Die Botschaft der Russischen Föderation hat sich mit eindeutigen Worten zum neuen maritimen taktischen Hauptquartier für die NATO (CTF Baltic) in Rostock geäußert. In einer Stellungnahme heißt es, die „schleichende Revision der Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs und die Militarisierung Deutschlands“ würden fortgesetzt. Russland warnt Berlin vor „negativsten Konsequenzen“. Von Marcus Klöckner.
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Es gibt die Sicht der NATO und es gibt die russische Sicht. Dass unterschiedliche Parteien unterschiedliche Ansichten haben, ist gewiss eine banale Erkenntnis. Wenn allerdings auf der Bühne der großen Weltpolitik Weltenlenker die Ansichten ihres Gegenübers ignorieren, kann das sehr gefährlich werden. Mit der Eröffnung des neuen Hauptquartiers der deutschen Marine in Rostock erfolgt vonseiten des Westens ein weiterer Schritt hin zur Provokation Russlands.
Das ist zumindest die russische Sicht. Und so hat die Botschaft der Russischen Förderation eine Stellungnahme veröffentlicht, die es in sich hat. In deutschen Medien wurden die Aussagen im Wesentlichen nur am Rande und dann auch noch bruchstückhaft wiedergegeben. Die NachDenkSeiten haben sich die Stellungnahme angeschaut und geben im Folgenden zentrale Aussagen wieder.
„Eklatanter Verstoß gegen Geist und Buchstaben des Vertrages vom 12. September 1990“
Russland hatte am Dienstag den deutschen Botschafter in Moskau, Alexander Graf Lambsdorff, einbestellt, um ihm einen deutlichen Protest zu übermitteln, wie aus der Stellungnahme der Botschaft hervorgeht.
Mit dem „Beschluss der Bundesregierung“ werde die „schleichende Revision der Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs und die Militarisierung Deutschlands“ fortgesetzt.
Aus russischer Sicht liegt ein „eklatanter Verstoß gegen Geist und Buchstaben des Vertrages über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland vom 12. September 1990 (des sog. ‚Zwei-Plus-Vier-Vertrags‘)“ vor. Unter Artikel 5.3 heiße es darin, dass Deutschland dazu verpflichtet sei, „keine ausländischen Streitkräfte auf dem ehemaligen Territorium der DDR zu stationieren bzw. dorthin zu verlegen“.
Moskau verdeutlichte Lambsdorff, dass „von der Bundesregierung eine unverzügliche und erschöpfende Positionierung“ zu diesem Sachverhalt gefordert werde.
Dann heißt es:
„An der Stelle drängen sich tragische Parallelen zur Remilitarisierung des Ruhrgebiets durch Deutschland im Jahr 1936, was unter Verletzung des Vertrags von Versailles von 1919 geschah.“
Gegenüber dem deutschen Botschafter sprach Russland von einer „historischen Amnesie“, die sowohl Politiker in Europa als auch „deren Betreuer in Washington“ „infiziere“.
Russland betonte, wie weitreichend „die Katastrophe“ für die Völker Europas während des 2. Weltkriegs war. Die Rede ist von einem „blinden Hass auf die UdSSR“. Und weiter:
„In der aktuellen historischen Phase haben die einstigen westlichen Alliierten nicht nur ihren Segen dazu gegeben, dass Berlin eines der grundlegenden völkerrechtlichen Dokumente verletzt, sondern sie sind dabei zu unmittelbaren Komplizen geworden.“
Und schließlich adressiert Moskau eine deutliche Warnung:
„Die Regierungen in Washington, Brüssel und Berlin müssen sich darüber im Klaren sein, dass die Ausdehnung der militärischen Infrastruktur der NATO auf das ehemalige Territorium der DDR die negativsten Konsequenzen haben wird und nicht ohne angemessene Reaktion der russischen Seite bleibt.“
Soweit die Stellungnahme.
Fatale Ignoranz
Es wird deutlich, wie schwer beschädigt mittlerweile die Beziehungen zwischen Russland und Deutschland bzw. dem Westen sind. Noch klarer, schwerwiegender und weitreichender kann eine Kommunikation auf Ebene der „Diplomatie“ kaum sein. Das Fatale ist: Auch diese Botschaft Russlands scheint einfach übergangen zu werden.
Ergänzung 25.10.2024 11:00 Uhr: Die deutsche Botschaft in Moskau äußerte sich zu den Vorwürfen mit den Worten: „Die Umwandlung des deutschen maritimen Führungsstabs in Rostock in die „Commander Task Force Baltic“ steht im Einklang mit dem 2+4-Vertrag. Der Führungsstab wird künftig einen Beitrag zu den NATO Readiness Forces leisten und, wie bisher auch, sowohl aus deutschen Soldatinnen und Soldaten als auch aus ausländischen Austausch- und Verbindungsoffizieren bestehen.“
Titelbild: s.dali / Shutterstock