Mathias Richling verliert nach 28 Jahren seine TV-Show beim SWR. Sparmaßnahmen werden als Begründung genannt. Am 10. Dezember wird der Vorhang der Mathias-Richling-Show zum letzten Mal fallen. Da ist es nachvollziehbar, dass Richling seinen Fans etwas für deren „Archiv“ hinterlassen möchte. Anette Sorg.
Ich gestehe, dass es mir noch nie zuvor passiert ist, dass ich in einem Buch vor dem Prolog eine Gebrauchsanweisung zu lesen hatte. Sieben Punkte enthält dieselbe und der letzte verrät: „wenn Sie den Zusammenhang vermissen, haben Sie das Buch verstanden!“ Das führte zum ersten Lacher, dem viele weitere folgten.
Es schadet dem Buch nicht, dass es zunächst wie ein Bilderbuch der von Mathias Richling parodierten Persönlichkeiten daherkommt. Es schadet ihm ebenso wenig, dass die Geschichten (wie in der Gebrauchsanweisung angekündigt) nicht mit den Bildern korrespondieren, und es schadet ihm auch nicht, dass es (gefühlt oder echt?) überdurchschnittlich viele Anekdoten über Baden-Württemberger Prominenz zu lesen gibt.
Einblicke in den privaten Mathias Richling, sein Elternhaus, sein schwäbisches Umfeld, seine Jugend-Liebe werden ebenso humorvoll geschildert wie Begegnungen mit Persönlichkeiten von Rang und Namen. Für zwei Geschichten – die über Johannes Rau und die über Herta Däubler-Gmelin – könnte der Buchtitel „enttarnt“ nicht besser getroffen sein. Raus fehlende Größe, mit der Parodie seiner Person umgehen zu können, und Däubler-Gmelins schwäbische „Sparsamkeit“ lassen tief blicken.
Derweil ist man angenehm überrascht, dass die Replik der Ehefrau von Michael Glos auf eine Parodie ihres Mannes ein solches Niveau erreicht, dass sie – zumindest mit dieser Reaktion – Richling satirisch durchaus das Wasser reichen kann.
Die bei Richling bewusst eingesetzten Sprach-Verhaspelungen führen bei einem Fan sogar zur Aussage: „Geben Sie es doch endlich zu: Der Lauterbach ist doch nicht echt. Der Lauterbach, das sind doch Sie!“ Für wen diese Aussage kein Kompliment darstellt, muss an dieser Stelle vermutlich nicht erläutert werden.
Meine persönliche Lieblingsgeschichte ist die von der (sehr) alten Dame, die erst bereit war zu sterben, nachdem es sich endlich ergeben hatte, dass sie eine Show von Richling live hat sehen können.
Bis fast zum Ende des Buches bleibt der häufig zitierte Thomas, der neben verschiedenen Fans zu Wort kommen darf, ein Phantom für mich. Dann endlich glaube ich, ihn zuordnen zu können. Ich werde Mathias Richling gelegentlich fragen, ob ich richtig kombiniert habe oder ob meine kriminalistischen Fähigkeiten eher unterentwickelt sind.
Der Westend Verlag beschreibt dieses zweite dort verlegte Buch von Richling so:
„Schnell ist er, scharfzüngig, spöttisch und vor allem extrem wandelbar. Denn seine Spezialität sind Politikerparodien und diese gezielt verhaspelten Sätze, die seinem Publikum den Kopf verdrehen und das Zwerchfell im Stakkato in Bewegung setzen. Mathias Richling ist der Mann mit den vielen Gesichtern und sein neuestes Werk so etwas wie Fernsehen im Buchformat: ein illustriertes biografisches Künstlerleben mit über 200 Gesichtern und Geschichten von der Sonnenseite des Lachens.“
Für 24 Euro ist es unter der ISBN 9 783864 894572 käuflich zu erwerben und ist sicher geeignet, es sich selbst oder anderen lieben Menschen unter den Weihnachtsbaum zu legen.