Aufrüstung: Arsenal für die Auslöschung

Aufrüstung: Arsenal für die Auslöschung

Aufrüstung: Arsenal für die Auslöschung

Ein Artikel von Bernhard Trautvetter

Es ist irreführend, die aktuelle Aufrüstung mit dem Ukrainekrieg zu begründen: Die Nutzung von vielem, was Militärs ohnehin schon lange entwickeln lassen, soll nun aber damit legitimiert werden. Die offizielle Erzählung unterschlägt zwar die NATO-Ost-Erweiterung und den Maidan-Putsch von 2014. Aber basierend auf dieser Irreführung gehen die Militärs dennoch ein Endzeitrisiko ein – und nennen das dann auch noch „Sicherheitspolitik“. Hier folgt ein Überblick über die neuesten Werkzeuge des Todes. Von Bernhard Trautvetter.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Nach aktuellen Berichten strebt Minister Pistorius den Kauf von 600 Taurus- Marschflugkörpern an. Diese Anschaffung bedeutet die Verdoppelung des Bestandes an diesen Offensivwaffen:

Die von dem europäischen Rüstungskonzern MBDA entwickelte Waffe ist darauf ausgelegt, hochwertige Ziele hinter feindlichen Linien wie Kommandobunker, Munitions- und Treibstofflager, Flugplätze und Brücken zu zerstören.“

Die Frage, was haben die Militärs vor, führt zu einer besorgniserregenden Antwort, wenn man sich die weitere europäische NATO-Rüstungsplanung genauer ansieht. Neben dem Panzerprojekt Main Ground Combat System (MGCS), das laut Boris Pistorius das Landkampfsystem der Zukunft ist, sticht das EU-Projekt Future Combat Air System (FCAS) heraus, „das die Vernetzung des Kampfflugzeugs mit unbemannten Komponenten ermöglicht und weiterentwickelte Schlüsseltechnologien nutzt – insbesondere im Bereich Elektronik…“

Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) feierte im September 2023 den Produktionsstart der „modernsten konventionellen U-Boote der Welt“.

Die nuklearen US-Arsenale B 61-12, von denen seit 2021 offiziell circa 20 Exemplare in Büchel bei Koblenz liegen, sind laut US-General Cartwright ‚gebrauchsfreudiger‘. Dies liegt daran, dass diese Nuklearbomben keine herkömmlichen Bomben sind, sondern sie werden zwar von Atombombern abgeworfen, fliegen dann aber extrem zielgenau selbstständig mit Zielfindungskopf in ihr Ziel. Sie können mit 0,3 Kilotonnen bis zur eineinhalbfachen Sprengkraft der Hiroshima-Bombe dosiert werden. Die ihnen attestierte Gebrauchsfreundlichkeit senkt die Schwelle zum Atomkrieg, der zum Ende der Menschheit führen kann.

Das NATO-Atomkriegs-Manöver ›Steadfast Noon‹ endete am 24.10. dieses Jahres; die Militärs probten ein Geschehen, das nie jemand heraufbeschwören darf, da es zum Kontrollverlust, zu einer milliardenfachen Todesrate und schlimmstenfalls zum Ende führen kann.

Die Anschaffung von 35 Atom-Tarnkappenbombern F 35 hat Kanzler Scholz in seiner ‚Zeitenwende‘-Rede mit dem Ukraine-Krieg legitimiert. Sie sind mit einer Schnittstelle für die B 61-12 ausgestattet und werden dafür ‚gebraucht‘. Sie sind durch ihre Oberfläche für gegnerische Radarüberwachung nur schwer erfassbar. Die Schwelle selbst zum Atomkrieg aus Versehen sinkt, sollte der Radar-Aufklärung bei der Ortung der Tarnkappen-Jets ein Fehler unterlaufen.

Die Anschaffung dieser Atombomber mit der Invasion Russlands in die Ukraine zu begründen, wie das Olaf Scholz getan hat, zeigt, dass hier vieles, was Militärs lange schon entwickeln und produzieren lassen, nun mit dem Ukrainekrieg begründet wird, um Widerstand im Keim zu ersticken. Dieses Legitimationsnarrativ besteht aus Halbwahrheiten, denn die NATO-Ost-Expansion, die u.a. gegen die Charta von Paris verstößt, wie die ETH Zürich 1997 analysierte (S.98), und der westlich gestützte und faschistisch mitgetragene Putsch in Kiew vor fast neun Jahren bleiben in diesem Legitimationsnarrativ unerwähnt.

Wie Olaf Scholz und die US-Regierung beim NATO-Gipfel im Juli 2024 vereinbarten, sehen beide Seiten ab 2026 die Stationierung von US-Raketen SM6, Dark Eagle und Tomahawk vor.

Dark Eagle ist weitreichend und verfügt über ein Flugtempo von bis zu 12-facher Schallgeschwindigkeit, eine den Radar überrumpelnde atomwaffenfähige Hyperschallrakete, die schon aufgrund ihrer Geschwindigkeit die Schwelle zum Atomkrieg entsprechend weiter senkt. Denn im Fall einer Krise muss die Alarmaufklärung mit diesen Geschossen rechnen, ohne ein Mittel dagegen zu haben.

Die Tomahawk-Marschflugkörper sind eine Weiterentwicklung der Cruise Missile, gegen die die Friedensbewegung der 1980er-Jahre millionenfach und erfolgreich demonstrierte. Die Tomahawk können infolge ihrer Reichweite von bis zu 2.500 km Ziele in Russland weit über Moskau hinaus zerstören. Da sie extrem tief fliegen und der Oberfläche des Geländes auf ihrer Flugbahn automatisch folgen, sind sie kaum vom gegnerischen Radar und der Flugabwehr zu orten.

Die SM 6 ist eine luftgestützte ballistische Rakete zur Abwehr und zum Einsatz gegen Bodenziele sowie Schiffe. Ihre Reichweite beträgt mehrere hundert Kilometer. Durch eine präzise Lenksteuerung ist sie für Präzisionsschläge geeignet.

All diese offensiven Systeme steigern im Spannungsfall die Gefahr des Ausbruchs eines Atomkriegs – etwa wenn die Nervosität des Personals der Radar-Aufklärung im Konflikt extrem hoch ist, was wegen der enorm kurzen Flugzeit und des Tempos – wie bereits angedeutet – die Vorwarnzeit praktisch auf Null bringt. Hinzu kommt die hohe Zielgenauigkeit. All das begünstigt Fehleinschätzungen und Fehlreaktionen, wenn die Spannungen ohnehin hoch sind.

Die Militärs gehen hier bewusst ein Endzeitrisiko ein und nennen das „Sicherheitspolitik“.

Die Gefährlichkeit, um die es hier geht, entspricht der, die in den 1980er-Jahren zur millionenfachen Unterstützung der Friedensbewegung führte.

Gegen die US-Raketen, die 2026 für eine Stationierung in Deutschland vorgesehen sind, kursiert im Netz eine Petition mit bisher über 12.600 Unterschriften und auf der großen Friedensdemonstration am 3. Oktober kam es zum Berliner Appell, den bisher über 6.000 Menschen unterschrieben haben. Ende November wird der bundesweite Friedensratschlag über weitere Aktivitäten der Friedensbewegung beraten.

Titelbild: Raland / Shutterstock

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