Der Niedergang von Moral und Verstand bei unseren Meinungsführern ist beeindruckend
Die Beobachtung betrifft das heute journal von gestern mit Belegen grenzenloser Überheblichkeit und Dummheit und den Presseclub vom Sonntag mit offen präsentiertem Egoismus. Albrecht Müller.
Am deutschen Wesen soll die Welt genesen
Im heute journal vom 18.6. während der Halbzeit des Spiels Kroatien gegen Spanien wurden wir mit einer Abfolge von Ungeheuerlichkeiten konfrontiert (nach gewissenhafter Erinnerung wiedergegeben):
- In Bezug auf die griechischen Wahlen wurde vermerkt, das Schlimmste sei gerade noch einmal abgewendet worden. – Das ist die schamlose Bestätigung einer schamlosen Intervention in das Wahlverhalten eines anderen Volkes.
- Die ganze Welt erwartet von Deutschland die Lösung der Krise, wurde weiter gesagt. – Wenn schon, dann erwartet die ganze Welt, dass Deutschland den Wahnsinn seiner prozyklischen so genannten Sparpolitik aufgibt und damit aufhört, anderen Völkern den „Reform“-stempel aufzudrücken.
- Die anderen wollen ans deutsche Geld, wurde behauptet. – Das ist eine arrogante Vereinfachung. Es würde reichen, wenn die deutsche Regierung einsähe, dass der bisherige Kurs zur Erhaltung eines funktionierenden gemeinsamen Währungsraums nicht funktioniert hat und dass man die Staatsfinanzierung auch in kritischen Phasen von der Spekulation abtrennen muss.
- Das deutsche Portmonee bleibt zu, stellte der Brüsseler Korrespondent des ZDF, Herr van Kampen, eingeblendet aus Mexiko, fest.
- Und dann folgte der Hinweis auf die Börsenentwicklung, womit immer wieder unterstellt wird, dass die Aktienbörsen logisch mit dem wirtschaftlichen und politischen Geschehen verknüpft seien. Wenn dann die Aktienkurse zwar erstmal steigen, aber dann gleich wieder fallen nach einer Wahl, die angeblich das Schlimmste abgewendet hat, dann steht man ratlos da.
Das Leid der anderen, ist unsere Freud. Ihre neuen Arbeitslosen sind gut qualifizierte Gastarbeiter für uns.
Auf diese besondere Art der Schnäppchenjägerei hatte ein Freund der NachDenkSeiten vor einiger Zeit schon einmal hingewiesen. Ihm war von einem großen Unternehmer bedeutet worden, über die Krise in Griechenland doch nicht so traurig und besorgt zu sein, schließlich könnten wir die arbeitslos gewordenen, gut ausgebildeten jungen Griechen gut bei uns gebrauchen. Die gleiche unglaublich chauvinistische Argumentation tauchte jetzt wohl im Presseclub vom Sonntag auf. Persönlich habe ich diese Sendung nicht gesehen, aber normalerweise können wir uns auf den Bericht von G.F. verlassen. Er schrieb mir nach Lektüre meines Beitrags vom Sonntag folgendes:
„da ich gerade ihren … Kommentar gelesen habe, möchte ich kurz beisteuern was beim Presseclub heute geboten wurde.
Wobei ich einen Aspekt hervorheben möchte, der mir auch bei anderen Talks befremdlich vorkam. Und zwar wurde als interessanten “positiven” Effekt insbesondere von Frau Göbel (FAZ) betont, dass die arbeitslosen Griechen ja hier in Deutschland arbeiten könnten, bei dem sog. Fachkräftemangel sei dies ein schöner Nebeneffekt. Bei soviel Nationalchauvinismus ist man wieder mal sprachlos. Das habe ich aber nun schon öfter gehört. Bei aller Globalisierung, es gibt doch noch nationale Kapitalinteressen. Der Südgürtel Europas wird zum Armenhaus gemacht und zum Reservoir für billige Arbeitskräfte. Schließlich hatten wir diesen Zustand schon mal, warum nicht wieder zurückholen. …
Im Presseclub wurde denn auch mehrheitlich diskutiert, dass es besser sei die Drachme wieder einzuführen als Voraussetzung für ein neues “Geschäftsmodell” (Müller).
Die sog. Eliten Deutschlands sind wirklich kaum noch zu ertragen….
G.F. Denn in.
So ist es. Statt der von Helmut Kohl angekündigten geistig moralischen Erneuerung müssen wir einen beispiellosen moralischen Verfall feststellen. Insgesamt ganz auf der Linie der neoliberalen Hauptparole: Jeder ist seines Glückes Schmied.