Was bedeutet der Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen für den Nahen und Mittleren Osten und für Westasien?

Was bedeutet der Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen für den Nahen und Mittleren Osten und für Westasien?

Was bedeutet der Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen für den Nahen und Mittleren Osten und für Westasien?

Karin Leukefeld
Ein Artikel von Karin Leukefeld

Der neue Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ist ein alter Präsident. Donald Trump (78) war bereits von 2017 bis 2021 der 45. Präsident der USA. Es ist unwahrscheinlich, dass sich die US-Außenpolitik gegenüber den Ländern zwischen dem östlichen Mittelmeer und der Region am Persischen Golf ändern wird. Schon Franklin D. Roosevelt, der 32. US-Präsident, machte bei seinem Treffen mit dem saudischen König Abdul Aziz Ibn Saud am 14. Februar 1945 klar, dass es ihm vor allem um zwei Dinge ging: Das eine war der ungehinderte Zugriff auf die saudischen Ölressourcen, wofür Roosevelt dem saudischen König den Schutz der USA – also Waffenlieferungen und den Bau von Militärbasen – versprach. Das andere war die Zusage des Königs, einen „Judenstaat“ Israel in Palästina zu akzeptieren. Der saudische König lehnte ab und bis heute – November 2024 – ist dieses Ziel nicht erreicht, wie zuletzt die Biden-Administration erfahren musste. Von Karin Leukefeld.

Könnte also eine neue Trump-Administration die während der ersten Amtszeit von Donald Trump erreichten „Abraham Abkommen“ mit Bahrain, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Sudan und Marokko in einer neuen Amtszeit ausweiten? Möglich ist es, allerdings wird es Trump ebenso wenig wie seinen Vorgängern darum gehen, die Rechte der Palästinenser anzuerkennen. Den USA geht es um Israel und darum, dass der „jüdische Staat“ als fester und gesicherter Partner von den arabischen Staaten anerkannt werden muss. Den USA geht es, ebenso wie der Europäischen Union, um die geopolitische Kontrolle, die Kontrolle von Rohstoffen, die Kontrolle von Land-, See- und Handelsrouten zwischen Asien und Europa und dem Atlantik.

Erinnert sei hier an den Putsch gegen den iranischen Ministerpräsidenten Mohammad Mossadegh 1953 (!) durch den britischen MI6 und die US-amerikanische CIA. Grund war die Verstaatlichung der iranischen Ölindustrie, was Großbritannien und die USA als unentschuldbaren Verstoß gegen die eigenen britisch-amerikanischen Interessen ansahen. Es ging also nicht um Menschenrechte oder das Recht der Staaten und Völker der Region auf Souveränität, Entwicklung und Selbstbestimmung; wie es die UN-Charta (seit 1945) jedem Staat, egal ob groß oder klein, einräumt. Es geht den USA (und ihren Verbündeten) um die Wahrung eigener Interessen der westlichen Hemisphäre. Ein selbstbestimmtes Bündnis der Staaten der Region, wie es in West-Europa nach dem 2. Weltkrieg möglich war und gefördert wurde – die Europäische Union –, war und ist in den Drehbüchern Washingtons für Staaten zwischen dem östlichen Mittelmeer und der Region des Persischen Golfes nicht vorgesehen. Es ist egal, ob das Weiße Haus von Demokraten oder Republikanern kontrolliert wird. Ziel der US-Politik in der Region ist, eigene Interessen der dortigen Staaten zu verhindern und ein Land, das es wagt, sich frei entwickeln zu wollen, zu unterwerfen.

Das gefährliche Erbe der Demokraten

Diesbezüglich hätten sich Kamala Harris als demokratische Präsidentin und Donald Trump als Republikaner nicht wesentlich unterschieden. Harris trägt das Erbe der Demokraten, die – in den Augen vieler, vor allem junger US-Wähler – in der Politik gegenüber Israel und Palästina versagt haben. „Der Krieg muss stoppen“, so ihr allgemeines Plädoyer zum Genozid gegen die Palästinenser und dem Krieg gegen Libanon. Doch Harris blieb ungenau und vage, es gab keinen Plan, wie sie die israelischen Kriege in der Region beenden wollte.

Trump wird nun an die Entscheidungen der gescheiterten Biden-Administration gebunden sein. Das Pentagon stationierte ein hochmodernes Raketenabwehrsystem in Israel mit 100 Soldaten, die es bedienen sollen, und machte sich damit zum Akteur – und zu einem Ziel – in einem möglichen Iran-Israel-Krieg. Nur eine Woche vor den US-Präsidentschaftswahlen beschloss das Pentagon die Entsendung von B-52-Bombern in die Region und weiterer Flugzeugträger – „zum Schutz von US-Bürgern, von US-Streitkräften, von Israel und „für die Durchsetzung der US-Politik von Deeskalation durch Abschreckung und Diplomatie“.

Damit sandte die US-Biden-Administration kurz vor ihrem Abgang noch ein deutliches Signal für die nächste Administration an Israel: Die USA stehen weiter an Israels Seite. Und ebenso deutlich war das Zeichen an die Palästinenser, Libanesen und an die arabisch-muslimischen Staaten der Region: Die USA bleiben an der Seite Israels, gegen die Interessen der Völker der Region. Es sei denn, sie unterwerfen sich den US-amerikanischen Interessen.

Das Ziel dieser US-Politik ist die Kontrolle des „Großraums Mittlerer Osten“ – von Afghanistan bis zum Atlantik. Diese Kontrolle manifestiert sich in der Errichtung von US-Militärbasen und in der Kontrolle der Meerengen und aller Meere der Region. Israel ist der Stützpunkt, über den die US-amerikanischen Interessen kontrolliert werden. Zu beobachten ist das im Irak, in Syrien und nicht zuletzt auch im Libanon, wo die USA die zweitgrößte US-Botschaft weltweit errichtet hat. Die größte US-Botschaft weltweit steht in Bagdad (Irak).

So, wie die USA die Kontrolle des „Großraums Mittlerer Osten“ anstreben, so strebt die Netanyahu-Regierung ein „Groß-Israel“ an, das mindestens vom Jordanfluß bis zum Mittelmeer reicht. Die rechten und faschistischen Kräfte, mit denen sich Netanyahu in seiner Regierung und mit national-religiösen und zionistischen Siedlern zusammengetan hat, streben ein „Groß-Israel“ an. An den Frontlinien von Gaza und Libanon fordern sie, dort Siedlungen zu bauen. Wie Minister der Netanyahu-Regierung verachten sie ihre arabischen Nachbarn.

Die Entlassung von Verteidigungsminister Yoav Gallant – der wahrlich kein Friedensaktivist ist – am Tag der US-Wahlen und mitten in einem Mehr-Frontenkrieg setzt auf weitere Konfrontation. Gallant forderte Verhandlungen mit der Hamas und einen Waffenstillstand, um die Freilassung der israelischen Gefangenen aus Gaza zu erreichen. Das hätte auch die anderen Fronten beruhigt. Doch Netanyahu ist auf Kriegskurs und erwartet sich Unterstützung vom neuen US-Präsidenten Donald Trump wohl auch für einen Krieg gegen Iran.

Die arabischen Staaten und auch Iran scheinen abzuwarten, ob Trump den Weg Netanyahus mitgehen wird. Die Region geht vorsichtig auf Abstand zur westlichen Hemisphäre und richtet ihre Politik auf regionale Verständigung und neue Beziehungen mit China und Russland aus. Leicht ist das nicht, denn vor allem die arabischen Golfstaaten sind militärisch und wirtschaftlich eng mit den USA verbunden. Doch BRICS und die Shanghai Cooperation Organization bieten viele Möglichkeiten der politischen und wirtschaftlichen Vernetzung, die Türen öffnen. Die USA und die Europäische Union haben mit harter, einseitiger Sanktionspolitik gegen Staaten der Region Türen geschlossen.

Trump äußerte sich während des Wahlkampfes wenig zu den Kriegen Israels gegen die Palästinenser und Libanon. Er erwarte, dass alles beendet sei, wenn er im Januar 2025 sein Amt antrete, ließ Trump verlauten. Im Libanon und in den palästinensischen Gebieten bereitet man sich derzeit auf noch mehr Gewalt von Israel vor.

So ist das: Deutschland und die EU baut, Israel zerstört

Die deutsche Bundesregierung hält sich eng an den von Washington und der NATO vorgegebenen Kurs in der Region. Frühere Beziehungen sind abgebrochen, die einseitige Sanktionspolitik wird von Berlin unterstützt, das zudem der zweitgrößte Waffenlieferant für Israel ist. Eine Neujustierung der deutschen Außenpolitik gegenüber der arabischen muslimischen Welt wäre dringend erforderlich, doch solange Berlin Waffen liefert, aber auch Hilfe für die Menschen leistet, die von Israel mit diesen Waffen gejagt, vertrieben und getötet werden, nimmt niemand in der arabischen Welt das deutsche Auftreten ernst. Seit den 1990er-Jahren gibt es Gespräche auf der Ebene des Bundesnachrichtendienstes, des deutschen Auslandsgeheimdienstes BND. Zuletzt gab es Treffen zwischen BND und einem hochrangigen Vertreter der Hisbollah Anfang 2024 und erneut Ende Juni/Anfang Juli. Für Geheimdienste sind solche Gespräche Routine, um Sicherheitsfragen zu klären. Es ist allerdings an der Politik, an Regierungsvertretern, die so geöffneten Türen auch zu durchschreiten.

In der arabischen Welt kennt man die „Staatsräson“, die historische Verpflichtung Deutschlands gegenüber Israel, und hat schon daher geringe Erwartungen. Deutschland vermittle nur, was in Washington bewilligt worden sei, so die Meinung von Gesprächspartnern der Autorin. Das Gleiche gelte für die Europäische Union. Alles drehe sich um „die Sicherheit Israels“, als gebe es kein Recht auf Sicherheit vor der israelischen Besatzungsmacht und deren Expansionsstreben. „Sie sehen doch, was seit Jahrzehnten hier geschieht“, sagte eine Palästinenserin im Flüchtlingslager Burj Barajneh in Beirut. „Erinnern Sie sich an den Flughafen in Gaza? Er wurde mit europäischen Geldern gebaut und Israel hat ihn zerbombt. So ist das: Deutschland oder die EU bauen etwas, dann kommt Israel und zerbombt es und die Europäer bauen wieder auf und es wird wieder von Israel zerstört.“

Titelbild: noamgalai/shutterstock.com

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