Drittes Rezessionsjahr in Folge: Sieht Minister Habeck auch eigene Fehler, die zu dieser Entwicklung führten?

Drittes Rezessionsjahr in Folge: Sieht Minister Habeck auch eigene Fehler, die zu dieser Entwicklung führten?

Drittes Rezessionsjahr in Folge: Sieht Minister Habeck auch eigene Fehler, die zu dieser Entwicklung führten?

Florian Warweg
Ein Artikel von: Florian Warweg

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) erwartet auch für 2025 ein erneutes Schrumpfen der Wirtschaftsleistung. Die Stimmung sei „miserabel“. Eine in der Geschichte der Bundesrepublik einmalige Negativ-Dynamik. Die NachDenkSeiten wollten vor diesem Hintergrund wissen, ob Wirtschaftsminister Habeck diese Einschätzung teilt, denn im Oktober 2024 hatte er noch im Rahmen der „Herbstprojektion“ erklärt, dass ab Anfang 2025 alles besser werde. Ebenso kam die Frage auf, ob der Minister auch eigenes Verschulden bei der aktuellen Krise sieht oder noch immer vor allem „externe Faktoren“ dafür verantwortlich macht. Von Florian Warweg.

Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 29. Januar 2025

Frage Warweg
Der BDI, der Bundesverband der Deutschen Industrie, hat am 28. Januar erklärt, er rechne für 2025 mit einem dritten Rezessionsjahr. Das wäre in der Geschichte der Bundesrepublik eine ziemlich einmalige Negativdynamik. Herr Habeck stellt, wie Sie schon erwähnt haben, den Jahreswirtschaftsbericht nicht hier vor. Deswegen die Frage an Sie, Herr Haufe: Teilt der Minister, teilt das BMWK die negative Einschätzung des BDI?

Ich erinnere mich daran, dass Herr Habeck noch bei der Vorstellung der Herbstprojektion hier im Saale im Oktober 2024 – die hat der Minister ja noch abgehalten – erklärt hat, dass ab Anfang 2025 alles besser werde.

Haufe (BMWK)
Der Minister hat in den letzten Tagen und Wochen deutlich gemacht, dass wir uns unter anderem in einem wirtschaftlich sehr schwierigen globalen Umfeld bewegen und er deswegen natürlich Korrekturen an der Erwartung zum Bruttoinlandsprodukt vornehmen muss. Er wird jetzt gerade noch einmal darlegen, dass wir für das Jahr 2025 von einem Zuwachs in Höhe von 0,3 Prozent ausgehen und für 2026 von 1,1 Prozent. Er wird auch noch einmal darlegen, wo wir die Inflation sehen, 2025 bei 2,2 Prozent und bei 1,9 Prozent im Jahr 2026. Es gibt also deutliche Rückgänge gerade bei der Inflation. Auch wenn das bei manchen Preiskategorien gerade im Lebensmittelbereich jetzt nicht spürbar ist, sind das trotzdem die Erwartungen. Insofern teilt er sicherlich die Auffassung, dass sich Deutschland nur sehr langsam aus der Stagnationsphase befreien kann.

Gleichzeitig hat er mehrfach darauf hingewiesen, dass es wegen der auch schon erwähnten strukturellen Herausforderung, vor denen wir schon seit einiger Zeit stehen, natürlich ein wesentlich stärkeres, auch politisches Engagement in verschiedenen Bereichen braucht. Dafür hat er unterschiedliche Vorschläge gemacht. Ich will sie hier jetzt nicht weiter erläutern; sie sind allseits bekannt. Aber Sie wissen auch, in welcher politischen Situation wir gerade stecken. Er kann jetzt nicht mit weiteren Maßnahmen weiter voranschreiten, auch wenn er es gerne möchte und diese für geboten hält.

Zusatzfrage Warweg
Herr Habeck hat ja die Tendenz – nicht nur er, aber er im Besonderen -, für die negative Wirtschaftsentwicklung fast ausschließlich externe Faktoren, insbesondere Russland, verantwortlich zu machen. Vor dem Hintergrund würde mich interessieren, ob der Minister auch eigenes Verschulden für die aktuelle und anhaltende Wirtschaftskrise sieht. Wenn ja, was wären die konkreten Punkte?

Haufe (BMWK)
Diese Darstellung weise ich ganz klar zurück. Der Minister macht überhaupt nicht ausschließlich externe Gründe verantwortlich.

Zusatz Warweg
„Fast“ hatte ich gesagt.

Haufe (BMWK)
Er macht auch nicht vor allem und im Besonderen den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine als Hauptmerkmal der Krise fest. Es mag sein, dass Sie das nicht intendieren, aber ich will trotzdem diesen Eindruck widerlegen. Das ist nicht der Fall.

Wir sehen einerseits kurzfristige Ursachen. Dazu gehört ganz klar eine anhaltende Investitionszurückhaltung. Wir haben ein schwaches Konsumverhalten. Wir verzeichnen ausbleibende Exportimpulse. Sie wissen, dass die deutsche Wirtschaft weiterhin stark exportorientiert ist. Gleichzeitig haben wir eine global sehr komplizierte Wirtschaftslage mit einer durchaus herausfordernden geopolitischen Situation. Das wirkt sich natürlich auch auf Exporte aus. Die Investitionszurückhaltung hatte ich schon genannt, die unterschiedliche Ursachen hat. Natürlich sind es auch die Energiepreise und die Situationen, die wir durch die Energiepreise haben, wobei wir in diesem Bereich durch die verschiedenen Maßnahmen, die wir in den letzten drei Jahren erreicht haben, ja gerade eine Stabilisierung hinbekommen haben.

Andererseits geht es aber um die strukturellen Herausforderungen. Wir haben einen starken demografischen Wandel. Wir stehen davor, dass wir die Wirtschaft kohlenstofffrei bekommen müssen, wenn wir das Pariser Klimaabkommen erfüllen wollen, und das wollen wir. Das heißt, die Dekarbonisierung ist eine ordentliche Herausforderung. Das heißt, dass Investitionen in diesem Bereich laufen müssen. Zum Teil geht die Wirtschaft da hinein, aber teilweise hält sie sich da eben auch zurück. Wir haben auch eine Menge vernachlässigter Standortfaktoren. Das ist ein klares Bildungsdefizit, auch ein Ausbildungsdefizit, Probleme in der Ausbildung; das wird der Minister heute auch benennen. Wir haben in bestimmten Bereichen viel zu viel Bürokratie angehäuft. Das hat der Minister immer wieder als eine der klaren Ursachen für Investitionszurückhaltung dargelegt, auch für Unsicherheit, die in der Wirtschaft vorhanden ist.

Insofern ist das eine breite Palette verschiedener Ursachen, die der Minister immer wieder auch in ihrer Breite dargelegt hat.

Zusatzfrage Warweg

Vielen Dank für die detaillierten Ausführungen, die allerdings ziemlich komplett an meiner Frage vorbeigingen. Meine Frage war, ob der Minister auch Aspekte sieht, wo er selbstkritisch sagt: „Das geht auf fehlerhaftes Verhalten oder Agieren von mir und der Bundesregierung zurück“?

Haufe (BMWK)

Der Minister ist generell dazu bereit, kritisch zu schauen, was in seinem politischen Handeln jeweils gewirkt oder nicht gewirkt hat. Gerade im Bereich des Bürokratieabbaus hat der Minister immer wieder auch darauf hingewiesen, dass natürlich auch sein Haus in der Pflicht steht, bürokratische Hürden abzubauen und gerade auch bei sich nachzuschauen, wo Schwachstellen sind, die wir selbst als Ministerium zu verantworten haben. Das ist ein Beispiel für einen Bereich, in dem er immer wieder auch selbstkritisch auf Entwicklungen hingewirkt und auch immer wieder gesagt hat: Wir können bestimmte Neuregelungen, die wir machen, nur dann nachvollziehen oder umsetzen, wenn sie unbürokratisch laufen und wenn sie für Unternehmen einfach zu handhaben sind.

Schauen Sie auch auf den Bereich des Lieferkettengesetzes. Auch dort hat der Minister immer wieder kritisch Initiativen ergriffen – der Prozess läuft noch -, wie man eine Regelung finden kann, die die Unternehmen betrifft, die wirklich davon abhängen, wirklich in diesem Bereich agieren müssen und die Sicherheiten des Lieferkettengesetzes auch brauchen.

Insofern kann ich sagen, dass der Minister an vielen Stellen immer wieder kritisch schaut, wo er selbst an seinem politischen Engagement eventuell etwas korrigieren muss.

Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 29.01.2025