Im Wahlkampf werden falsche und NATO-freundliche Äußerungen nochmals zugespitzt, um die Bürger zu indoktrinieren. Mit der Überzeichnung einer „russischen Gefahr“ sollen die Versäumnisse seit dem Maiden-Umsturz vergessen gemacht werden. Von Bernhard Trautvetter.
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Die Lobby der NATO infiltriert seit der russischen Invasion in die Ukraine vor fast genau drei Jahren die Gehirne der Menschen und den Diskurs in der Öffentlichkeit mit der Behauptung, der demokratische Westen müsse sich mit Hochrüstung gegen die Gefahr eines russischen Überfalls auf die NATO stemmen. Mit dieser Behauptung legitimiert die NATO eine nie gekannte Hochrüstung und ihre anspruchsvolle ‚Modernisierung ihrer nuklearen Arsenale‘.
Obwohl die gesamte Daseinsvorsorge sowie die Gesundheit der Biosphäre als Lebensgrundlage der Menschheit unter dieser Politik leidet, findet die Propaganda für Spannungseskalation, Kriegstüchtigkeit, Atom- und Hochrüstung immer mehr Fürsprecher in der Öffentlichkeit.
Im Wahlkampf steigern die meisten Parteien und Sender diese Gehirnvergiftung nochmals. Ein Element davon ist das Narrativ, Russland sei so gefährlich, wie der unprovozierte imperiale Überfall auf die Ukraine beweise. Dieses Element der informationsbasierten psychologischen Kriegsführung zielt auf die eigene Bevölkerung im politischen Westen. Es übergeht den US-gestützten Pro-NATO-Umsturz im Februar 2014 in Kiew, zu dem die Ukraine-Beauftragte der US-Regierung Victoria Nuland erklärte, im Vorfeld hätten die USA fünf Milliarden US-Dollar investiert.
Mit der westlich geförderten NATO-Orientierung der Ukraine durch den Maidan-Putsch kam eine „Übergangsregierung” an die Macht, die zunächst von Jatsenjuk und heute von Selenskyj angeführt wird. Selenskyj erklärte am 19.Februar 2022 auf der Münchner Sicherheitskonferenz wenig verklausuliert, dass die Ukraine sich die Option vorbehält, wieder in Besitz von Atomwaffen zu kommen, indem das Budapester Memorandum über die Atomwaffenfreiheit der Ukraine nicht mehr befolgt werde:
„Ich möchte glauben, dass der Nordatlantikvertrag und Artikel 5 effektiver sein werden als das Budapester Memorandum.
Die Ukraine erhielt Sicherheitsgarantien für den Verzicht auf die weltweit dritte Nuklearanlage. Wir haben diese Waffen nicht. Wir haben auch keine Sicherheit. … Seit 2014 hat die Ukraine dreimal versucht, Konsultationen mit den Garantiestaaten des Budapester Memorandums einzuberufen. Drei Versuche scheiterten. Heute wird die Ukraine den vierten Versuch unternehmen. … Aber sowohl die Ukraine als auch ich tun dies zum letzten Mal. Ich initiiere Konsultationen im Rahmen des Budapester Memorandums. … Wenn sie wieder nicht stattfinden oder zu keinen konkreten Entscheidungen zur Gewährleistung der Sicherheit unseres Staates führen, wird die Ukraine mit Recht glauben, dass das Budapester Memorandum nicht funktioniert und alle Beschlüsse des Pakets von 1994 in Frage gestellt wurden.“
Das generiert eine umgekehrte Kuba-Krise – durch die Stationierung nuklearer gegnerischer Arsenale nahe der Grenze des Staates, den die NATO als Gegner auserkoren hat.
Die Tatsache, dass Russland auf diese Gefahr mit einer Invasion reagiert hat, macht diese Kriegshandlungen weder legitim noch imperialistisch; die Handlungen sind von Seiten der NATO willentlich und sehenden Auges heraufbeschworen worden, und das in bewusster Ignoranz der Warnungen etwa des aktuellen CIA-Chefs William Burns, der in seinem ›Nyet means nyet!‹-Memo bereits im Jahr 2008 gewarnt hatte:
„Die NATO-Bestrebungen der Ukraine und Georgiens, die nicht nur einen rohen Nerv in Russland berühren, sie erzeugen ernsthafte Bedenken über die Folgen für die Stabilität in der Region. Russland nimmt nicht nur die Einkreisung und die Bemühungen wahr, Russlands Einfluss in der Region zu untergraben, sondern befürchtet auch unvorhersehbare und unkontrollierte Folgen, die die russischen Sicherheitsinteressen ernsthaft beeinträchtigen würden. Experten sagen uns, dass Russland besonders besorgt ist, dass die starken Spaltungen in der Ukraine über die NATO-Mitgliedschaft, mit einem Großteil der ethnisch-russischen Gemeinschaft gegen die Mitgliedschaft, zu einer großen Spaltung führen könnten, die Gewalt oder schlimmstenfalls einen Bürgerkrieg beinhaltet. In diesem Fall müsste Russland entscheiden, ob es eingreift; eine Entscheidung, die Russland nicht haben will.“
Um die Wahrheit der von der NATO offensichtlich bewusst riskierten Eskalation, die auch nukleare Komponenten aufweist, zu vertuschen, überschüttet die NATO-freundliche Meinungsmache die Menschen mit einer schier ununterbrochenen Desinformationskampagne, die darauf abzielt, sie für eine brandgefährliche Strategie mit global wirkender, ökologiezerstörender Wirkung und unsozialen Auswirkungen auf Kosten der Daseinsvorsorge zu gewinnen. Man redet vom ‚Freiheitskampf‘ der Ukraine, den sie für uns alle führt.
Diese Manipulation der Menschen trägt mit dazu bei, dass auch die ökologischen Katastrophen durch die Hochrüstung forciert werden und zugleich aus der öffentlichen Aufmerksamkeit zugunsten der militärischen Themen verdrängt werden. Das gilt für die Union und Ampel-Parteien, wesentlich aktiv dabei die Bündnisgrünen. Bei der CDU klingt das noch deutlicher, was die Position der Ampel-Parteien nicht ungefährlicher macht. O-Ton CDU-Militärexperte Roderich Kiesewetter:
„Russland muss lernen zu verlieren, indem es seine kolonialen und imperialen Ansprüche aufgibt.“
Das Ausblenden der wirklichen Hintergründe des Ukraine-Krieges und die darauf aufbauenden Forderungen nach Hochrüstung wird von der NATO-Lobby genutzt, um eine Propaganda gegen das Friedensgebot des Grundgesetzes zu entfalten.
Eine legitime und vernünftige Antwort auf diese Propaganda besteht darin, eine Friedensordnung einzufordern, die die Sicherheitsinteressen aller Staaten, auch die Russlands, in einem Konzept eines gemeinsamen Hauses von Lissabon bis Wladiwostok respektiert, wie es Olof Palme, Willy Brandt und Michail Gorbatschow wollten. Diese Forderung entspricht der Charta von Paris, in der es heißt:
„Die beispiellose Reduzierung der Streitkräfte durch den Vertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa wird – gemeinsam mit neuen Ansätzen für Sicherheit und Zusammenarbeit innerhalb des KSZE-Prozesses – unser Verständnis von Sicherheit in Europa verändern und unseren Beziehungen eine neue Dimension verleihen.“
Gegen diesen Ansatz einer Friedenspolitik steht seit je her die NATO-Politik der Abschreckung, ohne deren Überwindung die Gefahr eines militärischen und eines ökologischen Kontrollverlusts sowie die Atomkriegsgefahr gefährlich anwächst.
Titelbild: tovovan / Shutterstock