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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Fiskalpakt: Däubler-Gmelin kündigt Verfassungsklage an
  2. Zur Eurokrise
  3. Schattenbanken – Risiken im Dunkeln
  4. Offene Rechnung – Wo deutsche Firmen ihrem Geld nachlaufen
  5. BKA-Chef Jörg Ziercke: Deutschland ein Geldwäscheparadies
  6. Zurückgepfiffen – Gefährden Steuerfahnder den Wirtschaftsstandort?
  7. Sozialversicherung 2011 mit hohem Finanzierungsüberschuss
  8. Was verbirgt sich hinter den 807,29 Euro pro Bedarfsgemeinschaft
  9. Nochmals „Rekord bei Hartz-IV-Sanktionen gegen Arbeitsunwillige“
  10. Drecksjournalismus
  11. Obama klagt über unfaire Millionärsbesteuerung
  12. Griechen sparen auch beim Schmiergeld
  13. Kadima, Friedensbewegung!
  14. England: Uniformierte Ansichten
  15. Studiengebühren sind ein Auslaufmodell
  16. Studenten – Eine Generation von Angsthasen
  17. Aufruf zu Protesten im Internet soll als Bildung einer kriminellen Vereinigung bestraft werden
  18. Weiterhin keine Diskussion mit den Kritikern
  19. Livestream-Tipp: Konferenz des Instituts „New Economic Thinking“
  20. Neue Ausgabe der Le Monde diplomatique

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Fiskalpakt: Däubler-Gmelin kündigt Verfassungsklage an
    Die frühere Bundesjustizminister Herta Däubler-Gmelin will Verfassungsbeschwerde gegen den geplanten Euro-Rettungsschirm ESM und den Euro-Fiskalpakt einlegen. Mit beiden Maßnahmen würden das Haushalts- und Kontrollrecht des Bundestags beschnitten. Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Urteil zur Griechenland-Hilfe aber festgelegt, dass der Bundestag sein Budgetrecht nicht in der Substanz aufgeben dürfe, weder ganz noch teilweise…
    „Beim Fiskalpakt gibt es zwei springende Punkte“, sagte Däubler-Gmelin. „Der eine ist, dass er nicht gekündigt werden kann. Der andere ist, dass EU-Kommission und –Ministerrat weitgehende Kontrollbefugnisse über die nationalen Haushalte erlangen, ohne dass das Europäische Parlament oder die nationalen Parlamente daran mitwirken.“ Dies gefährde aber die gesellschaftliche Akzeptanz solcher Entscheidungen, zumal wenn sie Einschnitte in so sensiblen Bereichen wie der Sozialpolitik bedeuteten.
    Quelle 1: Berliner Zeitung
    Quelle 2: Europa braucht mehr Demokratie – Memorandum zur geplanten Verfassungsbeschwerde gegen ESM-Vertrag und Fiskalvertrag – Prof. Dr. Christoph Degenhart, Leipzig in Zusammenarbeit mit Mehr Demokratie e.V. [PDF – 30,4 KB]
  2. Eurokrise
    1. Wolfgang Münchau: Willkommen zurück in der Krise!
      Wer in Zeiten fallender Wirtschaftsleistung spart, verhält sich prozyklisch. Das heißt, die Haushaltspolitik verstärkt die Rezession. Der Mechanismus besteht aus einer Interaktion zwischen staatlichem Sparen, privatem Sparen, einem weiteren Verfall der Häuserpreise, dadurch ausgelösten weiteren Verlusten der Banken, einer weiter andauernden Kreditklemme, einer schärferen Rezession, geringen Steuereinnahmen, höheren Defiziten und erneuten Sparprogrammen. Es kann viele Jahre dauern, bis man aus einem derartigen Teufelskreis ausbricht. Für Spanien erwarte ich eine Depression, die ein ganzes Jahrzehnt dauern wird.
      Die Ironie ist, dass Spaniens Schuldenquote steigt, obwohl das Land seine Schulden zurückzahlt. Der Grund ist, dass die Quote ein Quotient ist: Wenn der Nenner – die Wirtschaftsleistung – stärker fällt als der Zähler – die Schulden -, dann geht die Quote hoch.
      Die Märkte glauben nicht mehr an eine Stabilisierung von Spaniens Schulden. Es ist kein Zufall, dass die letzte Panikattacke an den Märkten genau in der Woche passiert, in der der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy Einsparmaßnahmen von weiteren zehn Milliarden Euro für das Jahr 2012 ankündigte, durch “Effizienzsteigerungen” im Gesundheitssektor und in den Schulen. Spanien ist jetzt da, wo Griechenland vor zwei Jahren war.
      Aus diesem Teufelskreis gibt es nur zwei Wege. Der erste ist ein Austritt aus dem Euro. Der zweite ist ein Rettungsprogramm, das in einem Schuldenerlass für den Finanzsektor endet. Entscheidend sind hier nicht die Staatsschulden, sondern die Schulden der Banken. Man wird also die Banken unter einen Rettungsschirm bringen, sie dort in die Insolvenz oder Fusion zwingen, und die entstehenden Kosten gemeinsam deckeln. Andere Auswege gibt es nicht.
      Quelle: Spiegel Online

      Anmerkung WL: Über die Folgen eine Euro-Austritts spricht Wolfgang Münchau allerdings nicht. Münchau kritisiert auch zur Recht die Politik der EZB, die den Banken eine Billion Euro Liquidität einräumte in der Hoffnung, dass diese durch den Ankauf von Staatsanleihen den Anleihemarkt zu stabilisieren. Was offenbar nicht gelingt. „Die EZB hätte mit einem kleinen Direktkauf-Programm viel mehr erreicht“ schreibt Münchau. Und inzwischen kauf ja die EZB wieder Anleihen direkt. Mit dem Umweg über die Banken, hat sie nur für Profite der Banken gesorgt, die das „billige“ EZB-Geld für höhere Zinsen weiter verliehen.

    2. Seeing in Crisis the Last Best Chance to Unite Europe
      Where the world finds only chaos and impending disaster in the European debt crisis, Wolfgang Schäuble sees the long-awaited urgency to finish the half-complete job of unifying Europe. As Germany’s finance minister and a close confidant of Chancellor Angela Merkel, he is in a uniquely powerful position to shape the outcome.
      Critics say the spending cuts German leaders have demanded from other countries are hurting growth across the Continent, in the process making debts only harder to repay. And his proposals to give the European Commission far-reaching powers to enforce budgetary discipline have been likened by skeptics in Britain to an invasive new “super state.” Even some euro supporters fear that Mrs. Merkel and Mr. Schäuble are talking about long-term changes while panicked investors and practiced speculators are tearing the euro to pieces right now.
      “There is a limited transition period where we have to manage the nervousness on the markets,” Mr. Schäuble said. “If it is clear that by the end of 2012 or the middle of 2013 that we have all the ingredients for new, strengthened and deepened political structures together, I think that will work.”
      He sees the turmoil as not an obstacle but a necessity. “We can only achieve a political union if we have a crisis,” Mr. Schäuble said.
      Quelle: The New York Times

      Anmerkung WL: (Der Artikel ist schon etwas älter, aber sehr aufschlussreich.) Die letzten beiden Zitate von Schäuble machen deutlich, welche Strategie hinter der Austeritätspolitik der Bundesregierung steckt: Er sieht die gegenwärtigen Turbulenzen nicht als Hindernis sondern als Notwendigkeit: „Wir können eine politische Union (natürlich mit den neoliberalen Strukturen) nur erreichen, wenn wir eine Krise haben.“
      Die sog. „Schuldenkrise“ also als Hebel zu einem europäischen Systemwechsel.

    3. Soros stuft Merkel herab
      Bereits im Februar 2010 warnte Soros, dass der Euro seine größten Herausforderungen noch vor sich habe. Nach Griechenland dürfte sich die Krise auf Spanien, Italien, Portugal und Irland ausweiten, warnte Soros damals – als einer von wenigen. Zu dieser Zeit hatten die Hellenen weder das erste Hilfspaket erhalten noch mit ihrer radikalen Haushaltskonsolidierung begonnen. Entsprechend gegenläufig war die Meinungslage in Deutschland: Da pflegten Politiker wie der frühere Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) und manche Gazetten noch den Begriff der “griechischen Krise”.
      Ähnlich die Lage heute: Die schwerwiegendsten Probleme könnten erst noch kommen, befürchtet Soros. Der kräftige Anstieg der Risikoprämien für spanische Staatsanleihen in der vergangenen Woche habe gezeigt, dass die Krise weiter schwele. Das Hauptproblem in seinen Augen: Als Gläubiger bestimmt Deutschland die Bedingungen für die Rettung der Gemeinschaftswährung. Und die Konditionen seien für den Süden der Euro-Zone nicht mehr tragbar. “Der von Deutschland vorangetriebene Fiskalpakt treibt Europa in eine deflationäre Schuldenfalle”, sagt er.
      Eine Zukunft für die Euro-Zone könne es nur dann noch geben, wenn der eben beschlossene EU-Fiskalpakt in einigen Punkten geändert würde. Am besten nach den anstehenden Präsidentenwahlen in Frankreich. Soros als Sozialist? Immerhin ist es der sozialistische Herausforderer François Hollande, der den Fiskalpakt um Wachstumsimpulse ergänzen will. Sowohl Präsident Nicolas Sarkozy als auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ließen in den vergangenen Wochen kaum eine Gelegenheit aus, den Pakt als historische Errungenschaft für den Währungsraum zu rühmen.
      Quelle: FTD
    4. Axel Troost: ESM und Eurokrise – Fragen und Antworten
      Der ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) ist die permanente Fortführung des Euro-Rettungsschirms. Bisher haben die Krisenstaaten Notkredite aus einem besonderen Fonds erhalten, dem EFSF. Dieser Fonds ist aber befristet und kann ab Juli 2013 keine neuen Mittel mehr vergeben. Staaten der Währungsunion können sich zukünftig beim ESM Geld zu akzeptablen Zinsen leihen, müssen sich aber im Gegenzug strengen Auflagen unterwerfen…
      Der ESM sollte ursprünglich im Juli 2012 den EFSF vollständig ablösen und war bisher auf 500 Milliarden Euro ausgelegt. ESM und EFSF werden nun ein Jahr lang parallel zueinander existieren. Zusammen werden sie nicht 500 Milliarden Euro, sondern 700 Milliarden Euro vergeben können. Damit die Summe noch größer wirkt, haben die europäischen Finanzminister noch weitere bisherige Hilfen hinzugerechnet: Damit kommen sie auf 800 Milliarden Euro (wovon allerdings bereits 300 Milliarden Euro vergeben wurden). In Dollar sind diese 800 Milliarden Euro mehr als eine Billion, was Symbolkraft haben soll…
      Die Eurostaaten zahlen 80 Milliarden Euro direkt in den ESM ein. Weitere 620 Milliarden Euro sollen abrufbar sein. Der Fonds ist dadurch mit 700 Milliarden Euro gedeckt, kann aber nur 500 Milliarden Euro vergeben. Diese Überdeckung soll dem Fonds das bestmögliche Rating verschaffen, damit er billiger Geld bei Investoren einsammeln und an Krisenstaaten weitergeben kann. Deutschland ist beim ESM mit 22 Milliarden Euro an den Bareinlagen und mit 168 Milliarden Euro am abrufbaren Kapital beteiligt…
      Zu den Auflagen des ESM gehört auch die Aufnahme einer Schuldenbremse in nationales Recht, was bis März 2013 geschehen muss. Im Detail regelt dies der Fiskalpakt, der Bestandteil des Fiskalvertrags ist und zusammen mit dem ESM im Bundestag beraten wurde. Laut Fiskalpakt müssen die teilnehmenden Staaten jedes Jahr einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen und darüber hinaus Staatsschulden abbauen, die über 60 Prozent des Bruttoinlandprodukts hinausgehen. Dies hat jedoch zur Folge, dass nun ganz Europa einen extremen Sparkurs fahren muss. Wenn aber alle den Gürtel enger schnallen, geht der Wirtschaft die Luft aus. Dadurch droht europaweit eine Rezession – mit entsprechender Wirkung etwa auf Arbeitslosigkeit und öffentliche Finanzen.
      Quelle: Die Linke im Bundestag

      Anmerkung WL: Eine solide, auch für den Laien nachvollziehbare Sachdarstellung mit Kritik und Gegenvorschlägen.

    5. ESM kann gegen deutsche Stimme Geld abrufen
      Wenn der Rettungsschirm installiert ist, darf er über den Gouverneursrat Zugriff auf die deutschen Staatsfinanzen nehmen. Er steht außerhalb demokratischer Kontrolle. Sparer sollten sich absichern.
      Der Vertrag zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) ist ordnungspolitisch fragwürdig und ein finanzpolitischer Husarenritt. Er wird zum Inbegriff einer fiskalischen Zentralverwaltungswirtschaft der Euro-Bürokratie werden. Der ESM-“Gouverneursrat” wird direkt Zugriff auf deutsche Staatsfinanzen nehmen. Zudem kennt der ESM-Fonds keine Veröffentlichungspflichten wie etwa bei der Europäischen Zentralbank (EZB), er kann daher in Geheimrunden Entscheidungen treffen.
      Quelle: Die Welt

      Anmerkung WL: Wir liegen auf den NachDenkSeiten auf einer völlig anderen Linie, die eine deutsche „Lega-Nord“-Politik vertritt und die südeuropäischen Länder lieber heute als morgen aus der Europäischen Währungsunion ausstoßen möchte. Aber wo die „Welt“ Recht hat, hat sie Recht.

  3. Schattenbanken – Risiken im Dunkeln
    Sie betreiben Bankgeschäfte, verleihen Geld oder legen es im Auftrag von Kunden an – und trotzdem sind es keine Banken. Damit unterliegen sie auch nicht der Regulierung, werden faktisch kaum kontrolliert. Dabei hat sich das Volumen des weltweiten Schattenbanken-Systems weiter erhöht: auf gigantische 46 Billionen Euro. Diese Zahl steht im gerade veröffentlichten Grünbuch der EU zum Schattenbankwesen. In nur acht Jahren hat sich das Volumen der Schattenbanken mehr als verdoppelt. Sie wickeln mittlerweile 25 bis 30 Prozent der Geschäfte des weltweiten Finanzsystems ab. In den USA soll der Anteil sogar bei 40 Prozent liegen, in Großbritannien bei 13, in Deutschland soll er nur etwa fünf Prozent betragen. Während sich Staaten und Bankenaufseher seit 2007 um schärfere Auflagen für Banken kümmern und mit den Vorschriften nach „Basel III“ deutlich mehr Eigenkapital für risikoreiche Geschäfte einfordern, bleiben Schattenbanken außen vor. Vielmehr werden Finanzgeschäfte wegen der strengeren Regulierung klassischer Banken zunehmend in den Schatten verlagert. „Das ist ein Treppenwitz und ein Irrsinn. Dieser Sektor ist keine vom Rest der Welt abgeschottete Spielhölle“, meint Jochen Sanio, Ex-Präsident der Bundesanstalt für Finanzaufsicht und scharfer Kritiker der Schattenbanken. Ohne Regulierung und Transparenz bei den Schattenbanken gebe es nur scheinbare Sicherheit, sagt auch seine Nachfolgerin Elke König. „Dort können sich unbemerkt und unkontrolliert Risiken aufbauen, die zu einer Gefahr für die Stabilität des gesamten Finanzmarktes werden können.“ Hedgefonds, sagt Sanio, seien dabei die gefährlichsten Akteure. „Ihr Zerstörungspotenzial ist enorm.“ Die größten hätten eine so starke Marktstellung, dass es zu gefährlichen Verwerfungen käme, wenn nur einer zusammenbräche. „Was sie alles an gefährlichen Dingen treiben, wissen wir nicht – ein Zustand, der mich seit Jahren fassungslos macht“, sagt Sanio.
    Die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer und ihr Finanzstabilitätsrat FSB wollen sich der Schattenbanken annehmen. In Brüssel will man im Herbst strikte Regeln verabschieden, wie Binnenmarkt-Kommissar Michael Bannier Mitte März andeutete. Doch in den USA und Großbritannien ist das Interesse an einer Regulierung deutlich geringer als hierzulande. Ohnehin ist das ganze System schwer zu fassen, wie Bundesbanker Dombret sagt. „Das Typische des sogenannten Schattenbanksystems ist, immer wieder mit Innovationen und Umgehungsmöglichkeiten in den Markt einzugreifen.“ Sven Giegold, Finanzexperte der Grünen im EU- Parlament, sind die Vorschläge der EU viel „zu vage und nicht im Ansatz geeignet, die Regierungslücken zu schließen“. Und Ex-Bankenaufseher Sanio sagt, wenn es keine globalen harten Standards gebe, „können wir die ganze Unternehmung vergessen“.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung Orlando Pascheit: Wie schön für das Finanzkapital, wieder einmal klappt Regulierung nur, wenn sie global umgesetzt wird.

  4. Offene Rechnung – Wo deutsche Firmen ihrem Geld nachlaufen
    Die europäische Staats-Schulden-Krise – droht sie jetzt auch den Export-Weltmeister Deutschland mit voller Wucht zu treffen? Wirtschafts-Experten haben längst ganz Südeuropa im Blick und warnen vor den Risiken für deutsche Export-Unternehmen.
    Deutsche Industrie-Betriebe werden so zu unfreiwilligen Kredit-Gebern für klamme europäische Firmen. Wenn das Schule macht, bekommt der Export-Weltmeister Deutschland ein riesiges Problem, erklärt Bretz: “Es steigt mit der Länge der offenen Forderungen auch die Angst. Die Angst nämlich, dass die Forderungen auszubuchen ist, weil sie letztendlich doch nicht bezahlt wird.”…
    Das Unbehagen wächst. Die europäische Staats-Schulden-Krise sorgt längst auch in deutschen Firmen für rote Zahlen.
    Quelle: Das Erste plusminus

    Anmerkung WL: Auch hier ist mal wieder die „Staatsschuldenkrise“ an allem Schuld.
    Man leugnet einfach die Tatsache, dass Überschüsse des einen Defizite des anderen sein müssen. Einzelwirtschaftlich mag es ja für das einzelne Unternehmen ein Erfolg sein, wenn es viele Exporte hat. Wenn jedoch ganz viele Unternehmen Exporterfolge haben, dann schwächt das logischerweise die Wirtschaftskraft des importierenden Landes, es gehen Arbeitskräfte verloren und Kaufkraft und früher oder später können auch die importierenden Unternehmen ihre Produkte nicht mehr ausreichend absetzen um die im Ausland gekauften Produkte zu bezahlen. Gesamtwirtschaftlich kann die Rechnung eines voll auf den Export seiner Unternehmen setzenden Landes nicht aufgehen.

  5. BKA-Chef Jörg Ziercke: Deutschland ein Geldwäscheparadies
    Beim BKA gingen im Jahr 2010 mehr als 11.000 Verdachtsanzeigen nach dem Geldwäschegesetz ein. Im Vergleich zum Vorjahr ist das eine Steigerung von rund 20 Prozent und gleichzeitig der absolute Höchststand seit Inkrafttreten des Geldwäschegesetzes im Jahr 1993.
    Die Abschöpfung kriminell erlangter Vermögenswerte muss leichter werden.
    Fragen der internationalen Rechtshilfe sind ebenfalls neu zu erörtern: So sollte es obligatorisch sein, in Verfahren der organisierten Kriminalität bei Hinweisen auf Tätervermögen im Ausland den betreffenden Staat um Rechtshilfe zur Vermögensabschöpfung zu ersuchen.
    Quelle: Handelsblatt
  6. Zurückgepfiffen – Gefährden Steuerfahnder den Wirtschaftsstandort?
    Weil sie ihren Job allzu gut machten, verloren hoch qualifizierte Frankfurter Steuerfahnder ihren Arbeitsplatz. Sie hatten eine Großbank bei der Steuerhinterziehung ertappt und entdeckt, dass einige Banken vermögenden Kunden beim Steuerbetrug halfen, sie fanden verdeckte Parteispenden großer Wirtschaftsunternehmen und entdeckten den hessischen Nukleartransfer nach Pakistan.
    Offensichtlich sah der hessische Regierungsapparat den Wirtschaftsstandort bedroht und reagierte mit einer Amtsverfügung, die Steuerbetrug erleichterte. Nach ihrer Kritik und Veröffentlichung dieser dubiosen Verflechtungen von Politik und Finanzwelt erklärte ein inzwischen dafür gerichtlich verurteilter Psychiater die Steuerfahnder wegen einer “erheblichen Anpassungsstörung” oder “paranoid-querulatorischen Entwicklung” auf Lebenszeit für dienstunfähig.
    Quelle 1: DLF Manuskript [PDF – 96,3 KB]
    Quelle 2: DLF Podcast
  7. Sozialversicherung 2011 mit hohem Finanzierungsüberschuss
    Die Sozialversicherung – in Abgrenzung der Finanzstatistik – verzeichnete im Jahr 2011 einen kassenmäßigen Finanzierungsüberschuss von 13,8 Milliarden Euro. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, war damit der Finanzierungsüberschuss um 10,9 Milliarden Euro höher als im Jahr 2010.
    Die Einnahmen der Sozialversicherung summierten sich im Jahr 2011 auf 526,1 Milliarden Euro. Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einem Anstieg um 2,1 %, welcher maßgeblich durch die positive konjunkturelle Entwicklung bestimmt wurde. Die Ausgaben lagen mit 511,9 Milliarden Euro leicht um 0,1 % unter dem Niveau des Jahres 2010. Daraus ergibt sich rechnerisch ein Finanzierungsüberschuss von 14,2 Milliarden Euro. Die Abweichung zum ausgewiesenen Überschuss (13,8 Milliarden Euro) ist auf haushaltstechnische Verrechnungen zurückzuführen. Die Sozialversicherung umfasst die gesetzliche Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung, die soziale Pflegeversicherung, die Alterssicherung für Landwirte sowie die Bundesagentur für Arbeit.
    Quelle: Statistisches Bundesamt

    Anmerkung WL: Ein gutes Beispiel, dass es eben nicht die Demografie ist, von der die sozialen Sicherungssysteme abhängig sind, sondern die Konjunktur, die Löhne und die Beschäftigung. Statt nun aber darüber nachzudenken, den Abbau der Leistungen, etwa in der Rentenversicherung zu korrigieren, fordern Arbeitgeberverbände sofort wieder die „Lohnnebenkosten“, d.h. die Beiträge zu senken und treten eine erneute Kampagne gegen „Sozialabgaben“ los. Sind die Beiträge erst einmal gesenkt, hat man ja wieder das Instrument demografischen Alarmismus mit dem dann wieder weitere Kürzungen und eine noch weitergehende Privatisierung der sozialen Sicherungssysteme vorangetrieben werden kann. Ein typisches Beispiel für diesen Alarmismus finden sie in der „Welt“: „Steigendes Lebensalter kostet Billionen“.

  8. Was verbirgt sich hinter den 807,29 Euro pro Bedarfsgemeinschaft
    Im Dezember bekamen die 3,3 Millionen Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften im Schnitt 807,29 Euro. Das konnte man am 11. und 12. April 2012 in hunderten von Online-Zeitungen/Medien – von BILD bis Gegen-Hartz – nachlesen. Brutto, netto? Das sei so wenig wie nie zuvor. Darüber wurde nun gerätselt:
    Wie stellt sich dieser für den Dezember 2011 ermittelte Durchschnittsbetrag im Vergleich zu den Vorjahren wirklich dar?
    Ein Hinweis, dass 124,22 Euro dieser 807,29 Euro im Dezember 2011 Sozialversicherungsbeiträge waren und netto lediglich SGB II-Zahlungsansprüche in Höhe von durchschnittlich 683,07 Euro pro Bedarfsgemeinschaft und Monat bestanden, fehlt in diesen Online-Zeitungen/Medien. Das Sinken der
    Sozialversicherungsbeiträge von z.B. 203,46 Euro im Dezember 2006 auf 124,22 im Dezember 2011 – im Sesentlichen wegen der schrittweisen Abschaffung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung („Förderung der Altersarmut“) – ist aber der entscheidende Grund für das berichtete “so wenig wie nie zuvor”.
    Die nominalen Netto-Zahlungsansprüche lagen im Dezember 2011 (683,07 Euro) geringfügig (2,4%) über den Netto-Zahlungsansprüchen im Dezember 2006 (666,81 Euro), sind aber seit 2009 nicht mehr gestiegen bzw. sogar leicht gesunken. Real (bei Berücksichtigung der Preissteigerungen) gilt also auch beim Netto: “so wenig wie nie zuvor”.
    Wie sich die nominalen durchschnittlichen Zahlungsansprüche der SGB II-Bedarfsgemeinschaften (brutto und netto) seit Inkrafttreten des SGB II (Hartz IV) im Jahr 2005 entwickelt haben (jeweils im Dezember bzw. im Jahresdurchschnitt) und wie sich diese SGB II-Zahlungsansprüche auf die verschiedenen
    Leistungsbestandteile verteilen, können Sie der unkommentierten BIAJ-Tabelle im Anhang entnehmen.
    Quelle: Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe e.V. (BIAJ) [PDF – 154 KB]
  9. Nochmals „Rekord bei Hartz-IV-Sanktionen gegen Arbeitsunwillige
    Unser Leser J.W. machte uns folgenden Sachverhalt aufmerksam:
    Ich weiß nicht, ob Ihnen aufgefallen ist, dass sämtliche von diesem Bild-Artikel abgeschriebenen und hergeleiteten Berichte den Eindruck vermitteln, sie bezögen sich auf ein aktuelles Statement bzw. eine konkrete Meldung der Bundesagentur für Arbeit.
    Obwohl ich alle relevanten Newsletter und Pressefeeds der BA beziehe und lese, ist mir jedoch keine derartige Mitteilung aufgefallen. Ich habe mich daher auf der BA-Presseseite umgesehen, aber auch dort keinen entsprechenden Beitrag entdeckt.
    Grund: Erst bei näherem Hinsehen geht (auch aus dem Bild-Bericht) hervor, dass die fraglichen Zahlen bereits vor mehreren Wochen und völlig unprätentiös in der Saarländischen Zeitung erschienen sind. Aber weder Springer noch die Tagespresse haben sich damals groß dafür interessiert.
    Was nunmehr aber ins Auge sticht, ist der Umstand, dass die BA-Presseabteilung nachträglich einen extern produzierten Sende/Hörfunkbeitrag bereitgestellt hat, in dem es tatsächlich heißt:
    Zitat: “Anmoderationsvorschlag:
    „Noch nie wurde so viel geschummelt und getrickst“, meldet die Bildzeitung und verweist auf eine immens gestiegene Zahl von Strafen gegen Hartz-IV-Empfänger. Was ist dran? Schummeln die Langzeitarbeitslosen tatsächlich mehr als früher? Markus Plettendorff berichtet:…”
    Das heißt, wir sind mittlerweile an einem Punkt angelangt, an dem die Bundesagentur für Arbeit Springers rechtspopulistische Propaganda zum Nachteil der Hartz-IV-Bezieher und auf Kosten des Steuerzahlers promotet, obwohl es tatsächlich überhaupt nichts zu promoten gibt.

    Ergänzende Anmerkung WL: Offenbar bin ich immer noch zu gutgläubig: Ich habe gestern auch auf der Website der Bundesagentur nach einer entsprechenden Veröffentlichung gesucht und nichts gefunden. Ich dachte aber, die Bild-Zeitung hätte eine Vorab- oder eine Exklusivmeldung der Bundesagentur als Grundlage ihres Artikels. Dass die Bild-Zeitung eine alte Meldung als Schlagzeile aufgreift, zeigt deutlich, dass es der Redaktion um etwas anderes geht, als eine aktuelle Nachricht zu verbreiten. Es ist wieder einmal eine gezielter Diffamierungsversuch gegen Hartz IV-Empfänger. Schlimmer noch ist die Tatsache, dass nahezu sämtliche Zeitungen, meist sogar mit demselben Tenor wie die Bild-Zeitung, diesen Bericht aufgreifen. Da sage noch jemand, es gebe bei uns keinen Kampagnen-Journalismus.

    Dazu passt:

  10. Drecksjournalismus
    Das Ressentiment gegen Roma nimmt die Form blankester “Aufstachelung zum Rassenhass” an. Ein Schweizer macht die Avantgarde. Ein solches Cover, wie es die Titelseite der aktuellen Weltwoche ziert, hat es in Westeuropa außerhalb der Nazi-Subkultur seit 1945 wohl selten gegeben. “Die Roma kommen”, heißt es hier alarmistisch. Darunter: “Familienbetriebe des Verbrechens”. All das umrahmt das Foto eines kleinen Jungen, der mit einer (Spielzeug?)Pistole ins Objektiv des Fotografen zielt. Suggestive Botschaft: Bei diesen Zigeunern sind sogar die Vierjährigen schon Gewalttäter und Verbrecher. Cover dieser Art kennt man aus Jugoslawien in den Jahren 1990 ff. Sie waren die publizistische Ouvertüre zu Mord und ethnischen Säuberungen.
    Man kann den Fall dieses einen Covers natürlich für eine unappetitliche Episode halten, die nicht viel mehr ist als eine Anekdote. Und doch ist die Causa mehr als das. Sie ist ein Symptom. Erstens ein Symptom dafür, wie ein Tabubruch den nächsten nach sich zieht, dass hier wie auf einer schiefen Ebene ein zivilisatorischer Standard nach dem nächsten geschliffen wird. In Ungarn ist der Anti-Roma-Rassismus praktisch Staatsdoktrin, von Tschechien über die Slowakei bis nach Rumänien sind sie ethnischer, kultureller, ökonomischer Ausgrenzung ausgesetzt und blankem Hass. In Italien gab es schon Anti-Roma-Pogrome, überall in Europa werden “Bettelverbote” erlassen, Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy ließ sogar unbescholtene Roma publicityträchtig in ihre Ursprungsländer abschieben, selbst dann, wenn sie EU-Bürger sind (dass der Name “Sarkozy” darauf hindeutet, dass der ungarnstämmige Präsident selbst Roma-Wurzeln haben könnte, ist nur eine pittoreske Pointe dieser Geschichte).
    Quelle: taz

    Anmerkung Orlando Pascheit: Und wir diskutieren, ob ein Gedicht antisemitisch sei. Geschichte wiederholt sich nie in derselben Form und der Jud steht nicht allein. Ausgrenzende Menschenfeindlichkeit begleitet uns tagtäglich, ob nun von kriminellen Zigeunern, muslimischen Volksverderbern oder arbeitsscheuen Hartz-IV-Beziehern die Rede ist – siehe die von Wolfgang Lieb und G.K. erstellte Zusammenfassung der jüngsten Hetze gegen Hartz-IV- Bezieher.
    Man hätte in den Medien durchaus je nach regionaler Zugehörigkeit auch titeln können, beispielsweise in Bremen: “Anteil der sanktionierten Hartz-IV-Empfänger betrug in Bremen nur 2,7 Prozent”. Oder eben bundesweit: “Sanktionsquote von Hart- IV- Beziehern bundesweit nur 3,4 Prozent.” Und wenn man dann noch die zwei Drittel harmloser Verstöße heraus rechnet …. Natürlich sind das todlangweilige Meldungen, die unbedingt aufgepeppt werden müssen. Das lenkt dann ganz wunderbar von den Fehlleistungen unserer politischen Elite ab, die unser Land mit einer immer noch sehr hohen Unterbeschäftigung, einem skandalösen Niedriglohnsektor und der weiteren Polarisierung von Vermögen und Einkommen beschert hat. Diesen Leuten dürfte es ganz recht sein, wenn ihnen die Medien den “wahren” Feind des Sozialfriedens liefern.

  11. Obama klagt über unfaire Millionärsbesteuerung
    Der amerikanische Präsident Obama fordert höhere Steuern für Einkommensmillionäre. Die Republikaner halten das für ein Programm zur Vernichtung von Arbeitsplätzen und wollen die Steuersätze senken.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung J.A.: Es ist erstaunlich, dass die Zwecklüge “Reiche schaffen Arbeitsplätze, deshalb sind Steuern für Reiche besonders schädlich” noch immer bei so vielen Menschen verfängt.
    Hinweis: Interessant sind die Grafiken über die Steuerbelastungen.

  12. Griechen sparen auch beim Schmiergeld
    Geschmiert wird in Griechenland wie eh und je. Elf von hundert Griechen haben im vergangenen Jahr ein „Fakelaki“ ausgehändigt. Das zeigt eine aktuelle Untersuchung, die das Meinungsforschungsinstitut Public Issue im Auftrag der Organisation Transparency International durchgeführt hat. Mal sind es 100 Euro, die der Arzt für einen kleineren Eingriff in die Kitteltasche steckt, mal auch 30 000 Euro, wenn es um schwierige Operationen geht. Der Prozentsatz der Befragten, die einräumten, im vergangenen Jahr geschmiert zu haben, ging gegenüber 2010 nur leicht von 11,2 auf 10,8 Prozent zurück. Deutlicher ist allerdings der Rückgang bei der Summe der gezahlten Schmiergelder: Nach Berechnungen der Meinungsforscher fiel der durchschnittliche Schmiergeldbetrag von 1557 Euro auf 1403 Euro. Der Rückgang sei ein Ergebnis der Wirtschaftskrise, glaubt Kostas Bakouris, Präsident der griechischen Sektion von Transparency International: Angesichts sinkender Einkommen und gekürzter Renten müssten die Griechen halt auch bei der Bestechung sparen.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung Orlando Pascheit: Es ist davon auszugehen, dass die durch die aufgezwungene Austeritätskur zunehmende Verarmung des Landes die allgemeine Korruption nur befördern kann, wobei sich auch hier die Kluft zwischen den Wohlhabenden und Habenichtsen Wirkung zeigt.

  13. Kadima, Friedensbewegung!
    In Israel warnen nicht nur Linke vor einem drohenden Krieg mit dem Iran. Mit Shaul Mofaz warnt beispielsweise ein prominenter Politiker vor der öffentlichen Kriegspropaganda. Der gerade gewählte Vorsitzende von Israels größter Partei Kadima sagte vergangene Woche, ein Militärschlag wäre desaströs und auch nicht wirkungsvoll. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu würde die nukleare Bedrohung durch den Iran vor allem deshalb auf der Tagesordnung halten, um von den sozioökonomischen Problemen des Landes abzulenken. Alle Beobachter seien der Meinung, es gäbe noch genug Zeit und man solle weiterhin den USA die Führung überlassen, sagte Mofaz. Israel müsse sich alle Möglichkeiten offenhalten, aber die militärische sei die letzte. Erst wenn alle Stricke rissen, wenn man das »Schwert im Nacken« spüre und die USA ihre Pflicht nicht erfüllten, dann würde er hinter jedem Ministerpräsidenten stehen, der sich für ein militärisches Angreifen entscheide. Diese Kritik an Netanyahu ist insofern bedeutend, da Mofaz, der selbst in Teheran geboren wurde und mit seinen Eltern 1957 nach Israel kam, in der Vergangenheit keine Gelegenheit ausgelassen hat, um den Iran als Wurzel allen Übels und das Atomprogramm des Mullah-Staats als existentielle Gefahr für Israel darzustellen. Mofaz ist zudem durch und durch ein Mann des Militärs, er hat eine steile Karriere bei der israelischen Armee hinter sich, die er als Fallschirmspringer begann und als Generalstabschef beendete, bevor er in die Politik ging. … Auch Shelly Yachimovich, die Vorsitzende der Arbeitspartei Avoda …. Auch der frühere Leiter des Mossad, Meir Dagan ….
    Quelle: Jungle World
  14. England: Uniformierte Ansichten
    Die Londoner Polizei wehrt sich gegen den Vorwurf des Rassismus. Es betrifft den Stadtteil, in dem im Sommer die Olympischen Spiele beginnen sollen. Es ist der Bezirk, in dem im Sommer 2011 nach einer Konfrontation zwischen schwarzen Bürgern und der Polizei Krawalle ausbrachen: Bei seiner Verhaftung war ein Bandenmitglied getötet worden. Nun wird wieder eine Flut von Anschuldigungen gegen Polizisten laut, ausgelöst durch die Veröffentlichung einer Tonaufnahme, die der 21-jährige Mauro Demetrio bei seiner Verhaftung während der Krawalle machte. Einer der Polizisten sagt zu ihm. „Dein Problem ist, dass du immer ein Nigger bleiben wirst.“ Die Staatsanwaltschaft prüft, ob gegen den Polizisten Anklage erhoben wird. Der Fall Demetrio führte zu einer ganzen Reihe ähnlicher Vorwürfe. Es geht um Beschimpfungen, um Diskriminierungen bei Notrufen, um „Mobbing“ von schwarzen Polizeiassistenten durch weiße Kollegen, und in einem Fall werden fünf Beamte der Körperverletzung beschuldigt. … Immer wieder werden vor allem Personendurchsuchungen von Schwarzen debattiert. Schwarze seien „zu sehr kontrolliert und zu wenig beschützt“, klagt der Verband der schwarzen Polizisten. Sieben Mal so viele Schwarze wie Weiße werden auf offener Straße angehalten und durchsucht – mehrfach sogar der Erzbischof von York. Dabei werden nur zwölf Prozent wirklich verhaftet. Dabei ist „Stop and Search“ legal nur möglich, wenn konkrete Verdachtsmomente vorliegen. Die Gleichheitskommission nannte vor zwei Jahren „rassistische Vorurteile“ als Grund dieser Unproportionalität.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung Orlando Pascheit: Warum bedarf es immer solcher konkreter Tatbestände, um sich des latenten Rassismus bei Teilen der Polizei anzunehmen. Schon längst gibt es wissenschaftliche Verfahren, mit denen man die Einstellung auch unserer Ordnungskräfte zu testen in der Lage ist und entsprechende Maßnahmen einleiten kann.

  15. Studiengebühren sind ein Auslaufmodell – Campus-Maut verliert zunehmend an Rückhalt
    Kaum ein Thema hat die hochschulpolitischen Debatten zuletzt derart bewegt wie die Studiengebühren. Studierende und Gewerkschaften lehnten sie ab, konservativ-liberale Regierungen führten sie ein. Nun sind die Befürworter der Campus-Maut auf dem Rückzug. Die Gebühren können die Finanzmisere der Hochschulen sowieso nicht auf Dauer lindern, meint DGB-Bildungsexperte Matthias Anbuhl…
    Die Akzeptanz von Studiengebühren an den Hochschulen ist gesunken. Auch die These, dass sich die Studienqualität nach Abschaffung der Gebühren verschlechtere, ist nicht haltbar. In Hessen und im Saarland, wo die Studiengebühren wieder abgeschafft wurden, meinen immerhin 88 Prozent der Studierenden, die Lage hätte sich seit dem Gebühren-Aus nicht verschlechtert.
    Quelle: DGB
  16. Studenten – Eine Generation von Angsthasen
    Die Zeiten, in denen an den Universitäten gestreikt, geträumt und wild gefeiert wurde, ohne an morgen zu denken sind vorbei. Die Studenten von heute sind eine fleißige paukende Masse, die sich den Weg in eine solide gesicherte Zukunft ebnet.
    „Ein bisschen ratlos, ein bisschen meinungslos, ein bisschen gleichgültig“, nennt er (der Konstanzer Soziologe Tino Bargel) die heutige Studentengeneration. Er hat ihr Profil als das einer „Generation der Teilnahmslosigkeit und Uneindeutigkeit, der Konventionalität und der labilen Demokraten“ beschrieben. Sie äußere wenig Ansprüche an sich und die Welt – außer durchzukommen und sich zu behaupten, „freilich mit mehr Ängstlichkeit als Zuversicht“. Diese Züge hätten sich seit der Jahrtausendwende verfestigt.
    Aber man darf der Generation nicht unrecht tun. Sie ist ein Spiegelbild ihrer Gesellschaft, die sich grundlegend gewandelt hat. Die Politik selbst hat die Studenten entpolitisiert. Gesellschaftliche Debatten und Freiräume sind aus den Universitäten verbannt worden. Die Bachelorreform hat das Studium standardisiert, mit härteren Sanktionen belegt.
    Quelle 1: FR
    Quelle 2: die letzte Studie von Tino Bargel und seinem Team [PDF – 4.4 MB]
    Quelle 3: „Keine 68er“
    Quelle 4: Wandel politischer Orientierung und gesellschaftlicher Werte der Studierenden, Studierendensurvey 1983 bis 2007 [PDF – 1.1 MB]
  17. Aufruf zu Protesten im Internet soll als Bildung einer kriminellen Vereinigung bestraft werden
    Spaniens rechte Regierung rüstet gegen Proteste auf und will mit drastischen Verschärfungen des Strafgesetzes für Ruhe sorgen, selbst passiver Widerstand soll als Angriff auf die Staatsgewalt geahndet werden
    In der spanischen Regierung scheint die Angst umzugehen. Die rechte PP, die ihre Verbindung zur Franco-Zeit noch nicht aufgelöst hat, setzt harte Sparmaßnahmen um, die wie so oft besonders die Mittelschicht und die sozial Schwächeren belasten. Der Unmut mit der Regierung, die erst ein paar Monate im Amt ist, wächst, was auch die letzten Wahlen in Andalusien und Asturien gezeigt haben
    Quelle: Telepolis
  18. Weiterhin keine Diskussion mit den Kritikern oder: Wem gehört das Radio? – Offener Brief an WDR-Hörfunkdirektor Wolfgang Schmitz
    Es ist an der Zeit, uns erneut in einem Offenen Brief an Sie zu wenden. Die Art und Weise, in der Sie sich bislang den Diskussionen um die geplante Reform von WDR 3 entzogen haben, zwingt uns dazu – ebenso Ihre Ankündigungen, sich auch weiterhin jedem direkten Gespräch mit ihren Kritikern zu verweigern. Offenbar glauben Sie, dass der WDR-Hörfunk Ihnen gehört, weswegen Sie ihn allein zu Monologen in eigener Sache und nicht zu Dialogen mit Kritikern nutzen, die in die Materie eingearbeitet sind.
    Quelle 1: Die Radioretter [PDF – 84,4 KB]
    Quelle 2: Hörfunkchef Schmitz und Kulturrats-Geschäftsführer Zimmermann im Live-Gespräch über das Profil des Kulturradios

    Hinweis für Interessierte:

    1. Montag, 16. April um 16 Uhr: Öffentliche Rundfunkratssitzung
    2. Sonntag, 22. April ab 11.30 Uhr, DGB-Haus Köln
      Bessere Konzepte: ver.di und die „Radioretter“ laden zum 1. Öffentlichen Arbeitsgespräch über ein kommendes Kulturradio
    3. Mittwoch, 9. Mai um 20 Uhr
      Diskussion mit den „Radiorettern“ im Kölner Schauspielhaus

    Quelle: Die Radioretter

  19. Livestream-Tipp: Konferenz des Instituts „New Economic Thinking“
    In Berlin findet gerade vom 12. bis 15.4. die Konferenz des Institute for New Economic Thinking (INET) statt, die auch per livestream im Internet übertragen wird; es lohnt sich, ein paar Diskussionsrunden und Vorträge anzuschauen, neben Joseph Stiglitz und James Galbraith sind Yanis Varoufakis, George Soros, Peter Bofinger, Heiner Flassbeck und Sven Giegoldt zugegen – sowie der allseits geliebte Jörg Asmussen.
    Quelle 1: Das Programm
    Quelle 2: Die Livestream-Adresse
  20. Neue Ausgabe der Le Monde diplomatique
    an diesem Freitag erscheint unsere Aprilausgabe. Neal Ascherson erzählt Geschichten aus Europa, Hartmut Rosa stellt noch einmal die Frage nach der Entfremdung und Aurélien Barrau erklärt den Urknall. Außerdem erwarten Sie Berichte, Analysen und Reportagen über den Bürgerkrieg in Syrien, die Kopten in Ägypten, die Sekte Boko Haram aus Nigeria, Studentinnen in Vietnam und Frankreich in Zeiten des Wahlkampfs.
    Am Freitag, den 13. April liegt die Zeitung der taz bei.
    Ab dem 14. April gibt es sie separat am Kiosk.
    Quelle: Le Monde diplomatique

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