Nordkoreanische Soldaten an der ukrainischen Front? Wenn aus Gerüchten angebliche „Fakten“ werden

Nordkoreanische Soldaten an der ukrainischen Front? Wenn aus Gerüchten angebliche „Fakten“ werden

Nordkoreanische Soldaten an der ukrainischen Front? Wenn aus Gerüchten angebliche „Fakten“ werden

Ein Artikel von: Redaktion

Seit Wochen kursieren von ukrainischen und südkoreanischen Geheimdiensten gestreute Gerüchte, wonach Pjöngjang angeblich Tausende nordkoreanische Soldaten an die russisch-ukrainische Front entsandt hätte. Auch zahlreiche Journalisten präsentierten in der Bundespressekonferenz dieses Gerücht unhinterfragt als Tatsache. Die NachDenkSeiten fragten vor diesem Hintergrund bei der Bundesregierung nach, ob diese über eigene Erkenntnisse verfügt und wie sie das entsprechende Dementi aus Pjöngjang und Moskau bewertet. Von Florian Warweg.

Frage Kock (RTL)
Das ist eine Frage an mindestens drei Institutionen vorn auf dem Podium. Es geht um die Entsendung nordkoreanischer Soldaten sozusagen in den fernen Westen an die ukrainische Front. Wie bewerten Sie das? Ist das ein Kriegseintritt Nordkoreas? Ihre Einschätzung, bitte!

Deschauer (AA)
Ich fange gern an. Wir hatten uns dazu schon am Montag geäußert. Ich kann darauf hinweisen, dass wir heute Morgen den Geschäftsträger der nordkoreanischen Botschaft in Berlin einbestellt und ihm mitgeteilt haben, dass wir aktuelle Meldungen über Truppenverlegungen von nordkoreanischen Soldaten nach Russland und dann möglicherweise in die Ukraine mit großer Sorge verfolgen. Sie finden eine entsprechende Äußerung von uns auf X. Wir würden einen solchen Schritt natürlich als Eskalation betrachten.

Frage Berndt
Können Sie das bitte noch ein bisschen näher erläutern? Wie lief das Gespräch ab, und was wurde dabei noch gesagt?

Deschauer (AA)
Aus vertraulichen Gesprächen referieren wir üblicherweise nicht. Ich selbst war nicht dabei. Deswegen müsste ich mich kundig machen. Aber Sie können sich vorstellen, dass das mit einer klaren Aussage unsererseits stattgefunden hat, wie wir die Lage einschätzen. Was unsere Erwartungshaltung ist, habe ich, denke ich, eben vorgetragen, und das haben wir auch auf X öffentlich gemacht.

Frage Ratz (Reuters)
Sie haben gesagt, inhaltlich könnten Sie nichts sagen. Können Sie sagen, wie lange das Gespräch gedauert hat?

Deschauer (AA)
Im Moment nicht. Wenn ich das noch nachliefern kann, dann tue ich das gern, aber ich muss schauen.

Zusatzfrage Ratz
Ist der Geschäftsträger momentan der einzige Vertreter hier, der diplomatisch mit Deutschland in Verbindung steht, oder …

Deschauer (AA)
Ich würde Ihnen Rückfragen zu Nordkorea en bloc beantworten, wenn ich das kann.

Frage Dr. Rinke (Reuters)
Gibt es Kontakte zu Südkorea, das als Reaktion auf diese Meldung angekündigt hat, dass es sich vorstellen könne, vielleicht auch Waffen an die Ukraine zu liefern? Wäre das aus Sicht der Bundesregierung ein willkommener Schritt?

Deschauer (AA)
Ich denke, Südkorea ist ein enger Partner der Bundesregierung und, wenn mich nicht alles täuscht, in verschiedenen Formaten im engen Austausch mit der Bundesregierung, sei es bilateral – ich habe jetzt gerade nicht auf dem Zettel, wann zum letzten Mal ein physisches Treffen stattgefunden hat –, sei es als sogenannter assoziierter Partner in verschiedenen anderen Foren, selbst im Kontext der NATO. Insofern gibt es auch mit Südkorea einen regelmäßigen Austausch zur sicherheitspolitischen Lage im Kontext des Indo-Pacific Deployment, das wir hier schon verschiedentlich beleuchtet haben. Aber auch im Zusammenhang mit den Regierungskonsultationen mit Indien habe ich darauf referiert, dass die Lage in der weiteren Region insgesamt von strategischer Bedeutung für die Bundesregierung ist. Insofern sind wir im engen Austausch.

Zusatzfrage Dr. Rinke
Herr Hebestreit, würde es der Bundeskanzler begrüßen, wenn Südkorea Waffen direkt an die Ukraine liefern würde? Ich meine, bisher hat es in Südkorea vor allem Waffeneinkäufe, Munitionseinkäufe gegeben.

Regierungssprecher Hebestreit
Ich denke, von dieser Stelle aus obliegt es uns nicht, andere Länder aufzufordern, wie sie die Unterstützung der Ukraine gestalten, insbesondere wenn es eines qualitativ anderen Schrittes bedarf. Sie wissen, dass der Bundeskanzler im Rahmen der Europäischen Union immer wieder dafür geworben hat, dass die Länder, die die Ukraine unterstützen, was sowohl finanzielle als auch militärische Hilfslieferungen angeht, versuchen, das Mögliche möglich zu machen. Aber für die außerhalb Europas befindlichen Partner bleibt es bei einem allgemeinen Appell.

Frage Warweg
Alle Kollegen haben bisher im Indikativ gesprochen, so als sei das erwiesen. Jetzt hat meines Wissens Pjöngjang offiziell dementiert. Auch Russland hat de facto dementiert. Hat denn – das können Sie ja sagen – der Vertreter Nordkoreas hier in Deutschland das in dem Gespräch ebenfalls dementiert?

Über welche eigenen Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung in dieser Causa?

Deschauer (AA)
Herr Warweg, Sie wissen, dass wir uns über Erkenntnisse dieser Art, die ja üblicherweise nachrichtendienstlicher Art sind, mit Ihnen hier nicht austauschen. Dabei würde ich es auch jetzt belassen.

Ich werde Ihnen jetzt auch keine Details aus einem vertraulichen Gespräch mitteilen – das tun wir hier üblicherweise ebenfalls nicht –, sondern ich habe berichtet, welche Erwartungshaltung die Bundesregierung dem Geschäftsträger der nordkoreanischen Botschaft in Klarheit übermittelt hat.

Zusatz Warweg
Aber das hat ja nichts mit Gemeinwohl, Staatswohl oder sonst etwas Derartigem zu tun. Wenn Pjöngjang offiziell dementiert hat, wäre es ja eher überraschend, wenn der Geschäftsträger das nicht getan hätte. Das können Sie beantworten, ohne dass dabei irgendwelche intimen Details hochkommen würden.

Deschauer (AA)
Da sind wir unterschiedlicher Auffassung, und dabei belasse ich es.

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Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 23. Oktober 2024

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