Was ist nur los in unserem Land? Es geht bergab, in vielen Bereichen, alles befördert durch eine asoziale, arrogante Politik von wenigen für wenige. Ein neuerliches Beispiel: In der sächsischen Provinz, im Politikerdeutsch „ländlicher Raum“ genannt, gibt es seit vielen Jahren eigentlich zwei Theater: in Zwickau und in Plauen. Aus zwei Spielstätten samt Ensemble wurde vor einigen Jahren durch eine unfreiwillige Fusion ein Haus. Dieses Theater ist nun erneut in Gefahr, für 2025 steht sogar die Schließung im Raum. Ein Zwischenruf von Frank Blenz.
Man kennt das ja: Wir müssen sparen. Und nicht anders als gerade in der deutschen Hauptstadt Berlin – es ist schließlich die strahlende Metropole unserer Kulturnation – wird aktuell ebenso in der Provinz des Freistaates die Kultur im Wahn der Kürzungsorgien weiter zurückgedrängt und gar billigend in Kauf genommen, dass Einrichtungen womöglich geschlossen werden und Menschen ihre teils ohnehin prekären Anstellungen verlieren. Auch das Theater Zwickau-Plauen in meiner Heimat steht auf der Kippe. Im Erzgebirge ist das Theater in Annaberg-Buchholz in Gefahr. Die tapferen wie verzweifelten und dennoch machtlosen Kulturschaffenden wehren sich zwar, und das nicht erst in diesem Winter, doch immer wieder müssen sie zurückweichen. Soll das so lange so gehen, bis schließlich alle Vorhänge fallen? Dann wird es still. Kunst und Kultur kann ohnehin weg, nicht wahr?
Weniger ist leer
Sie, liebe Leser, werden das Theaterduo Zwickau-Plauen in Südwestsachsen, in etwa zwischen Leipzig und Hof gelegen, in der Mehrzahl sicher nicht kennen. Den aktuellen Missstand kennen Sie aber sicher schon: den heftigen, allgegenwärtigen Skandal, dass in unseren unsäglichen wie unnötigen Zeitenwende-Zeiten sich vieles bei und gegen uns hin zu einer Gesellschaft entwickelt, die sich alsbald nicht mehr Zivilgesellschaft nennen dürfte. Zumindest sehe ich das so, weil viele zivilisatorische Errungenschaften wegen eines aggressiven, reaktionären, dummen Treibens der Entscheidungsträger nicht bestehen bleiben werden.
Am Beispiel des Theaters in meiner Heimat zeigt sich dieses ganze schändliche Tun, das zudem nicht erst in diesen Wochen und Monaten mehr und mehr Fahrt aufnimmt und darum bei den Erbsenzählern, den Profitorientierten feuchte, zufriedene Augen erzeugt. Das Zurückdrängen des Theaters hat Methode, seit vielen Jahren. Doch nun könnte die letzte Runde eines bisher aussichtslosen Kampfes eingeläutet sein. Das Theater Zwickau-Plauen könnte zumachen.
Man stelle sich vor: Seit 25 Jahren haben sich die finanziellen Zuweisungen des für das Theater zuständigen Konstrukts „Kulturraum“ nicht verändert. Seit dem Jahr 2000 und teilweise auch schon vorher wurden die Daumenschrauben angesetzt, angezogen und dann nicht wieder entfernt. Damals erfolgte eine unfreiwillige Fusion der Häuser und der Ensemble aus Plauen und Zwickau – Stellenabbau, Rationalisierungen, Optimierungen, Synergieeffekte inklusive. Was für eine Freude für die Finanzer. Die Belegschaft beider Häuser schrumpfte auf die Größe eines Hauses und bespielt zwei Häuser in den Sparten Schauspiel, Musiktheater, Chor, Orchester, Puppentheater, Ballett! Die Kulturschaffenden bieten uns bis heute – dem Publikum, uns, der Zivilgesellschaft – großartige Kunst, wundervolle Inszenierungen, Musikvorstellungen, einen umfangreichen Spielplan, Fantasie sowie verantwortungsvolle Kinder- und Jugendarbeit. Und, und, und. Die Theaterleute kürzten bei sich, sie schnallten immer und immer wieder den Gürtel enger: Lohnverzicht, Gagenkürzungen. Die Belegschaft wurde in allen Bereichen weiter reduziert, Werkstätten, Technik, Verwaltung, Werbung. Doch die Arbeit ist nicht weniger geworden. Weiter wird an diesen Musenhäusern gezweifelt, es müsse sich ja schließlich rechnen, heißt es. Zynismus pur ist das. Es gibt den finalen Spruch, was dann passieren wird: weniger ist leer.
Abbau mit Ansage
Fest steht: Seit Jahrzehnten (im Grunde mit der Wiedervereinigung) wird Kulturelles in Sachsen systematisch und bewusst durch eine latent wabernde Unterfinanzierung beschnitten, stets hinterfragt, schließlich mehr und mehr ins Abseits gedrängt und abgewickelt. Wer sind diese Leute? Was treibt diejenigen an, die wie im Fall des Theaters Zwickau-Plauen durch ihr Zweifeln, ihren Sparwahn, ihre Arroganz geradezu auf dem Plan stehen haben, dass im ländlichen Raum Zwickau-Plauen nächstes Jahr womöglich zwei Musenhäuser dichtmachen? Pech. Warum ist in deren Konzepten, Plänen, Vorgaben nichts zu lesen, dass ihre Herangehensweise eindeutig für das Theater, für die Kulturschaffenden, für das Publikum, für die Menschen in der Region ausgerichtet ist und die Mittel dementsprechend bereitgestellt werden?
Es ist in der Tat ja so: Allein der politische Wille entscheidet, wie die Ausrichtung eines Haushaltsplans unter Einbeziehung aller Mittel und Möglichkeiten aussieht – Mittel, die in unserem reichen Land, ja reich an Material, Finanzen, Kreditwürdigkeit etc. wahrlich reichlich vorhanden sind. Wenn eine Kommune, eine Einrichtung nicht genug Finanzen aufbringen kann, dann werden eben andere Töpfe geöffnet, das ist allgemein bekannt und mitunter auch Praxis. Und ja, wo ein Wille, da …? Schaut man genauer hin, gibt es viele Positionen in unseren bundesrepublikanischen Haushalten, wo tatsächlich keine Fragen nach dem Geld gestellt werden. Und wo das Geld ohnehin mehr und mehr und mehr gehortet wird, findet sich auch keiner, der Worte wie Umverteilung, Verteilung, Beteiligung, Gerechtigkeit in den Mund nimmt.
Theater, Museen, Kulturhäuser, Jugendklubs – alles überflüssiges Zeug, weil das ja nur kostet, also nix bringt?
Der Slogan fällt mir ein: „Man braucht nur die Zeitung aufzuschlagen, und …“ Ja, gute Neuigkeiten finden sich wenige zum Thema „Kahlschlag“ – außer, dass die Betroffenen sich wehren. Die Politik sitzt jedoch am längeren Hebel. In meiner Heimat habe ich erlebt, wie in den kleinen Städten des Vogtlands Kulturhäuser geschlossen wurden, verfielen und schließlich abgerissen wurden. Ebenso geschah dies mit Kinos, mit Jugendklubs und Treffs für die junge Generation – und mit Bibliotheken und Museen. Heimatmuseen machten dicht. Der Politik der blühenden Landschaften sei Dank, und alles im Schatten einer Regierung, die seit der Wende an der Täte ist.
Dass sich das Theater Plauen in Fusion mit dem Theater Zwickau bis jetzt trotz dieser Umstände und gegen alle Zweifel halten konnte, liegt am tapferen Einsatz der Kulturschaffenden und am Wirken engagierter Freunde aus allen Teilen der Zivilgesellschaft für diese schönen, wichtigen Orte. Sie ist noch eine Zivilgesellschaft, die aber in Gefahr ist. Der Widerstand formiert sich nun deutlicher. Hier der Wortlaut der Petition für das Theater Plauen-Zwickau:
Online-Petition für den Erhalt des Theaters Plauen-Zwickau
4. Dezember 2024
Erhaltet das Theater Plauen-Zwickau! Kein weiterer Kulturabbau!
Seit Jahrzehnten wird die Kultur in Sachsen durch Unterfinanzierung immer mehr an den Abgrund gedrängt, insbesondere in den ländlichen Räumen. Auch das Theater Plauen-Zwickau steht 2025 vor dem Aus. Der Zuschuss des Kulturraums Vogtland-Zwickau an seine größte Kulturinstitution ist seit 25 Jahren nahezu unverändert! Dies hatte einen ständigen Stellenabbau zur Folge. 2025 wird das sächsische Kulturraumgesetz evaluiert. Hier bietet sich die Möglichkeit, endlich solide Finanzierungsvereinbarungen für die Theater und Orchester im Freistaat zu erreichen.
In ihrer gegenwärtigen finanziellen Situation wollen die Gesellschafter des Theaters die verbliebene Struktur aber noch einmal einschneidend reduzieren. Die Folge wäre ein Theater, das nicht mehr in der Lage ist, in den Städten Plauen und Zwickau das volle 5-Sparten-Programm anzubieten. Das darf nicht passieren! Das Theater Plauen-Zwickau ist ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Kulturlandschaft, ein Ort der Begegnung, des Austauschs, der Selbstvergewisserung in einer zunehmend herausfordernden Welt. Kunst ist essenziell!
Wir fordern die Gesellschafter der Theater Plauen-Zwickau gGmbH auf, die Finanzierung des Theaters ohne neue Einschränkungen für 2025 und 2026 sicherzustellen und sich mit aller Kraft bei der neuen sächsischen Staatsregierung und beim Kulturraum Vogtland-Zwickau für eine Erhöhung ihrer Zuschüsse zur Entlastung der beiden Städte und für eine Dynamisierung der Theaterzuschüsse einzusetzen. Nur dadurch ist auf lange Sicht ein vielfältiges Theaterangebot in der Region zu erhalten.
(Quelle: Theater Plauen-Zwickau)
Titelbild: Carolin Eschenbrenner, Wikicommons, CC 4.0 International