Entwicklungshilfe aus USA gestoppt. Massiver Ausfall von Hilfsgeldern in Lateinamerika. Aber auch umstrittene Projekte werden beendet. Kritiker warfen USAID Einmischung in innere Angelegenheiten vor. Von Ariana Pérez.
Die US-Agentur für internationale Entwicklung (USAID) hat angekündigt, ab dem heutigen 7. Februar alle Mitarbeiter weltweit in administrativen Urlaub zu schicken. Nach der Unterzeichnung eines Dekrets durch Präsident Donald Trump werden die weltweiten Gelder von USAID zunächst für drei Monate eingefroren.
Die Trump-Administration kündigte an, die internationale Kooperationshilfe von USAID auszusetzen. Die Behörde, die im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit die gesamten Aktivitäten der US-Außenpolitik koordiniert hat, soll geschlossen werden.
Am 3. Februar gab US-Außenminister Marco Rubio bekannt, die Leitung von USAID zu übernehmen. Elon Musk, Direktor des Ministeriums für Regierungseffizienz (Doge), erklärte kurz darauf, USAID sei „nicht mehr zu retten”. Die Einrichtung sei eine „kriminelle Organisation”, die von „radikalen Verrückten” geführt worden und an Putschen „in Haití, der Ukraine, Ägypten und anderen Ländern beteiligt gewesen” sei, sagte Musk. Zudem hatte Trump am Wochenende hochrangige US-Beamte entlassen, weil sie Doge-Vertretern den Zugang zum USAID-Gebäude verweigert hatten, um vertrauliche Dokumente einzusehen. Kurz darauf kündigte Musk, Eigentümer von Twitter, Tesla, SpaceX, OpenAI und weiteren Unternehmen, offiziell die Schließung der Behörde an.
Seitdem ist die Internetseite der Behörde nicht mehr erreichbar. Auch die sozialen Netzwerke sind geschlossen.
USAID ist ein wichtiger Geldgeber für Programme zur Krankheitsbekämpfung, Epidemieprävention und medizinische Grundversorgung in Lateinamerika und in vielen anderen Ländern weltweit. Circa 42 Prozent der humanitären Hilfe der Vereinten Nationen stammen aus den USA, überwiegend über USAID vermittelt.
Besonders betroffen vom Aussetzen der Hilfe sind Länder wie Kolumbien und Brasilien. In Zentralamerika und der Karibik sind Guatemala, Honduras und Haiti stark betroffen.
2023 hat die US-Agentur mehr als 1,7 Milliarden Dollar für Projekte in Lateinamerika bereitgestellt, wobei der Schwerpunkt auf „humanitärer Hilfe, wirtschaftlicher Entwicklung, Menschenrechten und guter Regierungsführung” lag.
In dem von Foreign Assistance erstellten und von CNN veröffentlichten Bericht wird die Verteilung der USAID-Mittel bis 2023 wie folgt angegeben (in Dollar): Kolumbien: 389 Millionen, Haiti: 316 Millionen, Venezuela: 205 Millionen, Guatemala: 178 Millionen, Honduras: 144 Millionen, El Salvador: 138 Millionen, Peru: 111 Millionen, Mexiko: 71 Millionen, Dominikanische Republik: 49 Millionen, Ecuador: 46 Millionen, Nicaragua: 25 Millionen, Brasilien: 19 Millionen, Paraguay: 10 Millionen, Kuba: 9 Millionen, Costa Rica: 5 Millionen, Panama: 0,9 Millionen, Bolivien: 0,6 Millionen, Chile: 0,3 Millionen.
Die US-Agentur hat in der Region eine wichtige Rolle gespielt, nicht nur als Finanzierungsmotor, sondern auch als Partner bei der Umsetzung von Projekten, die sich direkt auf die Lebensqualität von Millionen von Menschen auswirken.
Die Zukunft der 1963 gegründeten USAID ist ungewiss. Mit fast 10.000 Mitarbeitern und einem Jahresbudget von 50 Milliarden Dollar im Jahr 2023 spielt die Behörde eine Schlüsselrolle in der weltweiten Entwicklungs- und humanitären Hilfe.
Nach Angaben des Financial Tracking Service (FTS) der Vereinten Nationen kamen im Jahr 2024 70 Prozent der Mittel für humanitäre Hilfe in Kolumbien aus den USA. Die Schließung von USAID betrifft unter anderem soziale Entwicklungsorganisationen, bäuerliche, afrokolumbianische und indigene Organisationen, die technische Hilfe für den Staat und die Medien. Sie könnte sogar die Umsetzung des Friedensabkommens und die Sondergerichtsbarkeit für den Frieden beeinträchtigen.
Durch den Finanzierungsstopp sind zahlreiche Arbeitsplätze bei lokalen und internationalen NGOs verloren gegangen. Schätzungen zufolge sind allein in Kolumbien mehr als 5.000 Stellen betroffen, in Brasilien rund 3.500 und in Peru etwa 2.000.
Stephen McFarland, ehemaliger US-Botschafter in Guatemala (2008-2011) und ehemaliger USAID-Direktor in Kolumbien, kritisierte in einem Interview die Folgen der Schließung von USAID: „Das ist eine Katastrophe für die USA und für die Millionen Menschen weltweit, die auf die Unterstützung von USAID für Gesundheitsprogramme angewiesen sind.”
Die von USAID geschaffenen Abhängigkeiten und Machtverhältnisse stehen aber auch massiv in der Kritik. Mit seinem Budget fungierte USAID als finanzieller Arm der US-Außenpolitik. Hinter der „Unterstützung und Wahrung von Menschenrechten” und „humanitärer” stehen Interessen.
Der kubanische Wissenschaftler Raúl Antonio Capote kritisiert, dass sich hinter USAID eine „dunkle Geschichte” verberge. Die Organisation habe Menschenrechtsverletzungen unterstützt, von der Finanzierung der Operation Condor bis zu den “farbigen Revolutionen”. In einem Interview mit Telesur erinnerte er daran, dass „die Allianz für den Fortschritt in den 1960er-Jahren der große Marshall-Plan war, um Diktaturen zu installieren”. Heute verfolgten die USA mittels der Behörde ein ähnliches Ziel: die Zermürbung blockfreier Regierungen durch einen vielgestaltigen Krieg. USAID sei ein Element der hybriden Kriegsführung gegen linke und progressive Regierungen.
Auch aus Venezuela wird die Aktivität von USAID scharf kritisiert. So habe die Entwicklungshilfe-Agentur unter anderem mit dem damaligen Interimspräsidenten Juan Guaidó in dessen Interesse oppositionelle NGOs finanziert.
Das kolumbianische Investigativmedium Mutante stellte fest, dass mehr als die Hälfte aller internationalen Hilfsgelder aus den USA kommen. Dies schaffe eine fragwürdige Abhängigkeit, zudem die Gelder so zentrale Bereiche wie den Kampf gegen Hunger und Armut und sogar die Umsetzung des Friedensprozesses möglich machten.
Die Linksregierungen von Bolivien und Ecuador hatten die Zusammenarbeit mit USAID wegen Einmischung in die inneren Angelegenheiten bereits im Jahr 2013 beendet und die Behörde des Landes verwiesen.
Übersetzung: Ariana Pérez, amerika21
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