Stilblüten auf den NachDenkSeiten 2024

Stilblüten auf den NachDenkSeiten 2024

Stilblüten auf den NachDenkSeiten 2024

Lutz Hausstein
Ein Artikel von Lutz Hausstein

Die Berichterstattung über Politik ist üblicherweise ein ernstes Geschäft. Ernste Themen sollten auch mit seriöser Ernsthaftigkeit behandelt werden. Und in der Politik (oder wegen der Politik?) gibt es ohnehin wenig zu lachen. Doch auch bei den NachDenkSeiten gibt es Situationen, in denen sich beim Lesen überschießende Heiterkeit Bahn bricht. Und zwar genau dann, wenn einem Autor ein Missgeschick passiert ist und er mit einem Schreibfehler den ursprünglichen Sinn eines Satzes konterkariert hat. So gibt es auch in diesem Jahr zum Jahresausklang eine neue Sammlung der besten Stilblüten unserer Autoren. Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen Lutz Hausstein.

Mittlerweile bin ich schon begierig darauf, genau diese Fehler in den Texten unserer Autoren aufzuspüren. Um mich einerseits selbst daran zu ergötzen und um sie andererseits unseren Lesern präsentieren zu können. Doch die Autoren machen es mir immer schwerer. Immer seltener finden sich Fehler, die den Kriterien gerecht werden. Es geht ja hier nicht darum, einfach nur normale Verschreiber in Artikeln ausfindig zu machen. Nein, diese Verschreiber müssen dennoch ein normales Wort oder eine übliche Formulierung ergeben. Erst durch die Falschschreibung im jeweiligen Kontext entfalten sie „Potenzial“. Wie im Folgenden zu lesen ist …


„Ungarischer Militärexperte: Kiew ist stellvertretender Vollstecker Washingtons“

Éva Péli im Interview mit István Resperger, 21. Dezember 2023 – meint: Vollstrecker


„Der Sonntagsanzug ist der Jack-Wolfskin-Jacke gewichen und man pilgert mit Kind und Kegel nicht zur Kirche, sondern zur Anti-AfD-Demo, man sieht und wird gesehen, fühlt und präsentiert sich als rechtschaffender Teil der Gemeinde und geht mit dem Gewissen nach Hause, den Anfängen getrotzt und ein Viertes Reich verhindert zu haben.“

Jens Berger, 6. Februar 2024 – meint: rechtschaffener Teil


„Die Währungsreserven einer Zentralbank haben jedoch – anders also z.B. die Guthaben, die von Banken oder Fondgesellschaften verwaltet werden – rechtlich eine besondere Stellung.“

Jens Berger, 1. März 2024 – meint: Fondsgesellschaften


„In unserem Parlament wimmelt es nur so vor hehren Leuten, mit hehren Idealen, Zielen, Visionen, beobachtet der Besucher des hohen Hauses.“

Frank Blenz, 4. März 2024 – meint: des Hohen Hauses


„Wer will, kann das rosa Leibchen übrigens ab jetzt zum Spotpreis von 160 Euro beim DFB käuflich erwerben.“

Jens Berger, 15 März 2024 – meint: Spottpreis


„Aber diese Erfahrungen hat Putin, der zum einen durch die russischen Regionen reist und zum anderen trotz westlicher Sanktionen auch auf internationalem Paket präsent ist.“

Ulrich Heyden, 18. März 2024 – meint: Parkett


„Ich empfehle das Buch von Tobias Tögel über die neuro-psychologische Kriegsführung der NATO, die Reden von Putin im Wortlaut, die Texte von John Mearsheimer, die YouTube-Clips von Jeffrey Sachs oder vor allem die Schriften von George Kennan, der seit den 1990er Jahren vor einer NATO-Ostererweiterung gewarnt und den Krieg in der Ukraine vorausgesagt hat.“

Marcus Klöcker im Interview mit Ulrike Guerot, 26. März 2024 – meint: NATO-Osterweiterung


„Sie findet klare Worte und fordert eine Amnesie für Strafen, die für Maßnahmenverstöße verhängt wurden.“

Marcus Klöcker im Interview mit Ulrike Guerot, 28. März 2024 – meint: Amnestie


„Laut unseren Leitmedien hatten die Bomben nur das „humanitäre“ Ziel, eine ethische Säuberung in der südserbischen Provinz Kosovo zu verhindern.“

Bernd Duschner, 2. April 2024 – meint: ethnische Säuberung


„Bei der öffentlich-rechtlichen Tagesschau stößt man ebenfalls auf eine gähnende Leere und auch bei den großen Zeitungen herrscht tönendes Schweigen.“

Jens Berger, 9. April 2024 – meint: dröhnendes Schweigen


„Zum einen praktiziert Strack-Zimmermann in der Rede meiner Meinung nach eine sprachliche Verrohung „von Oben“, also eine taubbrechende harte Sprache gegenüber politischen Gegnern – ich finde diese Art der „offiziellen“ Verrohung, also wenn sie von Politikerkanzeln, etablierten Kulturbühnen oder aus großen Redaktionen kommt, viel schädlicher als die „Hasssprache“ von kritischen oder auch extremistischen Bürgern im Internet, unter anderem wegen der negativen Vorbildfunktion.“

Tobias Riegel, 22. April 2024 – meint: tabubrechende


„Auf den größeren Kundgebungen werden neben der DGB-Prominenz auch die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil, der Generalsekretär Kevin Kühnert, die saarländische Monsterpräsidentin Anke Rehlinger, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und die EU-Spitzenkandidatin Katarina Barley ans Mikrofon treten.“

Rainer Balcerowiak, 1. Mai 2024 – meint: Ministerpräsidentin


„Das betrifft nicht nur Kleinbetriebe und Branchen mit sehr schwachem gewerkschaftlichen Organisationsgrad, sondern auch „Leichttürme“ der Industrie und der Handelslogistik wie z.B. Tesla und Amazon.“

Rainer Balcerowiak, 1. Mai 2024 – meint: Leuchttürme


„Obwohl zwischen beiden Staaten damals nur informelle Beziehungen bestanden, pflegte man auf dem internationalen diplomatischen Bankett das Bonmot von „einer Liebesbeziehung ohne Heiratsurkunde“.“

Ramon Schack, 24. Mai 2024 – meint: auf dem internationalen diplomatischen Parkett


„Kontoinhaber ohne Smartphone sollen sich zumindest ein papierenes Ersatzdokument ausdrucken dürfen, als Brandmahl für die im Gutenberg-Zeitalter Hängengebliebenen.“

Ralf Wurzbacher, 27. Mai 2024 – meint: Brandmal


„Ja, man stelle sich vor, der Iran würde die Hisbollah darin bestärken, Raketenabschlussanlagen in Israel mit iranischen Waffen auszuschalten, aber nun gut, nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich.“

Ramon Schack, 29. Mai 2024 – meint: Raketenabschussanlagen


„Selenskyj ist Vertreter eines Landes, in dem Anhänger des Nazi-Kollaborateurs Antonio Bandera ganz offen ihren rechtsradikalen Kult ausleben dürfen – eines Landes, das mit dem unsäglichen Andrij Melnyk sogar einen solchen offenen Bandera-Anhänger als Botschafter nach Deutschland geschickt hatte.“

Tobias Riegel, 7. Juni 2024 – meint: Stepan Bandera (Anmerkung L.H.: Hier brauchte ich mehrere Minuten, bis ich mich davon erholt hatte.)


„Sie nähen das Etikett und einen Aufhänger ein und säubern mit einer feinen Naht die Ränder.“

Karin Leukefeld, 24. Juni 2024 – meint: säumen


„Belegt ist damit jedoch, dass die Hannibal-Direktive trotz gegenseitiger Behauptungen der Regierung nicht ausgesetzt wurde, sondern immer noch in Kraft ist und am 7. Oktober ausgerufen wurde.“

Jens Berger, 9. Juli 2024 – meint: trotz gegenteiliger Behauptungen


„Die Verleihungen des „Leuchtturm“-Preises und des Friedenspreises an Correctiv sind nicht die ersten Ehrungen für das „unabhängige“ Rechenzentrum – nach eigenen Angaben wurde das Projekt seit der Gründung 2014 „mit über 30 Preisen für seine journalistische Arbeit ausgezeichnet.“

Tobias Riegel, 7. August 2024 – meint: Recherchezentrum


„Dann treffen die Richter keine mutigen Entscheidungen, die dem übergriffigen Start in den Arm fallen.“

Marcus Klöckner im Interview mit Volker Boehme Neßler, 15. August 2024 – meint: Staat


„Das ist politische Ignoranz im Endstadion.“

Marcus Klöckner, 31. August 2024 – meint: Endstadium


Landeverband der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) in Sachsen-Anhalt rechnet mit nicht weniger als 24 Millionen Euro an Einbußen, sollten die Pläne umgesetzt werden.“

Ralf Wurzbacher, 12. September 2024 – meint: Landesverband


„Gerade erst musste ein Soldat der Bundeswehr aufgrund seiner Weigerung, sich der Coronaimpfung zu unterziehen, ins Gefängnis – nach, wie vor Gericht bekannt wurde, 20 Jahren tatenloser Dienstzeit bei der „Truppe“.“

Marcus Klöckner, 19. September 2024 – meint: tadelloser Dienstzeit


„Deutschland steckt bereits im zweiten Jahr in einer Rezension, Firmenpleiten haben ein geradezu historisches Ausmaß erreicht.“

Florian Warweg, 10. Oktober 2024 – meint: Rezession


„Die Parole From the river to the see ist recht alt.“

Wolf Wetzel, 28. Oktober 2024 – meint: From the river to the sea


„Deutsche Sonderegel im NATO-Truppenstatut“

Florian Warweg, 31. Oktober 2024 – meint: Sonderregel


„So steht sie da, diese Aussage – geprägt und durchdrängt von einer kaum zu ertragenden Ignoranz.“

Marcus Klöckner, 28. November 2024 – meint: durchtränkt


„Nach gängiger Lesart gilt als „armutsgefährdet“, wer monatlich weniger als 60 Prozent des sogenannten Medieneinkommens zur Verfügung hat, wozu auch sämtliche Transferzahlungen wie Bürger- und Wohngeld zählen.“

Ralf Wurzbacher, 16. Dezember 2024 – meint: Medianeinkommens


Um auch in den kommenden Jahren ausreichend Futter für die „Stilblüten“ als Grund zum Lachen zu haben, möchte ich abschließend unseren Autoren als Losung noch zurufen: Mehr Fehler wagen!

Titelbild: Prostock-studio/shutterstock.com