Auch die Eliten in sozialen und karitativen Bereichen trommeln den Ernstfall herbei und missbrauchen ihre Positionen

Auch die Eliten in sozialen und karitativen Bereichen trommeln den Ernstfall herbei und missbrauchen ihre Positionen

Auch die Eliten in sozialen und karitativen Bereichen trommeln den Ernstfall herbei und missbrauchen ihre Positionen

Ein Artikel von Frank Blenz

Hilfe, wir sind nicht vorbereitet! Die Lautstärke, die Intensität, die einseitige Ausrichtung der Argumentation von Führungskräften in unserem Land, die auf den Schnellzug namens Kriegstüchtigkeit aufgesprungen sind und/oder ohnehin schon in den Erste-Klasse-Abteilen saßen – all das ist empörend, skandalös und verantwortungslos. Bezeichnend, dass dabei auch die meisten Medien mitspielen. Selbst das an und für sich geschätzte Hauptstadtblatt Berliner Zeitung (siehe folgendes Beispiel) ist dabei, obwohl es zahlreiche augenöffnende Artikel veröffentlicht – welch wohltuender Gegensatz zum journalistischen Einheitsbrei der Meinungsmache. Im Berliner Blatt erfährt der Leser nun jedoch zum einen zwar Neues über die fragwürdige Ausrichtung deutscher Hilfsorganisationen, die jetzt viel Geld aus falschen Gründen fordern. Doch bietet die Zeitung dieser gängigen Erzählweise gleichzeitig ein Podium, statt bitter notwendigen Einspruch gegen das allseitig einseitige Säbelrasseln einzulegen. Ein Kommentar von Frank Blenz.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Nun auch die Erste-Hilfe-Profis: Das geht so nicht – Bevölkerung ist nicht kriegstauglich

Die Berliner Zeitung hat kürzlich einen Artikel veröffentlicht, in dem Führungskräfte deutscher Hilfsorganisationen so richtig „klagen“ können. Nicht etwa darüber, dass DRK, Johanniter und Co. zu wenig Mittel und Personal hätten, um die seit Jahr und Tag krisengeschüttelten Zustände und Missstände der friedlichen Zivilgesellschaft zu kritisieren und berechtigte Verbesserungen der Zivilgesellschaft und für Frieden einzufordern, nein: Die Bosse jammern über die Bevölkerung, sie blicken sorgenvoll in die Zukunft, die ja voraussichtlich unbequem werden wird. Und die Zeitung druckt das:

Hilfsorganisationen beklagen:

Bevölkerung ist nicht auf Krieg und Krisen vorbereitet

DRK, Johanniter und Co. fordern nicht nur mehr Geld und mehr Personal, sondern auch besser informierte Bürger, die sich auch selbst für mögliche Katastrophen wappnen.

(Quelle: Berliner Zeitung)

Die Helferprofis trommeln heftig, DRK, Malteser, Johanniter – der Kriegsfall schwingt immer mit:

Der Schutz der Bevölkerung muss der nächsten Bundesregierung deutlich mehr wert sein“, sagt Philipp Wiesener vom Deutschen Roten Kreuz (DRK).

Martin Schelleis von den Maltesern sagt: „Es braucht mit Sicherheit mehr Personal, sowohl beim Militär als auch im Blaulichtbereich, im zivilen Bereich, Katastrophenschutz und in den Rettungsdiensten.“

Ohne eine gut vorbereitete Bevölkerung werde es nicht gehen, mahnt Thomas Mähnert von der Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH): „Die Menschen müssen sich selbst und anderen helfen können.“

Der Leser bekommt noch etwas Info-Material dazu, warum die karitativen Eliten auf und nieder hüpfen. Es geht um viel Geld, das jetzt auf einmal, welch Wunder, dank mieser Parlamentsspiele da ist. Da will man schon ein Stück vom üppigen Kuchenbuffet abhaben:

Bundestag und Bundesrat haben in der vergangenen Woche ein sogenanntes Sondervermögen von 500 Milliarden Euro beschlossen, über Kredite finanziert, über Schulden also. Das Geld fließt in die Infrastruktur der Republik. An diesem Montag nun haben fünf Hilfsorganisationen ihrerseits Erwartungen an die künftige Regierung formuliert; auch der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) und die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) haben sich an diesem Aufruf beteiligt.

Beinah hätten die Aufrufenden etwas vergessen – die Menschen, doch aus falschen Gründen

Führende Hilfsorganisationen haben sich also zusammengetan und einen Aufruf geschrieben, in den sie gar eine „Kernbotschaft“ einbinden:

Die Kernbotschaft der Hilfsorganisationen lautet: Ohne die Menschen im Land wird es nicht gehen. Die Bevölkerung müsse auch selbst in ihren persönlichen Schutz investieren, müsse sich stärker engagieren.

(Quelle: Berliner Zeitung)

Ach ja? Ohne die Menschen im Land wird es nicht gehen. Was wird nicht gehen? Die Wahrheit: Daher weht der Wind, die angelaufene komplette Mobilmachung, Ertüchtigung, Ausrichtung eines Landes, eines Gemeinwesens eines Landes dient der Ausrichtung hin zu einer hochgerüsteten, ausgerüsteten, ausgebildeten und vor allem folgsamen, einsatzbereiten Gesellschaft fern zivilgesellschaftlicher Normalität. Und was der Vater Staat nicht leisten kann, weil denn alle Milliarden schnell verteilt und verwurstet sind, das leistet die Bevölkerung. Sie müsse eben selbst und persönlich privat vorsorgen – also in Schutz und Ausbildung. Und vor allem in politische Bildung, am besten regelmäßig das Rundfunkgerät einschalten und den Leit-Medien lauschen.

Friedenstüchtige statt Kriegstüchtige Kliniken werden gebraucht

Leitmedien vergiften derweil weiter Herzen und Seelen der Menschen, sie transportieren Aussagen wichtiger Persönlichkeiten des Landes, die sich allesamt mit warnenden, klagenden, fordernden wie fragwürdigen aggressiven Inhalten übertreffen wollen. So stimmt ein Mediziner im stürmisch mitwirkenden Spiegel auf Horrorszenen ein:

Unfallchirurg hält deutsche Kliniken nicht für kriegstüchtig

»Wir rechnen mit 1000 Verletzten pro Tag«: Die Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie warnt davor, dass deutsche Kliniken nicht annähernd für den Ernstfall gewappnet sind.

Nun warnt der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie, Dietmar Pennig, dass das Gesundheitssystem nicht ausreichend auf einen möglichen Kriegsfall eingestellt sei.

»Wir rechnen mit 1000 Verletzten pro Tag, ein Viertel davon schwer«, sagte Pennig der »Welt am Sonntag«. Auch die Art der Verwundungen seien dann ganz andere. »Darauf sind die Kliniken nicht vorbereitet.«

Es fehle an Ärzten und an der notwendigen Ausbildung, sagte Pennig. »Es braucht etwa 3000 Ärzte in Deutschland, die Kriegsverletzungen behandeln können. Davon sind wir weit entfernt.

(Quelle: Spiegel)

Zusammenfassung des Grauens: Generalsekretär warnt. Gesundheitssystem nicht eingestellt auf Krieg. 1.000 Verletzte pro Tag. Ein Viertel davon schwer. Und die Verwundungen erst – die seien dann ganz andere. Vor allem aber brauche Deutschland viele Ärzte, die Kriegsverletzungen behandeln können.

Der sonstige Ärztemangel unserer bisherigen Friedenszeit-Bundesrepublik ist kein Thema mehr, das Gesundheitssystem am Boden ebenfalls nicht. Dass das System ein Markt ist und kein den Menschen zugewandtes Gesundheitswesen auch nicht. Die vielen gemachten Defizite im zivilen Leben, die fehlenden Mittel, der permanente Mangel, der Zustand der Infrastruktur, die latente Lähmung unseres Landes durch eine Politik, die an den Baum fährt, das alles ist gerade nicht wichtig. Die Mobilmachung, die Militarisierung schon … Ich habe eine Freundin gefragt, ob sie gern Kriegsverletzungen behandeln würde … Ihre Reaktion ist nicht druckreif.

Statt der aktuellen Mobilmachung muss endlich eine Mobilmachung der dem Frieden und der Entspannung zugewandten Zivilgesellschaft her

Die einen freut es: Derzeit läuft alles ziemlich widerstandslos nach dem Willen der Führungskräfte in unserem Land. Irrsinnige Beschlüsse passieren unsere parlamentarischen Institutionen. Die gesamte Republik, die Menschen werden mental und materiell unaufhörlich auf noch unruhigere Zeiten eingeschworen. Paradoxe Beispiele zu dem Spruch „wo ein politischer Wille, da findet sich ein Weg“ erlebt der einfache Bürger hautnah im Angesicht der katastrophalen Entwicklung, die Deutschland lange schon erfasst hat. Der politische Wille ist der der Eskalation, also fliegt uns unsere Gesellschaft um die Ohren.

Die für diese Eskalation Verantwortlichen in zahlreichen Bereichen der Gesellschaft sind allgegenwärtig, die Mikrofone für sie offen, die Kameras an, die Zeilen der Zeitungen auf Papier oder im Netz für sie reserviert. Ihr Tun, ihre Absichten sind offensichtlich.

Es ist lange nach 12 Uhr, es ist an der Zeit, dieser reaktionären Mobilmachung eine Mobilmachung entgegenzustellen, die dem Frieden, der Entspannung, dem Miteinander, dem Zivilisatorischen zugewandt ist. Wir brauchen keine Mobilmachung, keine Aufrüstung, keine Kriegsbereitschaft in allen Ecken des Landes und in den Gedanken der Menschen. Wir verdienen eine echte Zivilgesellschaft, die in allen zivilen Bereichen gut ausgestattet ist und in der die Defizite engagiert friedlich in Angriff genommen werden für eine lebenswerte, entspannte Gesellschaft.

Titelbild: DesignRage/shutterstock.com