Leserbriefe zu „Warum befindet sich die westliche Demokratie in der Krise?“
In diesem Beitrag diskutiert Jens Berger über den Zustand westlicher Demokratien. Hingewiesen wird u.a. auf die vom Unternehmen Morning Consult Anfang Dezember letzten Jahres in 27 Ländern ermittelten Zustimmungswerte. In keinem einzigen größeren westlichen Land komme der jeweilige aktuelle Regierungschef auf positive Zustimmungswerte. Demokratie lebe vom Widerspruch und es sei per se nicht problematisch, dass in einigen Ländern zu einigen Zeiten die Regierungen eher unbeliebt sind. Wenn jedoch in allen Ländern zu allen Zeiten die Regierungen unbeliebt seien, sei dies eine Legitimationskrise des Systems. Wir haben hierzu zahlreiche und interessante E-Mails erhalten. Danke dafür. Es folgt nun eine Auswahl der Leserbriefe, die Christian Reimann für Sie zusammengestellt hat.
1. Leserbrief
Guten Tag Herr Berger,
mit Ihrem Artikel „Warum befindet sich die westliche Demokratie in der Krise?“ legen Sie den Finger in die Wunde. Gerade werden unsere Leitmedien von meinem ätzenden Spot bedacht, die sich über den zukünftigen POTUS Trump echauffieren, der sich mit imperialer Übergriffigkeit den Nationen Kanada und Grönland widmet. Die Übergriffigkeit der USA gegenüber Deutschland, die für mich mit der Sabotage der Nord-Stream-Pipelines ihre klarste Ausprägung vorweist, wird allerdings ignoriert. Wer sich die Hose mit der Kneifzange anzieht, mag den offiziellen Verlautbarungen und der vierten Gewalt in Form unserer Leitmedien folgen; jeder mündige Bürger fühlt sich von Seymour Myron „Sy“ Hersh abgeholt. Immer mehr Bürger unseres Landes wenden sich ab, was ihnen offiziell präsentiert wird. Die steigende Wahlbeteiligung, das Erstarken der AfD und die erfolgreiche Gründung des BSW sind für mich Indizien. Wir Wessis sind erstmals Teilnehmer des Experiments einer ungewissen Reise. Die Ossis wurden mit dem Untergang der DDR vor 35 Jahren gewendet. Damals wurde von den Entscheidungsträgern der DDR, so lange es ging, an einer Fiktion festgehalten, bis das Soufflé, Entschuldigung der Arbeiter-und-Bauern-Staat in sich zusammenfiel. Der sowjetische Diplomat Gennadi Iwanowitsch Gerassimow fand auf einer Pressekonferenz anlässlich des Staatsbesuchs in der DDR am 7. Oktober 1989 hierfür die weltberühmten lakonischen Worte „Those who are late will be punished by life itself.“
Das Hinwenden zum Autoritarismus zwecks Aufrechterhaltung der bisherigen Verhältnisse dürfte nicht von Erfolg gekrönt sein. Exemplarisch steht für mich Dr. Robert Habeck. Die einen sehen in ihm die Lichtgestalt, mir wird bei ihm ganz anders. Ich ahne, er wird in die Geschichte eingehen, wie es ihm nicht gefällt.
Zum Ende möchte ich noch an den Redeausschnitt Erich Fritz Emil Mielkes erinnern. Am 13. November 1989 sprach er zum ersten und einzigen Mal vor der DDR-Volkskammer.
https://www.youtube.com/watch?v=1XBEqyu5Mck
Irgendwann ist die Kluft zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung unüberbrückbar.
Liebe Grüße
Jan Schulz
2. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Berger,
vielen Dank für Ihre unermüdliche Arbeit. Nachstehend meine Meinung zu dem Thema.
Die aufgezählten Faktoren für die Legitimationskrise der Demokratie erscheinen mir (leider!!!) durchaus richtig, es fehlt jedoch noch ein wichtiger Punkt, nämlich die folgenlose Lügerei der Parteien und Politiker. Parteiprogramme und besonders Wahlprogramme sind doch meist nicht das Papier wert auf dem sie gedruckt sind, denn sie scheinen völlig unverbindlich zu sein, – wie soll sich der Wähler da orientieren?
Wenn er sich erst einige Male verklappst gefühlt hat, wird das der Demokratie sicherlich nicht dienlich sein.
Heidemarie Wegener
3. Leserbrief
Lieber Herr Berger,
Sie schreiben an einer Stelle von der “Rückkehr der Klassengesellschaft”.
Bitte sagen Sie mir doch mal, zu welcher Zeit, es diese im sog. Westen nicht gab. Wenn etwas zurückkehrt, muss es ja mal abwesend gewesen sein…
Beste Grüße von Ihrem Leser l. Drechsel
Anmerkung Jens Berger: Lieber Herr Drechsel,
Klassen hatten wir freilich immer, nur dass sie vor wenigen Jahrzehnten deutlich weniger ausgeprägt und vor allem durchlässiger waren. Dazu habe ich in meinem „neuen“ Buch „Wem gehört Deutschland?“ zahlreiche Daten zusammengetragen.
Beste Grüße
Jens Berger
4. Leserbrief
Hallo,
würde in die Liste von Jens Berger gerne die Doppelmoral und Verlogenheit des Westens mit aufnehmen. Wer Augen im Kopf hat, kann erkennen, das es sich um Fassadendemokratien alla Mausfeld handelt.
LG
Dr. Roland Kroneder
5. Leserbrief
Lieber Herr Berger,
ich stimme den von Ihnen angeführten Punkte zu!
Aber, sie zeigen nur die systemischen Dysfunktionalitäten der derzeit bestehenden Demokratiesysteme, denn einen entscheidenden Punkt haben Sie nicht erwähnt, nämlich die strukturellen Defizienzen in den gesamtgesellschaftlichen Kommunikations- und Beteiligungsbedingungen!
Denn dass sich diese gesamtsystemischen Negativentwicklungen überhaupt de facto so ungehindert vollziehen konnten, ist eben in der eindimensionalen institutionellen und mono-strukturellen Gestaltungen der heutigen Demokratiesysteme begründet.
Die Demokratie als solche ist im Prinzip noch sehr jung und dementsprechend auch noch sehr unausgereift! Deswegen sollte es auch um eine fundamentale Weiterentwicklung der Demokratie selbst gehen!
Grundsätzlich braucht es eine grundlegende Erneuerung und Weiterentwicklung der gesamtsystemischen Rahmenbedingungen hin zu einem volldemokratischen System, das echte systemische Kommunikations- und Verwirklichungsstrukturen herstellen und garantieren kann, damit das gelebte, alltägliche, selbstbestimmte und pluralistische Denken sowie die Weiterentwicklung des Bewusstseins der Menschen auch tatsächlich die soziale Wirklichkeit konstruieren und realisieren kann.
Ein strukturell vollkommunikatives System, in dem die Lösungen für unsere existenziellen Probleme auch tatsächlich in einem echten gesamtgesellschaftlichen und herrschaftsfreien Diskurs friedlich-demokratisch ausgehandelt werden können.
Also die Antwort auf die Schlüsselfragen: Unter welchen Kommunikationsbedingungen können gesellschaftliche Debatten geführt werden? Wer kommt zu Wort, und wie können die Wortmeldungen geordnet, aufeinander bezogen und effektiv umgesetzt werden? Wie können die Menschen sachlich und friedlich, womöglich verständnis- und vertrauensvoll die Lösungen aushandeln? Und zwar indem alle Betroffenen, d.h. auch wirklich alle, zu Wort kommen?
Des Weiteren sollte dieses neue System, strukturell und institutionell, Wissen, Kompetenz, Vernunft, Sachlichkeit, Sachverstand und Integrität befördern und unterstützen, vor allem auch in Verantwortungs- und Führungsfunktionen, und, es sollte nach dem Prinzip der horizontalen Autorität funktionieren.
Deswegen trete ich auch für die Wertstufendemokratie ein, die von dem Grundlagen- und Sozialphilosophen Prof. Dr. Johannes Heinrichs bereits im Jahre 2003 entwickelt wurde und die auf der Fähigkeit des Menschen zur Selbstbezüglichkeit, Selbstreflexion und Selbstbestimmung basiert, oder treffender formuliert, direkt aus der universellen Sozialität, d.h. aus der interpersonalen Reflexion und Kommunikation des Menschen abgeleitet ist und die genannten Notwendigkeiten erfüllt.
Eine Einführung in die Wertstufendemokratie mit Literaturhinweisen und Download-Material finden Sie hier: https://www.martinbesecke.de/wertstufendemokratie.htm
Herzliche Grüße
Martin Besecke
6. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Berger,
meines Erachtens beschreiben Sie in Ihrer Liste die Erscheinungsformen der Krise völlig richtig: Grundbedürfnisse vieler Menschen werden in einer neoliberalen Gesellschaft, die die früheren Ziele wie Solidarität und Gerechtigkeit zu Gunsten des Recht des “Stärkeren” an den Rand drängt, immer mehr vernachlässigt. Die Gleichsetzung, dass deshalb die “westlich-liberale Idee” per se in der Krise steckt, halte ich jedoch für oberflächlich. Historisch hat diese Idee ohnehin keine große Tradition und war immer eingeschränkt, so hat es auch in den “liberalen” 1970er Jahren z.B. Berufsverbote gegen missliebige Andersdenkende und berufliche Schikanen gegenüber Gewerkschaftern gegeben, weshalb die “Glorifizierung der guten alten Zeit” (erkennbar z.B. auch beim BSW) mit Vorsicht zu genießen ist. Schon Bert Brecht wusste, “erst kommt das Fressen, dann die Moral”. Jede Gesellschaft, die diesen Grundsatz auf Dauer negiert, wird in eine Krise geraten. Der “westlichen Demokratie” gelingt dies seit der Dominanz des Neoliberalismus und dem Niedergang klassischer “sozialdemokratischer” Bewegungen immer weniger. Rosa Luxemburg formulierte vor über 100 Jahren die Alternative “Sozialismus oder Barbarei”. Der Sozialismus ist gegenwärtig eine z.T. diskreditierte Utopie, die Barbarei eine konkrete Bedrohung.
Freundliche Grüße
Erhard Stammberger
7. Leserbrief
Lieber Herr Berger,
Die Antwort auf die im Titel gestellte Frage geben sie selbst:
“Bei einer funktionierenden Demokratie sollte ja man eigentlich davon ausgehen, dass die Regierung mehr Anhänger als Gegner hat.”
Mit anderen Worten, Wahlen haben keinen Einfluss mehr auf die Politik. Sie sind eine nutzlose Alibiveranstaltung, Demokratie gibt es nicht mehr.
Was ist passiert? Seit 2020 (“Corona”)? Nein die ganze, globale, Geschichte ist viel älter. Seit etwa 600 Jahren bestimmt, ideologisch und militärisch, der Britische Kolonialismus, Imperialismus, die Politik des Westens. Spanien, Portugal, Frankreich, auch Deutschland, haben, unter anderer Fahne, das Gleiche getan. Klein Britannien, ehemals Groß Britannien, hat sich bis heute gehalten, als kleiner Bruder der USA, die den Stab vor etwa 100 Jahren übernommen haben.
Nun sind sie einmal rum um den Globus. Und bis auf zwei große Brocken, Russland und China, gibt es nicht mehr viel zu erobern und auszubeuten. Die “Dritte Welt” ist selbstbewusster geworden, China und Russland haben sich wirtschaftlich und militärisch emanzipiert. Ein großer Brocken, den es verschärft auszubeuten gibt, ist die eigene Bevölkerung der “Westlichen Demokratien”. Das ist das Wesen des Kapitalismus und der ihm zugrunde liegenden Gier (ich weiß, der entgleiste Kapitalismus hat nicht nur eine psychologische Basis, auch eine systemtheoretische, siehe Marx).
Zusammenfassung: Demokratie gibt es im Westen nicht mehr. Der endgültige Zusammenbruch des Systems wird von der Finanzindustrie selbst herbeigeführt. Corona, Grüne Ideologie, incl. Woken, LGTB+, etc., sind nur Verzögerungsmanöver.
Viele Grüße,
Rolf Henze
8. Leserbrief
Die Politik macht sich in diesen Ländern mit einer Wirtschaftsform gemein, deren egoistisches Erfolgsziel das Ansammeln von Kapital ist, aber eben nicht das Wohl der Menschen.
Eine Reform unserer Wirtschaft hin zu einer Gemeinwohlwirtschaft, die für die Menschen da ist, wäre doch vielleicht möglich. Denn es gibt sie ja schon (Vereine, Genossenschaften, Firmen nach gemeinwohlwirtschaftlichen Vorgaben).
Wäre dieses Thema vielleicht einmal einen Artikel auf den NDS wert?
Vielen Dank für Ihre wertvolle Arbeit!
Ulrich Kittmann
9. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Berger,
in den westeuropäischen Industriegesellschaften mit ihren repräsentativen Demokratien hat meiner Meinung nach in den letzten 40 Jahren vor allem die Bindung der Wähler an die Parteien stark abgenommen, so dass letzteren keine systemintegrierende Funktion für die Wähler mehr zukommt und in der Folge auch die Zustimmung für die Regierungschefs gesunken ist. Die Zeiten, wo Katholiken vorwiegend CDU, Arbeiter die SPD, Mittelständler die FDP wählten, sind längst vorbei. Die geforderte berufliche, wohnliche, familiäre Mobilität der Lohnabhängigen lässt sich nicht mehr vergleichen mit einer Gesellschaft, in der die Mehrheit ein ganzes Leben beim gleichen Arbeitgeber gearbeitet und mit dem gleichen Ehe-Partner/in am gleichen Wohnort zusammen gelebt hat. Solche Faktoren mindern die Integration in die gewählten staatlichen Strukturen und drücken sich dann in sinkenden Zustimmungswerten aus.
Mit freundlichen Grüssen,
Jürg Huber
10. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Berger,
allen von Ihnen aufgeführten Punkten ist gemein, dass der Durchschnittsbürger diesen Entwicklungen geradezu ohnmächtig gegenüber steht. Da hilft alles Wählen nichts. Die westliche Demokratie scheitert seit Jahren vor sich hin, da sie keine wirkliche Demokratie ist.
Wir können doch kaum Einfluss nehmen auf diese Entwicklungen und somit auch nicht darauf, wie sich unsere Gesellschaft entwickelt. Viele große Fragen sollten doch gesellschaftlich diskutiert und m. E. auch basisdemokratisch mittels Volksentscheiden entschieden und dann auch verpflichtend umgesetzt werden. Alle vier Jahre zwei Kreuze zu machen ist doch keine Teilhabe und verhindert, dass die Mehrheit der Bevölkerung gestalterisch aktiv werden kann.
Es sollte doch abgestimmt werden: Wollen wir mehr Waffenlieferungen oder Eintreten für eine Verhandlungslösung? Sollen wieder Mittelstreckenraketen in Deutschland stationiert werden? Wie soll die Aufarbeitung der Pandemie erfolgen und die Aufklärung der Anschläge auf NorthStream? Etc.
All dies hat doch Einfluss auf unser Leben und unsere Zukunft und wird derzeit von wenigen, nicht gerade selten entgegen der gesellschaftlichen Mehrheitsmeinung, entschieden.
Zudem erleben wir oft genug, dass die Elite (auch die politische) ausschließlich in die eigene Tasche wirtschaftet, Klientelpolitik betreibt und den Bürgerwillen ignoriert, was zumeist nicht nur folgenlos bleibt, sondern bisweilen mit lukrativen Posten o. ä. belohnt wird.
Es ist auch nicht von der Hand zu weisen, dass zunehmend Leute Berufspolitiker werden, die noch nie richtig arbeiten mussten und keine Ausbildung vorzuweisen haben. Das kann man der hart arbeitenden Bevölkerung doch nicht mehr vermitteln.
Da muss einen die Politik-, Demokratie- und Elitenverdrossenheit nicht mehr wundern.
Ich könnte noch viel mehr schreiben, aber ihr schreibt ja nicht umsonst seit 20 Jahren und seid immer noch nicht fertig.
Beste Grüße
Johannes Möckel
11. Leserbrief
Lieber Jens Berger,
habe mich SEHR über Ihren Artikel gefreut, weil endlich mal das Wesentliche angesprochen wird: diese „Demokratie“ ist an ihrem evolutionären Ende angekommen.
Panta rhei, und derzeit wird dieses einst fortschrittliche Gesellschaftsmodell in den orcus der Geschichte gespült.
Es reagiert mit antidemokratischen und militaristischen Methoden und diskreditiert sich dadurch weiter selbst. Seine durch Agonie induzierte Bissigkeit wird zunehmen – darauf sollten wir uns einstellen und über Bändigung der Hyänen nachdenken.
In Ihrer Aufzählung der Gründe („haben…einige Faktoren gemein, die für den Trend mitverantwortlich“ sind) fehlt mir ein wesentlicher Aspekt: der durch die NATO erzwungene Notwehrfall für Russland auf dem Territorium eines Brudervolkes ist in seiner Bedeutung jedenfalls nicht auf Osteuropa einzuschränken: russische Quellen haben von Anfang an darauf hingewiesen: „auf zum letzten Gefecht“.
Die in Kürze zu erwartenden Ergebnisse dieses tragischen Krieges werden weit mehr als regionale Bedeutung haben. Man sollte nur mal darüber nachdenken, was dieser Ausgang der Dinge für die NATO (und somit für die EU) bedeuten wird. Ob die das wohl überleben werden? „Kriege sind Lokomotiven der Geschichte“ sagte mal ein kluger Mann.
Ich meine also, dass diese Geschichte auch zu den „einige Faktoren“ gehört, nämlich der wirtschaftliche, politische, militärische Suizid des „demokratischen Westens“ infolge der Ereignisse in der Ukraine.
Liebe Grüße,
André Karutz
12. Leserbrief
Lieber Jens Berger,
erhellend, wenn Sie aufzeigen, dass westlichen Demokratien einige Faktoren gemein sind, die für den Krisen-Trend mitverantwortlich sind.
Ein ganz wesentlicher Punkt wäre dem hinzu zu fügen: Die Erkenntnis nicht weniger Menschen, dass wir gar nicht in einer echten Demokratie leben!
Die Nachdenkseiten hatten ja dankenswerterweise bereits 2017 zu den Pleisweiler Gesprächen Prof. Dr. R. Mausfeld eingeladen, der zu diesem Themenkomplex “Warum schweigen die Lämmer” referiert hatte.
Da inzwischen doch einige Lämmer nicht mehr schweigen, wäre es unbedingt notwendig die Fragen von Demokratisierung der vorherrschenden (Fassaden)Demokratie weiter zu vertiefen.
Vielleicht können Sie ja u.a. den “Demokratie-Enthusiasten” Ardalan Ibrahim
Warum ethischer Konsum völliger Unsinn ist, der nichts zur Lösung unserer heutigen Probleme beiträgt
https://www.youtube.com/watch?v=PP-Gja7BQOA
oder auch einen Kayvan Soufi- Siavash (Ken Jebsen)
dafür gewinnen.
https://www.youtube.com/watch?v=CoBkVi_U3HQ
Wünschenswert, wenn die Pleisweiler-Gespräche auch das Debattenformat lebendiger gestalten würden und über das “EineR macht einen Vortrag und hinterher gibt es ein paar Stimmen aus dem Publikum” hinaus wachsen könnten. Sozusagen eine Vor-Übung im Sinne lebendiger Demokratie. ?
Frohes Schaffen im Sinne von Friedenstüchtigkeit und würdigem Leben aller wünsche ich für 2025
Ute Plass
13. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Berger,
Ich hätte zwei Fragen zu Ihrem Artikel.
Warum bezeichnen Sie Frau Meloni als Faschistin? Was hat sie bisher getan, dass dies gerechtfertigt wäre. Hat sie Tirana bombardiert, so wie Schröder und Fischer Belgrad?
Wie in der BRD mit den Begriffen Faschist und Nazi umgegangen wird, ist für mich nicht nachvollziehbar.
Weiter unten sprechen Sie von “Rückkehr der Klassengesellschaft”. Ja ernsthaft, war sie in den westlichen Gesellschaften mal abgeschafft? Muß ich nicht mitbekommen haben. Schreiben Sie doch mal, wann das war.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Ahrens
Anmerkung Jens Berger: Sehr geehrter Herr Ahrens,
Sie bezeichnet sich selbst als „Postfaschistin“ und das „ausgerechnet eine Faschistin“ ist im Artikel (“möchte man da sagen“) eine gewollte Überspitzung. Zur Klassengesellschaft: Klassen hatten wir freilich immer, nur dass sie vor wenigen Jahrzehnten deutlich weniger ausgeprägt und vor allem durchlässiger waren. Dazu habe ich in meinem „neuen“ Buch „Wem gehört Deutschland?“ zahlreiche Daten zusammengetragen.
Beste Grüße
Jens Berger
14. Leserbrief
Geschätzte NDS,
Was mir auf meinen Reisen auffällt ist das Fehlen jeglicher Werte in Deutschland. Viele würden die Werte in den meisten Teilen der Welt verächtlich als reine Religion bezeichnen, aber diese Werte bilden die Grundlage für eine Gemeinschaft mit Gerechtigkeitsgefühl und Verantwortungsbewusstsein. Obwohl wir mit diesen Werten geboren werden scheinen sie im öffentlichen Raum in Deutschland keine Rolle mehr zu spielen. Zumindest kann ich mich nicht erinnern, dass es in den letzten Jahren Konsequenzen für eine Person gab, die gegen diese nicht justiziablen Werte verstoßen hat.
Ein weiterer Punkt ist die berufliche Erfahrung, dass Innovationen und Veränderung von Kollegen und Vorgesetzten häufig abgelehnt werden. Treu nach dem Motto “Sag dem Neuen erstmal, dass er langsam machen muss” gibt es viele Arbeitgeber, die keine Innovation wollen, wenn der Geldgeber sicher ist. Und das ist in Deutschland auch in Zeiten von Digitalisierung und KI sehr häufig der Staat oder das Land.
Hinzu kommt das Phänomen der “Gruppenbildung” bei sich informelle Gruppen aus Mitarbeitern bilden, die motivierte Kollegen nicht integrieren und “ausschalten” wollen. Meine Vermutung ist, dass die langjährigen Mitarbeiter Angst haben “schlecht auszusehen” oder die Befürchtung besteht zu Innovationen gezwungen zu werden. In vielen öffentlichen Einrichtungen, aber auch Großunternehmen, gehen seit Jahrzehnten immer wieder “die Besten”, ohne dass sich die Gründe dafür verändern.
Ein erfolgreiches Neues Jahr!
Martin Lutzmann-Fedus
15. Leserbrief
Lieber Jens Berger, liebe Nachdenkseiten,
was in anderen Demokratien des “Westens” geschieht, kann ich nicht sagen, nur hier in Deutschland sehe ich es so, dass es immer offensichtlicher ist, dass wir in einer “Scheindemokratie” leben.
Die, die uns regieren, schweben irgendwo herum, aber nicht in der Welt der “normalen” Menschen. Hybris, Arroganz, Korruption und Gier sind die Hauptkennzeichen aller Politiker*innen. Es gibt da kaum Ausnahmen.
Das spüren die Menschen. Es gibt auch keine gemeinsame Basis mehr, keinen Konsens darüber, was wichtig und wert und – ja – auch heilig ist. (Das ist nicht religiös gemeint, aber z.B. eine intakte Natur, sauberes Wasser, saubere Luft, und vor allem auch Frieden kann man als heilig sehen.) Es gibt nichts, wofür es sich lohnen würde, sich wirklich einzusetzen. Der Materialismus am Ende?
Als überzeugte Anarchistin stehe ich seit meiner Jugend Staat und Staatsmacht extrem skeptisch gegenüber, aber als Realistin war ich dennoch mit den hiesigen Gegebenheiten einigermaßen einverstanden. Das hat sich seit Corona massiv geändert. Nicht nur bei mir. Sogar mein ausgesprochen bürgerlicher Steuerberater ist mittlerweile staatsverdrossen – er nannte das selbst so. Irre, undurchdachte Verwaltungsvorschriften, und die massive Übergriffigkeit des Staates, die Lügen, die Vertuschungen – die totalitär wirkenden Zwangsmaßnahmen – haben mein gewisses Vertrauen, das ich in dieses Land noch hatte, massiv erodieren lassen. Schon länger meine ich, wir leben in einer Bürokratur.
Die Hetze gegen Andersdenkende, die von Staat und Presse massiv betrieben wird, erinnert an sehr böse Zeiten. Respektvolle, kontroverse Diskussionen, die zu einer Demokratie gehören, sind verpönt und werden verhindert, auch das hirnlose und geschichtsvergessene Kriegsgeschrei ist einer echten Demokratie nicht würdig.
Möglicherweise – obwohl das im globalen Süden vermutlich auch kaum anders ist – ist die Digitalisierung mit verantwortlich für die Unzufriedenheit der Menschen – und die damit einhergehende Vereinsamung.Immer mehr Kneipen haben dicht gemacht, Treffen von Angesicht zu Angesicht werden weniger, menschliches, echtes Miteinander ist nicht mehr selbstverständlich.
Hauptverantwortlich für die Staatsverdrossenheit ist vermutlich wirklich die Lüge, dass wir in einer Demokratie – sprich “Herrschaft des Volkes” leben würden. Denn das tun wir nicht. Die Regierungen regieren gegen die Menschen, sie bedienen immer offensichtlicher die Interessen des Kapitals. … und dass der Westen abschmiert, liegt vielleicht ja daran, dass es mittlerweile sehr offensichtlich ist, dass die hehren Ideale von Menschenrechten und “regelbasierter Weltordnung”, gesichert durch die USA – nur mehr eine durchscheinende Tünche sind über Kapitalinteressen, Gier nach Macht und Rohstoffen und Gewalt gegen andere Staaten.
Dass Milei so beliebt ist, erschüttert mich allerdings, aber es könnte an seinem Verwaltungs- und Bürokratieabbau liegen, dass ihm die Menschen zustimmen.
mit solidarischen Grüßen
Sabine Rothfuß
16. Leserbrief
Lieber Herr Berger,
anknüpfend an Ihre Frage, „woran es liegt, dass die liberalen Demokratien des Westens in einer derart tiefen Legitimationskrise stecken?“ möchte ich zunächst einmal eine Klärung des Begriffes Demokratie anmahnen. Was meinen Sie mit liberaler oder westlicher Demokratie oder einfach nur Demokratie? Hier verbirgt sich doch das eigentliche Problem. Wir leben nicht in einer Demokratie, wir leben in einer parlamentarischen bzw. repräsentativen Demokratie. Diese Art von Demokratie, wie wir es von Prof. Mausfeld oder beispielsweise auch Friedemann Willemer („Vom Scheitern der repräsentativen Demokratie“) gelernt haben, ist die geeignete Herrschaftsform, um das Volk von der Machtbeteiligung fernzuhalten. („Alle Macht geht vom Volke aus“). Die Deutungshoheit der Machteliten schafft es mit Hilfe ihrer Medien, beim Volk eine Illusion von demokratischer Teilhabe zu erzeugen. Das ist eine großartige Leistung.
Haben Sie als Wähler, die Möglichkeit, auf die Listenplätze der Parteien Einfluss zu nehmen? Wie kann es sein, dass transatlantisch instruierte Persönlichkeiten in Ministerämter gehievt werden, die offenkundig nicht die Interessen der Bevölkerung vertreten („Egal, was meine deutschen Wähler denken“). Von den Pfizer-Deals der Frau von der Leyen und der Rolle der Gesundheitsminister während der Corona-Krise (RKI-Protokolle) ganz zu schweigen. Wie kann man die Verantwortlichen für diese Skandale zur Verantwortung ziehen, wie kriegt man sie von ihren Posten wieder weg? Das sollte doch in einer Demokratie kein Tabu sein. Anstelle dessen erlebt man die Arroganz der Macht.
So lange die Bevölkerung ein Mindestmaß an Zufriedenheit verspürt, halten die Menschen auch in einer parlamentarischen Demokratie weitgehend die Füße still, sobald aber Zustände spürbar werden, wie Sie sie in Ihrem Beitrag mit Ihren Stichworten aufgezeigt haben und sich die Lebensbedingungen spürbar verschlechtern, wird die Masse in Bewegung geraten, was sich dann eben auch in den Zustimmungswerten für das Führungspersonal widerspiegelt.
Nun sollen wir ja bald wählen. Der Witz dabei: gucken Sie sich mal die Kandidaten an, die da zur Wahl gestellt werden. Parlamentarische Demokratie in Reinkultur! Es bleibt alles ganz anders.
Es ist an der Zeit, endlich basisdemokratische Verhältnisse einzufordern und einzuführen. Mit der Wahlrechtsreform 2023 hätte man die Möglichkeit gehabt, durch die Wichtung der Erststimmen dem basisdemokratischen Gedanken ein wenig entgegenzukommen. Genau das Gegenteil ist passiert. Ein klarer Hinweis, wohin die Reise geht.
Mit freundlichen Grüße
Björn Ehrlich
17. Leserbrief
Guten Tag,
ein Problem bei solchen Umfragen scheint mir zu sein, daß wohl auch diejenigen gefragt werden, die nicht gewählt haben, sei es aus Bequemlichkeit, Desinteresse oder Ablehnung.
Unter diesen Nichtwählern wird wohl ein Großteil “nicht zufrieden” angeben, wenn sie zur aktuellen Regierung befragt werden.
Nicht nur in D kommt hinzu, daß man nur einzelnen Parteien die Stimme geben kann, nicht einer (möglichen) Koalition.
So ist 2021 Scholze’s SPD nur von knapp 26% der Wähler gewählt worden; das waren bei einer Wahlbeteiligung von knapp 77% nicht mal 20% der Wahlberechtigten.
Also kaum mehr als die 19% in ihrer aktuellen Statistik.
So hätten sich z.B. Wähler der Grünen wohl eher Annalena Baerbock oder Robert Habeck als Kanzler gewünscht, und können somit jetzt mit Scholz als Kanzler unzufrieden sein.
Gruß
Michael Hoffmann
18. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Berger,
nicht die Demokratie ist in der Krise, sondern die linksliberalistische Parteienherrschaft in vielen Staaten des Westens! Die Schweiz kann ohne Zweifel auch zu den westlichen Demokratien gezählt werden. Dort besteht – in Deutschland leider kaum bekannt – eine Kombination von parlamentarischer, direkter und konkordanter Demokratie. Laut einer im September 2023 durchgeführten Umfrage waren 49 Prozent der Befragten mit der Arbeit des Schweizer Bundesrates zufrieden. Der Bundesrat ist die Schweizer Regierung. Von solchen Werten können die in Berlin Regierenden nur noch träumen.
Alle großen Parteien (einschließlich BSW), die zur Bundestagswahl antreten, wollen das deutsche Verfassungssystem nicht anpassen. Nur im Programmentwurf der AfD findet sich die Forderung nach direkter Demokratie. Man kann allerdings sicher sein, dass diese Forderung unter den bestehenden Verhältnissen nicht ernst gemeint ist.
Also wird die politische Krise in den nächsten Jahren angesichts der fundamentalen Herausforderungen jedenfalls in Deutschland fortbestehen.
Mit freundlichen Grüßen
Militzer
19. Leserbrief
Sehr geehrte Damen und Herren; Sehr geehrte Herr Berger:
Wenn ich mir die Statistik ansehe, dann fällt auf, daß eigentlich nur in 4 Ländern die Regierung mehr Zustimmung als Ablehnung hat. Dann wäre die Zustimmung mit der Regierung sowieso in demokratischen Länder eher selten zu finden. Dann noch ein Punkt, der im Artikel nicht klar beschrieben ist:
Was ist denn eine “westliche Demokratie” im Gegensatz zu “anderen Demokratien”? Sie erwähnen die Schweiz als Land in der Spitzengruppe:
in der Schweiz rotieren die Regierungschefs im Jahresturnus – Schweizer Präsidentin Viola Amherd kommen überhaupt auf positive Werte – das heißt, es gibt mehr Menschen, die ihnen zustimmen, als Menschen, die sie und ihre Arbeit ablehnen. Einmal Asien, zweimal Lateinamerika, einmal Europa – und hier ausgerechnet das Land, dessen politisches System wohl am wenigsten repräsentativ für das westlich-liberale Europa des 21. Jahrhunderts ist. Das ist doch bemerkenswert.
Wieso ist denn die Schweiz “am wenigsten für das westlich-liberale Europa des 21. Jahrhunderts repräsentativ”? Die Schweiz ist ja aus meiner Sicht schon “westlich-liberal”. Oder meinen Sie damit die Mitgliedschaft in der EU und der NATO? Denn dieses Land ist in keinen der beiden Ländergruppen Mitglied. Also was genau sind die Kriterien für ein “westlich-demokratisches Land”? Genauso kann man fragen, was etwa an Süd-Korea westlich sein soll. Geographisch und kulturell ist es doch eher “östlich”.
Gruß
R.K.
20. Leserbrief
Guten Tag Herr Berger,
als kleine Anregung zu Ihrem Artikel hier der Hinweis auf die griechischen Philosophen, die sich schon vor über 2000 Jahren mit Staatsformen auseinandersetzten und unter anderem die Theorie vom Verfassungskreislauf entwickelten. Sie finden unter dem Stichwort unter anderem Aristoteles, Platon und Polybios.
Ein Kernsatz daraus findet sich bei Wikipedia:
Die drei Verfallsformen entstehen zwingend durch den moralischen Verfall (die Sicherheit ihres Lebens als Herrschende verursacht bei
ihnen Habsucht, Überheblichkeit, Ungerechtigkeit und Herrschsucht) und den daraus folgenden Machtmissbrauch des jeweils Herrschenden oder der jeweils herrschenden Gruppe, und diese werden wieder durch eine sich neu formierende Gruppe gestürzt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Verfassungskreislauf
Freundliche Grüße,
Arno Nebauer
21. Leserbrief
Liebe Nachdenkseiten,
auf ihre Frage, was als Gründe für die schlechten Zustimmungswerte der westlichen Demokratien zu nennen wäre, fällt mir als erstes die Verlogenheit der Regierenden ein.
Nur wer komplett blind ist, sieht nicht wie wir angelogen werden, ob bei Corona, wie sich immer deutlicher abzeichnet, noch bei den Narrativen Krieg in der Ukraine und Gaza.
Da wird ein kritisches Hinterfragen gleich mit den Stempeln: Coronaleugner – schwurbler, Putinversteher oder gar Handlanger Putins, sowie Antisemit bei kritischen Fragen zum Krieg in Gaza – versehen.
Aber selbst der Mann/Frau der Strasse merkt langsam, dass das nicht stimmig ist – und fühlt sich verschaukelt.
Wahre Demokratie lebt vom Austausch der Meinungen ohne zu verleumden und sollte sich möglichst an den Fakten/Wahrheiten orientieren.
Davon sind wir meilenweit entfernt!
Unsere gewählten Volksvertreter plappern blind und in Ergebenheit die Narrative der NATO, sprich USA, nach und verraten unsere eigenen Interessen.
Das findet keine Zustimmung und daher ist die Krise der westlichen Demokratien hausgemacht.
mit freundlichen Grüßen
Bernd Bobisch
22. Leserbrief
Lieber Herr Berger,
Art. 20 Abs. 1, GG lautet: “Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.”
Keine Rede von liberal. Liberal kommt im ganzen GG nicht vor! Warum nur, höre und lese ich – leider auch in Ihrem Artikel – ausschließlich von liberaler Demokratie und nie von sozialer Demokratie? “Sozial” kommt fast nur noch im Zusammenhang mit den “sozialen” Medien vor, die nichts aber auch gar nichts mit “sozial” zu tun haben. Das finde ich ausgesprochen bedauerlich, ja gefährlich. Es scheint mir, daß alles Soziale entwertet und durch liberal (bis libertär) ersetzt werden soll. Wäre schön, wenn wenigstens die NDS gegensteuern würden!
Mit freundlichen Grüßen,
Jutta Mertins
23. Leserbrief
Lieber Jens Berger,
so sehr ich Sie und ihre Mistreiter auch schätze … mit solchen Artikeln
https://www.nachdenkseiten.de/?p=126887
drohen Sie, sich lächerlich zu machen, weil Sie trotz besseren Wissens IMMER NOCH an der Propagandalüge festhalten, bei der „Diktatur des Kapitals“ handele es sich um irgendeine Form von „Demokratie“ i.S.v. „Volksherrschaft“ … nur weil die Propagandisten selbst dies ständig behaupten.
Wenn Sie einen irgendwann vielleicht einmal niedlichen Welpen gekauft haben und der sich ausgewachsen nicht als Hund, sondern als Wolf erweist, der Ihre Nachbarn überfällt und zerfleischt – dann würden Sie doch auch nicht darauf beharren, dass das Rehpinscher ist, nur weil Ihnen der Verkäufer das mal erzählt hat, als Sie noch jung und gutgläubig waren, oder?
Wie kann man denn das System eines Adenauer/Flick => Kohl & „Spender“, das hinter den Kulissen mit Sicherheit auf Nazigeld beruhte, sogar auf Zahngold aus den KZ (s. „Villa Octogon“, „Staatsbürgerliche Vereinigung“ und die ständigen „Spenden“-Skandale …); ein System, das entweder alle imperialistischen Kriege der USA unterstützte oder – ausgerechnet unter dem „Sozialdemokraten“ Schröder und dem Fischer as der Ex-Pazifistenpartei! – den ersten völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Deutschlands nach 1945 begann; ein System, in dem von Anfang an (s. Foschepoth, „Überwachtes Deutschland“) eine totale Überwachung herrschte, von der ein Mielke nicht einmal zu träumen gewagt hätte; ein System, das trotz 70-80%iger Ablehnung von „Auslandseinsätzen“ in allen Kriegen mitmischte, wo es nur konnte; das half, den KRIEGSGRUND für den Irak-Krieg herbeizulügen, sogar die Voraussetzung der Lüge lieferte; in dem stabil sämtliche Politik sämtlicher Parteien und Koalitionen nur den obersten 10% zugute kam – als nach Mills den Besitzenden und ihrer „Funktionselite“… wie KANN MAN DENN so ein System als „Demokratie“ bezeichnen? Was Sie da als „Niedergang“ beschreiben, ist das unübersehbare Verfallen der längst faulenden Fassade, von der sich nur noch naive BLÖD-Leser täuschen lassen konnten – und die Reaktion der Herrschenden darauf, die „Zügel“ wieder etwas fester anzuziehen – wie schon 1932/33 und wie auch in allen anderen Ländern und Zeiten, in denen diese Herrschaft in Gefahr war oder die Herrschenden das auch nur so „gefühlt“ haben mögen.
Die EINZIGE denkbare Rechtfertigung, diese Diktatur des Kapitals – egal, was die Marionetten in der Politik für ein Stück aufführen und ob sie selbst daran glauben oder nicht! – als „Demokratie“ zu bezeichnen, bestünde in der offenen und schonungslosen Einsicht, dass es sich zwar schon um eine „Demokratie“ im Sinne der athenischen in der Antike handeln könnte … Aber damals gehörten eben höchstens 30% zum „Demos“, der NUR aus den freien, weißen, einheimischen Männern bestand. Aber wegen der Größe Athens und des umliegenden Attikas konnte an den Versammlungen und Abstimmung auf der Agorà nur ein Bruchteil – bestenfalls ein Drittel – dieser Männer teilnehmen – nämlich jene, die genug Besitz und Sklaven hatten, um nicht selbst für ihren Lebensunterhalt arbeiten zu müssen. Dort herrschten also genau die 10% wie in den westlichen „Demokratien“, die nur im eigenen Interesse Politik machen. Ok, inzwischen dürften auch Frauen und Zugezogene als „farbige“ Dekoration mitmischen, aber nur, wenn sie sich – besonders die Frauen – als noch korrupter und skrupelloser erweisen als ihre männlichen Kollegen. Oder wenn es sich um Männer handelt, die sich einfach zu Frauen erklären …
Also, bitte! Hören Sie auf, das Narrativ der Propaganda durch Wiederholung – selbst kritisch gefärbte – zu bestätigen. Dadurch wird es nicht glaubwürdiger … und Sie leider auch nicht.
Herzlichst,
Ihr Bernd Kulawik
PS: Da Sie und andere immer davon sprechen, dass die „Demokratie“ in Gefahr oder sogar schon beschädigt sei, unterstellen Sie ja, dass es eine Zeit gegeben haben muss, in der sie „heil“ und alles noch in Ordnung war – sie also mindestens nach den EIGENEN Ansprüchen, die in der EIGENEN Propaganda verbreitet wurden und werden, noch intakt war. Machen wir einen Deal: Sie nennen mir irgendeine Zeit nach 1945, in der das für das Gebiet der BRD gegolten haben soll – und ich weise Ihnen nach, dass Sie sich irren. Ok?
Das ist wirklich nicht böse oder geringschätzig gemeint! Ich finde nur, Sie und andere sabotieren Ihre wertvolle, unersetzliche Arbeit selbst, indem Sie die Propagandalügen perpetuieren und so wenigstens als „teilweise“ oder „irgendwann einmal“ zutreffend hinstellen. Und das waren sie NIE.
LG
Bernd Kulawik
24. Leserbrief
Hallo Herr Berger,
Ihrer Auflistung füge ich 4 weitere Gründe für die Auflösung westlicher Demokratien hinzu:
1. Versagen und Zersplitterung der Bildungssysteme – vor allem bei Studiengängen und in der Weiterbildung.
2. Verrechtlichung vieler gesellschaftlicher Bereiche und damit Verengung demokratischer Entscheidungsmöglichkeiten.
3. Zunehmende Geschwindigkeit der Veränderungen und damit ein Verlust des menschlichen Maßes.
4. Aufsplitterung der Interessen sog. NGOs und damit eine Zunahme von Sonderinteressen.
Sicher finden sich weitere Gründe. Ich bin gespannt auf die Resonanz zu Ihrem Aufruf.
Beste Grüße
Wilfried Rehfeld
25. Leserbrief
Liebes Nachdenkseiten-Team,
Seit März 2020 habe ich nicht mehr das Gefühl, in einer liberalen Demokratie zu leben. Ihre Demontage durch ein elitäres Parteien-Kartell begann zwar schon vorher, aber seit dem “Corona-Notstand” beschleunigt. Die Demokratie rechtfertigt sich durch das (positive) Menschenbild der Aufklärung, also dass ausgewogen informierte Menschen vernünftig handeln. Mit der Einschränkung der Grundrechte und den totalitären Maßnahmen wurde dies mit Füßen getreten. Dazu kommen Zensur, Kriegstreiberei und unverhohlene Lobby-Politik der Regierenden, die zur massiven (weiteren)Umverteilung von unten nach oben führt. Der öffentliche Rundfunk sieht sich mehr einem Erziehungs- als einem Informationsauftrag verbunden und ist massiv mit den Alt-Parteien verfilzt.
Fazit: Die Menschen wollen die liberale Demokratie, aber der Willen der Mehrheit spiegelt sich nicht in der Politik wieder.
Von unserem Leser H.J.
26. Leserbrief
Wir haben nicht nur eine Krise des Systems, sondern auch eine Krise der Personen, der Köpfe – wir haben keinen Willy Brandt, keinen Helmut Schmidt, keinen Richard von Weizsäcker oder Helmut Kohl mehr, wir haben stattdessen Politiker, über die man sich lustig machen kann (Habeck, Baerbock, Esken, Lang etc. ) oder Politiker, denen man nicht trauen kann (Scholz, von der Leyen, Merz, Strack-Zimmermann, Wüst etc.).
Wir haben auch kaum Intellektuelle – es gibt natürlich diese Leute wie Precht und Welzer usw., die oft in den Medien sind, aber früher hatten wir eine ganz andere Zahl von Intellektuellen die weltweit einen guten Ruf genossen haben, die den Nobelpreis für Literatur (Böll, Grass) oder den Friedensnobelpreis (Brandt) bekommen haben.
Und wir haben vor allem auch keine guten Journalisten mehr, keinen Günter Gaus, keinen Hanns-Joachim Friedrich, keinen Franz Alt, und vor allem auch keinen Günter Wallraff!
Kein Wunder, wenn’s nur noch abwärts zu gehen scheint.
Grüße an alle.
Jürgen Warschun
27. Leserbrief
Lieber Jens Berger, liebes Team der Nachdenkseiten,
ich frage mich im Zusammenhang der von Ihnen dargestellten Umfragen, ob die positiven Zustimmungwerte für Meloni, Milei und Co. sich nicht vielmehr aus der Antipathie gegenüber der Politik vormaliger Regierungen ergeben sowie aus der noch fehlenden Erkenntnis, dass 99% der Bevölkerung von z.B. Meloni, Milei und Trump ebenso wenig profitieren bzw. noch mehr zu leiden haben werden.
Auch wenn ‘Democracts’, SPD, FPD, CDU, Grüne und Co. mittlerweile ebenso auf leere Versprechen setzen, werden sie auf diesem Feld von erfahrerenen Scharlatanen schlicht geschlagen. Milei, Meloni, Weidel und Trump können vor der Kamera vermutlich hemmungsloser Wohlstand für alle versprechen, während sie hinter dem Rücken die Kettensägen betätigen, um die Privilegien der oberen 1% zu sichern. Zugleich fällt es ihnen wohl auch gemäß ihrer Ideologie leichter, die Verantwortung für ihre desaströse Politik auf beliebige Sündenböcke zu verteilen – man kennt das Muster: Migranten, Arbeitslose und schließlich Kranke, d.h. prekäre Gruppen, die in der Öffentlichkeit über kein Sprachrohr verfügen. Im historischen Vergleich auch beliebt: Ein äußerer ‘Feind’, der für die Schieflage im eigenen Land verantwortlich sein soll. Eine Vorgehensweise, an der sich seit längerem auch etablierte Parteien versuchen. Der Fokus auf AfD und Co. macht eben blind für die gefährlichen Entwicklungen im Establishment.
Ein entscheidender Nährboden für die krisenhafte Entwicklung liegt m.E. in jener ‘unheiligen Allianz’ zwischen Pseudo-‘Linken’ und an den Schaltern der Macht sitzenden Pseudo-‘Liberalen’. Green- und Pinkwashing haben zunehmend und vehement dazu beigetragen, asoziale Maßnahmen und Verhaltensweisen als sozial und progressiv darzustellen. Die Nachdenkseiten haben im Laufe der Jahre einige sehr gute Beispiele dafür zusammengetragen: Adidas hat schon vor Jahren eine Frauenquote im Vorstand eingerichtet und verwendet gendergerechte Sprache in diversen ‘sozialen’ Medien, während sich die Lage der von Adidas beschäftigten Näherinnen in El Salvador und Indonesien in den letzten 15 Jahren nicht nennenswert gebessert hat. Ein weiteres (satirisches) Beispiel: Die Darstellung zweier Flugzeuge des US-amerikanischen Militärs, die Bomben abwerfen. Das Flugzeug der Republikaner ist unauffällig grau, während das Flugzeug der Demokraten mit Regenbogenflaggen und Friedenstauben verziert ist. Die Satire ist mittlerweile zur Realsatire geworden, wenn Lockheed Martin auf Pride Parades mitmarschiert oder Grüne und ‘junge Liberale’ auf ihren Plakaten mit Parolen wie “Krieg beenden, Panzer senden” auf die Straße ziehen. Das Ausmaß der damit einhergehen Selbstwidersprüche ist phänomenal und erinnert nicht nur an eine Orwell’sche Dystopie – es kommt ihr sehr sehr nahe.
Eine zweite entscheidende Ursache liegt m.E. in der ungünstigen Entwicklung in ‘Leitmedien’, Kunst und Wissenschaft:
Der an diese Institutionen gerichtete Vorwurf, sie seien ‘links-grün-versifft’, schießt meilenweit daneben, da all diese krisenhaften Entwicklungen sehr wenig mit ‘linker’ oder ‘grüner’ Politik im ursprünglichen Sinn gemein haben. ‘Links-grün’ ist oftmals leider nur die Fassade bzw. der Lack, der aus dem oben beschriebenen Green- und Pinkwashing gewonnen wird.
Nichtdestotrotz haben gerade jene öffentlichen Einrichtungen, die zur Aufklärung und Schlichtung von Konflikten beitragen sollten, wohl phänomenal versagt, insoweit sie sich jene pseudo-progressive Ideologie haben aufbinden lassen. Denn dadurch haben sie
1. Konfrontationen verschärft und vielen Menschen vor den Kopf gestoßen, statt aufzuklären und zu schlichten.
2. ihre Legitimation in der allgemeinen Öffentlichkeit aufs Spiel gesetzt.
3. zusätzliches Wasser auf die Mühlen all jener gespült, die sich schon lange darum bemühen, diesen ‘wirtschaftlich unrentablen Laberbacken’ den Geldhahn zuzudrehen.
Man schaue auf die Entwicklungen in Argentinien, den USA und Neuseeland, deren Regierung etwa der Grundlagenforschung in den Geistes- und Sozialwissenschaften bereits die Förderung entzogen hat. Diese Entwicklung erinnert mich an das Mem jenes Fahrradfahrers, der sich selbst einen Stock in die Speichen des Vorderrads steckt.
Man könnte fragen, was denn der gesellschaftliche Auftrag an bürgerlich freie Medien, Kunst und Wissenschaft wäre? Sigmund Freud hat das einmal auf folgenden Punkt gebracht: “Kultur” bezeichne die “ganze Summe der Leistungen und Einrichtungen, […] in denen sich unser Leben von dem unserer tierischen Ahnen entfernt und die zwei Zwecken dienen: dem Schutz der Menschen gegen die Natur und der Regelung der Beziehungen der Menschen untereinander.” (Freud in “Das Unbehagen in der Kultur”)
Darin sehe ich zumindest den zuletzt häufig versäumten gesellschaftlichen Auftrag an ‘Leitmedien’, Kunst und Wissenschaft: Probleme zu erforschen und Lösungen zu entwickeln für das zwischenmenschlich Miteinander: Wie kommen wir friedlich miteinander aus und welche Faktoren tragen dazu bei? (Sozialwissenschaften, Konfliktforschung) Warum haben ‘soziale’ Medien oft einen toxischen Einfluss auf Debatten und wie müsste man Medien gestalten, damit sie einen respektvollen Dialog ermöglichen? (Medienwissenschaften) Was bedeutet Glück? (Philosophie) Was bedeutet Schönheit? (Kunst, Ästhetik) Worin unterscheiden sich Kulturen und wo finden sich Gemeinsamkeiten? (Kulturelle Einrichtungen, Kulturwissenschaften)
Viele Grüße
PG
28. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Berger,
mit ihrem Beitrag „Warum befindet sich die westliche Demokratie in der Krise?“ auf den Nachdenkseiten vom 08.01.2025 fassen sie ja die heißeste Kartoffel auf dem politischen Acker an.
Aus den aktuell verfügbaren Werten der Zustimmung der Bevölkerung der westlichen Demokratien für ihre jeweiligen Regierung leiten sie eine generelle Krise des gegenwärtigen Systems der westlichen Demokratien ab, die darin besteht, dass die Mehrheit der jeweiligen Bevölkerung die Politik der Regierung ablehnt und damit die Demokratie in Frage gestellt ist. Auf die Frage „Woran liegt es, dass die liberalen Demokratien des Westens in einer derart tiefen Legitimationskrise stecken? „ und nennen rund ein dutzend Faktoren, die zu den Ursachen dieser Krisen beitragen könnten.
Meine Meinung zu der von Ihnen aufgeworfenen Problematik ist, dass sie mit der Analyse des gegenwärtigen Zustandes der westlichen Demokratien völlig recht haben. Der von Ihnen beschriebene Zustand ist schon in den Veröffentlichungen von Gilens and Page (2014) empirisch für die USA und von Elsässer et al. (2016) für Deutschland wissenschaftlich nachgewiesen worden. Da der Aufbau der politischen Systeme der westliche Staatengemeinschaft sehr verwandt ist, weisen die einzelnen Staaten ähnliche Grundeigenschaften wie die USA und die Bundesrepublik Deutschland auf.
Die Ursachen für diese Staatskrisen der Repräsentativen Demokratien kann man gut verstehen, wenn man sich mit den Grundgedanken der Verfassungsväter der USA auseinandersetzt, Hamilton et al. (1788). Sie gingen in ihrer Staatstheorie von einer handvoll Grundsätzen (Axiome) bezüglich der Ziele für das Staatswesen und den Grundeigenschaften der darin lebenden Menschen aus. Als Ziel definierten sie, dass der Souverän des Staatswesens die Wahlberechtigten des Staatsvolkes sein sollen (Axiom 1, Demokratie). Da der zu bildende Staat in Bezug auf die räumliche Ausdehnung und die Bevölkerungszahl zu groß war, um eine direkte Demokratie wie in der Antike zu praktizieren, entschlossen sie sich eine Repräsentative Demokratie zu entwerfen (Axiom 2). Das Wahlvolk wählte an einem Tag für vier Jahre seine Repräsentanten, die in der folgenden Legislaturperiode im Interesse ihrer Wähler politische Entscheidungen zur Führung des Staatswesens treffen sollen. Praktisch gibt damit der Wähler (der Souverän) seine politische Macht für den Zeitraum von vier Jahren an den gewählten Repräsentanten ab. In logischer Folge eines weiteren Grundsatzes der Verfassungsväter, nämlich Macht tendiert dazu missbraucht zu werden (Axiom 3), führten sie die Machtteilung und -Balance der drei politischen Mächte, Legislative, Exekutive und Judikative ein, um ein nachhaltig stabiles politisches System zu errichten. Aus einem weiteren Axiom, nämlich das wirtschaftliche Macht auch politische Macht ist (Axiom 4), folgt, dass mit der industriellen Revolution die Konzentration der wirtschaftlichen Macht in den Händen der Eigentümer der Großunternehmen so stark angewachsen war, dass die damit verbundene politische Macht von vergleichbarer Größe mit den klassischen politischen Mächten des Staates geworden war, also eine vierte politische Macht neben den drei klassischen politischen Mächten entstanden war. Die Nachfahren der Verfassungsväter hätten diese vierte Macht in die Verfassung einbinden und in eine Machtbalance mit den klassischen politischen Mächten führen müssen. Das ist bis heute nicht erfolgt, während sich die wirtschaftliche und politische Macht der Eigentümer der Großunternehmen seit der Zeit um 1900 immer weiter verzweigt und vergrößert hat. In logischer Folge des dritten Axioms, Macht tendiert dazu missbraucht zu werden, haben die Eigentümer der Großunternehmen heutzutage die politische Macht praktisch übernommen und sind der Souverän. Damit haben wir keine Repräsentative Demokratie mehr, sondern eine Oligarchie der Eigentümer der Großunternehmen.
Also, die Antwort auf die abschließende Frage in Ihrem Artikel lautet meiner Meinung nach: Die Ursache der tiefen Legitimationskrise liegt darin, dass die politische Macht der Eigentümer der Großunternehmen nicht in die Balance mit den klassischen politischen Kräften eingebunden ist.
_Literatur:_
Gilens, M., & Page, B. (2014). Testing Theories of American Politics: Elites, Interest Groups, and Average Citizens. Perspectives on Politics, 12(3), 564-581.
doi:10.1017/S1537592714001595
Die Veröffentlichung erreicht man unter folgender Webadresse:
Elsässer, Lea / Hense, Svenja / Schäfer, Armin (2016), Systematisch verzerrte Entscheidungen? Die Responsivität der deutschen Politik von 1998 bis 2015 [PDF, 765KB]
Erreichbar unter der Webadresse:
Hamilton, A., J. Madison and J. Jay (1788), Die Federalist Papers, Verlag C.H. Beck München (2007), Übersetzt von B. Zehnpfennig
Ein frohes und gesundes Neues Jahr wünscht Ihnen
mit freundlichen Grüßen
Hans-Ulrich Lass
29. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Berger,
Sie fragen „Warum befindet sich die westliche Demokratie in der Krise“ und bieten selbst eine stichwortartige Liste als Erklärung an.
Was Sie dort aufgelistet haben, sind aber zumeist lediglich Symptome. Das Wesentliche sprechen Sie nicht an.
Ja, Sie haben Recht. Konstitutionell leben wir in einem demokratischen Rechtsstaat, und es gelten überall im Westen individuelle Grundrechte wie sie in Deutschland durch das Grundgesetz normiert sind. Artikel 20,1 des Grundgesetztes lautet: „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.“
Aber muss wirklich noch argumentiert werden wie wenig substantiell in der Realität davon noch vorhanden ist?
Im Westen wurde in den letzten Jahrzehnten eine Politik gemacht, die den Einfluss von Big Money und von transatlantischen Netzwerken auf politische Entscheidungsprozesse institutionalisiert hat.
Was hinter der Fassade von Demokratie, Rechtsstaat und Grundrechten im Westen entstanden ist, ist eine Kollusion von Regierungen und multinational agierenden Konzernen sowie den hinter diesen stehenden Ultrareichen und ihrer vielen Vehikel über die sie Macht ausüben.
Gegen die Interessen von Big Money und Global Governance kann im Westen keine Politik gemacht werden. Anders gesagt: Gegen die Interessen von Wall Street und Washington kann keine Politik gemacht werden.
Und die Regierenden gestehen dies auch selbst ein, wenn sie von der marktkonformen Demokratie schwadronieren (Merkel) oder ins Feld führen, man könne gegen die Finanzmärkte keine Politik machen (Fischer). Aber gegen das Allgemeinwohl, gegen die Grundrechte, das geht schon, mag man etwas polemisch und doch in der Sache den Kern treffend hinzufügen.
Wer alle politischen Entscheidungen implizit unter solche Vorbehalte stellt, der endet bei all dem, was Sie in Ihrer Stichpunkteliste aufgelistet haben. Die Menschen spüren, dass die Politik nur in Sonntagsreden an ihrem Wohl interessiert ist. In Wirklichkeit hat der Staat den Gesellschaftsvertrag mit seinen Bürgern einseitig gekündigt. Nicht umgekehrt. Anders gesagt: Der Staat delegalisiert sich selbst.
Sollte es da wirklich wundern, wenn viele Bürger entsprechend reagieren?
Und dies noch: In Russland und China wurde der Einfluss der Oligarchen auf politische Entscheidungsprozesse eingedämmt (Russland) bzw. erst gar nicht zugelassen (China). Nur deshalb, konnte in den letzten Jahrzehnten die Armut in diesen Ländern so massiv reduziert und die Alltagsbedingungen zumindest für die weit überwiegende Mehrheit der Bevölkerung derart verbessert werden.
Sollte es da wirklich wundern, warum die Menschen in diesen Ländern mit ihren Regierungen weitgehend zufrieden sind?
Das meint, verbunden mit freundlichen Grüßen
Thomas Konradt