Rumänien ist zu einem Schauplatz geworden, auf dem sich die Spannungen zwischen den „ souveränistischen“ und „globalistisch-liberalen“ Lagern entladen. Nach dem Sieg des von EU und NATO ungewünschten Kandidaten Calin Georgescu wurde zunächst die erste Runde der Wahlen aufgrund eines eher vagen Verdachts der Geheimdienste annulliert und dann dieser Tage Georgescu verhaftet. Ein Beitrag von Gábor Stier, aus dem Ungarischen übersetzt von Éva Péli.
Das Paradoxe an der Situation ist, dass die rumänische Führung, die eindeutig eine transatlantische Politik verfolgt und eine US-Militärbasis beherbergt, jetzt von dem Umfeld von Donald Trump aufs Schärfste angegriffen wird und Rumänien als Beispiel für das Versagen der europäischen Demokratien anführt. Kürzlich verhaftete die rumänische Polizei Calin Georgescu, den Spitzenkandidaten bei den annullierten Präsidentschaftswahlen im vergangenen Jahr, und führte bei Dutzenden seiner Anhänger und Wahlkampfkollegen Razzien durch.
Georgescu ist ein nationalistischer Kritiker der NATO und der EU und ein Gegner der Unterstützung für die Ukraine. Sein Name wurde im November letzten Jahres zum ersten Mal der Weltöffentlichkeit bekannt, als er in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen unerwartet 23 Prozent der Stimmen erhielt. Doch das Verfassungsgericht annullierte die Ergebnisse kurz vor dem zweiten Wahlgang und berief sich dabei auf Geheimdienstdokumente, in denen von „Unregelmäßigkeiten“ bei seiner Kampagne die Rede war. Das verfassungsrechtlich fragwürdige Verfahren wurde damit begründet, dass die Wahlergebnisse das Ergebnis einer russischen Einmischung seien. Nun wurde er verhaftet, als er sich gerade wieder um die Präsidentschaftskandidatur bewerben wollte.
„Sein Auto wurde im Verkehr angehalten und er wurde der Generalstaatsanwaltschaft zum Verhör vorgeführt! Wo ist die Demokratie, wo sind die Partner, die die Demokratie zu verteidigen haben?“ – schrieb sein Team auf der Plattform Facebook. Vor seiner Verhaftung verurteilte Georgescu in einem Beitrag auf Online-Plattformen auch die Razzien bei seinen Anhängern: „Das kommunistisch-bolschewistische Regime setzt seine abscheulichen Übergriffe fort.“ Er beschuldigte die rumänischen Behörden, Beweise zu fabrizieren, um den Wahlbetrug zu rechtfertigen, und alles zu tun, um seine erneute Präsidentschaftskandidatur zu verhindern.
Der Oberste Gerichtshof beschuldigte Georgescu der Verschwörung gegen die verfassungsmäßige Ordnung, der Abgabe falscher Steuererklärungen, der Gründung einer antisemitischen, rassistischen und fremdenfeindlichen faschistischen Organisation, der Förderung von Völkermord und Kriegsverbrechen. Wird er für schuldig befunden, drohen ihm 15 bis 25 Jahre Gefängnis. In der Presse hieß es, dass die Polizei bei Razzien Waffen, scharfe Munition und mehr als eine Million US-Dollar in einem Safe gefunden habe. Offiziell wurden bisher keine Beweise vorgelegt.
Es wird immer deutlicher, dass die rumänischen Behörden mit den Verhaftungen verhindern wollen, dass Georgescu bei den Präsidentschaftswahlen erneut antritt, was die Korrektheit der Wahlen vom 4. Mai infrage stellt. Während die Europäische Kommission, die sich normalerweise in solchen Fällen zu Wort meldet, vielsagend schweigt, hat die Trump-Administration das Geschehene unmittelbar kritisiert.
Tesla-Chef Elon Musk nannte das Vorgehen der rumänischen Behörden einen Fehler. Musk hat sich in letzter Zeit mehrfach zu Rumänien geäußert und dabei insbesondere das Politik- und Justizsystem des Landes kritisiert. In aktuellen Beiträgen hat er wiederholt den Präsidenten des rumänischen Verfassungsgerichts, Marian Enache, angegriffen, den er als Tyrannen bezeichnete, nachdem er sich geweigert hatte, Georgescu eine erneute Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen zu gestatten.
Der Tesla-Chef bringt regelmäßig seine Unterstützung für rechte politische Kräfte in Rumänien zum Ausdruck. Im Februar dieses Jahres teilte er beispielsweise auf der Plattform X ein Interview mit der Abgeordneten Georgiana Teodorescu der Partei AUR (Alliance for the Union of Romanians), in dem sie die globalistische Agenda der Europäischen Union und die Unterdrückung der Konservativen kritisierten.
Auch US-Vizepräsident James D. Vance kritisierte scharf die Untergrabung demokratischer Werte in Rumänien und die Tatsache, dass die EU die Missachtung demokratischer Werte aus politischen Gründen toleriere. Der Vizepräsident hatte Rumänien erstmals auf der Münchner Sicherheitskonferenz Mitte Februar angesprochen. Was sei das für eine Demokratie, die durch ausländische Digitalwerbung für ein paar Hunderttausend US-Dollar zerstört werden könne, bemerkte er abschätzig. Vance führte Rumänien auf der Konferenz der Konservativen Politischen Aktion (CPAC) am 21. Februar erneut als Beispiel für das Scheitern der europäischen Demokratien an.
Er sagte:
„Was ich unseren europäischen Freunden zu sagen versuche, ist, dass die transatlantische Freundschaft auf gemeinsamen Werten beruht. Aber wir haben keine gemeinsamen Werte, wenn Menschen ins Gefängnis gesteckt werden, weil sie sagen, wir sollten die Grenze schließen. Wir haben keine gemeinsamen Werte, wenn Wahlen abgeschafft werden, weil uns das Ergebnis nicht gefällt. Das ist in Rumänien geschehen. Wir haben keine gemeinsamen Werte, wenn man so viel Angst vor seinem eigenen Volk hat, dass man es zum Schweigen bringt.“
Unterdessen haben die rumänische Regierung und die Trump-Administration offiziell Kontakt aufgenommen. Rumäniens Außenminister Emil Hurezeanu führte in München Gespräche mit Richard Grenell, Trumps Sondergesandtem. Das Außenministerium in Bukarest nannte keine Einzelheiten des Treffens, sondern teilte lediglich mit, dass aktuelle Fragen von gemeinsamem Interesse erörtert wurden. Im Zusammenhang mit den Skandalen um die rumänischen Präsidentschaftswahlen sagte Grenell, dass die Biden-Regierung linke und liberale Politiker durch USAID-Programme unterstützt und konservative Kräfte unter Druck gesetzt habe. Rumänien sei dafür ein markantes Beispiel.
Aus diesen Äußerungen wird deutlich, dass Rumänien zu einem Feld der ideologischen Konfrontation zwischen der konservativen Trump-Administration und dem europäischen liberalen Mainstream geworden ist. Die Entscheidung in Rumänien, den zweiten Wahlgang Ende letzten Jahres abzusagen, machte viele fassungslos. Sie wird weithin dem Druck der Biden-Administration und westeuropäischer politischer Kreise zugeschrieben. Vermutlich sollte mit diesem Schritt der Sieg eines nationalistischen Politikers verhindert werden.
Auch die nun vorsichtigere Haltung Rumäniens im Ukraine-Konflikt könnte für viele alarmierend sein und sorgt für Unruhe im östlichen Flügel der NATO, der sich bisher für die Fortsetzung des Krieges eingesetzt hat. Es ist kein Zufall, dass Ilie Bolojan, der seit dem Rücktritt von Klaus Johannis das Amt des kommissarischen Staatsoberhaupts Rumäniens innehat, auf die Äußerungen von Vance auf X mit den Worten reagierte: „Rumänien bleibt ein verlässlicher Verbündeter, der sich für eine geschlossene Europäische Union, eine stärkere NATO und ein verlässliches transatlantisches Bündnis einsetzt.“
Die vielleicht wichtigste Lehre aus dem Skandal um Rumänien seit Ende letzten Jahres ist, dass die Konfrontation zwischen dem Westen und dem Rest der Welt inmitten der geopolitischen Neuausrichtung eine immer schärfere Wendung nimmt, nämlich zur Konfrontation zwischen Patrioten und Liberalen innerhalb des westlichen Blocks wird. Die rumänischen Präsidentschaftswahlen sind in der Tat ein gutes Beispiel für den Zustand der europäischen Demokratie.
Und dass es sich dabei nicht um ein isoliertes Phänomen handelt, zeigt sich an den Ereignissen bei den Wahlen in Frankreich, den Niederlanden, Österreich und Deutschland. Der liberale Mainstream ignoriert die vielgepriesenen europäischen Werte, um zu verhindern, dass die souveränistischen Kräfte an die Macht kommen. Ein verzweifelter Kampf ist im Gange, denn die Kräfte, die sich gerne als fortschrittlich bezeichnen, spüren, wie ihr Einfluss schwindet. Dieser Kampf wurde durch die Rückkehr Trumps angeheizt.
Der alte-neue US-Präsident verteidigt nicht nur die geopolitischen Interessen der USA, sondern hat auch den liberalen globalistischen Kräften im Westen den Kampf angesagt. Wie heftig die Konfrontation ist, zeigt die Tatsache, dass sich die eindeutig transatlantisch orientierte rumänische Führung unter dem Druck des globalistischen Mainstreams sogar dem US-Präsidenten entgegenstellt. Und was den Stil und die Mittel dieses Kampfes angeht, so wird wie üblich die „russische Spur“ hervorgeholt. Doch der Vorwurf, Moskau mische sich in die Wahlen anderer Länder ein, hat nach der Aufdeckung der USAID-Affären an Kraft verloren.
In der Zwischenzeit können wir uns auch darauf einstellen, dass Trump und sein Team über aggressive Rhetorik hinausgehen und angesichts ihrer Beziehungen zu den europäischen Institutionen direkt in den politischen Prozess eingreifen werden. Die unverblümte Unterstützung für Georgescu oder die AfD-Kandidatin Alice Weidel in Deutschland zeigt auch, dass die neue US-Administration nicht davor zurückschreckt, ihre Favoriten im Wahlkampf zu unterstützen. In der neuen Situation sind die bisher von den US-Demokraten unterstützten Kräfte zur Zielscheibe des Weißen Hauses geworden, während die Außenseiter zu den Bevorzugten werden, durch die Druck auf den liberalen Mainstream ausgeübt werden kann, wenn dieser sich nicht fügt.
In diesem inneren Konflikt des Westens zeigt sich die tiefe Krise des angelsächsischen Modells der liberalen Demokratie, das sich erlaubt, unbequeme Gegner wahllos zu vernichten. Es ist daher zunehmend heuchlerisch, von einer globalen Konfrontation von Diktaturen und Demokratien zu sprechen, wie es die Biden-Führung getan habe. Stattdessen wird immer öfter die Frage gestellt: Soll das die Demokratie sein?
Der Beitrag ist zuerst hier auf Ungarisch erschienen.
Titelbild: Shutterstock / LCV
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