Leserbriefe zu „Zurück zum Atom? Energiepolitische Tagträumereien im Wahlkampf“
Jens Berger thematisiert hier die Forderung von Union und FDP nach einer „Option“ zur Rückkehr zur Kernkraft sowie die der AfD, die deren Ausbau fordere. Union und FDP würden mit dem Wähler „spielen“, indem sie sich bzw. dem Markt die „Option“ Kernenergie offenlassen; wohlwissend, dass diese Option ohnehin nicht gezogen werde. Von preiswerten Gasimporten aus Russland würden sie nichts halten. SPD, Grüne und Linke hielten „weder etwas von Kernenergie noch von einer Wiederaufnahme der Gaslieferungen aus Russland, würden mit ihrem energiepolitischen Programm die Strompreise also mittelfristig nicht senken“. Einzig das BSW vertrete „energiepreispolitisch eine konsistente Linie und fordert – wie die AfD – die Wiederaufnahme der Gaslieferungen aus Russland“. Wir haben dazu interessante Leserbriefe erhalten und danken dafür. Es folgt nun eine Auswahl, die Christian Reimann für Sie zusammengestellt hat.
1. Leserbrief
Liebes NDS-Team, lieber Jens Berger,
danke für diesen sehr klaren Artikel, der alle relevanten Bereiche des Themas beleuchtet. Er sollte zur Pflichtlektüre werden für all die Stammtischfachleute zum Thema Strom.
Zumal das Thema Endlagerung, Atomunfälle und die damit verbundenen Leiden und Kosten noch weitgehend ausgeklammert wurden.
Zur beherzten Weiterführung der Energiewende gibt es keine Alternative.
An die große Versorgungslücke im europäischen Stromnetz beim Ausfall bzw. Abschaltung der vielen AKWs in Frankreich möchte ich gar nicht denken. Aber nicht, weil ich diesen AKWs hinterhertrauere, sondern weil in der Zwischenzeit in diesen Ländern versäumt wurde, Alternativen aufzubauen. Ausbaden mit hohen Strompreisen müssen das im Europäischen Verbundnetz dann wieder alle.
Liebe Grüße
Willi Jung
2. Leserbrief
Lieber Jens Berger,
ganz herzlichen Dank für diese fundierte faktenbasierte Arbeit, aus der hervorgeht, dass billige Energie nicht nur ein nicht erfüllbares Wahlversprechen ist, wahrscheinlich eher als Lüge bezeichnet werden muss. Und die Politiker kennen die Situation.
Vor allem der überzeugende Vergleich mit der regenerativen Energie und die zeitliche Dimension von Neubauten können nur dazu führen, die Gedanken an neue AKW’s zu beerdigen.
Die Mär billigen Stroms ist ja nicht neu. Der niedrige Preis war nicht nur wegen der bereits abgeschriebene Kernkraftwerke möglich. Die Atomindustrie ist meines Wissens „gepampert“ worden wie keine andere Branche. Ich habe mal versucht, die Höhe der Subventionen, die in die AKW’s flossen, zu recherchieren. Es ist mir nicht gelungen.
Was Sie gar nicht erwähnen, ist das Problem der Entsorgung. Im Gegensatz zu Schulden des Staates, die gleichzeitig auch ein Vermögen darstellen, belastet die (mangelnde) Entsorgung unsere Nachkommen (falls es die noch geben sollte) auf Jahrhunderte und mehr.
Joachim Groß
3. Leserbrief
Lieber Herr Berger,
falls man bei CDU und AfD noch einen klitzekleinen Rest von Wirtschaftskompetenz unterstellt haben sollte, ist damit jetzt auch Schluss. Wo man hinschaut in der Politik, dröhnende Inkompetenz und Tanz der narzisstischen Psychopathen.
Dass Sie dem einen Leuchtturm an Kompetenz und Sachlichkeit entgegen halten, dickes Lob dafür! Würde eine Partei Sie als Wirtschaftsminister nominieren, ich würde glatt wieder wählen gehen.
Dank an Sie und die NachDenkSeiten für Ihre hervorragende Arbeit,
Rolf Henze
4. Leserbrief
Lieber Jens Berger, liebes Nachdenkseiten-Team,
vielen Dank für diesen Artikel zum Thema Atomstrom.
Ich kann mich nicht erinnern, dass ich in den letzten Jahren einen so umfangreichen, kompetenten, sachlichen und fundierten Beitrag zum Thema Atomkraft irgendwo gelesen hätte. Chapeau !
Auf die Einzelheiten möchte ich gar nicht eingehen, das haben Sie, Jens Berger, ja detailliert gemacht.
Zwei, drei kleine Anmerkungen zu diesem Thema hätte ich aber noch, die in Ihrem Beitrag nicht so recht zur Sprache gekommen sind und die meiner Meinung nach bei diesem Thema dennoch nicht unerwähnt bleiben sollten.
- die Sache mit der Beschaffung des notwendigen Brennmaterials für die Kernkraftwerke – Uran. Kommt woher? War da was?
- die Sache mit der Entsorgung der verbrauchten Brennstäbe – Endlagerung. Gibt es da irgendetwas neues?
- die Sache mit dem „kleinen“ Restrisiko eines Super-GAU’s – maximal alle 10 000 Jahre (wie uns Tschernobyl und Fukushima zeigen nicht wirklich eine realistische Risikoeinschätzung)
- die Sache mit dem waffenfähigen Plutonium welches Nuklearmächte benötigen, um ihren Status als Atommacht beizubehalten und sichern zu können. Diese Sicherung hat die französische Regierung gezwungen, die EDF (Electricite de France) mit gewaltigen finanziellen Maßnahmen vor dem Ruin zu retten, in den sie aufgrund der hohen Betriebs- und Wartungskosten der laufenden Kernkraftwerke und der katastrophalen Kostensteigerungen bei den mitverantwortlichen
Neubauten, geraten ist.
All diese Argumente zusammen zeigen deutlich, dass Kernkraft kein Ausweg aus der aktuellen Energiemisere sein kann und wird.
Und dennoch helfen diese sachlichen Argumente nicht, um die öffentliche Meinung sowohl in der Politik, in den Medien und in der Gesellschaft in eine vernünftige Umlaufbahn zu bringen.
Wie bei den vielen anderen wichtigen Themen dieser Tage.
Eine sachliche, wissens-und vernunftsbasierte Auseinandersetzung mit den Themen Migration, Krieg, Klima, Bürgergeld, Sicherheit, etc. findet nicht (mehr?) statt.
Jens Biester
5. Leserbrief
Aus dem Artikel geht klar hervor, daß die Atomenergie in Deutschland keine realistische Zukunft mehr hat. Aller Energiekonzerne lehnen ab. Warum also diese Diskussion der Parteien?
Geht es möglicherweise gar nicht um deutsche Kernkraftwerke, sondern um die Option einer Atombombe für Deutschland? Was auf den ersten Blick weit hergeholt wirkt, ergibt beim Blick auf die Fakten ein ganz anderes Bild. Die friedliche und die militärische Nutzung der Atomspaltung waren schon immer zwei Seiten einer Medaille. Franz Josef Strauß wollte mit dem Bau des Forschungsreaktors in Garching in den 50er Jahren einen Zugang zu einer deutschen Atombombe. Dem hat nur der Atomwaffensperrvertrag einen Riegel vorgeschoben. Aber die Option sollte erhalten bleiben, daher entschied man sich für die friedliche Nutzung der Kernenergie trotz Unwirtschaftlichkeit und Unversicherbarkeit. Weltweit ist die Atomenergie nur der Vorwand für ein nukleares Waffenprogramm. Sämtliche Atommächte setzen daher auf Kernenergie. Der Einsatz und selbst die Lagerung von Atombomben sind völkerrechtswidrig, das verstößt gegen den Kernwaffenverbotsvertrag der UNO. Trotzdem lagern in Büchel ca 20 US-Wasserstoffbomben unter dem Vorwand der nuklearen Teilhabe der Bundeswehr. Die Flugzeuge F35 für deren Einsatz wurden gerade in den USA bestellt. In Deutschland sind Atombomben derzeit nicht besonders populär, daher sollen Mittel für die Herstellung unter dem Label ‚Kernenergie‘ mobilisiert werden. Für die Herstellung braucht man neben Fachpersonal eine Anreicherungsanlage von Kernbrennstoffen und eine Fabrik für Brennelemente. Beides gibt es in Gronau und Lingen. Die CDU/CSU, die SPD, die FDP und die AfD haben es bisher abgelehnt, diese Einrichtungen parallel zu den Reaktoren still zu legen. Der Forschungsreaktor in Garching wird seit 20 Jahren genehmigungswidrig mit hoch-angereichertem, waffenfähigen Uran betrieben. Diese Brennstäbe könnten die Basis für die erste Bombe werden. Mit den aktuellen technischen Möglichkeiten und genügend Geld könnten erste Sprengköpfe innerhalb von drei bis fünf Jahren gefertigt werden. Das ist auch die Einschätzung von Joachim Radkau und Lothar Hahn in ‚Aufstieg und Fall der deutschen Atomwirtschaft‘. Es gibt noch viele Brennstäbe für eine Aufarbeitung, die in der Nähe der Altmeiler gelagert werden. Wir erinnern uns: Pistorius wollte uns in etwa drei Jahren kriegstüchtig machen. Eine Hochrüstung ohne Atombombe wäre wirkungslos gegen Russland. In den Natostaaten mehren sich die Stimmen, die einen Nuklearkrieg mit Russland nicht mehr ausschließen.
Dr. Wolfgang Doster
Video zum Thema: Deutsche Atombombe von Prof. V. Quaschning:
6. Leserbrief
Liebe NDS-Redaktion,
jedenfalls investiert der deutsche Steuerzahler in die Weiterentwicklung von Atomreaktoren, allerdings in Schweden. Die Energiewende läuft wie bei den Schildbürgern: Man hat viele Windparks an den Küsten, es fehlen hunderte von Kilometern an Stromtrassen um den Süden zu versorgen. Der rasante, ungeregelte Ausbau von PV-Anlagen (mittlerweile 100 GW installierte Leistung) wird bejubelt und weiter befeuert, die Netzstabilität wird dabei immer unsicherer. Lagen zu Beginn des 21. Jahrhunderts die manuellen Eingriffe zur Netzstabilisierung jährlich noch im einstelligen Bereich, sind es heute gut 17000 mit Milliardenkosten. Und man spielt mit dem Blackout. Die PV-Anlagen produzieren den meisten Strom im Sommer zwischen 11 und 15 Uhr, gebraucht wird er allerdings am meisten am frühen Abend im Winter. Dann kaufen wir den Strom, den wir im Sommer ans Ausland verschenkt haben, im Winter teuer zurück. Es fehlen noch die Speicherkapazitäten. Netzausbau und Speicherkapazitäten werden uns bis 2045 etwa 1100 Milliarden Euro kosten. Dennoch hat man vor allem Ausstiegs-Termine festgelegt, wann man aus der Kernkraft oder der Kohle aussteigt, mit milliardenschweren Entschädigungszahlungen für die Industrie, die der Steuerzahler trägt, ohne für adäquaten Ersatz gesorgt zu haben. Weitere unüberschaubare Kosten kommen durch den Wasserstoff-Hochlauf auf uns zu. Einige europäische Länder wie Dänemark, Norwegen und Österreich sind bereits schon wieder ausgestiegen. Von allen Energieträgern ist grüner Wasserstoff der teuerste, egal woher er kommt. Deutschland wird voraussichtlich nur 30 Prozent seines Bedarfs selbst erzeugen können, den “Rest” importieren. Der Wirkungsgrad des importierten Wasserstoff dürfte unter 20 Prozent liegen, 80 Prozent verschlingt die Elektrolyse, die Wasseraufbereitung, Transport, Lagerung, Kühlung usw. Meines Wissens gibt es bislang nur ein einziges geeignetes Transport-Schiff für ungefähr 500 Millionen Dollar. Zur Infrastruktur für Wasserstoff braucht man noch keramikbeschichtete Pipelines – hat man auch nicht. Die Kommunen müssen noch die Fernwärmeplanung durchführen und die entsprechenden Leitungen ausbauen. Bis 2045 wird uns die Energiewende vielleicht 2000 oder sogar 3000 Milliarden Euro kosten, Energie wird auf Jahrzehnte nicht billiger werden, obwohl der Zugang zu billiger Energie die Grundlage volkswirtschaftlichen Wohlstands ist. (Ich bin gespannt, ob alles immer aus dem laufenden Haushalt finanziert wird und für die Kriegstüchtigkeit auch noch Geld übrig bleibt). Deutschlands Anteil am weltweiten CO2-Ausstoß beträgt knapp 1,5%, aber selbst bei 0,0 % würde es das Klima gar nicht merken, der Geldbeutel des Bürgers aber schon. Eine Wirtschaftspolitik, die nicht wohlfahrtsorientiert ist und darauf abzielt, die Gesellschaft mit drastischen Einschnitten zu nötigen fortwährend Opfer zu erbringen, um ein fiktives Ziel zu erreichen, ist völlig absurd.
Viele Grüße
Michael Wrazidlo
7. Leserbrief
Guten Tag,
Zitat ‚Von einer Renaissance kann ohnehin nicht die Rede sein, wenn man sich einmal vor Augen hält, dass weltweit gerade einmal 61 Kernkraftwerke im Bau sind, wobei sich die Bauprojekte teils über Jahrzehnte hinstrecken. Lässt man chinesische und russische Projekte heraus, bleiben gerade einmal elf Bauprojekte übrig,‘
Mit anderen Worten, die westliche Industriewelt baut nur noch 11 AKW – und das sehr schleppend bis gar nicht mehr – aber die anderen Big Player packen das doch richtig an. Die globale Aussage des Artikels, Kernkraft ist im Rückgang, ist daher so nicht richtig.
Ich sehe auch noch einen anderen Aspekt.
Solar- und andere Energieerzeuger werden durchaus ausgebaut. Auch in RU und CN. Doch auch dort ist es nachts weiterhin dunkel. Daher bauen die eben AKWs.
In RU läuft inzwischen ein AKW neuer Bauart im Regelbetrieb, das den Brennstoffabfall der ‚üblichen‘ AKWs zu 99% verarbeitet, und so ganz nebenbei nicht explosionsgefährdet ist, einfach aufgrund des technischen Wirkprinzips. Es ist also durchaus möglich, mit konventioneller Kernspaltung moderne umweltverträgliche sichere AKWs zu bauen. Ob die neuen und geplanten in RU und CN solcherart sind, weiß ich nicht. (ITER ist seit 50 Jahren in 20 Jahren fertig…)
Der von regenerativen KWs erzeugte ‚Zappelstrom‘ wird zwar von der Politik ignoriert, die Techniker haben aber ganz reale Probleme damit. Und solange man keine weltumspannende Energieleitung baut, so daß ‚nachts weiterhin dunkel‘ immer nur für 50% der versorgten Fläche gilt, ist Zappelstrom keine Lösung, egal wie laut Politiker welcher Farbe nach Klima rufen.
Ich erzeuge Strom und warmes Wasser für mein Haus mit Sonne. Nachts habe ich für Strom und Wasser Speicher, die bei normalem Gebrauch bis zum nächsten Tag ausreichen – wenn denn dann wieder Sonne scheint. Im Maßstab von Industriestaaten sehe ich aber außer umweltfreundlichen – sprich klimaneutralen – modernen AKWs am Horizont keine alternativ tauglichen Energiespeicher, die in der Lage wären, das nächtliche Problem mit der Sonne zu lösen.
Die heutigen AKWs zu bauen, hat 20 Jahre und Geld erfordert. Beides war da. Warum soll also ein Parteiprogramm diese Vision nicht aufgreifen?
So ganz nebenbei: die aktuelle Regierungspropaganda bereitet die Bürger außer Krieg auch auf großflächige Stromausfälle vor (ach was! warum wohl?). Da sehe ich alternative Visionen einer Partei nicht unbedingt als Tagträumerei. Wer das Buch ‚Blackout‘ gelesen hat, findet stabile Energieerzeugung auch – mit AKWs – plötzlich gar nicht mehr abwegig. Oder mal in Venezuela nachfragen, wie die eine Woche ohne Strom überlebt haben.
Beste Grüße
Ulli Schott
8. Leserbrief
Liebe Nachdenkseiten,
hier ist ein Leserbrief zu Jens Bergers Artikel “Zurück zum Atom? Energiepolitische Tagträumereien im Wahlkampf”.
Alles Gute und freundliche Grüße,
Andreas Streun
—
Vielen Dank an Jens Berger für diesen ausgezeichneten Artikel! Ich möchte folgendes ergänzen:
Schon früh wurde klar, dass Hinkley Point C eine Subvention der britischen Nuklearstreitmacht durch die Stromkunden ist, denn es soll den Treibstoff für die Trident Atom-U-Boote bereitstellen [1]. Mir scheint, hinter der Förderung deutscher Kernenergie steckten und stecken immer noch die Träume eines F. J. Strauß von der Nuklearmacht Deutschland.
Das Scheitern des Carbon Free Power Project, um den US-Bundesstaat Utah bis 2029 mit neuen, modularen Reaktoren zu versorgen bewies, dass Kernenergie nicht mehr konkurrenzfähig ist. Die Betreiberfirma NuScale selbst beendete das Projekt [2].
AKWs sind massiv unterversichert. Große Unfälle sind zwar selten aber die Schäden sind exorbitant. Das Manager-Magazin hat es schon 2011 durchgerechnet: Wenn ein AKW eine vollständig deckende Haftpflichtversicherung hätte wie jeder PKW, dann würde diese 72 Milliarden Euro pro Jahr und AKW kosten, was auf den Strompreis umgelegt, 4 Euro pro Kwh bedeutete [3].
Glaubt jemand, dass in Deutschland irgend ein neues Nuklear-Projekt politisch durchsetzbar wäre, wenn schon gegen jedes harmlose Windrad eine Bürgerinitiative mobil macht (“not in MY backyard”)? Entsprechend wurde die Wahl des Standorts für ein Endlager bis frühestens 2046 verschoben, wohl eher 2068 [4]. Die Enkel werden uns verfluchen.
Fazit: Weiter Kernenergie zu fördern bedeutet ein totes Pferd zu reiten.
Auf der anderen Seite ist Deutschland bei dem Jahrhundert-Projekt des Umstiegs auf erneuerbare Energie trotz erbitterten Widerstands der fossilen Lobby schon weit gekommen, und für die restlichen Probleme (Netzintegration, Stromschwankungen usw.) gibt es Lösungen, sogar ohne Erdgas [5].
[1] The Guardian, Electricity consumers ‘to fund nuclear weapons through Hinkley Point C’, 12.10.2017
[3] Manager Magazin, Die teuerste Haftpflicht-Police der Welt, 11.5.2011
[4] TAZ, Atomendlager nicht vor 2046, 13.11.2022
[5] DIW Studie, 100% erneuerbare Energie für Deutschland…, 2011
9. Leserbrief
Moin,
völlig unbeeindruckt vom Wahlkampf habe ich heute folgende Meldung [1] gelesen:
“Durch die Verstaatlichung des Energiekonzerns Uniper SE ebenfalls im Zusammenhang mit der durch das Sanktionsregime ausgelösten Energiekrise in Deutschland ist die Bundesrepublik zur Eigentümerin von drei Kernkraftwerken in Schweden geworden. Sie unterhält dort nicht nur Kernkraftwerke, sondern treibt auch die Entwicklung von Kernreaktoren neuen Typs voran.”
Der Treppenwitz der Bundestagswahl 2025: Deutschland besitzt bereits Kernkraftwerke! Nur nicht in Deutschland.
Es ist kein Geheimnis, daß Kernkraft in der Lage ist, die Grundlast zu tragen, die sonst mit anderen fossilen Brennstoffen erzeugt werden muß, vor allem bei Dunkelflauten. Da können auch die Gigawatt-großen Ausbauten bei Solarenergie nicht darüber hinwegtäuschen, daß beispielsweise nachts nun einmal die Sonne eben nicht scheint — Kernkraftwerke tun ihren Dienst 24/7, zu jeder Uhrzeit; wie übrigens auch andere Kraftwerke, die nicht von Wind & Sonne oder Wasser abhängig sind.
Sie führen in Ihrem Artikel aus, welche Fehlkalkulationen es nicht nur beim Baupreis, sondern auch den Zeitplänen gibt. Nun könnte man meinen: nicht schlimm, solange im Land noch viele andere Kernkraftwerke stehen. Dann ist es mit einem Neubau auch nicht so dringend. Ganz anders dagegen in Deutschland, denn hier verrichtet kein einziges AKW mehr seinen Dienst, die Grundlast muß komplett anders erzeugt werden.
Nicht verstanden habe ich, warum Atomstrom den Strompreis in die Höhe schnellen lassen sollte: da sie die Grundlast tragen und das Merit-Order-Prinzip erst beim Zuschalten von etwa Gaskraftwerken zum Tragen kommt, um das Netz stabil halten zu können, wie soll das dann die Rechnung erhöhen? Sie schreiben ja selbst, daß sogar noch im Jahr 2023, als die letzten AKWs noch am Netz waren, der Gaspreis höher lag. Das Merit-Order-Prinzip besagt doch, daß die teuerste Energieerzeugung ausschlaggebend für den Strompreis ist, oder habe ich das falsch verstanden?
Stichwort regenerative Energien: Windräder haben nur eine begrenzte Lebensdauer und können am Ende nicht einmal recycelt werden, sondern deren Rotoren landen auf Sondermülldeponien, welche den Boden verseuchen (was sie ohnehin schon zur Laufzeit machen, etwa durch den permanenten Abrieb ihres Oberflächenmaterials, das im Verdacht steht, wie Asbest zu wirken und ganze Landstriche um sich herum unfruchtbar zu machen bis hin zur Grundwasserverseuchung). Die passende Frage an dieser Stelle wäre, welche Energieerzeugungsart man am besten dauerhaft einsetzen sollte, die nicht nur für günstige Strompreise sorgt (dann müßte man auch das Merit-Order-Prinzip einstampfen), sondern auch die Umwelt nicht (nachhaltig) schädigt. Die von Windrädern abgeriebenen Materialien bauen sich faktisch nicht in der Umwelt ab und landen am Ende auf unseren Tellern. Atomstrom & Windenergie fallen aus dem umwelttechnischen Aspekt schonmal komplett raus.
Zum Schluß noch einmal Bezug auf den RT-Artikel: LNG-Import von russischem Gas ist NICHT verboten! Es ist nur deutlich teurer als Pipelinegas. Deutschland bezieht nach wie vor russisches Gas über Tanker, die in Frankreich andocken.
Was die Parteien dazu sagen, ist mir im Grunde relativ wurscht: wir wissen alle, daß nach dem Wahlkampfgetöse nicht viel herum kommen wird außer die übliche Korruption, bei welcher Staatsbedienstete fragwürdige Projekte für private Unternehmen ins Leben rufen (Stuttgart 21 existiert noch immer!). Warum dann nicht auch einen AKW-Bau über Jahre, der am Ende das 10-fache kostet? Hauptsache, es wurde erfolgreich Steuergeld in die Gewinne von Unternehmen “investiert”, der Nutzen für die Gesellschaft ist irrelevant.
Mit freundlichen Grüßen,
Michael Schauberger
Verweise:
[1] https://de.rt.com/inland/234729-import-von-fluessiggas-aus-russland/
10. Leserbrief
- multipolar-magazin.de/artikel/pflugbeil-interview-teil-1
- multipolar-magazin.de/artikel/pflugbeil-interview-teil-2
Sehr geehrter Herr Berger,
in Ergänzung zu Ihrem Artikel empfehle ich das zweiteilige Interview von Sebastian Pflugbeil (siehe links oben). Vor allem der Hinweis auf die Unversicherbarkeit von Kernkraftwerken sollte dem Bürger die Augen öffnen.
Viele Grüße
Steffen Leuschke
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