Die hybride Kriegsführung der USA

Die hybride Kriegsführung der USA

Die hybride Kriegsführung der USA

Karsten Montag
Ein Artikel von Karsten Montag

Im letzten Teil dieser dreiteiligen Beitragsserie werden konkrete Beispiele der Einflussnahme der Vereinigten Staaten auf die politische Meinungsbildung in Deutschland dargestellt und mit den Behauptungen einer russischen Beeinflussung ins Verhältnis gesetzt. Näher beleuchtet werden auch die Struktur und Kontrolle der Informationsverbreitung über Nachrichtenagenturen, soziale Netzwerke und Suchmaschinen sowie der Einfluss der US-Regierung auf diese Medien. Es zeigt sich, dass die USA nicht nur mannigfaltige Möglichkeiten haben, einen hybriden Krieg in Deutschland zu führen, sondern davon auch rege Gebrauch machen. Von Karsten Montag.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz definiert hybride Kriegsführung wie folgt:

In modernen Konfliktszenarien setzen Angreifer auf eine Kombination aus klassischen Militäreinsätzen, wirtschaftlichem Druck, Computerangriffen bis hin zu Propaganda in den Medien und sozialen Netzwerken. Dieses Vorgehen wird auch als ‚hybride Taktik‘ oder ‚hybride Kriegsführung‘ bezeichnet.“

Ziel der Angreifer sei es, nicht nur Schaden anzurichten, sondern insbesondere Gesellschaften „zu destabilisieren und die öffentliche Meinung zu beeinflussen“. Offene pluralistische und demokratische Gesellschaften würden hierfür viele Angriffsflächen bieten und seien somit leicht verwundbar.

Was unter den Oberbegriff „hybride Kriegsführung“ fällt, zeigt ein Beitrag des Rechercheverbunds NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung mit dem Titel „Tiefe Einblicke in Putins Lügenmaschine“. Basierend auf offenbar geleakten internen Dokumenten einer russischen PR-Agentur namens „Social Design Agency“ (SDA) stellen die Autoren fest, dass die Firma versuchte, „Meinungen und politische Prozesse weltweit zu beeinflussen, im Westen gezielt Stimmung für Russlands Narrative zu machen – und bestehende gesellschaftliche Konflikte zu verstärken“. Aus den enthüllten Daten werde deutlich, dass circa 100 feste und freie Mitarbeiter der Agentur mehrere Desinformationskampagnen in unterschiedlichen Ländern bearbeiteten. Protokolle würden zeigen, dass eine Frau, „die in der russischen Präsidialverwaltung arbeiten soll“, regelmäßig an Treffen mit der SDA teilgenommen habe.

Die enthüllten Dokumente veröffentlicht der Rechercheverbund nicht, allerdings finden sich diese auszugsweise in einem Beitrag der ukrainischen Webpräsenz von Radio Freies Europa/Radio Freiheit. Das Medium, das in der Ukraine Radio Swoboda heißt und dort in ukrainischer Sprache veröffentlicht, wird vom Kongress der Vereinigten Staaten finanziert und untersteht der United States Agency for Global Media, einer US-Behörde.

Sollten die Dokumente authentisch sein, weisen sie tatsächlich darauf hin, dass die russische PR-Agentur Videos produziert hat, deren Zielgruppe unter anderem deutsche Nutzer sozialer Netzwerke sind. In einem Dokument finden sich Vorschläge für mediale Kampagnen, wie man die Zustimmung für die AfD steigern könnte. Ein weiteres Dokument enthält Vorschläge für Narrative, um die Europawahlen im vergangenen Juni zu beeinflussen. In einer internen Analyse der SDA zur Europawahl wird sogar behauptet, die Erfolge rechter Parteien seien auf die Propagandakampagnen der Agentur in sozialen Netzwerken zurückzuführen.

Auf der Webseite des Unternehmens werden zudem unter anderem die Staatsduma und das russische Innenministerium als Kunden aufgeführt. Alles in allem handelt es sich offensichtlich um eine „Smoking Gun“ für die gezielte Beeinflussung westlicher Wahlen durch den Kreml. Doch in diesem Zusammenhang stellen sich mehrere Fragen.

Innenministerium und Verfassungsschutz bestätigen die Einflussnahme nicht

Erstens: Warum werden die bereits im September veröffentlichten Erkenntnisse des Rechercheverbunds NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung zu den geleakten Dokumenten der russischen PR-Agentur nicht in der Analyse „Gefährdung der Bundestagswahl durch unzulässige ausländische Einflussnahme“ des Bundesamts für Verfassungsschutz aufgeführt? Selbst ein Pressesprecher des Bundesministeriums des Innern und für Heimat verweist auf Nachfrage der NachDenkSeiten nach konkreten Belegen für die russische Einflussnahme lediglich auf diese Analyse, ohne weitere Angaben zu machen. Es stellt sich die Frage, wie authentisch die geleakten internen Dokumente der russischen PR-Agentur tatsächlich sind, wenn der Verfassungsschutz, der Bundesnachrichtendienst und das Innenministerium nicht darauf verweisen.

Hauptprodukte der russischen Einflussnahme: Cartoons in sozialen Medien

Zweitens: Eines der Hauptprodukte der PR-Agentur SDA sollen laut des Rechercheverbunds Karikaturen und Bilder sein, von denen sich besonders viele in einem Telegram-Kanal namens „VoxCartoons“ wiederfinden ließen. Wenn politische Cartoons aus Russland die deutsche Bundestagswahl beeinflussen sollen, wie muss man dann die vielen anti-russischen Cartoons in westlichen Medien bewerten, die sich mit einfachen Google-Bildersuchen ermitteln lassen? Wenn offene pluralistische und demokratische Gesellschaften durch derartige Manipulationsversuche leicht verwundbar sein sollen, dann müsste man sie folglich vor jedem medialen Einfluss von außen, auch aus anderen Ländern, schützen.

Erwiesene Einflussnahme der US-Regierung auf größtes Recherchenetzwerk der Welt

Drittens: Der Rechercheverbund NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung hat sich auch mit dem Einfluss der US-Regierung auf den westlichen Journalismus beschäftigt. Der für den NDR arbeitende, mehrfach ausgezeichnete US-amerikanische Investigativjournalist John Goetz ist zusammen mit seinem Kollegen Armin Ghassim der Finanzierung des „Organized Crime and Corruption Reporting Projects“ (OCCRP), einem in den USA ansässigen Netzwerk von Journalisten-Organisationen mit 200 Mitarbeitern, nachgegangen. In der Vergangenheit haben der Rechercheverbund sowie andere einflussreiche deutsche Medien mehrfach mit dem OCCRP kooperiert oder dessen Erkenntnisse veröffentlicht. In Deutschland bekannt geworden sind insbesondere die Rechercheergebnisse zu den Panama Papers und den Pandora Papers.

Bei der NDR-Recherche zu OCCRP selbst kam jedoch nicht nur heraus, dass die US-Regierung der größte Geldgeber des Netzwerkes ist. In Interviews mit leitenden Angestellten der Behörde U.S. Agency for International Development (USAID), über die die Zahlungen der Regierung an die Organisation fließen, sowie mit dem Herausgeber des OCCRP stellte sich auch heraus, dass die Behörde ein „Vetorecht“ bei der Ernennung von „Schlüsselpersonal“ sowie ein „Mitspracherecht“ beim jährlichen Arbeitsplan der Organisation hat. Bereits zu der Zeit, als die Panama Papers und die Pandora Papers publik wurden, wurde kritisiert, dass in den Medienberichten hauptsächlich auf die Steuersünden von Menschen im Umfeld des russischen Präsidenten Wladimir Putin fokussiert wurde und nicht auf US-Bürger.

Die Recherchen von Goetz und Ghassim decken also einen sehr ähnlichen Fall der Beeinflussung der politischen Meinung in Deutschland auf – diesmal jedoch vonseiten der USA. Zudem basieren die Informationen nicht – wie im Fall der russischen PR-Agentur – auf geleakten Daten, denen offensichtlich noch nicht einmal die deutschen Nachrichtendienste und das Innenministerium Glauben schenken, sondern auf eindeutigen Aussagen von Hauptverantwortlichen der Geldgeber und Geldnehmer in gefilmten Interviews. Da in der Vergangenheit viele deutsche Medien mit dem OCCRP kooperiert haben, hat die Geschichte eine besondere Brisanz und wäre daher von großem Interesse für die Öffentlichkeit.

Doch die Leitung des NDR hat sich dagegen entschieden, die Erkenntnisse und Interviews von Goetz und Ghassim zu publizieren, da sie „von mangelnder Relevanz“ für die Zuschauer seien und das Thema der Untersuchung „redaktionelle und rechtliche Fragen“ aufwerfe. Zu mehr Auskünften war die Pressestelle des Senders auch auf Nachfrage nicht bereit. Die Veröffentlichung haben stattdessen vier weitere Medien übernommen, die zuvor vom NDR eingeladen worden waren, an der Recherche teilzunehmen. Die Rohfassung der Interviews wurde mittlerweile von der Berliner Zeitung bereitgestellt. Warum enthält der NDR die eindeutigen Informationen zur gezielten Manipulation der öffentlichen Meinung durch die US-Regierung auch in Deutschland seinem Publikum vor, wenn das Thema Wahlbeeinflussung aktuell einen so hohen Stellenwert hat?

Rechercheverbund arbeitet mit zweierlei Maß

Der Rechercheverbund NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung arbeitet offensichtlich mit zweierlei Maß. Jede kleinste Information – selbst bei unsicherer Quellenlage – zu einer möglichen russischen Beeinflussung der politischen Meinungsbildung im Westen wird veröffentlicht, während handfeste Belege für eine US-amerikanische Beeinflussung unter den Teppich gekehrt werden. Der NDR verstößt mit seiner Entscheidung eindeutig gegen das Gebot der Ausgewogenheit seiner Berichterstattung, die im Medienstaatsvertrag vereinbart ist. Dort ist unter Paragraph 26, Absatz 2 festgelegt, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bei der Erfüllung ihres Auftrags „zur Gewährleistung einer unabhängigen, sachlichen, wahrheitsgemäßen und umfassenden Information und Berichterstattung“ verpflichtet sind. Ferner sollen sie, so heißt es weiter, in ihren Angeboten „eine möglichst breite Themen- und Meinungsvielfalt ausgewogen darstellen“.

Innenministerium liefert keine Belege für die russische Einflussnahme über „Voice of Europe“

Die bis nach Deutschland reichende Beeinflussung der politischen Meinung durch die US-Regierung über die Finanzierung und Steuerung eines der größten journalistischen Investigativ-Netzwerke ist nicht die einzige Parallele mit Wurzeln in den USA zu den von den deutschen Nachrichtendiensten, vom Innenministerium und von den Medien hoch aufgehängten russischen Manipulationsversuchen. Auch die bereits im ersten Teil dieser Beitragsserie angesprochene Aufdeckung der prorussischen Propagandaplattform „Voice of Europe“ hat sehr prominente Pendants.

Es soll eine der „spektakulärsten Enttarnungen von Russlands langem Arm“ gewesen sein, meldete das ZDF im Mai. Das Propagandamedium „Voice of Europe“ soll genutzt worden sein, „um europäische Politiker zu schmieren und Desinformationen zu verbreiten“. Als Finanzier gelte der „Oligarch“ Viktor Medwedtschuk, der lange Zeit der wichtigste prorussische Oppositionspolitiker der Ukraine war. Das Innenministerium und der Verfassungsschutz verwenden dieses Beispiel als einen der wichtigsten Belege für die russische Beeinflussung der deutschen Politik.

Auf eine Kleine Anfrage der Gruppe der Linken im Bundestag, welche Erkenntnisse der Bundesregierung – abgesehen von den in den Medien veröffentlichten Informationen – zur Einflussnahme und Finanzierung von „Voice of Europe“ vorliegen, verweigerte die Regierung die Antwort. Als Gründe nannte sie das „Staatswohl“ und den Schutz laufender Ermittlungen. Die erbetenen Informationen zielten teilweise auf „nachrichtendienstliche Methodiken und Arbeitsweisen“ der Sicherheitsbehörden des Bundes, welche im Hinblick auf deren künftige Aufgabenerfüllung „besonders schutzbedürftig“ seien. Während es sich bei der Einflussnahme von „Voice of Europe“ auf die deutsche Politik also offiziell nur um Vermutungen handelt und die Bundesregierung sich hinsichtlich konkreter Erkenntnisse in Schweigen hüllt, finden sich konkrete Belege für ähnliche Formen der Einflussnahme der USA auf einflussreiche deutsche Politiker und Medien.

US-Einflussnahme auf den Kanzlerkandidaten der CDU/CSU sowie auf den Spiegel

Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU, Kanzlerkandidat und – gemessen an den Umfragen – zukünftiger deutscher Bundeskanzler, hat zwischen 2016 und 2020 als Aufsichtsratsvorsitzender von BlackRock Asset Management Deutschland laut Informationen des Spiegels jährlich ein Einkommen im unteren bis mittleren sechsstelligen Bereich erhalten. BlackRock ist eine US-amerikanische Investmentgesellschaft und mit über zehn Billionen Dollar an verwaltetem Vermögen (das entspricht ungefähr dem Dreifachen des jährlichen Bruttoinlandsprodukts Deutschlands) der größte Vermögensverwalter und Finanzdienstleister der Welt. Zudem war Merz von 2005 bis 2021 als Partner beziehungsweise Senior Counsel (höchstgestellter Anwalt) für die deutsche Niederlassung der US-amerikanischen elitären und global tätigen Anwaltskanzlei Mayer Brown tätig. Nach eigenen Aussagen soll Merz in seiner Zeit als Anwalt und Lobbyist für BlackRock ein Jahresgehalt von einer Million Euro erzielt und damit ein Vermögen von zwölf Millionen Euro angehäuft haben.

Während einerseits lediglich die Vermutung, dass AfD-Politiker Geld von einem prorussischen ukrainischen Oligarchen erhalten haben sollen, als Grund für Warnungen der deutschen Sicherheitsbehörden vor einer russischen Einflussnahme herhalten muss, wird andererseits der Elefant im Raum – ein durch Tätigkeiten für US-Unternehmen reich gewordener transatlantischer Lobbyist und zukünftiger Bundeskanzler – schlichtweg übersehen. Auch in den Medien ist eine US-Einflussnahme auf die deutsche Politik über diesen Weg kein Thema. Könnte es sein, dass deutsche Medien hierzu schweigen, weil sie selbst Geld aus den USA erhalten?

Man braucht nicht lange suchen, um konkrete Belege dafür zu finden. Der Spiegel, eines der einflussreichsten Medien in Deutschland, hat seit 2018 zweckgebundene Förderungen in Höhe von insgesamt über 5,4 Millionen Dollar von der Bill & Melinda Gates Stiftung erhalten. Bill Gates gehört mit einem Vermögen von knapp 107 Milliarden Dollar zu den 25 reichsten Menschen der Welt. Seine Stiftung ist der größte private Geldgeber der Weltgesundheitsorganisation sowie von „Gavi, die Impfallianz“. Aufgrund seines politischen Einflusses erfüllt Gates die Bedingungen, anhand derer russische oder ukrainische Großunternehmer in westlichen Medien „Oligarchen“ genannt werden.

Der Spiegel behauptet, die Gates-Stiftung nehme „inhaltlich keinen Einfluss“ und sei „redaktionell zu keinem Zeitpunkt an der Entstehung von Artikeln“ beteiligt. Allerdings hätte das Nachrichtenmagazin die Förderung nicht erhalten, wenn es nicht im Sinne des Zwecks der Zuwendung, „Globale Gesundheit und Entwicklung“ sowie „Sensibilisierung der Öffentlichkeit und Analyse“, berichtet hätte.

Indirekte Parteispenden aus den USA für SPD, Grüne und Linke

Parteispenden aus dem Ausland sind laut Parteiengesetz in Deutschland bis auf einige geregelte Ausnahmen verboten. Großspenden von US-Stiftungen sind definitiv nicht erlaubt. Der Bericht des Bundestages über Parteispenden im Jahr 2024 zeigt, dass im Rahmen der Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg Spenden in Höhe von über 460.000 Euro von der „Kampagnen-Organisation“ Campact an Bündnis 90/Die Grünen, die Linke und die SPD geflossen sind – zum Teil an die Direktkandidaten in den Wahlbezirken. Das ist deshalb brisant, weil Campact laut der eigenen Transparenzberichte in den letzten Jahren Spenden von ausländischen Stiftungen erhalten hat, darunter auch in erheblichem Maße von den Open Society Foundations des US-amerikanischen Börsenspekulanten George Soros und von der ClimateWorks Foundation des US-amerikanischen Lobbyisten Hal Harvey. ClimateWorks wird wiederum von der Hewlett Foundation des Mitbegründers von Hewlett-Packard, Bill Hewlett, sowie einer Reihe anderer US-amerikanischer Stiftungen finanziert.

Hal Harvey hat auch die deutschen Lobby-Organisationen „Agora Energiewende“ und „Stiftung Klimaneutralität“ gegründet, die seit Jahren über einen Drehtüreffekt mit mehreren Ministerien Einfluss auf die deutsche Politik nehmen. Hauptspender beider Vereinigungen ist die Climate Imperative Foundation, eine US-Stiftung, in der Harvey den Vorsitz innehat. Einer der Großspender der Climate Imperative Foundation ist die Walmart-Familie, die mit einem Vermögen von 432 Milliarden Dollar die reichste Familie der Welt ist.

Aufgrund des politischen Engagements ihrer Stiftungen müsste man auch die Walmart-Familie, die Multimilliardäre George Soros und Bill Hewlett sowie die vielen anderen US-amerikanischen Stiftungsgründer „Oligarchen“ nennen, anstatt die beschönigende Bezeichnung „Philanthropen“ (auf Deutsch: Menschenfreunde) zu verwenden. Unabhängig davon, ob über den Umweg deutscher Lobbyorganisationen das Parteiengesetz umgangen wird, nehmen US-amerikanische Oligarchen über die Finanzierung von Campact, Agora Energiewende und Stiftung Klimaneutralität nicht nur Einfluss auf die politische Meinungsbildung in Deutschland, sondern ganz konkret auch auf die Entscheidungen der Bundesregierung.

Auch Innenministerium arbeitet mit zweierlei Maß

An den Beispielen für die Beeinflussung der politischen Meinungsbildung in Deutschland durch die US-Regierung und US-Oligarchen wird deutlich, dass auch das Innenministerium und die Nachrichtendienste mit zweierlei Maß arbeiten. Auf eine Nachfrage der NachDenkSeiten, warum das Innenministerium sich über konkrete Hinweise und Belege einer US-amerikanischen Beeinflussung der deutschen Meinungsbildung ausschweigt, antwortete die Pressestelle der Behörde:

Die Bundesregierung warnt ganz grundlegend vor möglichen Versuchen der Einflussnahme fremder Staaten im Zusammenhang mit der Bundestagswahl 2025. (…) Dabei wird grundsätzlich kein einzelner Staat direkt in das Zentrum einer Warnung gestellt. Vielmehr geschieht dies ausschließlich in begründeten Einzelfällen. Beispielsweise haben vor der Europawahl unsere Sicherheitsbehörden zusammen mit europäischen Partnern eine massive russische Einfluss- und Lügenkampagne aufgedeckt.“

Damit schließt sich das Innenministerium in seiner Kommunikation den einflussreichen deutschen Medien an, nicht belegte Behauptungen mantraartig so lange zu wiederholen, bis sie wie Fakten erscheinen. Die Folge dieses „Beweises durch Wiederholung“ ist, dass kaum noch jemand die Belege für den „begründeten Einzelfall“ der „massiven russischen Einfluss- und Lügenkampagne“ hinterfragt und dass konkrete Hinweise auf eine US-amerikanische Beeinflussung in der öffentlichen Wahrnehmung vollkommen ausgeblendet werden.

Dass für diese Beeinträchtigung der logischen Denkfähigkeit nicht nur elitäre transatlantische Lobbyorganisationen, wie sie im zweiten Teil dargestellt wurden, verantwortlich sein können, sondern auch grundlegende, Jahrzehnte gewachsene mediale Strukturen, zeigt eine nähere Betrachtung der Verbreitung von Nachrichten in den klassischen und sozialen Medien sowie über Suchmaschinen.

Einflussnahme der USA über Nachrichtenagenturen

Eine aktuelle Studie der Universität Zürich stellt fest, dass jeder dritte Beitrag (29 Prozent) einer Auswahl von in Nordrhein-Westfalen genutzten regionalen und überregionalen Offline- und Online-Medienangeboten auf einer Meldung von Nachrichtenagenturen basiert. Bei knapp 25 Prozent der untersuchten Beiträge fehlte die Quellennennung, sodass „ein (deutlich) höherer Anteil an Agenturmaterial nicht ausgeschlossen werden“ könne. 87 Prozent der verwendeten Agenturmeldungen stammten von der Deutschen Presseagentur (DPA).

Die DPA ist 2013 eine langfristige Vertriebspartnerschaft mit der US-amerikanischen Nachrichtenagentur Associated Presse (AP) eingegangen. AP gilt als die größte Nachrichtenagentur der Welt und ist neben Reuters und Agence France-Presse (AFP) eine der drei Agenturen, von denen der größte Teil der in der westlichen Hemisphäre verbreiteten internationalen Nachrichten stammt. Es ist also davon auszugehen, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil der im deutschsprachigen Raum durch die DPA vertriebenen internationalen Nachrichten auf Informationen von AP basieren.

AP ist nach Angaben von Wikipedia ein genossenschaftlicher Verein mit 3.300 Mitarbeitern, der Nachrichten produziert, die an seine Mitglieder, die großen amerikanischen Tageszeitungen sowie Radio- und Fernsehsender, verteilt werden. Die von AP produzierten Nachrichten basieren wiederum unter anderem auf Informationen, die aus den Beiträgen seiner Mitglieder entnommen sind. Darauf verweist die folgende Standardformulierung, die sich in verschiedenen US-Tageszeitungen wiederfindet:

The Associated Press is entitled exclusively to use for republication of all news dispatches credited to it or not otherwise credited in this paper and all local news of spontaneous origin published herein.“ („Associated Press hat das ausschließliche Recht, alle ihr zugeschriebenen oder nicht anderweitig zugeschriebenen Nachrichten sowie alle hier veröffentlichten lokalen Nachrichten spontanen Ursprungs zur Wiederveröffentlichung zu verwenden.“)

Wer genau Mitglied bei AP ist, ist öffentlich nicht einsehbar. Allerdings findet sich die oben genannte Standardformulierung im Kleingedruckten älterer Printausgaben von US-Zeitungen, sodass man hierüber einzelne Mitglieder identifizieren kann. Demnach sind – oder zumindest waren – auch die New York Times und die Washington Post Mitglieder bei AP. Beide gehören neben dem Wall Street Journal und USA Today zu den vier größten Tageszeitungen in den Vereinigten Staaten. Auch USA Today war lange Zeit AP-Mitglied und hat Anfang 2024 aus finanziellen Gründen seinen Austritt angekündigt.

Seit 2013 befindet sich die Washington Post im Besitz von Amazon-Gründer Jeff Bezos, der sich seit einigen Jahren mit Elon Musk abwechselt, den Titel des reichsten Menschen der Welt innezuhaben. Die frei gehandelten Aktien der „The Washington Post Company“ befinden sich zudem größtenteils in den Händen von US-Investmentgesellschaften wie BlackRock und Vanguard. Die New York Times wird seit Ende des 19. Jahrhunderts von der Familie Ochs/Sulzenberger herausgegeben und gehört zur „The New York Times Company“. Die frei gehandelten Aktien sind wie bei der Washington Post größtenteils im Besitz von US-Investmentfirmen, genauso wie die frei handelbaren Aktien des Eigentümers von USA Today, des Unternehmens Gannett.

Über den Umweg der Nachrichtenagenturen AP und DPA finden sich Informationen aus US-Medien, die wiederum zum Teil im Besitz von US-Oligarchen und US-Vermögensverwaltern sind, auch in deutschen Medien wieder. Kritische aktuelle wissenschaftliche Studien zum Einfluss der Vereinigten Staaten über AP oder andere US-Leitmedien auf die politische Meinungsbildung in Deutschland sind nicht zu finden.

US-Regierung übte Druck auf größte Nachrichtenagentur der Welt aus

Auch aktuelle wissenschaftliche Untersuchungen zum Einfluss der US-Regierung auf die Nachrichtenagentur AP und die Medien im Allgemeinen sind unauffindbar. Das erstaunt, da 2009 niemand anderes als der damalige Präsident von Associated Press Tom Curley in einer Rede im US-Bundesstaat Kansas vor der wachsenden Einflussnahme der US-Regierung und des US-Militärs auf die freie Berichterstattung gewarnt hat. Führende Kommandeure hätten ihm zu verstehen gegeben, dass man die AP und ihn zerstören werde, wenn er und die Nachrichtenagentur weiterhin auf journalistische Prinzipien bestehen würden.

In seiner Rede stellte Curley Fragen wie:

  • „Sollte die US-Regierung Webseiten betreiben, die sich als unabhängige Nachrichtenagenturen ausgeben?“
  • „Sollte das Militär Geschichten in ausländischen Zeitungen platzieren?“
  • „Sollten die Vereinigten Staaten versuchen, die öffentliche Meinung mit Täuschungen sowohl hier als auch im Ausland zu beeinflussen?“

Zudem hatte AP zum damaligen Zeitpunkt herausgefunden, dass das Pentagon in den 2000er-Jahren seine Ausgaben für die Öffentlichkeitsarbeit drastisch gesteigert hat. Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums lägen die jährlichen Kosten hierfür bei 4,7 Milliarden Dollar. 27.000 Mitarbeiter beschäftige das Pentagon in der Öffentlichkeitsarbeit. 2013 kam heraus, dass Telefonate von AP-Mitarbeitern vom US-Justizministerium abgehört wurden.

Einflussnahme der USA über soziale Medien

Im Gegensatz zur dürftigen Forschungslage hinsichtlich der Einflussnahme der US-Regierung und der klassischen US-Medien auf die Politik in Deutschland finden sich zum Thema „Einfluss der sozialen Medien auf die politische Meinungsbildung“ eine ganze Reihe an aktuellen wissenschaftlichen Studien. Der Tenor der Forschung lässt sich jedoch mit der Warnung vor Filterblasen und Echokammern, Polarisierung, Desinformation, populistischen Diskursen und der Verbreitung extremistischer Inhalte zusammenfassen. Studien, die sich mit der Zensur in sozialen Medien und Suchmaschinen befassen, fokussieren vornehmlich auf Länder wie China und den Iran. Eine Untersuchung, die die Besitzverhältnisse der sozialen Medien und Suchmaschinen in den Vordergrund rückt, sucht man vergeblich. Dabei ist diesbezüglich die Konzentration von US-Unternehmen und ihren vermögenden Gründern, Eignern und Geschäftsführern noch viel größer als im klassischen Nachrichtenbereich.

Den höchsten Marktanteil bei Social-Media-Plattformen in Deutschland hat Facebook, gefolgt von Instagram, Pinterest, X und YouTube – allesamt US-Firmen. Deren Gründer beziehungsweise Eigner gehören größtenteils zu den reichsten 25 Menschen der Welt (Facebook und Instagram: Mark Zuckerberg, X: Elon Musk, YouTube: Larry Page und Sergey Brin). Die Standorte der Server dieser Unternehmen befinden sich fast ausschließlich in den Vereinigten Staaten und Europa. Meta, der Mutterkonzern von Facebook, Instagram und WhatsApp, betreibt zusätzlich ein Datencenter in Singapur. Google, das wie YouTube zu dem Mutterkonzern Alphabet gehört, betreibt neben seinen Standorten in den USA und Europa jeweils ein Datencenter in Japan, Singapur und Taiwan.

Auch die Serverstandorte der von dem chinesischen Unternehmen Bytedance betriebenen Social-Media-Plattform TikTok befinden sich nicht in China, sondern in den USA und Europa sowie in Singapur, in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Indonesien, Südkorea und Japan. Die Verlegung der Standorte in die USA und nach Europa geschah jedoch nicht freiwillig, sondern um einer drohenden Sanktionierung in den Vereinigten Staaten sowie einem ähnlichen Bann in Europa zu entgehen. „Die Quintessenz ist, dass diese amerikanischen Daten auf amerikanischem Boden von einem amerikanischen Unternehmen gespeichert werden, das von amerikanischem Personal überwacht wird“, sagte der TikTok-Präsident Shou Chew 2023 in einer Anhörung vor dem US-Kongress.

Trotzdem haben die Vereinigten Staaten Anfang 2024 ein Gesetz erlassen, das Bytedance dazu zwingt, sein TikTok-Geschäft in den USA bis zum 19. Januar 2025 zu verkaufen. Ansonsten droht ein Verbot der Plattform in den Vereinigten Staaten. Die Nutzung von TikTok ist bereits auf Geräten der US-Regierung sowie auf behördlichen Geräten in vielen US-Bundesstaaten und Geräten vieler Hochschulen in den USA verboten. Der künftige US-Präsident Donald Trump hat nun das Oberste Gericht in den USA gebeten, die Umsetzung des Gesetzes aufzuschieben.

Als Grund für die Einschränkungen TikToks werden nationale Sicherheitsrisiken sowie die Möglichkeit der chinesischen Regierung, auf Daten der Social-Media-Plattform zugreifen zu können, um Amerikaner auszuspionieren, genannt. Dass dies vorgeschoben ist, haben das Verbot russischer Medien in den USA und Europa, die Zensur regierungskritischer Inhalte in den sozialen Medien in der Corona-Krise sowie die Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden offenbart. Denn tatsächlich geht es eher um die Kontrolle der Inhalte und damit um die Hoheit über diejenigen Medien, welche die politische Meinungsbildung im eigenen Land und Ausland maßgeblich beeinflussen.

Soziale Medien kooperierten mit der US-Regierung

Dass man die Daten der Social-Media-Plattformen im Grunde vor dem Zugriff der Regierungen der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und Deutschlands sowie deren jeweiligen Geheimdiensten schützen müsste, haben 2013 die Enthüllungen von Edward Snowden gezeigt. Durch die von ihm veröffentlichten Daten der National Security Agency (NSA) wurde bekannt, dass der US-Geheimdienst in großem Umfang die Telekommunikation und insbesondere das Internet global und verdachtsunabhängig überwacht. Auch der Bundesnachrichtendienst (BND) in Deutschland sowie der britische Nachrichtendienst Government Communications Headquarters (GCHQ) haben diesbezüglich mit der NSA kooperiert.

Dass die US-Regierung auch erfolgreich Druck auf Facebook ausgeübt hat, die Meinungsfreiheit hinsichtlich COVID-19 und der sogenannten „Ukraine-Affäre“, in die der Sohn des scheidenden US-Präsident Joe Biden verwickelt war, einzuschränken, belegt ein Offener Brief des Meta-Präsidenten Mark Zuckerberg an den Vorsitzenden des Justizausschuss des Senats der Vereinigten Staaten aus dem August. Darin wirft Zuckerberg der US-Regierung unter Biden vor, Facebook „monatelang wiederholt“ unter Druck gesetzt zu haben, „bestimmte COVID-19-Inhalte, einschließlich Humor und Satire, zu zensieren“. Aufgrund dieses Drucks hätte die Social-Media-Plattform „COVID-19-bezogene Änderungen“ vorgenommen. Einige diesbezügliche Entscheidungen würde Facebook „im Nachhinein und mit neuen Informationen heute nicht mehr treffen“, so Zuckerberg. Ähnlich äußerte sich der Präsident der Social-Media-Plattform zu den Warnungen der US-amerikanischen Bundespolizei Federal Bureau of Investigation (FBI) vor einer angeblichen russischen Desinformationskampagne bezüglich der Familie von Joe Biden, die sich im Nachhinein als falsch herausgestellt hatten.

Im Rahmen der Übernahme von Twitter, heute X, durch Elon Musk konnten mehrere von Musk beauftragte Journalisten anhand der aufgedeckten internen Kommunikation des Unternehmens belegen, dass die Twitter-Führung eine große Menge an Daten mit staatlichen Behörden wie dem FBI ausgetauscht und während der Corona-Krise maßnahmenkritische Wissenschaftler und Aktivisten mit einer Reichweitendrosselung belegt hat. Auch kam heraus, dass die Twitter-Verantwortlichen den Demokraten 2020 indirekt Wahlkampfhilfe leisteten, indem sie einen Artikel der New York Post über problematische Geschäfte von Joe Bidens Sohn Hunter Biden mit dem ukrainischen Gasunternehmen Burisma unterdrücken ließen.

Einflussnahme der USA über Suchmaschinen

Bei den Suchmaschinen wird der Einfluss der USA auf die politische Meinungsbildung in Deutschland noch deutlicher. Denn ähnlich wie für viele Menschen, die sich ausschließlich über den medialen Mainstream informieren, davon abweichende Fakten und Meinungen entweder grundsätzlich Desinformation sind oder schlichtweg nicht existieren, bestimmen auch die ersten zehn Treffer bei Suchanfragen, was die Menschen über zentrale Themen der Zeitgeschichte denken. Mit einem Marktanteil in Deutschland von über 90 Prozent hat Google quasi eine Monopolstellung bei den Suchanfragen. An zweiter Stelle mit etwas über fünf Prozent rangiert Bing von Microsoft. Über 96 Prozent der Deutschen nutzen also US-Suchmaschinen, deren Gründer zu den reichsten Menschen der Welt gehören.

Googles Erfolg gründete einst auf dem innovativen PageRank-Algorithmus, nach dem die Reihenfolge der Suchergebnisse auf der Anzahl und der Wichtigkeit der Verlinkung von Dokumenten im World Wide Web basierte. Eine Studie von 2019 in den USA weist jedoch auf „ein beträchtliches Maß an Quellenkonzentration“ von Suchergebnissen bezüglich aktueller Nachrichten bei Google hin. Die Ergebnisse der Untersuchung würden zeigen, dass die Mehrheit der Suchergebnisse „auf nur 20 Nachrichtenquellen“ entfallen, die alle als „nationale Mainstream-Nachrichtenquellen“ angesehen werden können.

Dass dies auch für Deutschland gilt, kann man selbst feststellen, indem man beispielsweise nach dem Schlüsselwort „RKI-Protokolle“ sucht. Die Veröffentlichung eines in vielen Abschnitten geschwärzten Teils der lange unter Verschluss gehaltenen Aufzeichnungen der internen Abstimmungsprozesse der obersten deutschen Gesundheitsbehörde in der Corona-Krise wurde von dem Nachrichtenmagazin Multipolar gerichtlich erstritten. Die vollständigen ungeschwärzten Protokolle wurden schließlich von einem Whistleblower geleakt und von der Journalistin Aya Velázquez veröffentlicht. Bei einem relevanten Suchergebnis würde man diese beiden Quellen unter den ersten zehn Treffen erwarten. Tatsächlich finden sich dort zum Zeitpunkt der Abfrage (28. Dezember 2024) jedoch vier Links zum RKI, jeweils ein Link zur ARD, zum ZDF, zum Deutschlandfunk, zu Wikipedia und zum Bundestag sowie Verweise auf Videos vom ZDF und WDR. Selbst in den darauffolgenden 90 Suchtreffern findet sich kein einziger Link zu Multipolar oder der Webseite von Aya Velázquez.

Ähnliche Erfahrungen kann man machen, wenn man nach Informationen zu dem Satz „Sicht der russischen Regierung auf den Krieg in der Ukraine“ sucht. Seit 2013 ist Google in der Lage, ganze Sätze bei der Suchanfrage zu analysieren. Unter den ersten zehn Treffern zum Zeitpunkt der Abfrage (28. Dezember 2024) finden sich Verweise zu Dokumenten der ARD, des ZDF, der Bundesregierung, der Europäischen Union, der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg sowie zu der transatlantischen Lobbyorganisation German Council on Foreign Relations und zur regierungsnahen deutschen Denkfabrik Stiftung Wissenschaft und Politik. Alle verlinkten Dokumente geben ausschließlich die deutsche beziehungsweise EU-Sicht auf den Konflikt wieder oder warnen vor russischer Desinformation. Auch unter den folgenden 90 Treffen findet sich kein Verweis auf ein Dokument, das die Sichtweise des Kremls darlegt, wie sie beispielsweise auf der Webseite der russischen Botschaft in Peking dargestellt ist.

Einflussnahme der USA über Unterhaltungsproduktionen

Der Einfluss der US-Regierung auf US-amerikanische Film- und Fernsehproduktionen ist mehrfach belegt. Eine ARD-Analyse der Programmprofile der deutschen Fernsehsender stellt fest, dass 2023 das Herkunftsland der fiktionalen Unterhaltung bei den privaten Anbietern mehrheitlich die Vereinigten Staaten war. Spitzenreiter war der Sender VOX mit einem Anteil von knapp 95 Prozent. Bei der ARD lag der Anteil von US-Produktionen bei zwei, beim ZDF bei sechs Prozent.

Der Anteil der USA bei den Herkunftsländern der in den deutschen Kinos erstaufgeführten Spielfilme lag 2022 bei 22 Prozent. Von den sieben beliebtesten Video-on-Demand-Dienstleistern in Deutschland kommen sechs aus den USA. WOW, der einzige deutsche Anbieter, stellt unter anderem Serien des US-Senders HBO bereit.

Während bereits Kinder und Jugendliche ungehindert Film- und Fernsehproduktionen konsumieren können, die zum Teil mit Unterstützung der US-Regierung hergestellt werden und unverblümt US-amerikanische Kriegspropaganda darstellen, werden russische Künstler seit 2022 mit Boykott oder gar Sanktionen belegt. Es ist zu befürchten, dass viele Menschen, die von Kindesbeinen an gewohnt sind, US-amerikanischer Beeinflussung ausgesetzt zu sein, auch als erwachsene Konsumenten von Mainstream-Medien kaum in der Lage sind, eindeutige US-amerikanische Narrative im täglichen Nachrichtenfluss zu erkennen.

Zusammenfassung der Erkenntnisse

Die dreiteilige Beitragsserie hat mehrere Umstände aufgezeigt, die der gängigen Berichterstattung in den einflussreichen Medien in Deutschland sowie den Darstellungen der Bundesregierung widersprechen. Erstens ist die Behauptung, Russland führe eine „massive Einfluss- und Lügenkampagne“ sowie einen hybriden Krieg zur Beeinflussung der politischen Meinungsbildung in Deutschland, größtenteils nicht belegt und basiert lediglich auf Vermutungen. Selbst auf Nachfrage von Bundestagsabgeordneten verweigert das Innenministerium die Aussage zu konkreten Belegen. Zudem hat sich bereits in der jüngsten Vergangenheit herausgestellt, dass derartige Behauptungen größtenteils falsch waren.

Zweitens wurde dargestellt, dass auch die Vereinigten Staaten ein großes Interesse daran haben, die politische Meinungsbildung in Deutschland sowie den Ausgang der Bundestagswahl in ihrem Interesse zu beeinflussen. Aufgrund der Einbindung von Spitzenpolitikern und Top-Journalisten in transatlantische und elitäre Lobbyorganisationen haben sie dazu deutlich mehr Möglichkeiten als Russland.

Drittens wurde gezeigt, dass es zu den vermuteten Gründen einer russischen Einflussnahme mindestens ebenbürtige Beispiele einer US-amerikanischen Beeinflussung gibt, die sich konkret belegen lassen. Würde man die gleichen Maßstäbe anlegen, die dazu führen, vor einer russischen hybriden Kriegsführung zu warnen, müssten deutsche Sicherheitsbehörden und das Innenministerium hauptsächlich vor der Gefahr einer US-amerikanischen Einflussnahme auf die politische Meinungsbildung in Deutschland und auf die Bundestagswahl warnen.

Viertens stellt sich heraus, dass aufgrund jahrzehntelang gewachsener Strukturen bei der Verbreitung von Nachrichten und Unterhaltung sowie deren Kontrolle die Vereinigten Staaten deutlich mehr Möglichkeiten haben, die politische Meinungsbildung in Deutschland zu beeinflussen, als jeder andere Staat auf der Welt – und davon auch aktiv und bewusst Gebrauch machen. Nicht nur sind Teile der klassischen US-Medien und fast ausschließlich alle sozialen Medien und Suchmaschinen, die in Deutschland genutzt werden, in den Händen von US-amerikanischen Multimilliardären, die man aufgrund ihres politischen Einflusses durchaus als „Oligarchen“ bezeichnen kann. Es gibt sogar konkrete Belege, dass die US-Regierung erfolgreich Einfluss auf diese Medien nimmt, was auch Auswirkungen auf Deutschland hat.

Die USA gewinnen den hybriden Krieg in Deutschland

Die Regierungen der Vereinigten Staaten haben in der Vergangenheit – unabhängig davon, wer Präsident war – Russland stets zu ihrem Gegner erklärt. Vor dem Krieg in der Ukraine lag der Anteil Russlands am US-Außenhandel bei unter einem Prozent. Im Gegensatz dazu war Russland der wichtigste Rohöl- und Erdgaslieferant Deutschlands. Dass die EU-Wirtschaftssanktionen gegen Russland, für die die Bundesregierung gestimmt hat, nicht im Interesse der deutschen Wirtschaft und der deutschen Bevölkerung sind, haben die Steigerung der Energiekosten sowie die darauffolgende hohe Inflationsrate deutlich gemacht.

Wenn die Wählerschaft in Deutschland sich trotz einer mindestens gleichwertigen US-Propaganda und einer nur einseitigen Warnung vor russischer Propaganda vermehrt für Parteien entscheidet, die sich gegen eine weitere Unterstützung der Ukraine wenden und für eine Wiederaufnahme russischer Energielieferungen plädieren, ist dies nicht zwangsläufig der Erfolg russischer Einflussnahme. Als Grund dafür sind spürbare Wohlstandseinbußen sowie eine schrumpfende Wirtschaft viel naheliegender. Es drängt sich der Verdacht auf, dass es sich bei der einseitigen und nicht belegten Warnung vor einer hybriden Kriegsführung Russlands, die Wähler oppositioneller Parteien pauschal diskreditiert, selbst um eine massive Einfluss- und Lügenkampagne der Bundesregierung, der ihr unterstellten Sicherheitsbehörden und der Medien handelt.

Geht man davon aus, dass nicht nur Russland, sondern auch die USA in Deutschland einen hybriden Krieg führen und die politische Meinungsbildung beeinflussen, dann muss man nüchtern feststellen, dass die Vereinigten Staaten diesen Konflikt aktuell gewinnen. Sowohl die derzeit noch amtierende Bundesregierung als auch die Unionsparteien, die den Umfragen zufolge die Bundestagswahl im Februar gewinnen und den nächsten Bundeskanzler stellen werden, setzen sich weiterhin unbeirrt für die Sanktionen gegen Russland und die Unterstützung der Ukraine ein – trotz immer schlechterer Wirtschaftszahlen. Dabei werden sie – mit punktuellen Ausnahmen – von den einflussreichen Medien Deutschlands unterstützt.

Das Narrativ einer russischen Einflussnahme gefährdet die demokratischen Grundrechte

Aus historischer Sicht erschreckend und kurzsichtig ist, wie sowohl Spitzenpolitiker und Nachrichtendienste als auch viele einflussreiche Journalisten argumentieren. Einerseits werden die „regelbasierte internationale Ordnung“ und die „westlichen Werte“ angeführt. Die regelbasierte internationale Ordnung ist im Gegensatz zur UN-Charta nirgendwo definiert und wurde in der Vergangenheit insbesondere von den USA genutzt, um das Gewaltverbot der Vereinten Nationen zu umgehen. Auf der Basis von selbst konstruierten, vagen und den eigenen Interessen dienenden Regeln haben die Vereinigten Staaten völkerrechtswidrige Kriege sowie offene und verdeckte militärische Einsätze geführt, bei denen sie von den NATO-Staaten – auch Deutschland – unterstützt wurden.

„Westliche Werte“ mögen für viele im Westen lebende Menschen als moralische Überlegenheit gegenüber Ländern wie China, das von einer Parteiendiktatur regiert wird, wahrgenommen werden. Doch wer in Ländern wie Serbien, Afghanistan oder Irak lebt und das „Abweichen“ des Westens von seinen Werten am eigenen Leib erfahren hat, wird höchstwahrscheinlich eine andere Sichtweise einnehmen. Die folgenschweren Verstöße der USA und seiner Verbündeten gegen das Völkerrecht mit Hunderttausenden offiziellen Opfern als „Abweichungen“ oder „Ausnahmen“ herunterzuspielen, könnte in anderen Weltregionen – sowie von entsprechend informierten Menschen hierzulande – durchaus als zynisch und selbstgefällig wahrgenommen werden.

Andererseits wird sämtlichen Kritikern der Sanktionen gegen Russland und der Waffenlieferungen an die Ukraine pauschal die Verbreitung russischer Narrative vorgeworfen. Dies steht sogar explizit in der Analyse zur Gefährdung der Bundestagswahl des Verfassungsschutzes. Im Kontext des russischen Informationskriegs heißt es im entsprechenden Dokument:

Immer wieder bespielte Themen sind die Eskalationsdominanz Russlands, vermeintliche ‚Russophobie‘, Fragen von Energie und Wirtschaftslage, Falschbehauptungen zur Ukraine sowie Attacken auf Politik und Personen der Bundesregierung und des Parlaments.“

So könnte auch dieser Beitrag, in dem im Grunde nur die bestehenden Umstände wertfrei analysiert und daraus logische Schlussfolgerungen gezogen werden, vom Verfassungsschutz als Verbreitung russischer Narrative eingeordnet werden. Doch wenn Tatsachen als Propaganda verklärt werden, ist das selbst eine Form von Propaganda. Die hohen Energiepreise und die negative wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland sind nicht die Folge des „Überfalls Russlands auf die Ukraine“ (Bundesregierung), sondern die Folge der indirekten Beteiligung Deutschlands an diesem Krieg sowie der EU-Sanktionen gegen Russland.

Welche ungeheuerlichen und demokratiefeindlichen Entscheidungen mit der Behauptung einer russischen Einflussnahme begründet werden, kann aktuell in Rumänien beobachtet werden. Dort hat das Verfassungsgericht den ersten Gang der Präsidentschaftswahl annulliert, weil diese Ziel eines „aggressiven russischen hybriden Angriffs“ (Tagesschau) über die chinesische Social-Media-Plattform TikTok gewesen sein soll. Es ist zu befürchten, dass die transatlantisch vernetzten politischen Eliten in Deutschland zu ähnlichen Maßnahmen greifen, sollte das Ergebnis der anstehenden Bundestagswahl nicht ihren Erwartungen entsprechen. Eine Parallele zur Wahl in Rumänien hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Rede zur Auflösung des Bundestages bereits gezogen. Dabei störte ihn offenbar nicht, dass Russland die TikTok-Kampagne in Rumänien gar nicht finanziert hat, sondern offensichtlich die Partei des noch amtierenden rumänischen Präsidenten Klaus Johannis – und das mit öffentlichen Geldern.

Titelbild: DC Studio/shutterstock.com