Der deutsche Botschafter in Georgien, Peter Fischer, bezeichnet die im Dezember 2024 abgewählte Ex-Präsidentin Georgiens, Salome Surabischwili, noch immer offiziell als amtierend. Auf der Länder-Seite des Auswärtigen Amtes wird ebenfalls nach wie vor (Stand 27. Januar) auf sie als amtierende Präsidentin verwiesen. Auf eine Frage des BSW, wen Deutschland derzeit als Präsidenten Georgiens betrachtet, verwies die Bundesregierung hingegen auf den am 14. Dezember 2024 neugewählten Präsidenten Micheil Kawelaschwili. Die NachDenkSeiten wollten vor diesem Hintergrund wissen, auf welcher völkerrechtlichen Grundlage die Botschaft in Tiflis die abgewählte Präsidentin noch immer als amtierend anerkennt und wie sich der Widerspruch in der Antwort an das BSW erklärt. Von Florian Warweg.
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Hintergrund: „Es war mir eine Ehre …“
Am Mittwoch, dem 15. Januar 2025, ziemlich genau einen Monat nach der Wahl des neuen georgischen Präsidenten Micheil Kawelaschwili am 14. Dezember 2024, veröffentlichte der deutsche Botschafter in Georgien, Peter Fischer, auf seinem offiziellen X-Account folgende Meldung:
„Es war mir eine Ehre, Präsidentin Surabischwili und den (SPD-)Abgeordneten Michael Roth willkommen zu heißen. Wir sprachen darüber, wie Georgien seine derzeitige Doppelkrise überwinden kann – sowohl innerhalb des Landes als auch in seinen Beziehungen zu Deutschland, Europa und anderen. Ich versicherte Präsidentin Surabischwili, dass Deutschland für Georgien ein verlässlicher Freund bleiben wird.“
It was an honor to welcome President @Zourabichvili_S & MP @MiRo_SPD. We talked about how 🇬🇪 can overcome its current double crisis – inside the country as well as in its relationship to 🇩🇪, 🇪🇺 & others. I assured President Zourabichvili that 🇩🇪 will stay a reliable friend to 🇬🇪. pic.twitter.com/lCC6oEXhwf
— Peter Fischer (@Diplo_Peter) January 15, 2025
Zweimal betont der deutsche Botschafter in seiner Stellungnahme den Status der einen Monat zuvor abgewählten Präsidentin als amtierend. Auch auf der offiziellen Seite des Auswärtigen Amtes zu Georgien wird bis auf den heutigen Tag (Stand 27. Januar, 10 Uhr) auf Surabischwili als angeblich noch immer amtierende Präsidentin des südkaukasischen Landes verwiesen.
Besonders auffallend, die aktuelle Präsidentschaftswahl vom 14. Dezember 2024 wird dort mit keinem Wort erwähnt:
Nur einen Tag später, am 16. Januar, erhält der BSW-Abgeordnete Andrej Hunko auf seine Anfrage, wer nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell Präsident von Georgien ist, folgende Antwort unter Verweis auf die Wahl vom 14. Dezember:
„Am 29. Dezember 2024 zog Micheil Kawelaschwili, der von der Wahlversammlung am 14. Dezember gewählte Kandidat des „Georgischen Traums“, in den Amtssitz des georgischen Präsidenten ein.“
„Volles Chaos“
Auf Anfrage, wie Hunko als Initiator der Anfrage die Antwort des Auswärtigen Amtes bewertet, erklärt der BSW-Abgeordnete gegenüber den NachDenkSeiten:
„Entweder hat die Außenministerin Baerbock ihr Amt nicht im Griff und in ihrem Haus herrscht volles Chaos, so dass der deutsche Botschafter in Georgien in seiner Kommunikation dem eigenen Staatssekretär offen widerspricht. Oder ist es ein gezielt organisierter Nebelvorhang, der der westlichen Regime-Change-Strategie für Georgien dienen sollte.“
Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 22. Januar 2025
Frage Warweg
Herr Fischer, Thema Georgien: Am 15. Januar 2025 hat Ihr Nachnamensvetter, der deutsche Botschafter in Georgien, Peter Fischer, die abgewählte Ex-Präsidentin Surabischwili noch offiziell als aktuelle Präsidentin Georgiens bezeichnet. Auf der Länderseite des AA wird sie ebenfalls noch, Stand 22. Januar, als Präsidentin bezeichnet, und der 28. November 2018 wird als angeblich letzte Wahl genannt. Die Präsidentschaftswahl am 14. Dezember 2024 wird völlig ignoriert.
Könnten Sie uns vor diesem Hintergrund kurz erläutern, auf welchem verfassungsgemäßen und völkerrechtlichen Grundplan die Bundesregierung nach wie vor die abgewählte Ex-Präsidentin als amtierend bezeichnet?
Fischer (AA)
Das müsste ich Ihnen einfach nachreichen.
Zusatzfrage Warweg
Dann noch eine Verständnisfrage – auch auf das Risiko hin, dass das auch nachgereicht wird:
Auf eine aktuelle Anfrage des BSW, wer nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell Präsident von Georgien ist, antwortete das Auswärtige Amt am 16. Januar – ich zitiere ganz kurz -: Am 29. Dezember 2024 zog Micheil Kawelaschwili, der von der Wahlversammlung am 14. Dezember gewählte Kandidat des Georgischen Traums, in den Amtssitz des georgischen Präsidenten ein.
Da würde mich interessieren: Wieso antworten Sie dem BSW mit Verweis auf den aktuell gewählten Präsidenten, aber der deutsche Botschafter in Georgien und die Seite des AA sehen noch die abgewählte Präsidentin als amtierende Präsidentin?
Fischer (AA)
Dann halten wir doch einmal verschiedene Dinge fest.
Das Erste ist: Sie haben Ihre Antwort aus der parlamentarischen Anfrage. Das heißt, zu dem Thema müssen wir nichts nachreichen.
Das Zweite ist: Die Webseite des Auswärtigen Amts wird in regelmäßigen Abständen aktualisiert. Das hat offensichtlich noch nicht stattgefunden. Denn selbstverständlich würden dort ähnliche Dinge stehen, wie wir in der parlamentarischen Anfrage geantwortet haben.
Zusatzfrage Warweg
Die Problematik bleibt ja bestehen. Am 15. Januar 2025 erklärt der deutsche Botschafter in Georgien die Ex-Präsidentin zur noch amtierenden Präsidentin; einen Tag später sagen sie dem BSW, sie erkennen de facto den neu gewählten Präsidenten an. – Der Widerspruch wird sich auch Ihnen erschließen.
Fischer (AA)
Offensichtlich gibt es ja eine zeitliche Abfolge.
Im Übrigen: Sehen Sie es mir nach, ich kenne nicht jedes einzelne Statement unserer Auslandsvertretungen.
Wie gesagt: Das, was in der Antwort der parlamentarischen Frage an den BSW steht, ist leitend für das Auswärtige Amt.
Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 22.01.2025