Hinweise des Tages

Jens Berger
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (MB/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Utopischer Charme
  2. WDR-3-Umbau bringt
  3. Naomi Klein: Der neue Antihumanismus – der Klimawandel und die politische Rechte
  4. Banken in Geld baden
  5. Uns fehlen die Querdenker
  6. Was ist bloß in die Bundesbank gefahren?
  7. Arbeitslosigkeit in Europa so hoch wie noch nie
  8. Griechenland
  9. Hedge-Fonds-Manager verdienen Milliarden
  10. Ich bedanke mich tausend Millionen Mal
  11. Höhere Tarifabschlüsse trotz Konjunkturflaute
  12. Panther gegen Tiger
  13. Fraport und Lufthansa lassen demonstrieren
  14. Populismus macht jede Studie kaputt
  15. Wulff und die Altersarmut
  16. Schäuble löst Sudoku in Griechenland-Debatte – ARD muss Bilder löschen

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Utopischer Charme
    „Stresstest Deutschland“: Jens Berger seziert ein Land, das sich vom Versprechen sozialer Gerechtigkeit entfernt hat – und fordert den gesellschaftlichen Protest ein […]
    Womit wir bei Bergers Buch wären: In seinem Erstlingswerk unterwirft der Autor das Land einem Stresstest. Oder besser: einem Glückstest. Und der geht nicht gut aus. Denn anders als die auf Unternehmen fixierten Betriebswirtschaftler legt der Volkswirt Berger seinem Stresstest eine „Benchmark“ zugrunde, die nicht dem Shareholder Value der „Deutschland AG“, sondern dem Gemeinwohl verpflichtet ist. Seit einige Glücksforscher die glorreiche Idee hatten, dem Wachstumsfetischismus der herrschenden Wirtschaftstheorie eine humane Alternative entgegenzusetzen, ist das Glück in die Welt der Wirtschaft gewandert. Heute befassen sich Regierungen mit dem Glück, und der Deutsche Bundestag hat extra eine Enquete-Kommission eingesetzt. […]
    Während die ersten Kapitel, in denen sich der Autor mit der Gemengelage aus Medienmacht, Lobbyismus und politischer Korruption auseinandersetzt, etwas unschlüssig um Colin Crouchs These von der Postdemokratie kreisen und bisweilen in bequemes Politiker- und Journalisten-­Bashing abgleiten, sezieren die folgenden Kapitel messerscharf, wie weit sich die Wirklichkeit von der Benchmark „soziale Gerechtigkeit“ entfernt hat. […]
    Im letzten Kapitel nimmt sich Berger die deutsche Finanzpolitik zur Brust. Der Leser erhält eine Paradevorlesung darüber, wie die Akteure der Finanzmärkte – die weltweit mit 221 Billionen Dollar jonglieren – in der Bankenkrise die Demokratie suspendierten und seither die Politik in Europa bestimmen.
    Quelle: Der Freitag

    Anmerkung JB: Mein Buch Stresstest Deutschland ist im Westend Verlag erschienen und kostet 16,99 Euro.

  2. WDR-3-Umbau bringt
    Der WDR steht unter Druck. Vor allem der Hörfunk steht in der Kritik. Von „Abbau von lokaler Berichterstattung“ ist die Rede. Zudem wird der Umbau der Kulturwelle WDR 3 als „weitere Gleichmacherei“ des Programms kritisiert. Dabei erhalten die internen Kritiker Unterstützung von rund 70 klugen Köpfen, darunter Günter und Elke Heidenreich. WDR-Hörfunkchef Wolfgang Schmitz hat inzwischen reagiert.
    Interne Kritiker meldeten sich im Internet zu Wort. Im Blog „NachDenkSeiten.de“ beklagt eine Autorin namens Erika Fuchs die Ausrichtung des Programms nach Marketing-Gesichtspunkten: „Nicht das, was die Redakteure und Autoren für wichtig halten, hat im Quotendenken von (Intendantin, Red.) Monika Piel eine Chance.“ Was „sperrig oder gar anspruchsvoll“ sei, falle weg. Die geplante Reform von WDR 3 sei ein Beitrag zu weiterer Gleichmacherei im Hörfunk des gebührenfinanzierten Landessenders.
    Quelle: Der Westen

    dazu auch: Weichspüler beim WDR
    Im öffentlich-rechtlichen Radio soll es weniger Politik geben, aber Widerstand formiert sich.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung: Siehe auch die NachDenkSeiten hier, hier und hier.

  3. Naomi Klein: Der neue Antihumanismus – der Klimawandel und die politische Rechte
    Der Klimawandel sprengt das weltanschauliche Fundament des zeitgenössischen Konservatismus. Ein Glaubensgebäude, das kollektives Handeln verteufelt und auf die totale Entfesselung der Märkte schwört, lässt sich mit dem Imperativ unserer Tage schlichtweg nicht mehr vereinbaren: mit der Notwendigkeit, in ungekanntem Ausmaß aktiv zu werden und gemeinsam die Marktkräfte, die die Krise herbeigeführt haben, ein für alle Mal zu bändigen. Auf der Heartland-Konferenz, gewissermaßen dem Gipfeltreffen der Klimawandel-Leugner, sind die Ängste der Konservativen förmlich mit den Händen zu greifen. Joseph Bast, der Präsident des Heartland Institute, verhehlt nicht, dass dieKampagnen seiner Einrichtung der Furcht vor den politischen Folgerungen entspringen, die aus den vorliegenden Forschungsergebnissen zu ziehen wären. „Mit Blick auf dieses Problem sagen wir: Hier haben wir es mit einem Rezept zur massiven Steigerung staatlicher Einflussnahme zu tun. […] Bevor wir uns zu so etwas entschließen, sollten wir noch einmal genauer hinsehen. So kamen, denke ich, konservative und libertäre Gruppen dazu, ‚Stopp’ zu rufen: Nehmen wir die Forschungsergebnisse nicht einfach hin wie Glaubensartikel – forschen wir lieber selber!“ Dieser Punkt ist entscheidend: Was die Leugner des Klimawandels umtreibt, sind nicht so sehr die wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Wandel selbst als vielmehr Widerstand gegen all das, was aus diesen Erkenntnissen für die gesellschaftliche Realität folgt. Was Bast hier – wohl ganz unbewusst – illustriert, ist ein Phänomen, dem sich derzeit immer mehr Sozialwissenschaftler zuwenden, die sich um eine Erklärung für den dramatischen Meinungswandel in Sachen Klimawandel bemühen. Beim Cultural Cognition Project der Yale Law School haben Forscher herausgefunden, dass die Auffassungen von Individuen zum Thema Klimawandel vor allem durch ihr politisch-kulturelles Weltbild geprägt sind – „viel stärker als durch irgendwelche sonstigen individuellen Merkmale“. Menschen mit ausgeprägt „egalitären“ oder „gemeinschaftsorientierten“ Auffassungen – die sich durch eine Neigung zu kollektivem Handeln und sozialer Gerechtigkeit sowie Misstrauen gegenüber Unternehmermacht auszeichnen – stimmen ganz überwiegend den Forschungsergebnissen zu. Demgegenüber lehnen Menschen mit ausgeprägt „hierarchischen“ und „individualistischen“ Auffassungen den wissenschaftlichen Konsens ganz überwiegend ab. Ihre Haltungen kennzeichnen die Gegnerschaft gegen staatliche Unterstützung für Arme und Minderheiten, starke Zustimmung zur Industrie sowie der Glaube, das jeder bekommt, was er verdient.
    Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik

    Anmerkung MB: Auf vergleichbare Ergebnisse kommt in anderem Zusammenhang auch der Darmstädter Eliteforscher Prof. Michael Hartmann.

  4. Banken in Geld baden
    Die Europäische Zentralbank gibt den Banken 530 Milliarden Euro-quasi geschenkt und daran dürfen die Kreditinstitute jetzt verdienen.
    Die Europäische Zentralbank (EZB) gibt den Banken, was sie wollen. Nach 490 Milliarden Euro im Dezember lieh sie dem Finanzsektor am Mittwoch weitere 530 Milliarden. Netto dürften den Banken damit 500 Milliarden zugeflossen sein. Diese Riesensumme bekommen die Kreditinstitute von der EZB quasi geschenkt und dürfen beziehungsweise sollen daran jetzt verdienen.
    Quelle: Frankfurter Rundschau

    Anmerkung JB: Wer A sagt, sollte auch B sagen. Die eigentlich Idee der EZB ist es ja, dass die Banken mit dem „quasi geschenkten“ Geld Staatsanleihen kaufen. Daraus könnte man durchaus den Schluss C ziehen, dass es im Sinne der Allgemeinheit wäre, wenn die EZB die Staaten gleich – und ohne Prämie für die Intermediatäre aus dem Bankensystem – finanzieren würde. Die FR bleibt jedoch beim A.

    dazu: Doping der anderen Art
    […] Die Angelsachsen kaufen direkt Staatsanleihen auf. So wird direkt Liquidität geschaffen – der Kaufpreis für diese Papiere wird quasi mit gedrucktem Geld bezahlt. Die EZB macht es anders: Sie verleiht zu günstigen Konditionen Geld an die Banken. Auch hier wird Geld quasi gedruckt und an die Banken weitergeben. So weit laufen beide Operationen also parallel. […]
    Der Nachteil der EZB-Methode liegt auf der Hand: Die Banken bekommen so die Möglichkeit, schnellen Gewinn zu machen. Denn der EZB-Kredit ist billig, und zumindest in schwachen Ländern wie Italien haben Staatsanleihen mittlerweile sehr hohe Renditen. Italienische Banken können sich also mit billig mit europäischem Geld vollsaugen und es sehr rentierlich bei der eigenen Regierung anlegen. Aber vielleicht ist Draghi dieser Effekt sogar ganz recht – nicht, weil er Italiener ist: Die Banken in den schwachen Staaten stehen im Ansehen der Kapitalmärkte ohnehin schlecht da, zusätzlicher Gewinn kann dieses Bild nur verbessern.
    Quelle: Handelsblatt Global Markets

  5. Uns fehlen die Querdenker
    Die meisten deutschen Volkswirtschaftler hängen uralten Lehren an. Das muss sich ändernie Finanzkrise hat die gängige Wirtschaftslehre ins Wanken gebracht. Der Glaube an perfekte Märkte, an strikte Rationalität der Wirtschaftsakteure lässt sich mit der Realität der Krise, geprägt von Herdentrieb und Übertreibungen, kaum in Einklang bringen. Die Wirtschaftswissenschaft befindet sich deshalb im Wandel. Allein in Deutschland tut man sich mit dem Umbruch jedoch schwer.
    Manch deutscher Wirtschaftsprofessor vertritt in Talkshows eine nationale Gartenzwergökonomie aus D-Mark-Zeiten, die die Realität der Krise zu ignorieren scheint. Bei einigen Ökonomen regiert offenbar eine Art Fundamentalismus – man klammert sich fest an dogmatischen Grundprinzipien, die eine komplexe Welt vereinfachen, und wehrt sich vehement gegen Aufklärung. Das Streben nach einer reinen Lehre, nach theorielastigen Positionen, erdacht in einem wissenschaftlichen Elfenbeinturm – all das ist verbreitet unter deutschen Volkswirtschaftlern. […]
    Und während man sich hierzulande im ökonomischen Einheitsdenken übt, haben andernorts Ökonomen ihre Profession längst radikal hinterfragt – und zwar nicht erst seit der Finanzkrise 2008. Bereits in den 90er-Jahren, während der Asien-Krise, begannen in den USA Denker wie Joseph Stiglitz oder Paul Krugman, den gängigen Glauben an effiziente Märkte offen infrage zu stellen und leiteten damit einen Paradigmenwechsel ein.
    Quelle: FTD
  6. Was ist bloß in die Bundesbank gefahren?
    Die Bundesbank ist mit dem Thema Target 2 bislang sehr klug umgegangen. Sie hat darauf verwiesen, dass die Target-Salden ein Symptom der Finanzkrise sind und Störungen am Interbankenmarkt aufzeigen. […]
    ens Weidmann aber drängt nun wie wir dank Stefan Ruhkamp von der FAZ wissen offenbar in einem Brief an Mario Draghi auf eine Besicherung der Target-Salden. […]
    Das sieht nach einer ziemlich schrägen Doppelbesicherung aus, deren Sinn sich mir nicht erschließt […]
    Aber vielleicht geht es ja auch gar nicht um den Sinn, sondern um DEN Sinn – will sagen: Vielleicht sieht sich die Bundesbank gezwungen, wieder besseres Wissen auf den öffentlichen Druck zu reagieren. Das wäre dann ein Zeichen dafür, dass die Target-Debatte den klaren Blick vernebelt und die Unabhängigkeit der stolzen Bundesbank kompromittiert.
    Quelle: ZEIT Herdentrieb

    Anmerkung JB: Es ist ohnehin seltsam, mit welch unkritischer Galanterie die Medien Hans Werner Sinns Thesen verbreiten, die ansonsten in Fachkreisen eher belächelt werden . Lesenswert zu diesem Thema ist auch der Debattenbeitrag von Peter Bofinger.

  7. Arbeitslosigkeit in Europa so hoch wie noch nie
    Die Wirtschaft in der Euro-Zone hat mit den Folgen der harten Sparpolitik zu kämpfen: Die Arbeitslosigkeit ist auf den Rekordwert von 10,7 Prozent gestiegen, in Spanien und Griechenland ist jeder Fünfte ohne Job. Steigende Preise verschärfen die Lage zusätzlich.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    dazu: Unemployment in Europe – January 2012. Worse than expected
    The new Eurostat unemployment data.The December Eurozone unemployment estimates were revised upwards with 0,2% tot 10,6%. In January 2012 unemployment in the Eurozone increased with 0,1% to 10,7% – which leaves us 0,3% higher than where we thought we were in December.

    Quelle: Real World Economics Review

  8. Griechenland
    1. Schlimmer geht’s nimmer
      […] Leider sieht es so aus, als ob die Entscheidungen jetzt in der Hitze des Gefechts getroffen werden müssen – und zwar ohne demokratische Legitimation. Damit aber steht nichts weniger als der Gründungsmythos der Europäischen Union zur Disposition.
      Artikel 2 des Maastricht Vertrages (1992–93) besagt, dass „die Werte, auf die sich die Union gründet, die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte [sind] …“ Und Artikel 10 legt fest, dass die „Arbeitsweise der Union auf der repräsentativen Demokratie beruht“ und „die Entscheidungen so offen und bürgernah wie möglich getroffen“ werden müssen.
      Versuchen Sie mal, den Vertrag auf die Sparmaßnahmen anzuwenden, die jetzt den Griechen auferlegt werden und die Millionen in Armut, Angst und Verzweiflung getrieben haben.
      Sie werden feststellen: Die Union schützt bei ihren Problemlösungen weder die Würde noch die Gleichheit der EU-Bürger. Stattdessen werden zentrale Entscheidungen in größtmöglicher Ferne von den Menschen und ihren Repräsentanten getroffen. Von diesem Europa hat niemand geträumt in Maastricht, damals vor 20 Jahren.
      Quelle: taz
    2. In Griechenland setzt sich der Hunger fest
      Die Durchhalteparolen der Politik klingen für viele Griechen nur noch zynisch. Nach Jahren der Rezession und unzählbaren Sparprogramme sind sie verzagt und zermürbt. Hunger und Verzweifelung breiten sich aus.
      Quelle: Handelsblatt
    3. Griechenland Verheerende Bilanz für Wachstumshilfe
      „Das ist aus deutscher Sicht nicht akzeptabel“: Das Wirtschaftsministerium zieht nach sechs Monaten Wachstumshilfe für Griechenland eine erschütternde Bilanz. Das Krisenland sei weder willens noch in der Lage, die Hilfe anzunehmen, heißt es in einem Papier, das der SZ vorliegt.
      Quelle: Süddeutsche

      Kommentar unseres Lesers H.H.: Die vorgebliche Initiative Röslers und deutscher Unternehmen ist wohl eher so zu verstehen, dass Griechenland noch mehr ausgepresst werden soll bis die letzte Olive verscherbelt ist. Die „unklaren Zielvorstellungen“ der Griechen sind aber vielleicht auch so etwas wie Rückzugsgefechte, weil mittlerweile auch die dortigen Politiker gemerkt haben, dass sie im eigenen Land längst nichts mehr zu sagen haben.

      Ergänzende Anmerkung MB: Ausländische Hilfe zum Aufbau einer funktionsfähigen Steuerverwaltung, die an anderer Stelle öfter diskutiert wird, ist sicher diskussionswürdig. Ansonsten ist Hilfe für Griechenland bzw. für die griechische Wirtschaft oder Bevölkerung das Allerletzte, was bezweckt wird.

  9. Hedge-Fonds-Manager verdienen Milliarden
    Insgesamt häuften die 40 erfolgreichsten Geldverwalter im vergangenen Jahr rund zehn Milliarden Euro an – und das trotz einem deutlichen Wertverluste der Branche.
    Quelle: Handelsblatt
  10. Ich bedanke mich tausend Millionen Mal
    Einmal Hartz IV, immer Hartz IV? Dafür gibt es Gegenbeispiele. ZEIT ONLINE stellt drei Menschen vor, die dank des Arbeitsmarkt-Booms nicht mehr langzeitarbeitslos sind.
    Quelle: ZEIT

    Anmerkung JB: Hach, wie schön. Die Holtzbrinck-Journalistin Anne-Sophie Lang hat drei ehemalige Hartz-IV-Empfänger gefunden, die nun einen echten Job haben und dann auch noch so richtig dolle dankbar für die staatliche Unterstützung sind. Würde man es nicht besser wissen, könnte man glatt denken, man hätte eine Imagebroschüre von Frau von der Leyen vor sich liegen. Aber Frau Lang hat ja auch Recht. Man sollte nicht immer so miesepetrig sein. Moderner Journalismus darf nur das Positive sehen – irgendwo lässt sich immer ein Fallbeispiel finden, mit dem man die sauertöpfische Kritik an unserer lobenswerten Regierung weg wedeln kann. So schafft man auch ein positives Umfeld für zahlungskräftige Anzeigenkunden und macht als Journalist ganz sicher Karriere.

  11. Höhere Tarifabschlüsse trotz Konjunkturflaute
    Zwar zeichnete sich im zweiten Halbjahr 2011 das Ende des Aufschwungs ab. Doch die meisten Branchen verhandelten Abschlüsse oberhalb der Inflationsrate.
    Quelle: WELT

    Anmerkung JB: Konjunkturflaute? Ist es nicht die WELT, die uns pausenlos erzählt, wie solide die deutsche Konjunktur doch dank der Merkelschen Reformen sei? Es ist schon seltsam, dass sich das Springersche Konjunkturorakel immer dann trübt, wenn es um höhere Löhne geht.

  12. Panther gegen Tiger
    Heuschrecke frisst 21 000 Wohnungen. Unter diesem Kampfbegriff wird der zweitgrößte Wohnungsdeal der Republik verhandelt. In Verschiss geraten ist die LBBW, die grün-rote Regierung und Stuttgarts Bürgermeister Föll. Die Staatskanzlei sagt, Föll (CDU) habe sie „in den Schlamassel“ geritten, der keilt zurück gegen Politik und Bankchef Vetter. Szenen aus einem Stück, das unter den Codewörtern Panther und Tiger läuft.
    Quelle: Kontext-Wochenzeitung
  13. Fraport und Lufthansa lassen demonstrieren
    Der Flughafenbetreiber Fraport und die Fluggesellschaften Lufthansa und Condor lassen heute demonstrieren. Um 16 Uhr findet eine Kundgebung unter dem Motto „Ja zu FRA!“ auf dem Römerberg in Frankfurt statt. Organisiert wird die „Demonstration“ von der umstrittenen Lobbyagentur Burson-Marsteller. Die Agentur ist ein Spezialist für Krisenkommunikation und hat eine lange Geschichte problematischer Kunden – von der argentinischen Militärdiktatur bis zu Union Carbide nach dem Chemie-Unfall in Bhopal.
    Quelle: Lobbycontrol
  14. Populismus macht jede Studie kaputt
    Eine Studie über die Lebenswelten junger Muslime sorgt für Aufregung. Aber nur, weil Innenminister Friedrich ihre Ergebnisse frisiert, kommentiert P. Sadigh.Alarm, Alarm: Ein Viertel der jungen ausländischen Muslime will sich hier nicht integrieren, findet Gewalt gut und lehnt unser westliches Leben ab. Immer radikaler werden die jungen Muslime. So kommt es rüber, wenn das Bundesinnenministerium eine von ihm in Auftrag gegebene Studie über die Lebenswelten von jungen Muslimen ausschließlich der Bild-Zeitung vorab zur Veröffentlichung überlässt. Die Richtung ist vorgegeben inklusive Drohung von Innenminister Hans-Peter Friedrich: “Wer Freiheit und Demokratie bekämpft, wird hier keine Zukunft haben.” […]
    Denn tatsächlich macht die Untersuchung weit weniger Krach als Bild und Friedrich. Die pickten sich nur die negativen Ergebnisse heraus. Dabei bestätigt die Studie eben auch: Die meisten Muslime sind weder radikal noch extremistisch. Selbst die radikalisierten Menschen, das zeigt die Forschungsarbeit auch, wollen keinen Terror, nur Veränderung. Man muss ihre Ansichten nicht teilen, aber sollte sie auch nicht kriminalisieren.
    Quelle: ZEIT
  15. Wulff und die Altersarmut
    Es lief wie geschmiert. Selten ist eine von der Bevölkerung so eindeutig abgelehnte Entscheidung (86 Prozent) so schnell und – bis auf die Linkspartei – so widerspruchslos durchgegangen wie die über den sogenannten Ehrensold für Christian Wulff.
    Ein ganz große Koalition stimmt offen oder stillschweigend einer Entscheidung zu, die das Gerechtigkeitsgefühl und das Rechtsbewußtsein der Bevölkerung schwer erschüttert. Grüne und SPD dankten in dieser Frage als Opposition ab.
    Dafür muss es Gründe geben. Die Spurensuche lohnt sich. Der Respekt vor Christian Wulff kann es nicht sein. Er hat ihn mit seinen Mit- und Annehmerqualitäten selbst verwirkt. Der Respekt vor dem Amt auch nicht, denn es hätte durch die Verweigerung des Ehrensoldes eher an Reputation gewonnen. Was also dann?
    Der Fall Wulff ist der Dreh- und Angelpunkt für das gesamte System der staatlichen Altersversorgung von Politikern. Wer einen Stein herausbricht, gefährdet das ganze Haus.
    Politiker sind die einzige Bevölkerungsgruppe ohne Angst vor Altersarmut. Diesselben Menschen, die über Rente mit 67, über Grundsicherung im Alter, über Rentenkürzungen und -erhöhungen beschließen, bekommen schon nach zwei Bundestags-Legislaturperioden monatlich rund 1.700 Euro ab dem 60. Lebensjahr (für jedes weitere Jahr 2,5 Prozent mehr – auf Basis der Diäten).
    Quelle: Sprengsatz
  16. Schäuble löst Sudoku in Griechenland-Debatte – ARD muss Bilder löschen
    Rechnen ist sein Job. Damit jedoch hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sicher nicht gerechnet: Während der Bundestag über neue Milliardenhilfen für Griechenland debattierte, fing ihn eine Kamera beim Sudoku-Spielen ein. Die Bilder liefen in der ARD-Tagesschau – nach Intervention des Bundestags sind sie mittlerweile aus dem Sender-Archiv gelöscht.
    Quelle: Der Westen

    Anmerkung JB: Und dabei ist der Öffentlich-rechtliche Rundfunk dem Papier nach unabhängig. Wer Schäuble beim Sudoko-Spielen zuschauen will, kann dies auch bei YouTube tun – besonders interessant ist dies jedoch nicht.

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