Halluzination.
Der studentische Dachverband fzs fordert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) auf, endlich von der neoliberalen Konkurrenzideologie a la Exzellenzinitiative abzurücken und stattdessen eine qualitative Studienreform unter breiter demokratischer Beteiligung aller Beteiligten zu initiieren!”
Quelle 1: fzs
Quelle 2: BMBF Pressemitteilung „Zukunftstauglich dank Bologna“