Hinweise des Tages
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (RS/WL)
Hier die Übersicht. Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert.
- Studie: Acht Millionen Geringverdiener in Deutschland
- Prekäre Arbeit: Die Wissensgesellschaft und ihre freien Idioten
- BDI-Präsident Keitel: „Wir Unternehmer sind von der Regierung enttäuscht“
- Mythos Fachkräftemangel: Von Schweinen und Ingenieuren
- 100 Tage Regierung Monti: eine erste Bilanz
- Strafe gegen Defizitsünder: EU sperrt Fördergelder für Ungarn
- Bundesbank: Propaganda für Anfänger
- Börsensteuer auf Eis gelegt
- Faushiebe gegen Goldman Sachs
- Higher social class predicts increased unethical behavior
- Vollzeitbeschäftigte möchten Arbeitszeit reduzieren, Teilzeitbeschäftigte möchten aufstocken
- Weltwasserforum in Marseille: Kampf ums Lebenselixier
- Fäkalien sind eben nicht attraktiv
- Gut 127,1 Millionen Euro Staatsmittel für im Bundestag vertretene Parteien
- Soziale Lage und politisches Bewusstsein von Studierenden
- Es ist Zeit für ein Netzmedien-Fördergesetz
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Studie: Acht Millionen Geringverdiener in Deutschland
Das Institut für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen untersucht regelmäßig den Niedriglohnsektor in Deutschland. Der aktuelle Forschungsbericht belegt, dass die Zahl der Beschäftigten, die zu Niedriglöhnen arbeiten, zwischen 1995 und 2010 um mehr als 2,3 Millionen gestiegen ist.
Im eklatanten Gegensatz hierzu steht die Entwicklung der Gehälter der deutschen DAX-Vorstandsvorsitzenden. Diese sind alleine zwischen 2010 und 2011 um 14 Prozent gestiegen und betragen im Durchschnitt 5,5 Millionen Euro pro Jahr.
Die Studie des Instituts für Arbeit und Qualifikation kommt zu dem Schluss, dass im Jahr 2010 insgesamt 23,1 Prozent der Beschäftigten für einen Niedriglohn von weniger als 9,15 Euro brutto pro Stunde gearbeitet haben. Dies entspricht knapp acht Millionen Menschen in Deutschland. Im Durchschnitt lagen ihre Einkünfte in den alten Bundesländern bei 6,68 Euro pro Stunde und in den neuen Bundesländern bei 6,52 Euro pro Stunde.
Quelle 1: Jacob Jung Blog
Quelle 2: IAQ Pressemitteilung
Quelle 3: Studie [PDF – 1 MB] - Prekäre Arbeit: Die Wissensgesellschaft und ihre freien Idioten
An die Idee der Wissensgesellschaft hat sich seit je viel utopisches Potenzial geknüpft. So gab es einmal die Prognose, dass in ihr Arbeitsplätze weitgehend erhalten bleiben, weil sich Dienstleistung/Wissen nicht wegrationalisieren lasse. Doch was so sauber klingt, so befreit vom Schmieröl der alten Industriegesellschaft, hat einen doppelten Boden. Was wäre, wenn das ökonomische Prinzip «Wissen» nicht die Handarbeit in den Himmel des Geistes hebt, sondern die Kopfarbeit ans Fabrikband drückt? Ein klarer Graben trennt mittlerweile privilegierte Festanstellung und prekarisierte freie Arbeit. Das entspricht einer generellen Entwicklung, die man als «Outsourcing of Content» (Auslagerung von Inhalt) beschreiben kann. In den letzten Jahren hat sich die bezahlte Arbeit in festen Arbeitsverhältnissen zunehmend auf reine Managementfunktionen konzentriert, nicht nur in wirtschaftlichen Organisationen, sondern auch in Zeitungen, Verlagen, Universitäten und Bildungseinrichtungen. Fest angestellte RedaktorInnen kommen in der Regel nicht mehr dazu, selbst zu schreiben, sie redigieren und koordinieren vornehmlich die Beiträge der frei zuarbeitenden JournalistInnen. An den Universitäten sind Forschungs- und Lehrstellen immer befristet ausgeschrieben, während es in den neuen Arbeitsbereichen wie «Qualitätsmanagement» und Forschungsförderungsberatung viele unbefristete Positionen gibt. Nicht Inhalte sind fix bezahlt, sondern die Verwaltung von Inhalten, nicht Wissen, sondern Wissensmanagement.
Wenn Professionalität heisst, dass man sich von den Erträgen der Arbeit ernähren kann, dann ist zumindest der freie Printjournalismus keine Profession mehr, er ist ein Hobby. So sieht das auch der Chefredaktor der «Neuen Zürcher Zeitung», Markus Spillmann, der die Entlöhnung der freien NZZ-MitarbeiterInnen als «Spesenentschädigung» bezeichnete. Die NZZ hat ihr Zeilenhonorar seit 2009 von 2.40 auf 1.10 Franken gekürzt. Die Spaltung in Management einerseits und Content-Produktion andererseits ist menschlich wie gesellschaftlich verheerend. Offenbar hat sich die Gesellschaft daran gewöhnt, dass die geistige Reproduktionsarbeit genauso unsichtbar und unbezahlt vonstatten zu gehen habe wie die viel beschworene häusliche Reproduktionsarbeit von Frauen. Bildung und Wissen galten lange als öffentliches Gut – wenn man diese Güter nun unter Marktbedingungen produzieren will, muss man auch ihren realistischen Preis zahlen.
Quelle: WOZWirtschaftsverbänden ist das aber alles nicht genug:
- BDI-Präsident Keitel: „Wir Unternehmer sind von der Regierung enttäuscht“
Kurz vor dem für Freitag angesetzten Treffen der Spitzenverbände der Wirtschaft mit der Kanzlerin hat Industriepräsident Keitel die Regierung scharf kritisiert. Auch im dritten Jahr der Koalition lägen „im Prinzip die alten Probleme alle noch auf dem Tisch“.
„Wir Unternehmer haben uns mehr von dieser Regierung erwartet“, sagte BDI-Präsident Hans-Peter Keitel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die radikalste Wirtschaftsreform der vergangenen Jahre, die Agenda 2010, habe Rot-Grün bewerkstelligt. Beispielhaft für schwarz-gelbe Versäumnisse nannte Keitel das Fehlen einer Steuerstrukturreform, die unzureichende Haushaltskonsolidierung, die verpasste Chance auf eine Reform der Sozialsysteme.
Quelle: FAZ - Mythos Fachkräftemangel: Von Schweinen und Ingenieuren
Her mit mehr Ingenieuren, sonst ist der Standort Deutschland in Gefahr: Ist diese Warnung nur blanker Alarmismus? Eine neue Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung legt das nahe, der Experte Karl Brenke beschreibt den Fachkräftemangel als Fata Morgana.
Quelle: SPIEGELAnmerkung unseres Lesers J.A.: Und der “Verein Deutscher Ingenieure” (VDI) ist trotz des irreführenden Namens ein Arbeitgeberlobbyverband (siehe auch) und auch laut Eigenbeschreibung “wirtschaftsnah”. Trotzdem veröffentlicht auch der SPIEGEL gerne die angeblichen Erkenntnisse des VDI als Wahrheiten.
- 100 Tage Regierung Monti: eine erste Bilanz
Vor 100 Tagen wurde Berlusconi von dem ehemaligen EU-Kommissar Monti abgelöst, der Italien aus der Refinanzierungskrise führen soll. Sein Wachstums-, Spar- und Konsolidierungsprogramm ist jedoch durch wenig soziale Ausgewogenheit gekennzeichnet und führt vor allem bei der Partito Democratico zu Flügelkämpfen. Die italienische Linke steht vor der Herausforderung, die Programme zu korrigieren und ihre Zerrissenheit zu überwinden. Sie hat nur eine Chance, wenn sie auf europäischer Ebene starke Bündnispartner für eine radikale Wende der EU-Politik gewinnt.
Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung Perspektive März 2012 [PDF – 235 KB] - Strafe gegen Defizitsünder: EU sperrt Fördergelder für Ungarn
Ungarn hat seit dem EU-Beitritt 2004 noch nie die Vorgaben des Stabilitätspakts eingehalten, jetzt macht die EU erstmals von einer Finanzsanktion gegen den notorischen Defizitsünder Gebrauch. Bis Juni hat Budapest allerdings nochmals Zeit bekommen, die Sanktionen zu vermeiden. Bis dahin muss Ungarn nachweisen, dass es 2013 die Defizitgrenze des Stabilitätspakts von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) einhalten kann. Die EU-Kommission wird dazu nochmals einen Bericht vorlegen. Mit der beispiellosen Strafaktion gegen Ungarn macht die EU erstmals von einer Finanzsanktion gegen einen notorischen Defizitsünder Gebrauch. In den Jahren vor der Schuldenkrise war nie konsequent gegen Länder vorgegangen worden, die die Defizitkriterien verletzten.
Quelle: SZAnmerkung Orlando Pascheit: Es gibt viele Gründe Ungarn bzw. die Regierung Orbán zu sanktionieren, vor allem wegen der schleichenden Putinisierung des Landes. Wenn man einmal von der Zusage Ungarns, den Stabilitätspakt einzuhalten, absieht, gehört seine Einhaltung aus ökonomischen Gründen nicht dazu. Entspricht denn die kerneuropäische ’Stabilitätskultur‘– jenseits aller grundlegenden Infragestellung – auch den Erfordernissen der europäischen Peripherie? Die Notwendigkeit höherer Defizite aufgrund eines infrastrukturellen Nachholbedarfs der europäischen Peripherie findet im Stabilitätspakt, welcher eine Überschreitung des Defizitkriteriums, außer bei harter Rezession, mit Strafzahlungen sanktioniert, keine Berücksichtigung. Der Vorrang der an Geldwertstabilität ausgerichteten Wirtschaftspolitik des europäischen Zentrums wird den realwirtschaftlich divergierenden Ausgangslagen der nachholenden Länder nicht gerecht und zementiert das bestehende Entwicklungsgefälle. Der Aufholprozess erfordert eine wesentlich andere Währungs-, Zins- und Fiskalpolitik als mit den Maastrichtkriterien verbunden ist. Das heißt nicht, dass nicht darauf geachtet werden sollte, dass europäische Fördergelder wie auch die verstärkte Kreditaufnahme in der Peripherie einer investiven Verwendung zugeführt werden. Aber hier und nicht in der die Überprüfung von Haushaltsdefiziten lag das entscheidende Kontrolldefizit der EU. Nur so konnte es z.B. in Spanien passieren, dass fast nur in Zement (Immobilien) investiert wurde, statt in die Industrialisierung des Landes.
- Bundesbank: Propaganda für Anfänger
Die Bundesbank rechnet mit Verlusten! Und die Eurokrise ist schuld! Das ist die eigentliche Nachricht der Jahrespressekonferenz, die Bankchef Jens Weidmann am Dienstag abgehalten hat. Aber was ist ein Verlust bei einer Notenbank? Die Bundesbank tut so, als wäre sie ein normales Unternehmen. Sobald ein Risiko in Sicht ist, werden “Rückstellungen” gebildet. Dabei wird jedoch übersehen, dass die Bundesbank kein normales Unternehmen ist. Sie kann unbegrenzt Verluste machen – weil sie das Geld selbst schöpft, also druckt. Wie munter Notenbanken ins Risiko gehen können, zeigt die Schweiz: Dort hat die Nationalbank angekündigt, dass sie den Franken bei 1,20 Euro stabilisieren will. Dies wird nur geglaubt, weil die Bank erkennbar bereit ist, unbegrenzt Franken auf den Markt zu werfen. Steigt der Frankenkurs dennoch, drohen Milliardenverluste. Trotzdem hat noch niemand von einem denkbaren Untergang der Schweizer Nationalbank geredet.
Wenn also die Bundesbank vor “Verlusten” warnt – dann ist dies keine ökonomische Notwendigkeit, sondern eine politische Aussage. Die Bundesbank will die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank diskreditieren. Sie will bei den Wählern verankern, dass es gaaaaaaanz gefährlich sei, Staatsanleihen aufzukaufen oder Banken mit billigem Geld zu versorgen. Diese politische Mission der Bundesbank ist nicht nur sachlich falsch; ohne die EZB-Geldpolitik wäre der Euro längst zusammengebrochen. Noch erstaunlicher ist, dass die Bundesbank selbst nicht versteht, warum es sie gibt: Wäre sie eine normale Sparkasse, wäre sie überflüssig. Zentralbanken existieren nur, damit wenigstens eine Institution steuern kann. Eben weil sie “Verluste” verkraftet.
Quelle: taz - Börsensteuer auf Eis gelegt
Die europäischen Finanzminister wollen keinen Alleingang mit einer Transaktionssteuer wagen. Die EU-Kommission soll nun die Folgen für die Wirtschaft und die Finanzbranche prüfen.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte allerdings in Brüssel nach stundenlangen Beratungen mit seinen EU-Ressortkollegen das Scheitern eines europäischen Weges zu einer Finanztransaktionssteuer eingeräumt. „Ich kann mir nicht vorstellen, mich dafür gewinnen zu lassen, die Finanztransaktionssteuer mit einigen Ländern der Euro-Zone zu machen und mit anderen nicht,“ sagte er nach Abschluss des Treffens. „Das wird ein Flickenteppich.“ Die Absagen an den von Deutschland vorangetriebenen Plan kamen nicht zuletzt von Verbündeten wie Italien und Finnland. Wenn überhaupt, müssten alle 27 EU-Staaten mitziehen, betonte Luxemburgs Finanzminister Luc Frieden.
Quelle: HandelsblattAnmerkung WL: Dass eine Transaktionssteuer die Zustimmung aller 27 EU-Staaten finden würde, war nie zu erwarten. Die Bundesregierung konnte also locker dafür eintreten. Jetzt wird es spannend, ob die SPD ihre Zustimmung zum Fiskalpakt weiter von der Einführung dieser Steuer abhängig macht. Wetten, dass nicht…
- Faushiebe gegen Goldman Sachs
Zwölf Jahre hat Greg Smith für die Wall-Street-Firma gearbeitet, jetzt rechnet der Investmentbanker in einem offenen Brief schonungslos mit seinem ehemaligen Arbeitgeber Goldman Sachs ab – die Bank stelle Profit über die Interessen der Kunden. Er rät dem Finanzhaus, sich von “moralisch bankrotten Mitarbeitern” zu trennen.
Quelle 1: SZ
Quelle 2: The New York TimesAnmerkung RS: Manche reagieren auf Smiths Abrechnung mit Goldman-Sachs verständlicherweise mit Skepsis und Häme, z.B. in der FT-Blog Alphaville, in mashable.com, The Reformed Broker und The Daily Mash.
- Higher social class predicts increased unethical behavior
Seven studies using experimental and naturalistic methods reveal that upper-class individuals behave more unethically than lower-class individuals. In studies 1 and 2, upper-class individuals were more likely to break the law while driving, relative to lower-class individuals. In follow-up laboratory studies, upper-class individuals were more likely to exhibit unethical decision-making tendencies (study 3), take valued goods from others (study 4), lie in a negotiation (study 5), cheat to increase their chances of winning a prize (study 6), and endorse unethical behavior at work (study 7) than were lower-class individuals. Mediator and moderator data demonstrated that upper-class individuals’ unethical tendencies are accounted for, in part, by their more favorable attitudes toward greed.
Quelle: Proceedings of the National Academy of Sciences - Vollzeitbeschäftigte möchten Arbeitszeit reduzieren, Teilzeitbeschäftigte möchten aufstocken
Bei den Arbeitszeiten in Deutschland gehen die betriebliche Realität und die Bedürfnisse der Beschäftigten deutlich auseinander. Vollzeitbeschäftigte möchten ihre tatsächliche Arbeitszeit im Durchschnitt reduzieren, Teilzeitbeschäftigte aufstocken, zeigt eine neue Untersuchung. Überstundenabbau und Wahlarbeitszeit könnten Abhilfe schaffen.
Kürzer oder länger arbeiten? Die Vorschläge für eine angemessene Arbeitszeitpolitik sind widersprüchlich. Die Bundesagentur für Arbeit rät angesichts der demografischen Entwicklung neuerdings zu längeren Arbeitszeiten. Dagegen werben Sozialpolitiker für eine Verkürzung. Hauptargumente hier: Eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Reduzierung von gesundheitsschädlichen Arbeitsbelastungen.
Wie ist es in Sachen Arbeitszeit um die Bedürfnisse der Beschäftigten einerseits, die Situation in deutschen Betrieben andererseits bestellt? Das haben PD Dr. Elke Holst vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und Dr. Hartmut Seifert, ehemaliger Leiter des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung, untersucht. Nach ihrer Analyse auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) weichen die tatsächlichen von den bevorzugten Arbeitszeiten deutlich ab. Insgesamt empfinden Arbeitnehmer die Arbeitszeiten als zu lang, zeigen die Forscher in einem Aufsatz, der in der aktuellen Ausgabe der WSI-Mitteilungen erschienen ist.* Dabei galt für alle Befragten im SOEP, dass sie für ihre Wunsch-Arbeitszeit auch ein entsprechend angepasstes Entgelt akzeptieren würden.
Männer mussten 2009 durchschnittlich 3,6 Stunden, Frauen 1,6 Stunden pro Woche länger arbeiten als erwünscht. Hinter diesen Durchschnittswerten verbergen sich allerdings ausgeprägte Unterschiede zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten: Vollzeitbeschäftigte Männer waren in den alten Bundesländern 4,7 und in den neuen Bundesländern 5,2 Stunden länger tätig als erwünscht. Hingegen hätten westdeutsche Frauen mit einer Teilzeitstelle ihre tatsächliche Arbeitszeit gern um drei Stunden, ihre ostdeutschen Kolleginnen um 2,9 Stunden erhöht (siehe auch die Grafik im Böckler Impuls 4/2012; Link unten).
Große Differenzen können Holst und Seifert auch zwischen den per Tarif- oder Arbeitsvertrag vereinbarten und den tatsächlichen Arbeitszeiten in den Betrieben nachweisen. Im Jahr 2009 arbeiteten Männer pro Woche im Schnitt 4,3 Stunden länger als im Vertrag vorgesehen, bei Frauen betrug der Unterschied 2,1 Stunden. Ein Abbau dieser Differenz käme den Bedürfnissen der Beschäftigten entgegen, halten die Forscher fest: “Ein wesentlicher Schritt wäre getan, wenn Überstunden und Mehrarbeit vermieden und die vereinbarten Arbeitszeiten eingehalten würden.”
Der Idee, einem drohenden Fachkräftemangel in Deutschland mit längeren Arbeitszeiten zu begegnen, stehen die Wissenschaftler angesichts ihrer Befunde skeptisch gegenüber. Stattdessen plädieren sie dafür, den Beschäftigten einen größeren Gestaltungsspielraum einzuräumen. Wahlarbeitszeiten, die individuelle Abweichungen von der Regelarbeitszeit ermöglichen, könnten ein alterns- und familiengerechtes Arbeiten erleichtern. Erwerbsarbeit würde damit insbesondere für Frauen und ältere Arbeitnehmer attraktiver, was zu höheren Erwerbsquoten in diesen Gruppen führen dürfte. Holst und Seifert schreiben, dass sich eine präferenzgerechte Arbeitszeitgestaltung letztlich sogar positiv auf das Erwerbspotenzial auswirken könnte. Wahlarbeitszeiten kämen also nicht nur den Bedürfnissen der Beschäftigten entgegen, sondern seien “auch im Hinblick auf Effekte beim Arbeitskräfteangebot eine zielführende Alternative zu generellen Arbeitszeitverlängerungen”.
*Elke Holst, Hartmut Seifert: Arbeitszeitpolitische Kontroversen im Spiegel der Arbeitszeitwünsche, in: WSI-Mitteilungen 02/2012.
Quelle: Infografik zum Download im Böckler Impuls 4/2012 - Weltwasserforum in Marseille: Kampf ums Lebenselixier
Der Wasserverbrauch steigt weltweit dramatisch an. Das gefährdet nach Einschätzung des Weltwasserentwicklungsberichts der Vereinten Nationen, der am Montag im französischen Marseilles präsentiert worden ist, alle Milleniums-Entwicklungsziele, auf die sich die UN-Vollversammlung im Jahr 2000 geeinigt hat. Die wesentlichen Gründe für den steigenden Wasserbedarf sind nach Einschätzung der Unesco-Generalsekretärin Irina Bokova und Michel Jarraud, der die Unterorganisation UN- Wasser leitet, der steigende Lebensmittelbedarf, die rasante Verstädterung der Welt sowie der Klimawandel.
Quelle: Tagesspiegel - Fäkalien sind eben nicht attraktiv
Während weltweit mehr Menschen Zugang zu Trinkwasser haben, fehlen Toiletten. Ariane Krause von Ingenieure ohne Grenzen erklärt, was das in Tansania bedeutet: Krankheiten und Gestank: “Vom Gestank mal abgesehen, hat die sanitäre Situation in der Region Kagera auch direkt Einfluss auf Grund- und Oberflächenwasser. Die meisten Leute haben eine Latrinentoilette ohne Fundament, das die Exkremente sicher birgt. Schaut man auf den Kagera-Fluss, sieht man nur noch ein Drittel der Wasserfläche, der Rest ist wegen Fäkalien komplett mit Algen bedeckt. Indem die Menschen das Wasser trinken, nehmen sie die Krankheitserreger auf. Dasselbe passiert, wenn Fliegen von den Latrinen aus in die Wassertanks der Menschen gelangen. … Die Bauern hier haben ein durchschnittliches Jahreseinkommen von unter 400 US-Dollar. Davon müssen sie ihre Familien ernähren und bestenfalls Schulgeld zahlen. Selbst wenn eine Toilette günstig ist, verzichten die Menschen am ehesten darauf. Deshalb muss eine sanitäre Versorgung her, die auch wirtschaftlich Sinn macht für die Bevölkerung. Für sie [ist] unser Konzept interessant, an die Toiletten einen Ofen anzuschließen und die Fäkalien zu ökologischem Dünger zu verarbeiten. Durch Erntegewinne können sich die Bauern vielleicht selbst nachhaltige Toiletten leisten. Langfristig könnten die Farmer die Fäkalien im Dorf zentral an einer Stelle sammeln, kompostieren und sie später als Dünger wieder ausgeben. … An tansanischen Universitäten forschen Professoren zum Thema. Aber bis es eine flächendeckende sanitäre Versorgung gibt, braucht es sicher noch 30 Jahre und viel Öffentlichkeitsarbeit. Der Umgang mit Fäkalien ist eben nicht”
Quelle: taz - Gut 127,1 Millionen Euro Staatsmittel für im Bundestag vertretene Parteien
Die im Bundestag vertretenen Parteien haben im Jahr 2010 insgesamt gut 127,1 Millionen Euro an staatlichen Mitteln erhalten. Das geht aus den als Unterrichtung durch den Bundestagspräsidenten (17/8550) vorgelegten Rechenschaftsberichten von CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, Die Linke und CSU für 2010 hervor. Danach erhielt die CDU im Jahr 2010 staatliche Mittel in Höhe von knapp 42,9 Millionen Euro. Die SPD bekam staatliche Mittel in Höhe von fast 39,0 Millionen Euro. Die Grünen kamen auf mehr als 11,4 Millionen Euro an staatlichen Mitteln, die FDP auf rund 13,4 Millionen Euro, Die Linke auf gut 10,8 Millionen Euro und die CSU auf mehr als 9,6 Millionen Euro.
Den Berichten zufolge erwirtschafteten alle sechs Parteien im Jahr 2010 einen Überschuss. Bei der CDU beliefen sich die Einnahmen der Gesamtpartei auf gut 138,0 Millionen Euro und die Ausgaben auf mehr als 120,1 Millionen Euro, womit die Partei ein Plus in Höhe von gut 17,9 Millionen Euro verbuchen konnte. Bei der SPD standen Einnahmen in Höhe von knapp 147,2 Millionen Euro Ausgaben in Höhe von fast 127,2 Millionen Euro gegenüber, was zu einem Überschuss von 20,0 Millionen Euro führte. Die Grünen verzeichneten bei gut 31,2 Millionen Euro an Einnahmen und knapp 25,6 Millionen Euro an Ausgaben ein Plus von fast 5,7 Millionen Euro. Die FDP gibt in ihrem Bericht bei Einnahmen in Höhe von rund 34,35 Millionen Euro und Ausgaben in Höhe von gut 27,5 Millionen Euro einen Überschuss von mehr als 6,8 Millionen Euro an. Bei der Partei Die Linke lagen die Ausgaben in Höhe von knapp 23,0 Millionen Euro um fast 4,9 Millionen Euro unter den Einnahmen in Höhe von gut 27,85 Millionen Euro. Die CSU kam mit Einnahmen von rund 35,0 Millionen Euro und Ausgaben von rund 30,5 Millionen Euro auf ein Plus von knapp 4,5 Millionen Euro.
Die CDU erhielt im Jahr 2010 den Angaben zufolge Spenden von natürlichen Personen in Höhe von knapp 11,5 Millionen Euro und von juristischen Personen in Höhe von gut 6,1 Millionen Euro. Das entspricht einem Anteil von 8,33 Prozent beziehungsweise 4,43 Prozent an den Gesamteinnahmen. Bei der SPD beliefen sich die Spenden natürlicher Personen auf rund 7,8 Millionen Euro (5,30 Prozent) und die Spenden juristischer Personen auf mehr als 1,7 Millionen Euro (1,19 Prozent). Die Grünen kamen auf rund 3,5 Millionen Euro an Spenden natürlicher Personen (11,22 Prozent) und gut 0,5 Millionen Euro an Spenden juristischer Personen (1,73 Prozent). Die FDP weist in ihrem Bericht Spenden natürlicher Personen in Höhe von knapp 4,2 Millionen Euro (12,22 Prozent) und Spenden juristischer Personen in Höhe von fast 1,8 Millionen Euro (5,22 Prozent) aus. Die Partei Die Linke verzeichnete Spenden von natürlichen Personen in Höhe von knapp 2,1 Millionen Euro (7,44 Prozent) und Spenden von juristischen Personen in Höhe von 0,02 Millionen Euro (0,08 Prozent). Die CSU verbuchte gut 3,4 Millionen Euro an Spenden natürlicher Personen (9,80 Prozent) und mehr als 2,0 Millionen Euro an Spenden juristischer Personen (5,81 Prozent).
Die Zahl ihrer Mitglieder Ende Dezember 2010 gibt die CDU mit 505.355 an und die SPD mit 502.062. Die Grünen verzeichneten Ende 2010 laut Bericht 53.039 Mitglieder. Der FDP gehörten zu diesem Zeitpunkt 68.541 Mitglieder an, der Partei Die Linke 73.658 und der CSU 153.974.
Quelle: Deutscher Bundestag - Soziale Lage und politisches Bewusstsein von Studierenden
Unter dem Titel „Studiensituation und studentische Orientierungen“ veröffentlicht das Bundesbildungsministerium mittlerweile den 11. „Studierendensurvey“. Die Konstanzer Arbeitsgruppe Hochschulforschung befragt dazu regelmäßig Studierende nach ihren Interessen, ihrer Lage und ihrer Zufriedenheit mit dem Studium. Der letzte Survey wurde 2011 veröffentlicht. Tino Bargel, Hochschulforscher in Konstanz, ist von Anfang an daran beteiligt. Er wird das Eröffnungsreferat halten auf der Konferenz „Zwischen Resignation und Revolte – soziale Lage und politisches Bewusstsein der Studierenden“ am 21. April in der Studiobühne an der Uni Köln.
Sind viele Studierende vielleicht einfach deshalb nicht mehr gesellschaftlich oder politisch engagiert, weil sie nach der Bologna-Reform im Studium zu sehr gestresst sind?
Das ist tatsächlich eine Ursache: es gibt objektiv mehr Stress. Die Studenten selber machen sich aber auch mehr Stress, indem sie erfolgreicher und schneller sein wollen, manchmal sogar mehr, als von ihnen verlangt wird. Und, das ist das Interessante, sie fühlen auch mehr Stress. Wegen der unsicheren Zukunftsperspektive, wegen der verstärkten Konkurrenz, die sie empfinden.
Hat denn die Bolognareform den Stress erhöht?
Ja, im Bachelorstudium wird der Stress stärker empfunden. Die Studierenden klagen aber nicht darüber, dass die Leistungsanforderungen gestiegen sind. Stress bringt die Art der Umsetzung des Angebotes. Sprich: in welcher Weise die Module gestaltet werden, in welcher Weise Prüfungen gestaltet werden, in der Menge am Ende des Semesters, und dass die Noten relevant werden für das Schlusszeugnis. Und gleichzeitig werden die Sanktionen sehr rigide und bürokratisch gehandhabt, ohne Flexibilität, ohne Atem holen. Es gibt keine Zeitfenster, es gibt zu wenig Individualität, und das sind einige Punkte, die im Bachelorstudium repariert werden müssen.
Quelle: Studierendenbewusstsein - Es ist Zeit für ein Netzmedien-Fördergesetz
Kleine, unabhängige Netzmedien haben es schwer, sich im World Wide Web zu behaupten. Eine Förderung, wie sie die Filmemacher einst erstritten, ist hierzulande überfällig.
Quelle: CARTA