Strack-Zimmermann dreht auf: „Putin hat Hunderte von Millionen Menschen unter die Erde gebracht“

Strack-Zimmermann dreht auf: „Putin hat Hunderte von Millionen Menschen unter die Erde gebracht“

Strack-Zimmermann dreht auf: „Putin hat Hunderte von Millionen Menschen unter die Erde gebracht“

Ein Artikel von: Tobias Riegel

Mit offensichtlichen Falschbehauptungen hat die FDP-Politikerin bei einem schrillen Talkshow-Auftritt Desinformation zu Russland betrieben – und niemand korrigiert so etwas in angemessener Weise. Die gesellschaftliche Folge einer solchen Toleranz: Ungezügelte Behauptungen und eine Verrohung der Debatten. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat in einer Talkshow des ORF Anfang der Woche befremdliche Behauptungen aufgestellt. Das Gespräch findet sich beim ORF unter diesem Link, auf YouTube ist es unter diesem Link verfügbar. Ab Minute 4:50 sagt Strack-Zimmermann:

„Wladimir Putin ist ein Mörder, ein Killer, der Hunderte von Millionen Menschen unter die Erde gebracht hat.“

Ab Minute 13:50 sagt sie:

„Die Ukraine ernährt 70 Milliarden Menschen.“

Zum „russischen Modell“ sagt sie (ab Minute 6:40), da müsse man sich keiner „lästigen Wahl stellen“ und Menschenrechte würden „keine Rolle spielen“. Außerdem stellt sie Behauptungen zu durch Russland „verschleppten“ Kindern aus der Ukraine auf und entwirft ein Szenario, bei dem nach dem Schmelzen des Polareises „die ersten russischen Schiffe vor der Küste New Yorks auftauchen“ (ab Minute 52:00). Die Macher von „Horizont“ haben dazu ein Satire-Video produziert, in dem weitere grenzwertige Auftritte von Strack-Zimmermann zusammengeschnitten werden.

Toleranz gegenüber den „richtigen“ Behauptungen

Man denkt bei dem schrillen Talkshow-Auftritt erst, hier habe ein Gegner manche Äußerungen von Strack-Zimmermann mit Künstlicher Intelligenz manipuliert, aber es ist real. Der Auftritt im ORF ist ein Zeugnis der extremen Leichtfertigkeit, was die Sorgfaltspflicht angeht, aber auch, was die Sorglosigkeit um den eigenen Ruf angeht: Anscheinend hat Strack-Zimmermann keine Sorgen, dass solche unseriösen Auftritte ihrem Image schaden könnten.

Dieser Glaube resultiert wiederum unter anderem aus der Kritiklosigkeit, mit der Politikern mit der „richtigen“ Meinung zu Russland und Krieg oft begegnet wird. Ganz im Gegensatz zum rüden und pingeligen Umgang mit Kriegs- und Rüstungsgegnern. Journalistische Pingeligkeit soll hier nicht kritisiert werden, aber wenn sie selektiv nur die eine Seite trifft, dann wird sie zu einem Instrument der Propaganda.

Und während selbst bei offensichtlich absurden Behauptungen vonseiten der Anhänger des neuen deutschen Militarismus ganz oft niemand inhaltlich korrigierend einschreitet (zumindest nicht in angemessener Weise), wird sehr wohl eingeschritten, wenn man die „falsche“ Meinung vertritt. Zu dieser Kultur des selektiven Nachfragens hat sich gerade auch Marcus Klöckner in diesem Artikel geäußert.

Desinformation: Haltet den Dieb!

Es ist ein Zeichen der Zeit: Manche Akteure, die besonders heftig Desinformation betreiben, um die Kriegs- und Aufrüstungsstimmung anzuheizen, warnen am eindringlichsten vor Desinformation. Zusätzlich skandalisieren sie in diesen Warnungen nur eine Seite im Propagandakampf, noch dazu die, die in diesem Kampf (vorerst) erheblich weniger Ressourcen zur Verfügung hat, wie ich gerade im Artikel „Focus“ verbreitet Verschwörungstheorien zu Sahra Wagenknecht geschrieben habe.

Strack-Zimmermann hat sich schon oft in fragwürdiger Weise geäußert und hat mit inhaltlichen und formalen Mitteln in meinen Augen die sprachliche und damit gesellschaftliche Verrohung angeheizt. Auf den NachDenkSeiten ist kürzlich Albrecht Müller im Artikel Strack-Zimmermann droht deutschem Filmemacher mit Klage auf die Politikerin eingegangen. Im Artikel Strack-Zimmermann lässt tief blicken: „Weiß Ihr Chef, was Sie hier machen?“ heißt es: Die sprachliche Verrohung „von Oben“ und die Versuche, unbequeme Bürger einzuschüchtern, nehmen zu.

Im Artikel Das passt gut: Strack-Zimmermann als „Oma Courage“ haben wir geschrieben, man solle die Steilvorlage doch dankend annehmen – wenn Strack-Zimmermann sich schon selber in die Nähe einer der bekanntesten Kriegsprofiteurinnen des Theaters rückt.

Titelbild: Screenshot/ORF

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