Das, worauf so viele gewartet haben, ist eingetreten. Donald Trumps Telefonat mit Wladimir Putin war der erste ernsthafte Schritt zur Normalisierung der russisch-US-amerikanischen Beziehungen und zur Beendigung des Krieges in der Ukraine. Das Gespräch hat jedoch auch viele auf beiden Seiten der globalen Front erschreckt, vor allem diejenigen, die eine Art „schlechten Deal“ befürchten. Es zeigt auch, wie holprig der Weg zum Frieden ist. Wir haben die Chancen analysiert und uns dabei vor allem auf die Dilemmata konzentriert, denen der Kreml gegenübersteht. Ein Beitrag von Gábor Stier, aus dem Ungarischen übersetzt von Éva Péli.
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Das Internet-Publikum und die Weltöffentlichkeit im Allgemeinen gerieten in helle Aufregung, als bekannt wurde, dass Donald Trump und Wladimir Putin miteinander telefoniert haben. Obwohl der US-Präsident schon seit einigen Tagen von einer Art Koordinierung gesprochen hatte, wurde das Gespräch von der anderen Seite nicht bestätigt. Nun ist jedoch klar, dass die beiden Präsidenten ein Gespräch hatten, und Trump informierte anschließend Wolodymyr Selenskyj ausführlich. Er hat sogar angekündigt, dass er seinen russischen Amtskollegen in Saudi-Arabien treffen würde, der ihn übrigens nach Moskau eingeladen hat. Es kam also zu dem langersehnten direkten Kontakt. Wir können also sagen, dass, obwohl Washington und Moskau sich immer noch zumindest als Konkurrenten betrachten, die russisch-US-amerikanischen Beziehungen nach gut drei Jahren aus der Sackgasse herausgekommen sind.
In diesem Sinne hat Trump mit seiner Rückkehr ins Weiße Haus sein Wahlkampfversprechen erfüllt, auch wenn es ihm nicht gelungen ist, den russisch-ukrainischen Krieg in 24 Stunden wenigstens einzufrieren.
Trumps jüngster Schachzug, der seit einem Monat in den USA und der Welt für Furore sorgt, spaltet auch die öffentliche Meinung, die sentimentalen Aussagen reißen nicht ab. Während die meisten das Telefonat als Zeichen des Friedens sehen, befürchten andere, dass sich das Weiße Haus und der Kreml über die Köpfe der Ukraine und Europas hinweg auf eine Regelung des Konflikts einigen werden – wenn nicht auf eine Neuaufteilung der Welt, so doch auf eine europäische Sicherheitsarchitektur. Sie haben das Gefühl, dass Trump Europa im Stich gelassen und sogar verraten hat. Aber auch die Telegram-Welt ist erschüttert. Russische Meinungsmacher sprechen von Hasawjurt – dem Waffenstillstand von 1996, der den ersten Tschetschenienkrieg beendete –, von Minsk III und befürchten, dass Putin nicht in der Lage sein wird, Trumps stürmischer Rückkehr auf die Weltbühne zu widerstehen, und einem Abkommen zustimmt, das aus Sicht Russlands schlecht ist – genauso, wie der Kreml den Minsker Vereinbarungen zugestimmt hat, die Istanbuler Friedensvereinbarungen unterzeichnet hätte und das Getreideabkommen abgeschlossen hat. Einige in den USA befürchten das Gegenteil und haben das Gefühl, dass ihr Präsident, getrieben von persönlichem Ehrgeiz, Putin auf Kosten der westlichen Verbündeten zu viel zugestehen könnte.
Wie nicht anders zu erwarten war, herrscht auf allen Seiten eine mit Vorsicht gemischte Angst vor dem hereinstürmenden Trump, seiner Skrupellosigkeit und seiner Unberechenbarkeit.
Langer Weg zum Waffenstillstand
Zweifelsohne war dieses Telefongespräch der erste ernsthafte Schritt in Richtung einer Einigung, aber von Frieden kann noch lange nicht die Rede sein – und bis zu einem Waffenstillstand ist es noch ein weiter Weg. Es wird deutlich, dass Trump in erster Linie eine Einigung mit Putin anstrebt und dass er die Vereinbarung der Ukraine und Europa aufzwingen will. Natürlich wird er sie vorher über die Position der USA informieren, aber er wird ihnen kein großes Mitspracherecht einräumen. Das mag von einigen als Missachtung der Verbündeten aufgefasst werden, aber es geht eher darum, den Realitäten Rechnung zu tragen. Damit will Trump auch zeigen, wer hier das Sagen hat. Der US-Präsident hat zwar mehrfach mit Selenskyj gesprochen, aber über den ersten ernsthaften Schritt zu einer Regelung informierte er den ukrainischen Präsidenten erst im Nachhinein.
Mit ihm und mit den Europäern wird sich in den kommenden Tagen eine US-Delegation unter der Leitung des US-Vizepräsidenten James D. Vance persönlich treffen, und dann könnte der Besuch Selenskyjs in Washington folgen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Trump von seinen Verbündeten ernsthaft unter Druck gesetzt werden kann.
Darauf deutet die Tatsache hin, dass US-Verteidigungsminister Pete Hegseth, bevor Trump Putin anfunkte, den Verbündeten kategorisch erklärte, dass über die atlantische Integration der Ukraine auf absehbare Zeit nicht gesprochen werden könne und die weiteren Kosten des Krieges und der finanzielle Hintergrund für das Funktionieren des ukrainischen Staates von den Europäern bereitgestellt würden. In der Tat werden sie der Ukraine auch Sicherheitsgarantien geben. Damit gab er den Ton für die zukünftigen Verhandlungen mit Brüssel und Kiew an.
Botschaft an Moskau
Gleichzeitig machte Washington Europa auch das „Angebot“, US-Waffen für die Ukraine zu kaufen, und der US-Finanzminister diskutierte in Kiew über die Entschädigung für die bisher erhaltenen Subventionen sowie über den Abbau von Seltenen Erden durch die Vereinigten Staaten. Das ist natürlich auch für Moskau eine Botschaft vom Weißen Haus, dass es die Ukraine nicht aus der Hand lassen wird und dass Russland mit schwierigen Verhandlungen rechnen muss. Das Weiße Haus wird bei den anstehenden Gesprächen natürlich sein eigenes Image und seine Position in der Welt verteidigen und den Waffenstillstand nicht nur deshalb beschleunigen, weil Trump Geschichte schreiben will, sondern auch wegen der zunehmend ausweglosen Lage der Ukraine. Kyrylo Budanow, Direktor des Militärnachrichtendienstes der Ukraine, sagte kürzlich voraus, dass die ukrainische Armee zusammenbrechen könnte, wenn der Krieg nicht bis zum Sommer beendet wird. Der Westen will das natürlich nicht zulassen, und mit seinem schnellen Handeln will Trump auch Druck auf Moskau ausüben. Dies wird durch eine Aussage Trumps nach dem Telefonat verdeutlicht, in der er betonte, dass Washington die Ukraine weiterhin unterstützen werde, sonst könnte Putin glauben, er habe gewonnen.
Es ist also kein Zufall, dass die Befürchtung eines übereilten Abkommens einige russische Meinungsmacher zusammenzucken lässt. Sie denken sofort, dass Russland wieder über den Tisch gezogen wird, wie bei der NATO-Erweiterung oder dem Minsker Abkommen.
Eine rasche Beendigung des Krieges, der „besonderen militärischen Operationen“ in der russischen Darstellung, liegt derzeit aus mehreren Gründen nicht im Interesse Moskaus. Wir wissen zwar nicht, worüber Trump und Putin gesprochen haben – möglicherweise haben sie nur ihre Verhandlungspositionen festgelegt –, aber die Positionen scheinen im Moment weit auseinander zu liegen. Für Putin ist Trump bei Weitem nicht die letzte Hoffnung, und was der US-Präsident Moskau zu bieten hat, ist nicht wenig, aber es wird die Probleme des Kremls mit der Ukraine nicht lösen. Und das Angebot des Kremls ist für Kiew sicherlich inakzeptabel. Es wird jedoch das US-Angebot schlucken müssen. Moskau hat seine ursprünglichen Minimalziele nur eher ansatzweise erreicht, es hat nicht einmal die Kontrolle über den Donbass behalten, geschweige denn die Entmilitarisierung. Es ist aufschlussreich, dass Selenskyj gegenüber dem britischen Magazin The Economist erklärte, dass die Ukraine, wenn sie nicht Mitglied der NATO werde, die NATO auf ihrem eigenen Territorium aufbauen und eine Armee unterhalten müsse, die so groß sei wie die russische. Um zumindest seine militärischen Minimalziele zu erreichen, wird es trotz des beschleunigten Vormarsches noch Zeit brauchen, aus russischer Sicht bestenfalls Monate. Eine abrupte Beendigung des Krieges wäre auch selbstmörderisch für eine Wirtschaft, die auf Kriegsmodus geschaltet ist. Wie einige Analytiker meinen, wäre das so, als würde man ein Auto bei 120 Kilometer pro Stunde abbremsen.
Globale Dimension des Ukraine-Konflikts
Außerdem kann ein einigermaßen stabiles Abkommen nicht nur für die Ukraine erzielt werden. Sie muss eine globale Reichweite haben, zumindest für die europäische Sicherheitsarchitektur. Man könnte aber auch sagen, dass die Regelung in der Ukraine auch in den Rahmen eines zweiten Jalta-Abkommens passen muss.
Der Konflikt in der Ukraine hat auch eine globale Dimension. China scheint derzeit wenig Interesse an einer schnellen Lösung zu haben. Stattdessen wird spekuliert, dass Peking Moskau weiterhin unterstützt, um den Konflikt zu verlängern und die eigene Rolle in der Weltpolitik auszubauen.
Schließlich könnte Washington durch die Beendigung des Krieges in der Ukraine seine Kräfte voll auf China konzentrieren, und dazu ist Peking noch nicht bereit. Ein offensichtlicher Sieg der USA bei der Beendigung der Ukraine-Frage würde auch eine Aufrechterhaltung der US-Weltordnung bedeuten, was weder im Interesse Russlands noch des sogenannten Globalen Südens liegt.
Aber Putin darf es auch nicht eilig haben, denn das würde zumindest den Eindruck erwecken, dass Trump das Tempo vorgibt und er nach der Pfeife des US-Präsidenten tanzt.
Überstürzte Einigung – nicht im Interesse des Kremls
Obwohl der Kreml immer wieder auf Offenheit und gegenseitige Gesten setzt, wie etwa den Gefangenenaustausch, der zu den Gesprächen führte, ist er sichtbar vorsichtig und nicht an einer überstürzten Einigung interessiert. Putin hat es nicht einfach, denn einerseits würde er damit Russlands Schwäche anerkennen, andererseits muss er das Gleichgewicht wahren, denn eine zu lange Verlängerung des Krieges würde Russland noch mehr schwächen, als es ohnehin schon der Fall ist. Und wir haben noch gar nicht erwähnt, dass der Kreml bei der Beendigung des Krieges auch die Stimmung in der russischen Gesellschaft berücksichtigen muss.
Die Mehrheit der Russen will zwar Frieden, aber sie will gleichzeitig gewinnen. Sie würde ein Abkommen nicht akzeptieren, das nicht als Sieg verkauft werden könnte. Und ein radikalerer Teil der Gesellschaft – etwa ein Viertel – würde es ablehnen. Sie könnten sich zu Recht fragen: Wozu das alles? Warum mussten etwa 150.000 Russen sterben und Hunderttausende verkrüppelt werden? Und wir haben noch nicht einmal erwähnt, dass der Kreml durch die „spezielle Militäroperationen“ eine neue Elite schaffen würde, aber ein schlechter Frieden aus russischer Sicht würde die Frustration und das Verlangen nach Rache innerhalb dieser Schicht und damit die sozialen Spannungen nur verstärken. Denn der Wunsch nach Gerechtigkeit wächst in einem bedeutenden Teil der russischen Bevölkerung – man denke nur an den Prigoschin-Aufstand –, und eine solch „abstoßende Entwicklung“, wie es ein russischer Analytiker formulierte, würde nicht in diese Richtung gehen.
Der Frieden wird also eine schwere Geburt haben und kann nur Schritt für Schritt erreicht werden, aber Trump und Putin haben den ersten Schritt zur Beendigung der Kämpfe getan. Vorläufig gibt es keine Notwendigkeit oder Möglichkeit, die Beziehungen weiter zu vertiefen, aber das Licht am Ende dieses Tunnels ist bereits zu sehen. Wir sollten dies würdigen, aber mit den Füßen auf dem Boden der Realität bleiben.
Der Beitrag ist im ungarischen Original auf Moszkvater erschienen.
Titelbild: Shutterstock / Below the Sky
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