Leserbriefe zu „Strengere Meldepflichten und kein Geld: Das Feindbild Arme rückt wieder in den Fokus der Politik“
In seinem Kommentar muss Marcus Klöckner feststellen, dass die Verantwortlichen in der Politik wieder einmal die Ärmsten der Armen gegeneinander ausspielen und das schamloser Weise vor dem Hintergrund, Milliarden in Militarisierung, Aufrüstung und Kriege zu investieren. Laut einem Entwurfspapier der Regierungskoalition sollen Bürgergeldempfänger mit einer „schärferen Meldepflicht“ in Arbeit gebracht und dann mittels einer „Durchhalteprämie“ bei Stange gehalten werden. Doch damit nicht genug: manchen Politikern und auch dem Kanzler geht diese „Belohnung“ zu weit, sie unterstellen den Bürgergeldempfängern indirekt, arbeitsunwillig und faul zu sein, dass „dürfe nicht noch „extra belohnt werden“. Damit werden die Ärmsten nicht nur noch mehr stigmatisiert, die Gesellschaft zusätzlich in ‚unten‘ und ‚oben‘ gespalten, es ist auch ein Offenbarungseid der Regierenden bezüglich Ihrer empathielosen Vorbehalte gegenüber Arbeitslosen. Vielen Dank für die sehr bewegenden Zuschriften, Ala Goldbrunner hat sie für Sie zusammengestellt.
1. Leserbrief
Sehr geehrte Damen und Herren,
Seit vielen Jahren bietet eine Gruppe (“die LINKE hilft”) in Freiburg beim Jobcenter und Arbeitsamt Hilfe an.
In einem Gespräch [mit] Verantwortlichen des Jobcenter wurde uns mitgeteilt, dass die Menschen, die keine Arbeit aufnehmen, oft zu viele verschiedene Probleme haben.
Mehr individuelle Betreuung wäre zwar wünschenswert , aber dazu fehlten einfach die Kapazitäten. Ein ständig wachsender Teil der Mittel zur Förderung der “Kunden” muss daher für den notwendigen Apparat ausgegeben werden.
In Ballungszentren wäre auch die Gewinnung von gut ausgebildetem Personal und die Fluktuation der Mitarbeiter ein zunehmendes Problem.
Fazit:
Solche Aussagen zum engeren Betreuen / Kontrollieren der Betroffenen ist gar nicht möglich und angesichts der Kürzungen bei den Maßnahmen für Betroffene auch nicht gewollt.
Das wird dann sprachlich schon verpackt.
Aus weniger Deutschkurse für Ukraine wird dann ein “Jobturbo”.
Die betroffenen Personen können ja mit sehr wenig Deutsch schneller in ein Arbeitsverhältnis.
Dass das zu Beschäftigung unter dem Qualifikationsniveau führt, ist die Folge.
Für die Betroffenen langfristig schlecht.
Auch für die Gesellschaft, da der Mangel an QUALIFIZIERTEN Arbeitskräften das große Problem ist.
Die Bundesregierung bedient hier Stereotype, und betreibt nicht Problemlösung, sondern Populismus, den Sie anderen gerne vorwirft.
Ich wünsche den “Querdenker” (-; NachDenkSeiten weiterhin alles Gute
Joseph Kraus
2. Leserbrief
Sehr geehrte Nachdenkseiten,
ich schreibe Ihnen zu der unsäglichen Bürgegeld-Debatte. Erstmal ein dickes Dankeschön, daß Sie dieses Thema im Gegensatz zu anderen Medien fair beleuchten.
Bei der ganzen Debatte wird eine wichtige Gruppe vergessen, nämlich die der Aufstocker, und da reden wir von immerhin fast zwei Millionen Menschen, die arbeiten, aber nicht genug verdienen, um ohne Bürgergeld leben zu können.
Was diese Menschen an Gängelungen ertragen müssen, kommt nie zur Sprache. Ich weiß, wovon ich rede, denn ich lebe schon länger vom Bürgergeld. In all dieser Zeit habe ich immer wieder versucht, trotz behindertem Kind eine Ausbildung oder Qualifikationen nachzuholen, welches regelmäßig vom Jobcenter abgelehnt wurde. Ich war Ende 20, als ich mir vom Sachbearbeiter vorwerfen lassen musste, warum ich mich denn auf Ausbildungen beworben hätte, wo ich doch wissen müsste, daß ich in diesem Alter mit behindertem Kind keine finden würde. Sehr motivierend, nicht wahr?
Also suchte ich mir erstmal ein Ehrenamt mit Aufwandsentschädigung, um irgendwie Fuß zu fassen. Sogleich musste ich dann jedes halbe Jahr statt einmal jährlich Bürgergeld beantragen.
Bald darauf suchte ich mir einen Minijob. Der erste Brief vom Jobcenter, nachdem ich sie darüber in Kenntnis gesetzt habe, lautete im Wortlaut: Sie haben sich einen Minijob gesucht, also kürzen wir Ihnen das Bürgergeld.
Inzwischen arbeite ich in Teilzeit. Mein inzwischen volljähriger Sohn macht eine Ausbildung. Von seinem Ausbildungsgeld von über 500 Euro darf er 100 Euro monatlich behalten, trotz Vollzeit. Jeder Euro, den wir mehr verdienen, wird uns sofort angerechnet. Dazu kommt der ewige Papierkrieg.
Motiviert man so Leute zur Arbeit, wenn man ihnen gleichzeitig das Gefühl gibt, sie zu bestrafen, weil sie selbstständig einen Job gesucht haben?
Ebenso kommt nicht zur Sprache, daß bei Lohnaufnahme sofort das Bürgergeld für den nächsten Monat gekürzt wird. Bis man also seinen ersten Lohn hat, hat man ein großes Minus oder muss Schulden beim Jobcenter machen. Und das alles meistens dafür, daß man zumindest als Familie eh nicht aus dem Bezug kommt. Satt den unsinnigen 1000 Euro Bonus sollte da mal was geändert werden! Aber wie immer ist im Mittelpunkt der ach so faule Arbeitlose…
All das kommt in den Medien nie zur Sprache, weil sowieso nie MIT den Empfängern geredet wird, sondern nur ÜBER sie. Aber warum sollten Bürgergeld-Empfänger weniger kapitalistisch denken als der Rest der Gesellschaft? Ich kenne viele Empfänger, aber ich kenne keinen, der sagt: “Ich will nicht arbeiten’. Aber ich kenne viele, die eben von dieser Lohnlücke abgeschreckt werden, ich kenne viele, denen wie mir eine Ausbildung oder Qualifikation verwehrt wurde, ich kenne viele, die ein Ehrenamt haben, viele, die Angehörige pflegen oder psychische Erkrankungen haben. Was diese Leute brauchen ist weniger Bürokratie und nicht das Gefühl, bestraft zu werden, wenn sie weiterkommen wollen.
Ich finde die derzeitige Diskussion einfach nur noch unerträglich. Wir Bürgergeld- Empfänger sind gesellschaftlich zum Abschuss frei gegeben. Das klingt sicher überspitzt, aber genau so fühlt es sich an.
Danke, daß die Nachdenkseiten uns nicht vergessen und haben Sie bitte Verständnis dafür, daß ich anonym schreibe.
Solidarische Grüße von C.S. (weiblich)
3. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Klöckner,
wissen Sie, es gibt eine wichtige Sache, die jedesmal bei diesem Thema ausgeblendet wird: Normalerweise besteht unsere Gesellschaft aus einem mittlerweile riesigen Teil, die alle Bürgergeldempfänger wären, gäbe es da nicht die Eingriffe durch die Regierung und ihre Gesetze.
Der Kreis der Menschen, die noch wertschöpfend arbeiten, wird immer kleiner. Viele Menschen verstehen auch nicht, dass die Einkommenssteuer einer Tätigkeit, die selber schon von Steuern finanziert wird, keine “echte” Steuereinnahme ist. Wenn ich zwei Kreise zeichne und in den einen “Steuern aus Einkommen der wertschöpfend Tätigen” und in den anderen “Steuern der Tätigen, deren Einkommen von Steuern der wertschöpfend Tätigen gezahlt werden” schreibe und den einen Kreis immer kleiner werden lasse und den zweiten immer größer, weil die Industrie abwandert, aber immer mehr Menschen in Rundfunkanstalten, Instituten, Initiativen der Regierung usw. arbeiten, dann verstehen sie plötzlich, dass da etwas nicht passen kann. Und dann verstehen sie auch, dass wir mit den notwendigen dieser Tätigkeiten wie Lehrer, Verwaltung usw. schon genug zu bezahlen haben und dass alles darüber hinaus Luxus ist. Wenn früher bei den alten Germanen ein Liedersänger umherzog, hat er von dem, was die Menschen erübrigen konnten, gelebt. Und hatten die Menschen nur wenig übrig, konnten sie ihm auch nur wenig geben oder mussten selbst hungern. Heute bekommt ein Opernintendant ein Vielfaches eines Bürgergeldempfängers, schaut aber von oben auf diesen herab und beschimpft ihn als faul (was von Politikern und Medien auch noch befeuert wird), obwohl er selbst keinerlei Wertschöpfung betreibt (ebenso wie die Politiker und Medien), noch überhaupt irgendetwas tut, was diesen Verdienst rechtfertigen würde. Und auch nicht selbst singt, schauspielert oder tanzt, wie es noch der germanische Liedersänger und Geschichtenerzähler tat. Der Intendant bekommt das Geld aus staatlicher Unterstützung genauso wie der Professor für gender studies. Und viele andere mehr. Dazu kommen noch die, die wir gezwungenermaßen von unserem Geld bezahlen müssen, weil es die Gesetze verlangen. Versicherungsvertreter, Beauftragte aller Art wie Frauenbeauftragte, Datenschutzbeauftragte, Queerbeauftragte, Ostbeauftragte … lauter solcher Unsinn. Anwälte, Normenausschüsse, Politiker und ihre Büroangestellten … Sämtliche Tätigkeiten in den Universitäten für Sozial- und Geisteswissenschaften, die mitnichten Wissenschaften sind, sondern nur als solche deklariert werden. Die Studienplätze für Sozialpädagogik und Genderblödsinn steigen, die für Maschinenbau sinken. Ich weiß, wovon ich rede, denn ich bin selbst Ingenieurin und weiß, wie schwierig es ist, heutzutage junge Menschen für ein Ingenieursstudium oder eine technische Berufsausbildung zu begeistern. Denn das kommt auch noch dazu, dieses Abwerten schon während der Schulzeit von wertschöpfenden Berufen und das Aufwerten von Sinnlos-Tätigkeiten.
Leider wirkt diese Hetzpropaganda gegen Bürgergeldempfänger immer wieder. Ich sehe das im Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis. Wenn ich ihnen dann aber das so beschreibe mit diesen sinnlosen, aber sehr hochbezahlten Tätigkeiten, dann sind sie meist etwas beschämt und verstehen natürlich sofort, wo das größere Problem liegt. Wenn nämlich ein Bürgergeldempfänger mit 1.000 € im Monat in einem Institut (nur mal so ausgedacht) anfängt, in dem geforscht wird, ob Brot ungesund ist oder nicht, oder in einer Meldestelle für Majestätsbeleidigung eine Stelle bekommt, dann kostet er den echten Steuerzahler wesentlich mehr als als Bürgergeldempfänger. Er steht dann zwar früh auf und geht zur Arbeit, aber sinnvoll ist diese Arbeit nicht.
Die Lösung für dieses Problem könnte eventuell das Zurückholen von Industrie und Gewerbe sein, also Textilindustrie, Medikamentenherstellung und dergleichen mehr. Nur damit bekommen Menschen wieder eine Arbeit, die auch einen Sinn ergibt. Was auch jede Menge psychische Probleme lösen würde. Die noch mehr wären, wenn sich all die Menschen in den Sinnlos-Tätigkeiten (Berufe kann man das ja gar nicht nennen) plötzlich ihrer Sinnlosigkeit bewusst würden.
Aber dafür sind Verfall und Dekadenz schon zu weit fortgeschritten, ich bezweifle, dass man mit diesem Lösungsvorschlag irgendetwas verändern würde.
Herzliche Grüße
Corinna Etzold
4. Leserbrief
Armut vermeiden? Mieten um 20% pauschal senken. Den Mindestlohn auf 20 Euro anheben. Vermögenssteuer wieder aktivieren und das Geld in die kommunalen Krankenhäuser und in die
Rentenkasse investieren. Das wäre eine Investition in die Zukunft und in den Binnenmarkt. Zusätzlich könnte man auch noch die kontraproduktive CO2 Besteuerung abschaffen.
5. Leserbrief
Liebes Team der NDS,
dieses ständige Gerede von den “faulen” Hartzern oder Bürgergeldlern widert mich nur noch an, da ich selbst davon betroffen bin. Aus gesundheitlichen Gründen war ich immer wieder lange arbeitslos und habe mich ansonsten im Billiglohnsektor durchgeschlagen. Wenn ich mich auf Stellen in meinem erlernten Beruf als Bürokauffrau bewerbe, bekomme ich, wenn überhaupt, nur Absagen. Zu einem Vorstellungsgespräch werde ich schon lange nicht mehr eingeladen. Was soll da bitte schön eine strengere Meldepflicht bringen? Und warum redet man z. B. mal nicht über Arbeitgeber, die sich die Lohnkosten für einen Langzeitarbeitslosen vom Staat sponsoren lassen und ihn wieder kündigen, sobald die Unterstützung ausläuft, um sich dann den nächsten sponsoren zu lassen? Während dieser Arbeitgeber dann als Leistungsträger und fleißiges Mitglied der Gesellschaft gilt, ist der gekündigte Arbeitnehmer ein fauler Sack, der dem Staat auf der Tasche liegt. Ein anderes Thema wäre die ganze Maßnahmenindustrie, die nur davon lebt, Langzeitarbeitslosen mal wieder unnötige Maßnahmen zu verpassen. Ich habe mittlerweile so viel Bewerbungstraining gemacht, dass ich selbst welches unterrichten könnte.
Ich möchte hier nicht alle Erfahrungen, die ich mit Jobcenter und schlecht bezahlten Jobs im Mindestlohnbereich gemacht habe, aufzählen. Aber dieses ewige Hetzen macht mir Angst, weil einfach alle in einen Pott geschmissen werden. Wenn ich an die wahrscheinlich künftige Black-Rock-Regierung denke, sehe ich mich schon im Armenhaus sitzen und Steine klopfen, um die Straßen Richtung Osten panzertauglich zu machen.
Ich bin froh, dass Ihr zu den alternativen Medien zählt, die dieses Thema immer mal wieder aufgreifen. Bei vielen anderen stelle ich leider fest, dass sie bei diesem Thema genau so drauf sind wie der Mainstream, was mich sehr traurig macht.
Mit freundlichen Grüßen
Natascha Hübner
6. Leserbrief
Waren die Armen nicht immer das klassische Feindbild, egal ob Krieg, Kommunismus und jetzt vor, während und noch nach Putin. Was machen sie dann, wenn der letzte Arme einmal gestorben sein sollte? Wird der dann ausgestopft und ausgestellt, damit die Menschen nicht vergessen wie das “Ultimative Böse” mal ausgesehen hat!!!
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