Die sogenannte Sicherheitskonferenz: Mit Sicherheit in den Abgrund

Die sogenannte Sicherheitskonferenz: Mit Sicherheit in den Abgrund

Die sogenannte Sicherheitskonferenz: Mit Sicherheit in den Abgrund

Ein Artikel von Bernhard Trautvetter

Vom 14. bis 16. Februar findet im Hotel ›Bayerischer Hof‹ in der weiträumig abgesperrten Innenstadt Münchens die diesjährige sogenannte Sicherheitskonferenz (SiKo,) statt. Tausende Polizisten des Landes Bayern und des Bundes, unterstützt u.a. durch Helikopter-Observation, sorgen dafür, dass Waffenhändler, Konzernchefs, Kriegsstrategen, Militärs und Politiker aus aller Welt die Militarisierung der Weltpolitik am Rande des Abgrunds möglichst ungestört forcieren können. Von Bernhard Trautvetter.

Das Konferenz-Geschehen erinnert an die warnenden Worte von US-Präsident Eisenhower in seiner Abschiedsrede, die er vor etwa 64 Jahren hielt (17.1.1961). Er empfahl, dass „wir uns davor hüten, dass der militärisch-industrielle Komplex einen ungerechtfertigten Einfluss erringt, …. Das Potenzial für den verhängnisvollen Aufstieg einer fehlgeleiteten Macht existiert …“ (Übersetz.: B.T. )

Wovor Eisenhower damals warnte, das wird jetzt u.a. auch wieder in München sichtbar: Laut Programm geht es auf der ‚Sicherheitskonferenz‘ 2025 um „zentrale Aspekte der globalen Verteidigungs- und Sicherheitspolitik“. Demzufolge wird hier eine den gesamten Globus umspannende Militärstrategie der Kontrolle des Weltgeschehens durch den politischen Westen unter dem verschleiernden Titel ›Sicherheitspolitik‹ entwickelt und verfeinert.

Vertreter Russlands, Chinas und des Iran sind schon seit Jahren nicht nach München zur Beratung der globalen Sicherheit eingeladen. Die Konfrontation mit NATO-Gegnern unter dem Begriff ‚Sicherheit‘ laufen zu lassen, das ist eine Täuschung, die den Menschen Sand in die Augen streuen soll. Dieses Jahr ist der kürzlich aus dem Amt geschiedene Generalsekretär der NATO, Jens Stoltenberg, Vorsitzender der Konferenz. Das legt nahe, dass die „Sicherheitskonferenz“ auf die NATO-Linie der Spannungs-Eskalation gegenüber den zwei Atommächten Russland und China ausgerichtet ist – dabei ist eine der sich stellenden Fragen: Um wessen Sicherheit geht es hier?!

Der Begriff „Sicherheit“ ist für die Militär-Lobby attraktiv, da er weniger Widerstand im kritischen Bewusstsein hervorruft, als der Begriff der (nuklearen) Abschreckung. Ihre ‚Abschreckungs‘-Strategie beschreibt die NATO selbst so:

Atomwaffen bilden seit der Gründung der NATO die Grundlage für die kollektive Verteidigung der Allianz. Seit über 70 Jahren dienen sowohl die unabhängigen nuklearen Kräfte der NATO-Atomwaffenstaaten – der USA, des Vereinigten Königreichs und Frankreichs – als auch die in Europa stationierten US-Atomwaffen zur Abschreckung für das Bündnis und Rückversicherung der Alliierten.“

Diese Strategie steht in direktem Gegensatz zu den Sicherheitsinteressen der Menschheit, wie sie die Staaten in der Agenda 21 der UNO-Umweltkonferenz in Rio 1992 vereinbart hatten:

„… Wir erleben eine zunehmende Ungleichheit zwischen Völkern und innerhalb von Völkern, eine immer größere Armut, immer mehr Hunger, Krankheit und Analphabetentum sowie eine fortschreitende Schädigung der Ökosysteme, von denen unser Wohlergehen abhängt. Durch eine Vereinigung von Umwelt- und Entwicklungsinteressen und ihre stärkere Beachtung kann es uns jedoch gelingen, … einen größeren Schutz und eine bessere Bewirtschaftung der Ökosysteme und eine gesicherte, gedeihlichere Zukunft zu gewährleisten. Das vermag keine Nation allein zu erreichen, während es uns gemeinsam gelingen kann: in einer globalen Partnerschaft, die auf eine nachhaltige Entwicklung ausgerichtet ist.“

Dem zufolge verlangt eine reale Sicherheitspolitik den Aufbau der in der Agenda 21 geforderten globalen Kooperation möglichst aller Staaten zur Abwendung der ökologischen, militärischen und sozialen Zukunftsgefährdungen. Wir haben es hier mit einer von Verantwortungsträgern sicher beabsichtigten Orwell’schen Sprachverdrehung zu tun: „Sicherheit“, die gegen einen Feind militärisch beabsichtigt und aufgestellt wird, verhindert schon im Ansatz die von der Weltgemeinschaft verlangte, weil zur Überlebenserfordernis gewordene ‚globale Partnerschaft‘.

Der Nordatlantik(!)-Pakt dehnt aktuell sein Einsatzgebet immer weiter bis in den Pazifik aus, so in Richtung Chinesisches Meer: Auf NATO-Gipfeln der letzten Jahre waren Japan, Süd-Korea, Neuseeland und Australien mit einbezogen. Da passt dazu, dass die USA über 800 Militärbasen vor allem rund um die Landmasse von Russland und China betreiben. Diese Summe umfasst über 90 Prozent der Militärbasen, die die Staaten aller Kontinente außerhalb ihres Territoriums haben.

Die außenpolitische Doktrin der USA zielt darauf ab, ihre Stellung als einzige militärische Supermacht aufrechtzuerhalten. Die Alternative zwischen Überleben einer kooperativ handelnden Menschheit und einer Hegemonie der als Ordnungsmacht operierenden USA mit der NATO im Rücken heißt für die Münchner SiKo, die globalen Spannungen zu steigern und der Rüstungsindustrie eine goldene Zukunft zu verheißen. Bereits jetzt tätigt die NATO deutlich mehr Rüstungsausgaben als alle Staaten und -Bündnisse weltweit.

Im Sinn der Agenda 21 forderte der russische Präsident Putin auf der ‚Sicherheitskonferenz‘ 2007 eine Konzeption einer Friedensordnung, der die Sicherheit für alle zugrunde liegt. Er warnte, dass die Alternative zu dieser Konzeption eine Steigerung der Spannungen und der Kriegsgefahr bedeutet.

Demgegenüber forderte der damalige Bundespräsident Gauck auf der ‚Sicherheitskonferenz 2014‘, Deutschland solle mehr auch militärische Verantwortung in der Welt übernehmen. Auf der ‚Sicherheitskonferenz‘ 2019 erklärte Frau von der Leyen Russland zur Bedrohung für die ‚freie Welt‘. Sie plädierte für ein Zusammenwirken der EU und der NATO als Antwort auf die damit verbundenen Bedrohungs-Szenarien.

Auf der sogenannten Sicherheitskonferenz 2022, wenige Tage vor der Invasion Russlands in die Ukraine, kritisierte Wolodymyr Selenskyj das Budapester Memorandum, mit dem die Ukraine auf Atomwaffen verzichtete und forderte die Aufnahme der Ukraine in die NATO, obwohl dies dem europäischen Vertragswerk widerspricht.

Das Anti-Siko-Bündnis ruft auch dieses Jahr wieder zum Protest gegen die ‚Sicherheitskonferenz‘ führender Kräfte des militärisch-industriellen Komplexes auf. Zitat aus dem Aufruf für die Friedensdemonstration am Samstag, dem 15. Februar dieses Jahres in der Münchner City:

Vom 14. bis 16. Februar 2025 findet die ‚Münchner Sicherheitskonferenz‘ statt. Wieder treffen sich Waffenhändler, Konzernchefs, Kriegsstrategen, Militärs und Politiker aus aller Welt im Hotel Bayerischer Hof. Dabei geht es ihnen nicht um die Sicherheit und das friedliche Zusammenleben der Menschen, sondern um ihre eigenen Machtpositionen und die Sicherung des Kapitals.“

Die Initiatoren der Demonstration fordern:

Waffenstillstand und Verhandlungen zur Beendigung aller Kriege. Keine Waffen in die Ukraine, nach Israel und in die Türkei. Stopp aller Waffenexporte. Für einen gerechten Frieden im Nahen Osten. Keine Unterstützung des Genozids in Palästina durch die Bundesregierung. Schutz der Zivilbevölkerung und Einhaltung des humanitären Völkerrechts. Keine Zusammenarbeit mit Kriegsverbrechern und Völkermördern. Kriegstreiber vor Gericht. Keine Stationierung von Mittelstreckenraketen in Deutschland. Keine nukleare Teilhabe. Keine Beteiligung an Kriegen und keine Auslandseinsätze der Bundeswehr. Straffreiheit für Whistleblower. Bleiberecht für Kriegsdienstverweigerer und Deserteure. Nein zur Wehrpflicht. Bundeswehr raus aus Schulen und Universitäten. Geld für Bildung, Soziales, Umwelt- und Klimaschutz. Abrüstung statt Aufrüstung. Soziales rauf, Rüstung runter. Gegen die europäische Abschottungspolitik.“

Diese Friedensdemonstration ist dieses Jahr besonders wichtig, da die sogenannte Sicherheitskonferenz mit ihren doppelten Standards, mit Halbwahrheiten und mit ihrer Desinformation in die Schlussphase des Bundestagswahlkampfes hineinwirken wird.

In einer Phase existenzieller Überlebensgefährdungen für organisiertes menschliches Leben ist es das Gebot der Epoche, die Fake-News über existenzielle Fragen durch (Gegen-)Aufklärung sowie durch eine friedensökologische und damit auch soziale Sicherheitspolitik zu überwinden.

Titelbild: MSC / Hildenbrand