Seit 13 Jahren vertrete ich als Verfahrensbeiständin Kinder und Jugendliche vor Familiengerichten. Meine Aufgabe ist es, die Interessen und Bedürfnisse von Kindern in Verfahren zu vertreten – manchmal auch gegen die Vorstellungen der Eltern. Salopp gesagt bin ich eine „Anwältin für Kinder“, unabhängig und ausschließlich dem Kindeswohl verpflichtet. Diese Aufgabe ist wichtig und erfüllend, aber auch herausfordernd. Von Karin Steinberg.
Doch diese essenzielle Arbeit wird zunehmend erschwert: Die Vergütung der Verfahrensbeistände ist seit 2009 unverändert. Während andere Akteure (Sachverständige, Berufsbetreuer etc.) im familiengerichtlichen Umfeld in den letzten Jahren Erhöhungen ihrer Stundensätze bzw. Pauschalen erhalten haben, stagniert die Pauschale für Verfahrensbeistände seit 16 Jahren.
Die Realität: Unveränderte Pauschalen trotz wachsender Kosten
Für eine „einfache Bestellung“ – bei dem lediglich Gespräche mit dem Kind geführt werden – erhalte ich 350 Euro brutto. Bei einer „erweiterten Bestellung“, die Gespräche mit dem Kind, Eltern und weiteren Bezugspersonen umfasst, liegt die Pauschale bei 550 Euro brutto. Dabei spielt es keine Rolle, wie viele Verhandlungen anfallen, wie oft ich mit den Beteiligten spreche oder wie viele Kilometer ich zurücklege.
Besonders problematisch: Wenn ich Dolmetscher*innen hinzuziehen muss, um mit Kindern und Eltern zu kommunizieren – ein zunehmend häufiger Fall – muss ich diese Kosten aus eigener Tasche bezahlen. Nicht selten übersteigen die Ausgaben die Einnahmen.
Währenddessen sind die Lebenshaltungskosten seit 2009 drastisch gestiegen. Die massiv gestiegene Inflation zwischen 2009 und 2024, die explodierenden Energiekosten und die gestiegenen Benzinpreise belasten Verfahrensbeistände erheblich.
Kinderrechte in Gefahr
Die Bedeutung unserer Arbeit wächst: Jährlich steigen die Fallzahlen vor Familiengerichten. Oft sind es hoch konfliktbelastete Fälle, in denen Kinder zwischen streitenden Eltern zerrieben werden. Eltern kämpfen gegeneinander um Umgangskontakte, Sorgerecht etc., während Kinderrechte häufig auf der Strecke bleiben.
Verfahrensbeistände sind oft die einzigen, die ausschließlich die Perspektive und das Wohl der Kinder einbringen. Unsere Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass Kinder nicht als „Manipulationsmasse“ genutzt werden, etwa wenn Unterhaltszahlungen und Besuchsrechte gegeneinander ausgespielt werden.
Trotz der immensen Bedeutung unserer Arbeit bleibt die finanzielle Anerkennung aus. Kolleg*innen verlassen bereits das Berufsfeld, da die wirtschaftliche Existenzgrundlage nicht mehr gegeben ist.
Ein Appell an die Politik
Der Berufsverband BVEB e.V. hat sich bereits an das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gewandt, doch bislang bleiben die Forderungen nach einer angemessenen Vergütungserhöhung unbeantwortet.
Wenn weiterhin keine Anpassung erfolgt, droht eine Verschärfung der Lage: Immer mehr Verfahrensbeistände werden aufgeben müssen, und Kinder laufen Gefahr, vor Gericht ohne ihre wichtige Stimme dazustehen.
Setzen Sie sich für Kinder ein!
Helfen Sie mit, die Situation zu ändern! Kinder brauchen eine starke Vertretung vor Gericht, und Verfahrensbeistände dürfen nicht länger finanziell ausgeblutet werden. Es ist höchste Zeit, dass die Politik die Arbeit für das Kindeswohl nicht nur rhetorisch unterstützt, sondern auch finanziell anerkennt.
Gemeinsam können wir verhindern, dass Kinder vor Familiengerichten alleine gelassen werden.
Titelbild: Jo Panuwat D / Shutterstock