Milliardengetöse – für Waffen ist plötzlich jede Menge Geld da

Milliardengetöse – für Waffen ist plötzlich jede Menge Geld da

Milliardengetöse – für Waffen ist plötzlich jede Menge Geld da

André Tautenhahn
Ein Artikel von André Tautenhahn

Der bei seinen Leuten unbeliebte britische Premier ist entschlossen und will nun Bodentruppen in die Ukraine zur Sicherung eines Waffenstillstandes entsenden. Wie dieser Waffenstillstand aussehen soll, kündigte wiederum der bei seinen Leuten ebenso unbeliebte französische Präsident an und handelte sich postwendend ein Dementi jenes Briten ein, mit dem er auf einem Gipfel gerade noch europäische Geschlossenheit demonstrierte. Der noch viel unbeliebtere deutsche Kanzler wiederholte, weil er sich nicht mehr beliebt machen muss, derweil das, was seit drei Jahren auf seinem Sprechzettel steht. Frieden werde in der Ukraine erreicht, indem Russland den Krieg beende. Ein Kommentar von André Tautenhahn.

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Wie es aussieht, ist das alles nicht mehr als folgenloses Getöse. Die Dynamik, die vom Eklat im Oval Office ausging, fangen die Europäer nicht mehr ein. Die Dimension ihrer Rat- und Orientierungslosigkeit korrespondiert mit der Höhe der Summen, die jetzt für Aufrüstung aufgerufen und ins Schaufenster gestellt werden. Da gibt es keine (Fiskal-)Regeln und ideologischen Vorbehalte mehr. Von der Leyen schlägt 800 Milliarden Euro vor und die neue kleine GroKo in Berlin nicht weniger als die pure Grenzenlosigkeit. Man sollte sich das genau ansehen, wenn mal wieder über Geld für andere Dinge gestritten wird, das zwar dringend gebraucht, aber leider gerade nicht zu haben ist, weil der Staat – Achtung: jämmerlich gestorbener Running Gag – nicht mehr ausgeben könne, als er einnimmt. Pointe: Die Realität belegt: Das Gegenteil ist der Fall. Der Staat kann nur einnehmen, was er ausgibt. Ergo kann er so viel Geld ausgeben, wie er es für richtig hält, und zwar immer. Da man aber den Menschen ständig das Gegenteil erzählt hat, braucht es nun natürlich einen großen Anlass, der alles zum Umsturz, aber leider nicht mehr Beliebtheit bringt.

Vor allem die Rolle der Medien, die nun staunend danebenstehen, muss hinterfragt werden. Sie waren verantwortlich dafür, dass ökonomischer Unsinn über Schulden weiterverbreitet und in den Köpfen gehalten wurde. Und das Bedauerliche ist: Trotz der angekündigten Summen bleibt der Unsinn mit der Schuldenbremse auch noch erhalten. Denn das neue „whatever it takes“ gilt nur für Waffen und Rüstung. Dafür wird offenbar ein Ausnahmetatbestand in der Schuldenbremse geschaffen, deren eigentliche Reform oder gar überfällige Abschaffung erst einmal auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben wird. So gelten für die Kriegspolitik keine Limits, für den Rest, wie die Bekämpfung von Armut, für bessere Kitas und Schulen, für Gesundheit und Pflege, Kunst und Kultur, für Schwimmbäder und Bibliotheken, für pünktliche Züge, dafür ist natürlich auch in Zukunft kein Geld da oder nur dann, wenn an einer anderen Stelle bitter eingespart wird. Das Spiel, das sich Profilierung nennt, muss zwischen den Parteien, die sich eigentlich nicht mehr voneinander unterscheiden, weitergehen.

Aber als Bonbon für die Länder, die dem Plan ja auch zustimmen müssen, soll noch ein Sondervermögen nach alter Lesart geschaffen werden, aus dem heraus Investitionen in Infrastruktur (welche eigentlich?) getätigt werden können. Der ideologiegetriebene Blödsinn im Gewand teutonischer Kassenwartmentalität – also known as solide Haushaltspolitik nach schwäbischer Hausfrauenart – muss auch in Zeiten höchster Not in seiner Absurdität gewahrt bleiben. Es könnte ja jemand fragen, wozu dieser ganze Aufwand mit gebremsten Schulden jemals gut gewesen sein soll. Doch statt der Abschaffung der Schuldenbremse wegen erwiesener Dysfunktionalität nach Bazooka, Wumms, Doppelwumms und dem späten Erkenntnisgewinn des zu groß geratenen Zukurzgekommenen Friedrich Merz, bleibt es bei einem üppigen, aber begrenzten Sondervermögen, das irgendwann in Sondierungsgesprächen wieder nachverhandelt werden muss. Sofern es ein Irgendwann überhaupt noch gibt.

Denn so ganz folgenlos wird das Getöse dann doch nicht sein. Die Finanzierungsfrage ist zwar Geschichte, aber die Verteilungsfrage eben auch schon mal vorab entschieden. Das wird zu weiteren Konflikten innerhalb der Gesellschaft führen. Deshalb muss das ganze Paket auch noch der alte Bundestag, was für ein Wahlbetrug, beraten und verabschieden, weil die Linken im neuen Parlament das mit der Verteilungsfrage möglicherweise ganz anders sehen. No limits für Waffen! Mit dieser Wortwahl steuert Deutschland, steuert Europa nicht Richtung Frieden, sondern weiter Richtung Konfrontation und Krieg. Für Beliebtheit wird das nicht sorgen, das kann nur ein Plan zur gegenseitigen Abrüstung und Verständigung leisten. Die derzeit beliebten Staatenlenker hingegen, wie etwa die italienische Ministerpräsidentin Meloni, übrigens eine selbsterklärte Postfaschistin, lehnen sich entspannt zurück. „You can go – not with my soldiers.“ Donald Trump applaudiert schon einmal für sie und lacht vermutlich über den Rest.

Hinweis: Das Titelbild ist ein fiktives Symbolbild, hergestellt mit künstlicher Intelligenz (Grok).

Titelbild: Symbolbild/Grok

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