„Steuerreform gegen die SPD-Linke
Parteirat der Sozialdemokraten akzeptiert grundsätzlich die Senkung der Gewinnsteuer für Firmen und hohe private Kapitalerträge. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück spielt die Union und die Kritiker in der eigenen Partei gegeneinander aus.“
So beginnt ein Beitrag in der taz. Mich erinnert das an den Beginn der Weimarer Republik, Sebastian Haffner, an meine Erfahrungen mit den Seeheimern. Zu allem einige Hinweise.

I. Aufkommensneutralität aufgegeben

Ursprünglich sollte die Reform der Unternehmenssteuern aufkommensneutral sein. Jetzt werden den Unternehmen und den hohen Einkommen noch einmal 7 bis 9 Milliarden € geschenkt. Dies geschieht auf dem Hintergrund ständiger erfolgloser Steuersenkungen für Unternehmen und hohe Einkommen. Hier eine zusammenfassende Aufstellung mit Stand 2004:

Gravierende Steuerreformen in den letzten 20 Jahren:

1. Streichung der Vermögenssteuer
2. Streichung der Gewerbekapitalsteuer
3. Kürzung der Körperschaftssteuer
4. Erlass der Besteuerung der Gewinne bei Verkauf von Unternehmensteilen
5. Senkung des Spitzensteuersatzes – auf 42%
6. Amnestie für Steuersünder – statt 25 Mrd. Steuerplus 500-900 Mio.
7. Korrektur des Halbeinkünfteverfahrens zugunsten der Versicherungswirtschaft. = 5 Mrd. Steuererlass

Wenn die neoliberale Theorie stimmen würde, wonach investiert wird, wenn die Steuern gesenkt werden, dann müsste die Wirtschaft bei uns „brummen“. Das tut sie aber nicht. Schon die Theorie ist falsch. Dennoch passt sich die SPD an.

II. Die Anpassung ist auch eine Folge des Rechtsruck in der SPD

Dort haben Netzwerker und Seeheimer heute das Sagen. Gönnen Sie sich gelegentlich einen Blick auf die Website der Seeheimer.

Dort findet sich heute die passende Begrüßung zum Thema:

Herzlich willkommen bei den SEEHEIMERN!

Wir stehen hinter Steinbrücks Plänen zur Steuerreform

15.6.2006
Der Haushaltsexperte und Sprecher des Seeheimer Kreises Klaas Hübner erklärt:

„Finanzminister Steinbrücks Pläne zur Unternehmenssteuerreform sind richtig und verdienen Unterstützung. Sie sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem wettbewerbsfähigen Steuerstandort Deutschland. Machen wir uns nichts vor: Nur, wenn wir die Steuerlast senken, verhindern wir Steuerflucht ins Ausland.“

Mindesten so „spannend“ wie dieser aktuelle Meldung ist ein Blick auf

„Die Seeheim-Chronik zum Herunterladen

15.11.2005
“In der Mitte der Partei” – Gründung, Geschichte und Wirken des Seeheimer Kreises. Mit Grußworten von Gerhard Schröder und Annemarie Renger und zahlreichen Fotos.

Selbst die Fotos sagen einiges über die Entwicklung der SPD. Noch mehr aber der Inhalt. Mich faszinierte folgendes Detail, das, wenn es nicht so weit zurückläge, die Zuordnung zur “Manipulation des Monats“ verdient hätte. Im Text wird behauptet, die Seeheimer hätten sich als Gegenbewegung zu den neo-marxistischen Kräften in der SPD gegründet. Und dann wird in diesem Zusammenhang besonders auf den Hannoveraner Parteitag von 1973 verwiesen, auf dem sich die Linken durchgesetzt hätten. Das habe ich persönlich hautnah erlebt und weiß deshalb noch genau, welche Art von Linksradikalen sich in Hannover durchgesetzt haben: zum Beispiel Hermann Heinemann, später Arbeits- und Sozialminister in Nordrhein-Westfalen, Gunther Huonker, später Staatsminister bei Helmut Schmidt, im Hintergrund auch Erhard Eppler.
Wie die Seeheimer noch heute ihre eigene Entstehungsgeschichte verbiegen – meisterhaft.

III. Dies reizt zum Hinweis auf Sebastian Haffners

Der Verrat. Deutschland 1918/1919
Ein lesenswertes Buch für alle, die sich für deutsche Geschichte im allgemeinen und die Geschichte der Sozialdemokratie im besonderen interessieren. Hier das Inhaltsverzeichnis

Vorwort
1. Kaiserreich und Demokratie
2. Der 29. September 1918
3. Oktober
4. Die Revolution
5. Der 9. November
6. Die Stunde Eberts
7. Der 10. November: Die Marneschlacht der Revolution
8. Zwischen Revolution und Gegenrevolution
9. Die Weihnachtskrise
10. Entscheidung im Januar
11. Der Mord an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg
12. Der Bürgerkrieg
13. Die Münchner Räterepublik
14. Nemesis
15. Drei Legenden
16. Nachwort zur Neuausgabe (1979)

Genauso interessant:
Geschichte eines Deutschen. Die Erinnerungen 1914-1933.

Von Sebastian Haffner