Armut in Deutschland: Die aktuelle Aufrüstungspolitik ist asozial

Armut in Deutschland: Die aktuelle Aufrüstungspolitik ist asozial

Armut in Deutschland: Die aktuelle Aufrüstungspolitik ist asozial

Ein Artikel von Marcus Klöckner

Im März hat der Bundestag für eine Billion Neuverschuldung gestimmt – für Aufrüstung und Infrastruktur. Von außen betrachtet, ließe sich der Gedanke fassen: In einem Land, das so viel Geld in sein Militär steckt, gibt es bestimmt keine Armut. Weit gefehlt. Die Tafeln kommen bisweilen kaum mit der Versorgung hinterher. Hilfesuchende werden sogar abgewiesen. Geld für Panzer, aber kein Geld für Brot? Dieser Schuss geht nach hinten los. Ein Kommentar von Marcus Klöckner.

Was ist wichtiger? Eine Politik, die dafür sorgt, dass Geld zuerst bei den Bedürftigen im Land ankommt, oder eine Politik, die gigantische Summen in die Hand nimmt, um gegen einen herbeifantasiertes Feindbild aufzurüsten? Welche Prioritäten haben verantwortungsbewusste Politiker zu setzen? Der Armut im Land den Kampf anzusagen? Oder mit Geld, das sie nicht haben, gegen ein Land hochzurüsten, das Deutschland überhaupt nicht bedroht?

„Jährlich werden im Land bis zu 200.000 Menschen von 8000 mehrheitlich ehrenamtlichen Hilfsteams in rund 250 Ausgabestellen der Tafeln mit Lebensmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs versorgt“, heißt es in einem aktuellen Artikel der Hannoverschen Allgemeinen. Der Beitrag handelt von den Tafeln in Niedersachsen und in Bremen – und er lässt erahnen, dass Armut ein bundesweites Problem ist. In Niedersachsen und Bremen können laut dem Vorsitzenden des Landesverbandes der Tafeln, Uwe Lampe, bisweilen gar nicht alle Neukunden aufgenommen werden. In anderen Bundesländern dürfte die Situation ähnlich sein. Überhaupt: Dass in einem angeblich so reichen Land wie Deutschland Bürger so wenig finanzielle Mittel zur Verfügung haben, dass sie auf Essen von Tafeln angewiesen sind, verweist auf eine schwere Schieflage im sozialstaatlichen Gefüge. Deutschland hat ein Armutsproblem – seit langem.

Was Armut für ein Land bedeutet, mag vielleicht nicht jedem klar sein, aber es liegt auf der Hand: Armut heute bedingt Armut morgen. Kinder, die in Armut aufwachsen, können sich häufig von den Fesseln der Armut nicht befreien. Aus Armut entstehen regelrechte Armutskreisläufe – über Generationen hinweg. Ausbrüche aus dem Kreislauf der Armut sind möglich, aber sie sind eher die Ausnahme denn die Regel. Armut schadet aber letztlich nicht nur den direkt Betroffenen. Armut schadet auch direkt oder indirekt dem gesamten Land und der Gesellschaft. Armut bedingt oft auch Kriminalität. Kriminalität bedingt hohe Ausgaben für die Sicherheitsbehörden. Kriminalität kann sich negativ auf das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger auswirken. Ein grundsätzliches negatives „Hintergrundrauschen“ entsteht, das keiner Gesellschaft gut tut. Armut kann zur Abhängigkeit von Alkohol, Drogen und zu Selbstmord führen – auch daraus entstehen weitreichende Folgen für die Familienmitglieder als auch die Gesellschaft. Zudem können Arme kaum etwas zum Konsum und damit auch zu einem gesunden Wirtschaftskreislauf beitragen.

Es kann und müsste oberste Priorität in der Politik sein, an die Ursachen der Armut ranzugehen – auf eine sozialpolitisch kluge Weise. Hierzu wird Geld und Verstand gebraucht. Doch das Geld soll in den Rachen der Rüstungsindustrie gepumpt werden und der Verstand ist offensichtlich deaktiviert. Die politische Klasse versucht dem Armutsproblem im Hartz-IV-Geiste „beizukommen“, indem sie ihrer Politik das Leitbild vom faulen Arbeitslosen voranstellt. Das geht erstens an der Realität vorbei und zeugt zweitens von einer Politik, die wie auch schon in Sachen Russland über ein wirklichkeitsentrücktes Feindbild stolpert.

Eine kluge Armutspolitik würde das Armutsproblem ohne billige Stimmungsmache und Schüren von Vorurteilen als gesamtgesellschaftliches Problem kommunizieren. Mit kreativen Lösungen, wie etwa einem Geldkonto für Kinder, auf das ab einem bestimmten Lebensjahr zugegriffen und über bestimmte Beträge verfügt werden kann, ließe sich etwas bewegen. Damit hätten die jungen Erwachsenen die Möglichkeit, im Sinne der Armutsbekämpfung in ihr Leben zu investieren.

Nicht Armut über Generationen verwalten, sondern den Kreislauf der Armut an den richtigen Stellen aufbrechen. Darum sollte es der Politik gehen. Doch was macht der Bundestag? Geld für Panzer bereitstellen, das besser für Brot eingesetzt werden sollte. Dieser politische Schuss geht – wieder einmal – nach hinten los. Für die aktuelle Aufrüstungspolitik gibt es einen treffenden Begriff: Asozial!

Titelbild: addkm / Shutterstock

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