Aber es dient, wie leicht zu erkennen ist, der Diffamierung und Ausgrenzung. Deshalb haben wir dem Verteidigungsminister einen Offenen Brief geschrieben. Siehe unten. Minister Pistorius hatte auf der Münchner Sicherheitskonferenz am 14. Februar 2025 gesagt: „In unseren Pressekonferenzen werden übrigens auch Medien zugelassen, die russische Propaganda verbreiten, und Vertreter der Bundesregierung müssen ihnen Rede und Antwort stehen. Ausgeschlossen wird niemand nur, weil er unser Wording nicht teilt.“ So weit Herr Pistorius. Es folgt unser Offener Brief an ihn. Albrecht Müller.
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Offener Brief an Herrn Bundesverteidigungsminister Pistorius:
17. Februar 2025
Sehr geehrter Herr Verteidigungsminister, lieber Genosse Pistorius,
zu Anfang Ihrer Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz haben Sie sich zu kritischen Medien geäußert, wörtlich: „In unseren Pressekonferenzen werden übrigens auch Medien zugelassen, die russische Propaganda verbreiten, und Vertreter der Bundesregierung müssen ihnen Rede und Antwort stehen. Ausgeschlossen wird niemand nur, weil er unser Wording nicht teilt.“
Sie haben damit vermutlich die NachDenkSeiten gemeint. Ich bin der Initiator und Herausgeber dieses kritischen Internetmediums. Objektive Betrachter der deutschen Medienlandschaft sehen und wissen, dass die NachDenkSeiten einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass es wenigstens noch ein bisschen Meinungsvielfalt bei uns gibt und nicht nur Ihre einseitige transatlantische Sichtweise verbreitet wird. Wir sind eines der wenigen Medien in Deutschland, die dafür werben, dass sich alle Völker Europas untereinander einigermaßen gut verstehen; vor allem treten wir auch für friedliche und produktive Beziehungen mit Russland ein.
Wir stehen damit in der Tradition jener Partei, der Sie und ich angehören. Allerdings bin ich anders als Sie der wegweisenden Botschaft von Willy Brandt vom 20. Oktober 1969 treu geblieben. Diese lautete: „Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein.“ – Sie hingegen haben diesen grundlegenden Willen zur Verständigung in Europa verraten, wenn Sie dafür werben und eintreten, kriegstüchtig zu werden.
Mit dieser friedensfeindlichen Linie steht die von Ihnen mitgeprägte SPD zur Zeit in Umfragen im Schnitt bei 15 %. Als die SPD 1972 um Zustimmung für ihre friedenspolitische Linie und die Aussage „Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein“ warb, erreichte sie in der folgenden Bundestagswahl 45,8 %. Das ist dreimal so viel wie heute. Ich war damals für den Wahlkampf verantwortlich. Und muss mir heute die Schmähungen eines Parteigenossen anhören und lesen, dessen kriegsfreundliche Politik maßgeblich für den Niedergang der SPD und ihrer Wahlchancen verantwortlich ist.
Vermutlich werden Sie gegen diese Diagnose einwenden, Sie seien laut Umfragen der populärste Politiker überhaupt. Das wäre eine Fehleinschätzung. Die für Sie besonders positiven Umfrageergebnisse sind leicht zu erklären: Sie erreichen auch jene Kreise von CDU, CSU, FDP und AfD, die keine Probleme mit kriegerischen Unternehmen und Einstellungen haben. Mit der Zustimmung von solchen reaktionären Wählerinnen und Wählern steigt zwar Ihre Gesamtpopularität, aber Sie gewinnen damit keine Wahlstimmen für die SPD.
Noch anzumerken bleibt, dass die NachDenkSeiten sich das Recht, an der Bundespressekonferenz teilzunehmen, juristisch erkämpfen mussten. Alleine schon dies zeigt, wie verwegen und deplatziert Ihre Münchner Einlassung ist.
Sicher wäre es ganz gut, Sie würden gelegentlich einen Blick in die NachDenkSeiten werfen; damit gewönnen Sie vielleicht die Chance für einen differenzierten Umgang mit kritischen Medien.
Mit freundlichen Grüßen
Albrecht Müller
76889 Pleisweiler-Oberhofen
Über Demokratie in Europa: Pistorius tritt Vance-Aussagen energisch entgegen
14. Februar 2025
„Wir kämpfen auch dafür, dass du gegen uns sein kannst“ – das sei das Selbstverständnis der Bundeswehr und stehe auch für unser Demokratieverständnis, begann Pistorius seine Rede. Die Werte dieser Demokratie und die ganz Europas seien heute vom US-Vize-Präsidenten infrage gestellt worden. Als überzeugter Transatlantiker könne er dazu nicht schweigen und die Aussagen des US-Vize-Präsidenten unkommentiert lassen.
Dieser hatte in seiner Rede zuvor von „annullation of democracy“ – einer Annullierung der Demokratie – gesprochen und die Zustände in Teilen Europas mit autoritären Regimen verglichen, in welchen die freie Meinungsäußerung unterdrückt würde. „Das ist nicht akzeptabel!“, unterstrich Pistorius und fügte hinzu: „Das ist nicht das Europa und die Demokratie, in der ich lebe.“ In dieser Demokratie habe jede Meinung eine Stimme. Sie ermögliche es Parteien auch am Rande des demokratischen Spektrums, Wahlkampf zu machen und lasse Medien in Pressekonferenzen zu, die russische Propaganda verbreiteten. „Und die Vertreter der Bundesregierung müssen ihnen Rede und Antwort stehen – ausgeschlossen wird niemand nur, weil er unser Wording nicht teilt.“ Das sei Demokratie.
Quelle: Bundesministerium der Verteidigung
Boris Pistorius antwortet auf Vorwürfe von US-Vizepräsident Vance
Originalquelle: phoenix
Quelle: SPD, 14.02.2025
Titelbild: Screenshot „phoenix vor Ort“