Das seit langem andauernde Gerangel innerhalb der Bundesregierung, das Olaf Scholz verzweifelt zu kaschieren versuchte, hat nun zum logischen Ende geführt: Die Ampel brach in sich zusammen. Nun versucht der Kanzler, die Vertrauensfrage nach Möglichkeit hinauszuzögern, während die Parteien auf einen möglichst baldigen Wahltermin pochen. Die Wahlleitung warnt indessen vor möglichen Wahlpannen, die infolge der Hast entstehen könnten. Eine neue Ausgabe der O-Töne.
Bundeskanzler Olaf Scholz am 6. November 2024
„Zu oft hat Bundesminister Lindner Gesetze sachfremd blockiert. Zu oft hat er kleinkariert parteipolitisch taktiert. Zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen. Sogar die Einigung auf den Haushalt hat er einseitig wieder aufgekündigt, nachdem wir uns in langen Verhandlungen bereits darauf verständigt hatten. Es gibt keine Vertrauensbasis für die weitere Zusammenarbeit. So ist ernste Regierungsarbeit nicht möglich.
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Bundesminister Lindner wird vom Bundespräsidenten entlassen. Mit Vizekanzler Robert Habeck bin ich mir einig: Deutschland braucht schnell Klarheit über den weiteren politischen Kurs. Der reguläre Termin für die Bundestagswahl im Herbst nächsten Jahres liegt noch in weiter Ferne.
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Gleich in der ersten Sitzungswoche des Bundestages im neuen Jahr werde ich dann die Vertrauensfrage stellen, damit der Bundestag am 15. Januar darüber abstimmen kann. So können die Mitglieder des Bundestages entscheiden, ob sie den Weg für vorgezogene Wahlen freimachen. Diese Wahlen könnten dann unter Einhaltung der Fristen, die das Grundgesetz vorsieht, spätestens bis Ende März stattfinden.“
(Quelle: ZDF ab Minute 3:48, ab Minute 10:24 und ab Minute 11:27)
FDP-Chef Christian Lindner am 6. November 2024
„Olaf Scholz hat leider gezeigt, dass er nicht die Kraft hat, unserem Land einen neuen Aufbruch zu ermöglichen. Stattdessen hat der Bundeskanzler seit heute Nachmittag ultimativ von mir verlangt, die Schuldenbremse des Grundgesetzes auszusetzen. Dem konnte ich nicht zustimmen, weil ich damit meinen Amtseid verletzt hätte. Deshalb hat der Bundeskanzler in der Sitzung des Koalitionsausschusses am heutigen Abend die Zusammenarbeit mit mir und der FDP aufgekündigt. Sein genau vorbereitetes Statement vom heutigen Abend belegt, dass es Olaf Scholz längst nicht mehr um eine für alle tragfähige Einigung ging, sondern um einen kalkulierten Bruch dieser Koalition.“
(Quelle: Bild)
CDU-Vorsitzender Friedrich Merz am 7. November 2024
„Es gibt überhaupt keinen Grund, die Vertrauensfrage jetzt erst im Januar des nächsten Jahres zu stellen. Die Ampel hat keine Mehrheit mehr im Deutschen Bundestag und damit haben wir den Bundeskanzler aufzufordern, und zwar mit einem einstimmigen Beschluss der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, jetzt sofort die Vertrauensfrage zu stellen, spätestens Anfang nächster Woche.“
(Quelle: Phoenix ab Minute 0:13)
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 7. November 2024
„Der Bundeskanzler hat mich gestern gebeten, Finanzminister Lindner zu entlassen. Die Minister Buschmann, Stark-Watzinger haben ebenfalls inzwischen um ihre Entlassung gebeten. Ich werde diese Entlassungen heute Mittag vollziehen. (…) Der Bundeskanzler hat erklärt, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen. Es ist der Weg, über den das Parlament den Weg zu Neuwahlen möglich machen kann. Der Bundespräsident muss über die Auflösung des Bundestages entscheiden, wenn der Bundestag dem Bundeskanzler im Verfahren nach Artikel 68 Grundgesetz das Vertrauen entzieht. Zu dieser Entscheidung stehe ich bereit.“
(Quelle: ARD ab Minute 0:09)
Stellvertretender CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender Alexander Dobrindt am 8. November 2024
„Erst Neuwahlen liefern diese stabilen Mehrheiten und eine handlungsfähige Regierung. Und deswegen rate ich Olaf Scholz dringend, auch diese mahnenden Worte des Bundespräsidenten sehr ernst zu nehmen und das auch nochmal deutlich zu sagen. Eine Situation irgendwo zwischen Koma-Kanzler und Klebe-Olaf – das ist schlichtweg dem Amt des Bundeskanzlers unwürdig.“
(Quelle: phoenix ab Minute 1:12)
BSW-Chefin Sahra Wagenknecht am 8. November 2024
„Dass die Ampel am Ende offenbar daran zerbrochen ist, dass SPD und Grüne die Schuldenbremse aufheben wollten, um noch mehr Waffen in die Ukraine liefern zu können – dafür und für nichts Anderes. In einer Situation, wo in Deutschland Brücken und Schulen marode sind und bröckeln, in einer Situation, wo Millionen Rentnerinnen und Rentner in Armut leben. Dass sie dann die Schuldenbremse dafür aufheben wollen, noch mehr Waffen zu kaufen und noch mehr Waffen zu liefern – ich finde, das lässt einen fassungslos zurück und zeigt: Ein Glück, dass diese Versagerregierung jetzt Geschichte ist.“
(Quelle: bsw-bt.de ab Minute 0:29)
Berliner Landeswahlleiter Stephan Bröchler am 10. November 2024
„Es wäre, glaube ich, für eine neue Bundesregierung doch ein erhebliches Problem, wenn sie sich als erstes mit Wahlpannen auseinandersetzen müsste, oder wir sogar in eine Diskussion um eine mögliche Wiederholungswahl der Bundestagswahl hier in Deutschland beschäftigen müssen. Von daher mache ich sozusagen diese Position auch so stark: Besonnenheit bitte von der Politik, lassen sie die Experten zu Wort kommen und die Experten entscheiden. Und das sind diejenigen, die Wahlen organisieren.“
(Quelle: ARD)
Titelbild: Screenshot ZDF