Das Urteil gegen den Chefredakteur des Deutschland-Kuriers wegen einer satirischen Bild-Montage (ausgerechnet zur Meinungsfreiheit) ist meiner Meinung nach ein Skandal. Mit dieser unangemessenen Härte sollen über den Fall hinaus Regierungskritiker eingeschüchtert werden. Ein Kommentar von Tobias Riegel.
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Das Amtsgericht Bamberg hat David Bendels, Chefredakteur des AfD-nahen Deutschland-Kurier, zu einer mehrmonatigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt, wie die Welt berichtet. Er hatte ein manipuliertes Bild von Nancy Faeser verbreitet. Die Richter verlangen zudem eine schriftliche Entschuldigung bei der SPD-Politikerin, so die Berichte.
Stein des Anstoßes: Bendels hatte laut Welt ein sogenanntes Meme, eine Bildmontage mit satirischem Inhalt, im Internet verbreitet. Darauf zu sehen war Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die ein Blatt mit der vom Deutschland-Kurier ergänzten Aufschrift „Ich hasse die Meinungsfreiheit!“ in die Kamera hält. Dazu hieß es im Post bei X: „Faeser HASST Meinungsfreiheit!“ Daraufhin hatte Nancy Faeser Ende Mai 2024 laut Medien persönlich einen schriftlichen Strafantrag gestellt.
Bei der mündlichen Urteilsverkündung hieß es laut Welt: Bendels habe auf dem X-Account des Deutschland-Kuriers eine „für den unbefangenen Leser nicht erkennbar bewusst unwahre und verächtlichmachende Tatsachenbehauptung über die Innenministerin Frau Faeser (…) veröffentlicht, welche geeignet ist, deren öffentliches Wirken erheblich zu beeinträchtigen“. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Bendels erklärte, sich dagegen zur Wehr setzen zu wollen. Weitere Informationen finden sich in diesem Artikel.
„Bestrafe Einen, erziehe Hundert“
Das Urteil ist meiner Meinung nach ein Skandal: Das Strafmaß ist völlig unangemessen und kann in meinen Augen nur als Signal an andere Regierungskritiker gedeutet werden, nach dem Motto: „Bestrafe Einen, erziehe Hundert“. Es ist auch Ausdruck einer inakzeptablen Ungleichbehandlung: Während Satire, die im Sinne der Mächtigen Regierungskritiker verhöhnt, keinerlei Strafverfolgung befürchten muss, wird hier überhart reagiert.
Die Kritik an dem Urteil hat übrigens nichts mit der mir fernen politischen Heimat des „Delinquenten“ zu tun, hier geht es ums Prinzip: Ein solches Vorgehen wie das gegen Bendels wird Regierungskritiker jeder politischen Couleur treffen, wenn gegen eine solche übergriffige Praxis nicht jedes Mal und grundsätzlich eingeschritten wird.
Die ganze Situation ist zusätzlich absurd, weil es in dem „strafbaren“ Bild ja ausgerechnet um die Meinungsfreiheit geht: Eine Politikerin verfolgt eine satirische Meinungsäußerung und liefert genau durch dieses Verhalten indirekt ein Indiz dafür, dass an der monierten Meinung etwas dran sein könnte.
Titelbild: Alexandros Michailidis / Shutterstock