Süddeutsche Zeitung gegen Michael Meyen: ein Berichterstattungsexzess

Süddeutsche Zeitung gegen Michael Meyen: ein Berichterstattungsexzess

Süddeutsche Zeitung gegen Michael Meyen: ein Berichterstattungsexzess

Ein Artikel von: Redaktion

Die „Berichterstattung“ der Süddeutschen Zeitung über den Münchner Kommunikationswissenschaftler Michael Meyen kommt einem Abgesang auf den Journalismus gleich. Von der intellektuellen Dürftigkeit ganz zu schweigen. Wo Verstand, Argumente und Analysestärke fehlen, stehen die „richtige“ Haltung und Empörungsgetue. Ein Kommentar von Marcus Klöckner.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

„Einladung an umstrittenen Professor stellt VHS-Förderverein vor Zerreißprobe“ – so lautet die Überschrift eines aktuellen Artikels der Süddeutschen Zeitung (SZ). Die SZ kann es nicht lassen. Sie kann es nicht lassen, den Journalismusforscher Michael Meyen anzugreifen.

Wer das Archiv der SZ bemüht, findet zahlreiche Beiträge, in denen das Blatt Meyen zum Gegenstand seiner Aufmerksamkeit macht. Die SZ und Meyen – das scheint eine sehr „spezielle“ Beziehung zu sein. Alleine schon die Anzahl der Beiträge über den Professor lässt den Verdacht entstehen, dass es in ganz Bayern bisweilen wohl kein wichtigeres, größeres Thema gibt als das, was Meyen sagt und tut. Immer wieder richtet das Blatt seinen Fokus auf den Professor der Ludwig-Maximilians-Universität. Immer wieder ist die Redaktion verantwortlich für Beiträge, die in ihrer weltanschaulich kontaminierten Grundausrichtung nur auf eines zu setzen scheinen: die öffentliche Zerstörung der Person Meyen. Die Redaktion sollte ihre Beiträge zu dem Wissenschaftler unter einer eigenen Überschrift zusammenfassen: „Meyen muss weg!“

Wie das Münchner Blatt mit Meyen umgeht, ist aus journalistischer Sicht untragbar. Und aus menschlicher Sicht eine Sauerei.

Im vergangenen Jahr war die SZ intern mit einer eigenen Tragödie konfrontiert. Die stellvertretende Chefredakteurin war Plagiatsvorwürfen ausgesetzt. Insbesondere im Internet wurde laute Kritik geübt. Kurzzeitig war die Chefredakteurin verschwunden, über Suizid wurde spekuliert. Im Nachgang berichteten zahlreiche Medien über den Fall, die Anschuldigungen, aber auch über die Art und Weise, wie öffentlich mit den Vorwürfen umgegangen worden sei. Der Vorwurf einer „Treibjagd“ stand schnell im Raum.

Was sich die SZ in Sachen Meyen leistet, ist an publizistischer „Asozialität“ nur schwer zu überbieten. Seit 2020 veröffentlichte das Blatt über zwei Dutzend Beiträge über Meyen. Das spuckt eine entsprechende Suche im Archiv aus. Das ist sehr viel publizistische Aufmerksamkeit von einem Blatt für einen Professor. Immer wieder geht es um Meyens angebliche – irgendwie – „skandalöse“ politische Weltsicht. Immer wieder skandalisiert das Blatt Meyens Verhalten.

Wer auch nur in Ansätzen verfolgt, wie die vorherrschenden Weltsichten innerhalb des journalistischen Feldes angelagert sind, kann sich an einer Hand abzählen, was wohl Gegenstand der publizistischen Anklage sein muss.

Im Grunde genommen ist es pure Zeitverschwendung, darlegen zu wollen, warum Meyen von der Redaktion als „umstritten“ bezeichnet wird, warum immer wieder ein Begriff wie „Verschwörungstheorie“ in den SZ-Beiträgen zu lesen ist oder die Formulierung „Nähe zu Querdenkern“ auftaucht.

Wer als halbwegs informierter Mediennutzer einen Zeitungsartikel mit derartigen Begriffen und Formulierungen liest, kann sich schnell denken: Da geht es wohl um Einen, der sich etwas leistet, was in der heutigen Zeit von den wackeren Wächtern der Demokratie als schwere Grenzüberschreitung verstanden wird: nämlich, eine eigene Meinung zu haben. Und zwar eine eigene Meinung, die abweicht von den heiligen Wahrheiten des Medienmainstreams.

In dem aktuellen Artikel „informiert“ die SZ ihre Leserschaft schon unter der Überschrift, dass ein „Förderverein“ Meyen auftreten lasse (Empörung!), der doch „wegen seiner ‚Nähe‘ zu Querdenkern und Verschwörungstheoretikern in der Kritik steht.“

Im Grunde genommen braucht man hier schon nicht mehr weiterzulesen. Anklage, Urteil und publizistisches Standgericht: alles schon da. Die SZ hat in ihrem – ja, wie soll man es nennen? – Berichterstattungsexzess zu Meyen etwas wirklich Beindruckendes vollbracht, das muss man ihr lassen. Ich habe keinen einzigen Artikel gefunden, in dem die Zeitung einen kritischen Fürsprecher Meyens zu Wort kommen lässt. Kein Experte von außerhalb, der ihn verteidigt; keiner, der dem „journalistisch“ angestimmten Empörungssgejaule mal breit und in der gebotenen Grundsätzlichkeit entgegentritt. Wie kann das sein? Wo ist hier die journalistische Ausgewogenheit?

Stattdessen baut die Zeitung ihre Skandalisierung auf intellektuell Entleertes auf. Was soll denn eine „Nähe“ zu „Verschwörungstheoretikern“ sein? Vor allem: Was soll daran denn schlimm sein? Soll es etwa verboten sein, eine „Nähe“ zu jemanden zu haben, der annimmt, dass hinter dem Vorgang A eine Verschwörung Z steckt? Wie tief kann eine Zeitung intellektuell sinken? Und was soll eine „Nähe“ zu „Querdenkern“ sein, was soll daran schlimm sein? Als sogenannte „Querdenker“ während den schwersten Grundrechtseinschränkungen der Republik im Sinne der Demokratie ihre Stimme erhoben haben, hat die SZ einen Artikel unter der Überschrift „Mehr Diktatur wagen“ veröffentlicht.

Mit anderen Worten: Meyen einerseits, irgendwie, ein Problem im Hinblick auf die demokratische Gesinnung zu unterstellen, aber andererseits „mehr Diktatur“ fordern. Doppelter Standard? Die SZ sollte sich in der Causa Meyen schnellstens in einer Rückbesinnung auf das üben, was doch eine Qualitätszeitung ausmacht: Journalismus. Dazu gehört auch: Fairness. Treibjagden hingegen, gehören zum Gossenjournalismus.

Anmerkung: Marcus Klöckner hat sich in dem von ihm herausgegebenen Buch Umstritten – ein journalistisches Gütesiegel mit der Verwendung des Begriffs „umstritten“ in den Medien auseinandergesetzt. In dem Buch befindet sich auch ein Kapitel zu Michael Meyen und der Berichterstattung der SZ.

Titelbild: Hadrian / Shutterstock