Johannes Pucher vom österreichischen Standard berichtet heute: „Von der Leyen will beim EU-Sondergipfel die Wiederaufrüstung Europas besprechen“. – Es ist schon sehr seltsam. Da bekriegen sich in alter Tradition mal wieder Teile Europas mit den Russen. Die Töne und Sprüche sind grotesk: Der deutsche Verteidigungsminister schlägt vor, kriegstüchtig zu werden; die deutsche Kommissionspräsidentin der EU, Frau von der Leyen, will beim nächsten EU-Gipfel die Wiederaufrüstung Europas besprechen. Warum bitte nicht abrüsten? Warum schlägt sie nicht vor, sich mit Russland auf Abrüstung zu verständigen? Sind diese Personen, von Pistorius bis von der Leyen, allesamt Lobbyisten der Rüstungswirtschaft? Albrecht Müller.
Dass es anders geht, haben auch wir Deutschen schon einmal gezeigt: Nach einer Phase der Aufrüstung, der Gründung der Bundeswehr und der Konfrontation, nach dem Bau der Mauer und vielen Sprüchen der Konfrontation und der Verachtung für den östlichen Teil Europas meldeten sich kluge Köpfe. Sie überlegten, dass positive Änderungen beim Nachbarn, beim Gegner vielleicht auch durch Abbau der Konfrontation bewirkt werden könnten. Sie gingen mit diesen Überlegungen in die Öffentlichkeit: „Wandel durch Annäherung“ verkündeten der damalige Regierende Bürgermeister und SPD-Vorsitzende Willy Brandt und sein Mitarbeiter Egon Bahr auf einer Tagung der Evangelischen Akademie in Tutzing im Sommer 1963. Das war also die Idee, sich anzunähern, sich zu verständigen, um so einen Wandel im damaligen Ostblock möglich zu machen, vielleicht sogar erst anzustoßen.
Das hat funktioniert: Sechs Jahre später konnte der frisch gewählte Bundeskanzler Brandt in seiner ersten Regierungserklärung verkünden: „Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein“. Das wäre doch mal was: Die Kommissionspräsidentin erklärt beim EU-Sondergipfel am kommenden Donnerstag: EU-Europa will ein guter Nachbar sein, mit allen unseren Nachbarn, mit den US-Amerikanern und mit den Russen, mit den Russen und mit den Chinesen, mit den Israelis und den Iranern. – Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein, oder auf die EU übertragen: Wir wollen ein Europa der guten Nachbarn sein – diese Absichtserklärung würde uns auch mit schwierigen Nachbarn ins Gespräch bringen.
Die Rüstungswirtschaft würde protestieren, sie würde den verschiedenen gesponserten Parteien die Unterstützung entziehen. Aber was wäre das für ein harmloser Verlust gemessen an dem Verlust von vielen Menschen, die im Krieg verheizt werden?!
Anhang
Johannes Pucher vor 4 Stunden
Von der Leyen will beim EU-Sondergipfel die Wiederaufrüstung Europas besprechen
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will bei dem Sondergipfel am kommenden Donnerstag einen umfassenden Plan für die Wiederaufrüstung Europas vorlegen. “Wir müssen Europa dringend aufrüsten”, sagte von der Leyen nach dem Ukraine-Gipfel in London.
Die EU-Staaten stehen vor der Herausforderung, ihre Verteidigungsausgaben angesichts der Weltlage erheblich steigern zu müssen. Offen ist die Frage der Finanzierung, da der zusätzliche Investitionsbedarf auf rund 500 Milliarden Euro geschätzt wird – und einige Mitgliedsländer bereits hoch verschuldet sind.
Von der Leyen sagte, die Ukraine müsse mit Hilfe der verbündeten Staaten im Grunde “in ein stählernes Stachelschwein” verwandelt werden, das für potenzielle Invasoren unverdaulich sei. “Und natürlich sind Sicherheitsgarantien für die Ukraine von größter Bedeutung. Aber wir brauchen umfassende Sicherheitsgarantien”, sagte die Kommissionspräsidentin. Die Ukraine müsse wirtschaftlich wie militärisch in eine Position der Stärke gebracht werden.
Titelbild: Igor Y Eros / shutterstock.com