Leserbriefe zu „Wir dulden keinen Rassismus … und sind dabei selbst rassistisch“
In diesem Debattenbeitrag fragt Jens Berger, woran es liege, dass uns die toten Kongolesen oder auch die toten Palästinenser so viel weniger interessieren als die toten Ukrainer. Die Opfer in Gaza würden es – zynisch formuliert – „immerhin“ in die in Deutschland geführten Diskussionen schaffen. Die Opfer afrikanischer Kriege würden es noch nicht einmal in unsere Nachrichten schaffen und seien „uns ohnehin vollkommen egal“. „Gute Opfer, schlechte Opfer“ sei jedoch „Rassismus in Reinkultur und er ist auch und vor allem in den Kreisen gang und gäbe, die sich selbst ansonsten als aufrechte Antirassisten feiern“. Wir bedanken uns für die hierzu erhaltenen und interessanten Zuschriften. Es folgt nun eine Auswahl der Leserbriefe. Zusammengestellt von Christian Reimann.
1. Leserbrief
Guten Tag Herr Berger, .
ein ausgezeichneter Artikel. Aber auch ein unangenehmer, weil ich mich dabei selber ertappt fühle.
Stefan Berg
2. Leserbrief
Toller Beitrag! Bringt alles auf den Punkt! Die naechsten Wahlen stehen an, und nichts aendert sich, immer wieder werden die Altparteien gewaehlt, die den traegen Ozeandampfer schlingernd durch die Weltgeschichte fuehren…
Karin Tancke
3. Leserbrief
lieber Jens Berger,
sie sprechen mir mit ihrem beitrag buchstäblich aus der seele. zeitweise ist die ignoranz und empathielosigkeit bei „uns im westen“ gegenüber den wehrlosen, geschundenen menschen in fernen ländern kaum noch auszuhalten.
die kognitive dissonanz macht sich vor allem dann bemerkbar, wenn es darum geht, abzustreiten, dass unser „ach so hart und selbst erarbeiteter wohlstand“, in erster linie mit dem blut der ausgebeuteten bezahlt wurde – und nach wie vor wird.
erst wenn sich Daniele Gansers konzept der menschheitsfamilie, demzufolge alle 8 milliarden menschen den selben wert haben, durchsetzt, haben wir eine echte chance auf weltweiten frieden und kooperation. und dann erledigt sich auch das problem der migration.
leider werden wir das nicht mehr erleben.
mit bestem gruß
Martin Sutor
4. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Berger,
ich lebe seit meinem 6. Lebensjahr in Deutschland und hatte ausreichend Zeit die deutsche „Geschichtsaufarbeitung“, „Gedenkkultur“ und den “Kampf gegen Rassismus“ mitzuerleben.
Ich begriff recht schnell, dass insbesondere der „Kampf gegen Rassismus“ im Grunde kein wirklicher Kampf war. Alles wirkte wie eine Notwendigkeit, auf die keiner “Bock” hat und doch hinter sich gebracht werden muss. Hauptsache man hat 1-mal im Monat etwas gegen Nazis oder Rechte gesagt. Alle anderen rassistischen Tendenzen sind bedeutungslos. Ein Beispiel: Bis heute bin ich aufgrund meiner Herkunft Alltags-Rassismus ausgesetzt. Dabei keine ich keinen einzigen Nazi, Rechtspopulisten oder dergleichen. Seltsam, oder?
Mit den ganzen Zeitenwenden wird der latent vorhandene Rassismus wieder salonfähig und er kommt nicht von rechts. Aus politischen Gesprächen mit Mitmenschen, die sich selbst links oder mittig einordnen, wurde mit deutlich, wie rassistisch sie im Grunde denken. Das Traurige ist, dass sie sich dabei aufgrund ihrer „Wertvorstellung“ anderen “überlegen” fühlen und nicht erkennen, wie nah ihre Denkweise an der Rassenlehre der Nazis ist, die ebenfalls von der Überlegenheit ihrer Wertvorstellung träumten.
Beschämend.
Eugen Baitinger
5. Leserbrief
Lieber Jens Berger,
danke für diesen längst überfälligen Artikel: “Wir dulden keinen Rassismus …”! Er spricht mir so aus der Seele. Seit Kriegsbeginn in Gaza bin ich entsetzt, mit welcher Kaltschnäuzigkeit man über das Leiden und Sterben der Palästinenser hinwegsieht und gleichzeitig um jeden angepöbelten Juden in Deutschland einen Riesen-Bohei macht. Letzteres ist sicher nicht schön, keiner verdient es beleidigt, angerempelt oder sonstwie eingeschüchtert zu werden. Daß aber Palästinenser, Libanesen und die wenigen anderen, die sich mit ihnen solidarisieren, kaum Möglichkeiten haben ihre Verzweiflung zum Ausdruck zu bringen, juckt niemanden. Demonstrationen werden mit Auflagen belegt, was man sagen darf und was nicht, darüber wird jeder Teilnehmer erst mal belehrt – ich hätte mir niemals vorstellen können, daß angesichts der Verbrechen in Gaza ein solch allgemeines Schweigen herrscht, trotz der Bilder von Zerstörung und Leid, die jeder sehen kann. Und Du beschreibst es vollkommen zu Recht als Rassismus. Als solchen bezeichne ich ihn auch in Diskussionen soweit sie überhaupt noch möglich sind.
Danke für Eure hervorragende Arbeit und es ist immer wieder tröstlich, daß man nicht ganz allein mit seiner Sicht der Dinge ist.
Herzliche Grüße auch an Deine Redaktionskollegen
Helga M.
6. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Berger, sehr geehrtes Team der Nachdenkseiten.
Ich möchte Ihnen und dem ganzen Team, ganz besonders Herrn Albrecht Müller, mehr als herzlich für Ihre stete und mühsame journalistische Arbeit danken.
Den Nachhall unserer “großartigen Kriegstüchtigkeit” konnte ich als 1959 Geborener noch deutlich spüren und die Auswirkungen auch sehen. Meine Eltern waren als Flüchtlinge beziehungsweise Vertriebene aus Ostpreussen und Oberschlesien in der entstehenden Deutschen Demokratischen Republik angekommen und in den mittleren 50er Jahren – ja auch aus politischen Gründen – weiter in die Bundesrepublik Deutschland geflüchtet.
Meine Großväter konnte ich nie kennenlernen – manche Tante oder Onkel ebenso.
Nun, es ist hier nicht alles in Kürze zu beschreiben. Menschen mit ähnlichen Lebenswegen wissen bestimmt was ich zum Ausdruck bringen möchte.
Es ist mir unvorstellbar, daß heute Buchautoren, die andere Menschen als ” Tiere bezeichnen ” Friedenspreise empfangen und höchste Politiker oder Verteidigungsminister ihnen gleichtun.
NIE WIEDER KRIEG
sollte doch für mehr als drei Generationen bestehen können.
Diese sogenannte ” ZEITENWENDE ” beschädigt mehr als nur die Würde des Menschen.
Sollte ich einen Appell an die jungen Menschen richten – oder sollte ich es lassen ??
mit schönen Grüßen zur Adventszeit
Hans-Georg Musiol
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