Der Bundestagswahlkampf treibt seltsame Blüten. AfD und Linke erwecken, wenn es um die Außenpolitik geht, den Eindruck, als seien nicht die Ampelparteien oder die CDU/CSU, sondern das Bündnis Sahra Wagenknecht ihr Hauptgegner. Weil die neue Partei in den Koalitionsverträgen mit SPD und CDU in Brandenburg und Thüringen Kompromisse akzeptierte, versuchen sie, das Alleinstellungsmerkmal des BSW als Partei des Friedens und der Abrüstung infrage zu stellen. Das ist eine leicht durchschaubare Heuchelei. Von Oskar Lafontaine.
Beginnen wir mit der Linken:
Gregor Gysi wollte im Bundestag dem 100-Milliarden-Aufrüstungssondervermögen des Kanzlers Olaf Scholz zustimmen. Die Abgeordneten um Sahra Wagenknecht in der damaligen Linksfraktion haben das verhindert.
Der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow unterstützt deutsche Waffenlieferungen in die Ukraine auch dann, wenn mit diesen Waffen militärische Einrichtungen auf russischem Territorium angegriffen werden.
Die Spitzenkandidatin der Linken für die Europawahl, Carola Rackete, stimmte im Europaparlament für die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. In einer Reihe mit Merz, Kiesewetter, Hofreiter, Roth und Strack-Zimmermann übersieht sie, dass das eine Kriegserklärung an Russland wäre, weil Bundeswehrsoldaten diese Raketen (programmieren) abschießen müssen. Der andere Spitzenkandidat, Martin Schirdewan, enthielt sich der Stimme.
Das BSW lehnt Aufrüstung ab, tritt für Abrüstung ein und stimmt auch nicht für Waffenlieferungen an Kriegsparteien.
Die AfD ist wie das BSW für Waffenstillstand und Friedensverhandlungen in der Ukraine. Sie, die AfD, unterstützt aber wie die Ampelparteien und die CDU/CSU den Völkermord im Gazastreifen und die Waffenlieferungen der Bundesrepublik Deutschland an Israel. Ihr verteidigungspolitischer Sprecher, der Rüstungslobbyist Oberst a.D. Lucassen, sagte dazu: „Volle Rückendeckung während der Antiterror-Operation, auch wenn es zu unschönen Bildern kommt.“ Der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla, der die Waffenlieferungen und den mörderischen Krieg Israels verurteilt, vertritt eine Minderheit seiner Partei.
Die AfD befürwortet im Gegensatz zum BSW Kriegseinsätze der Bundeswehr im Ausland, wenn sie deutschen Interessen dienen.
Die AfD unterstützte die Aufnahme Schwedens und Finnlands in die NATO. Jetzt stehen zum ersten Mal US-Soldaten an der 1.340 km langen Grenze Finnlands mit Russland.
Die AfD unterstützt das 2-Prozent-Ziel der NATO und ist für eine darüber hinausgehende weitere Aufrüstung der Bundeswehr.
Die AfD befürwortet die Mitgliedschaft Deutschlands in der NATO: „Die Mitgliedschaft in der NATO entspricht den außen- und sicherheitspolitischen Interessen Deutschlands, soweit sich die NATO auf ihre Aufgabe als Verteidigungsbündnis beschränkt“. Eine US-geführte NATO kann aber kein Verteidigungsbündnis sein, weil die USA , so der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter, die kriegerischste Nation der Weltgeschichte sind, und die meisten „Angriffskriege“ der vergangenen Jahrzehnte geführt haben.
Im Gegensatz zum BSW befürwortet die AfD also (Interventions-)Kriege und Waffenlieferungen an Kriegsparteien.
Jetzt versucht die AfD in Brandenburg und Thüringen, durch Anträge zur Friedenspolitik, denen das BSW zustimmen kann, die Koalitionspartner aber nicht, die Unglaubwürdigkeit des BSW zu belegen. Es gilt das ungeschriebene Gesetz, dass Koalitionsparteien im Parlament nicht unterschiedlich abstimmen.
AfD und Linke wären gut beraten, vor der eigenen Haustür zu kehren und ihre Politik zu ändern. Wer für Aufrüstung, Waffenlieferungen in Kriegsgebiete und Kriegseinsätze der Bundeswehr im Ausland eintritt, kann nicht den Anspruch erheben, Friedenspartei zu sein. im Atomzeitalter gilt mehr denn je: Krieg ist kein Mittel der Politik.
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