And the winner is … Wagenknecht – Anmerkungen zum TV-Duell zwischen Alice Weidel und Sahra Wagenknecht

And the winner is … Wagenknecht – Anmerkungen zum TV-Duell zwischen Alice Weidel und Sahra Wagenknecht

And the winner is … Wagenknecht – Anmerkungen zum TV-Duell zwischen Alice Weidel und Sahra Wagenknecht

Ein Artikel von Ramon Schack

Von einer „politischen Heirat“ war im Vorfeld schon über das „TV-Duell“ geschrieben worden, eine Formulierung, welche dem Narrativ entspricht, das von Medien und Politik gesponnen wurde, über die angebliche programmatische Nähe zwischen der AfD und dem BSW. Aber nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich. Von Ramon Schack.

Sahra Wagenknecht gelang es überzeugend, diese politisch-medialen Hirngespinste zu zerreißen, von dem Moment an, als die Scheinwerfer angingen. Alice Weidel agierte von Anfang an sichtlich nervös, grinste an unpassenden Stellen, war anscheinend nicht gut vorbereitet und realisierte wohl zu spät, dass es einen Unterschied macht, ob man ein Bierzelt in der ostdeutschen Provinz in Stimmung bringt oder sich mit einer Vollblut-Politikerin a la Wagenknecht vor laufender Kamera auseinanderzusetzen hat.

Weidel eierte Wagenknecht hinterher

Weidel trat wie üblich auf – im Stil einer hanseatischen Kaufmannstochter, muschelblauer Blazer zur Perlenkette. Wagenknecht hatte sich für ein gelbgrünes Kostüm entschieden, obwohl himmelblau oder Brombeer-Rot eigentlich ihre bevorzugte Farbe sein sollte.

Bezüglich der brennenden geopolitischen Fragen unserer Zeit wusste Weidel nicht viel zu sagen, außer dass sie den Argumenten von Wagenknecht hinterher eierte.

Dieses Manko liegt natürlich auch darin begründet, dass Alice Weidel darum bemüht sein musste, ihren eigenen Wählerinnen und Wählern die Diskrepanz zu verbergen zwischen den außenpolitischen Aussagen einzelner AfD-Politiker und dem Programm dieser Partei, welches sich in Bezug auf NATO-Zugehörigkeit kaum von den Altparteien unterscheidet.

Weidel bewegte sich daher auf dünnem Eis und beendete die Debatte zur Tragödie im Nahen Osten mit den Worten: „Am Ende eines jeden Konflikts steht ein Frieden.“

Wagenknecht argumentierte kühl, ohne Versprecher und Fehltritte

Sahra Wagenknecht hingegen argumentierte kontrolliert, nahezu kühl, ohne Versprecher und Fehltritte und verwies Alice Weidel dadurch souverän in die Rolle der Debütantin, die noch einiges von der Meisterin zu lernen hat. Eine Übereinstimmung wurde bei dem Thema Ukraine sichtbar. Warum der Moderator Wagenknecht und ihr Vorwürfe mache, nur weil sie für einen Verhandlungsfrieden einträten, wollte Weidel wissen. Das sei „diplomatisches Handwerk“, was sie fordere.

Einig war sie sich mit Wagenknecht auch, dass der „verbrecherische“ Krieg auch eine Vorgeschichte habe, nämlich die von Russland analysierte Bedrohung durch die NATO. Natürlich kam es Sahra Wagenknecht gelegen, dass Außenpolitik im Duell eine große Rolle spielte, für die in der AfD-Führung nicht Alice Weidel, sondern ihr Co-Chef Tino Chrupalla zuständig ist. Sahra Wagenknecht gelang es dadurch spielerisch, ihre Argumentationsketten stringent durchzubringen, ohne sich weder vom Moderator noch von der politischen Konkurrentin aus der Bahn werfen zu lassen. Gab Weidel sich anfangs kollegial, ja sogar etwas ehrfürchtig gegenüber der 10 Jahre älteren BSW-Chefin, verteilte diese erst einmal verbale Ohrfeigen in Richtung der rechten Konkurrenz.

Als „nützliche Idiotin“ für die etablierten Parteien, als „Steigbügelhalterin“ und „U-Boot“ habe Weidel sie und das BSW tituliert, vermerkte Wagenknecht streng gleich zu Beginn der Sendung und fügte hinzu: „Das finde ich ehrenrührig.“ Weidels Schmeicheleien im weiteren Verlauf des Gesprächs prallten alle an den Schultern Wagenknechts ab.

Stattdessen quälte sie die AfD-Politikerin mit der Personalie Höcke, vor allem damit, dass Alice Weidel diesen Politiker einst aus ihrer Partei ausschließen wollte. Weidel antwortete darauf nicht, wich aber auch nicht aus, sondern fand einfach keine Antwort auf die knallharten Kritiken Wagenknechts, die immer wieder nachlegte. Wagenknecht warf Weidel vor, bei dem Thema Ressentiments zu schüren und sich von Rechtsextremisten in ihrer Partei vor den Karren spannen zu lassen.

Eines wurde auf jeden Fall an diesem Abend deutlich. Bei Alice Weidel und Sahra Wagenknecht handelt es sich um zwei Politikerinnen, die weit über das intellektuelle Niveau und das Format ihrer politischen Konkurrenten herausragen.

Deutlich wurde aber auch, dass zwischen den beiden Parteien eine größere politische Kluft herrscht als von vielen etablierten Medien und Politikern erhofft, dass diese beiden Frauen und ihre Parteien aber im kommenden Jahr eine noch wichtigere Rolle in der politischen Landschaft der Bundesrepublik spielen werden.

Titelbild: Screenshot von WELT Nachrichten