Die 12. Spezialbrigade „Asow“ der ukrainischen Nationalgarde hatte im Februar ihr internationales Bataillon in Schloss Diedersdorf bei Berlin einquartiert. Man suche nach Unterstützern, so die offizielle Begründung. Bei einem Interview der BILD-Zeitung mit dem Asow-Pressesprecher sah man in den Hintergrundbildern das Wolfsangelsymbol auf den Uniformen der Einheit, ursprünglich das Wappen der SS-Panzerdivision „Das Reich“. Die NachDenkSeiten wollten vor diesem Hintergrund wissen, wer diese nach wie vor offen mit NS-Symbolik agierende Spezialbrigade nach Deutschland eingeladen und deren Aufenthalt finanziert hat sowie ob die zuständigen Ministerien die gerichtliche Einschätzung teilen, dass dieses Symbol in Deutschland als „grundsätzlich verbotenes Kennzeichen“ gilt. Von Florian Warweg.
Asow-Spezialbrigade statt Kindergeburtstag
Für Schloss Diedersdorf, 27 Kilometer von Berlin-Mitte entfernt, wird sonst mit „größtes Oktoberfest der Region“ sowie „Kindergeburtstag in einem Schloss feiern, ist das nicht ein Traum?“ geworben und dessen Besitzer, Thomas Worm, erklärt gegenüber der Presse: „Ich vermiete keine Räume an die AfD“.
Aber im Gegensatz zur AfD scheint der Schlossherr mit der 12. Spezialbrigade „Asow“ der ukrainischen Nationalgarde, die bis heute offen Symbolik mit SS-Referenzen auf ihren Uniformen trägt, keine Probleme zu haben. Denn an deren „Asow International Battalion“, das gegenwärtig international unter Hochdruck um Rekruten wirbt, vermietete er sein Schloss im Februar 2025. Asow wurde 2014 gegründet und angeführt von Vertretern von Parteien und Gruppierungen wie dem „Rechten Sektor“, der Organisation „Patriot der Ukraine“ sowie der „Allukrainischen Vereinigung Swoboda“. Alles ausnahmslos Parteien und Gruppierungen, die bis heute als rechtsradikal gelten.
Das deutsche Gesicht der Einheit, der ehemalige Bundeswehr-Soldat Peter R., der zudem als eine Art Pressesprecher für „Asow International“ agiert, erklärt, in ukrainische Uniform gekleidet, gegenüber dem „Militärexperten“ der BILD, Julian Röpcke, in einem Videointerview mit dem Titel „Ukrainische Brigade sucht Unterstützung bei Berlin | BILD-Lagezentrum VOR ORT“:
„Der Grund, wieso wir heute als Einheit nach Berlin gekommen sind, ist, Unterstützung zu suchen für unser neues Internationales Bataillon, das zum ersten Mal in der Geschichte der Brigade Asow aus internationalen Kämpfern bestehen wird.“
Im weiteren Verlauf erklärt Peter R., dass „die Verteidigung meines Landes“ nicht erst an der polnischen Grenze beginne, da Russland nicht in der Ukraine haltmachen werde – diese Erkenntnis habe er in der Bundeswehr erworben. Asow International sei lediglich eine Eliteeinheit, „die ohne politische Motivation ein Land verteidigt“.
Entsprechend bestreitet Peter R. gegenüber BILD-Reporter Röpcke auch Verbindungen zu „angeblich rechtsradikalem Gedankengut“ und nennt diese Vorwürfe „ganz klar russische Propaganda“. Bei Asow seien laut dem ehemaligen Bundeswehrsoldaten „alle nationalsozialistischen Symbole von offizieller Seite aus verbannt“. Es erübrigt sich fast zu erwähnen, dass es daraufhin keinerlei kritisches Nachfragen von Seiten Röpckes gibt.
„Wolfsangel ist wegen ihrer Verwendung im Dritten Reich in Deutschland grundsätzlich ein verbotenes Kennzeichen“
Doch bereits die im Hintergrund zum BILD-Interview eingeblendeten aktuellen Bilder (ab Minute 0:44) der Spezialbrigade strafen die Aussagen des Asow-Sprechers Lügen. Denn diese Aufnahmen zeigen Kämpfer der Brigade von Peter R. mit dem Wolfsangelsymbol, das ursprünglich von der SS-Panzerdivision „Das Reich“ als militärisches Verbandswappen eingeführt wurde.
Die Wolfsangel war zudem von 1991 bis 2004 das Logo der ukrainischen rechts- und radikalnationalistischen „Allukrainischen Vereinigung Swoboda“. Übrigens ist Sowoboda derzeit eine von zwei (!) ukrainischen Oppositionsparteien, die nicht von der Selenskyj-Regierung verboten worden sind.
In einem Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages von April 2022 mit dem Titel „Zum ukrainischen „Regiment Asow“ und zur möglichen Verstärkung durch deutsche Freiwillige aus dem rechtsextremistischen Milieu“ heißt es unter anderem in Bezug auf Asow (ab Seite 9):
„Besonders auffällig ist die verbreitete und aggressive Verwendung von rechtsextremistischer Symbolik. Diese Verwendung findet sich zum Beispiel auf dem Regimentswappen wieder. Die „Wolfsangel“ auf dem Verbandsabzeichen will das „Regiment Asow“ offiziell als die Stilisierung der Losung „Nationale Idee“ (Ukrainisch: Ідея Нації) verstanden wissen. Doch die „Schwarze Sonne“, auch ein Erkennungszeichen mit in der Regel rechtsextremistischem Bezug, wurde ebenfalls bis 2015 auf dem Verbandsabzeichen verwendet.“
Weiter führt das Bundestagsgutachten aus:
„Die seit Jahrhunderten existierende Wolfsangel ist wegen ihrer Verwendung im Dritten Reich in Deutschland grundsätzlich ein verbotenes Kennzeichen im Sinne des § 86a StGB (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen). (…) Die Wolfsangel wurde im „Dritten Reich“ als Verbandswappen der 2. SS-Panzer-Division “Das Reich” geführt.“
Darauf weist auch die Journalistin Susann Witt-Stahl hin, die für die junge Welt in dem Artikel „In der Bundeswehr gelernt – Auf der Suche nach »Unterstützern«: Ableger der faschistischen »Asow«-Brigade in Deutschland unterwegs“ – erstmalig auf die fragwürdige Präsenz von Asow im Schloss bei Berlin aufmerksam gemacht hat:
„»Asow« hat das Symbol 2014 bei der Gründung der Einheit von seiner Kernorganisation »Patriot der Ukraine« übernommen: dem paramilitärischen Flügel des nazistischen Bündnisses Sozial-Nationale Versammlung, das für eine »rassenreine Ukraine« streitet. Sein Führer war der heutige Kommandeur der »Asow«-Sturmbrigade in der ukrainischen Armee, Andrij Bilezkij. Ferner sind in dem Bild-Video Angehörige der 12. Spezialbrigade beim Entrichten des »Asow-Grußes« zu sehen. Dieser stammt ebenfalls von »Patriot der Ukraine« und wird häufig zusammen mit dem »Gebet eines ukrainischen Nationalisten« zelebriert. In dem Ritual wird Stepan Bandera, Roman Schuchewytsch und weiteren Hitler-Kollaborateuren der faschistischen Organisation Ukrainischer Nationalisten gehuldigt.“
Es spricht zudem Bände, dass es der Boulevard-Zeitung mit Sitz in Berlin und derem Reporter scheinbar nicht bewusst ist, dass die Wolfsangel in Deutschland als grundsätzlich verbotenes Symbol gilt. Sonst hätten die verantwortlichen Redakteure des Springer-Blattes sicherlich die Symbole zumindest verpixelt oder unverdächtigere Bildausschnitte ausgesucht. Oder, das wäre der zweite Erklärungsansatz, es war der BILD einfach nicht möglich, aktuelles Bildmaterial von Asow zu finden, dass die „Spezialbrigade“ ohne Referenz auf SS-Symbolik zeigt. Fragen über Fragen…
Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 26. Februar 2025
Frage Warweg
Die 12. Spezialbrigade „Asow“ der ukrainischen Nationalgarde hat kürzlich ihr internationales Bataillon in Schloss Diedersdorf in Brandenburg, südlich von Berlin, einquartiert. Man suche nach Unterstützern, so die offizielle Begründung für die Präsenz in Deutschland.
Mich würde eine Antwort von der Bundesregierung interessieren, wer diese nach wie vor zumindest teilweise offen mit NS-Symbolik agierende Spezialbrigade eingeladen und in Deutschland finanziert hat. Im Zweifelsfall geht die Frage an Herrn Stempfle.
Stempfle (BMVg)
Wenn diese Asow-Brigade oder Teile davon in Deutschland sein sollten, dann wird das nicht durch uns genehmigt, sondern das liegt im Bereich der Sicherheitsbehörden. Deswegen sind diese dafür zuständig. Ich weiß nicht, ob Herr Kall oder die Landessicherheitsbehörden, die dafür zuständig sind, etwas dazu sagen können. Aber das BMVg hat damit nichts zu tun.
Kall (BMI)
Auch ich kann Ihnen dazu nichts sagen. Sie müssen sich gegebenenfalls an die brandenburgischen Behörden wenden.
Zusatzfrage Warweg
Der ehemalige Bundeswehrsoldat Peter R., der als eine Art von Pressesprecher des internationalen Bataillons von Asow agiert, behauptete auf Schloss Diedersdorf gegenüber einer nicht ganz unbekannten deutschen Boulevardzeitung, man habe in der Einheit angeblich alle nationalsozialistischen Symbole untersagt und verbannt. Allerdings zeigen just im Interview mit jener Zeitung eingeblendete aktuelle Bilder mehrere Kämpfer der Brigade mit dem Wolfsangelsymbol auf ihrer Uniform. Das ist ursprünglich das Truppenabzeichen der SS-Panzer-Division „Das Reich“. Laut einer Bewertung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages gilt dieses Zeichen als grundsätzlich verbotenes Kennzeichen im Sinne des § 86a des Strafgesetzbuches.
Teilen BMVg und BMI die damalige Einschätzung des wissenschaftlichen Dienstes? Wenn ja, wieso hat man die Nutzung dieser Symbolik in Brandenburg in keiner Form sanktioniert?
Kall (BMI)
Wenn Sie nach der Strafbarkeit eines bestimmten Verhaltens oder bestimmter Symbole fragen, dann ist das eine Frage an zuständige Strafverfolgungsbehörden. Daher die Bitte, sich an diese zu wenden.
Zusatzfrage Warweg
Meine Frage bezog sich auf das Wolfsangelsymbol. Teilt das BMI die Einschätzung des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, dass diese in Deutschland grundsätzlich verboten sind?
Kall (BMI)
Noch einmal: Die Frage, was verboten und was dann auch strafbar ist, ist eine Sache, die Strafverfolgungsbehörden prüfen und die dann in Gerichtsverfahren festgestellt wird. Dementsprechend ist das eine Frage an Polizei und Justiz und nicht an das BMI.
Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 26.02.2025
Ukraine: „Der Bandera-Kult verhindert die Demokratisierung und destabilisert das Land“