Kickl kann warten
In Österreich wie in Deutschland will niemand mit den Rechten zusammen regieren. Ein bisschen schon, sagt die zweitplatzierte ÖVP, aber nicht mit dem Chef der FPÖ, Herbert Kickl. Es gäbe doch genügend Schnittmengen in den Parteiprogrammen, meint der bisherige Bundeskanzler Karl Nehammer. Von Hans Bleibinhaus.
Die FPÖ und Herbert Kickl werden ihm nicht den Gefallen tun. Wenn es diesmal nicht geklappt hat, so vielleicht bei der nächsten Wahl. Jetzt ohne den Wahlsieger in eine Regierung zu gehen, nur um zu beweisen, dass auch die FPÖ mit Wasser kocht und vor allem das Migrationsproblem, ihren Hauptwahlkampfschlager, nicht lösen kann, bedeutete das Ende des Höhenflugs dieser rechten bis rechtsradikalen Partei.
Die ÖVP wird mit der SPÖ und einem weiteren Koalitionspartner eine österreichische Ampel zu bilden versuchen und ungefähr so weitermachen wie bisher, ohne Einigkeit über die Lösung der wirtschaftlichen, sozialen und Umweltprobleme des Landes. Die Folgen liegen auf der Hand. „Angesagte Katastrophen finden statt“, kommentiert Elfriede Jelinek.
Die SPÖ hat es mit dem neuen Vorsitzenden Andreas Babler nicht geschafft, mit mageren 21 Prozent ein wesentlich besseres Ergebnis als das bisher schlechteste von 2019 zu erreichen. Die Gründe dafür sind hauptsächlich in der eigenen Partei zu suchen. Das gemäßigt linke Wahlprogramm des Außenseiters aus Traiskirchen gefiel den behäbigen SPÖ-Vorsitzenden der Bundesländer nicht und so sabotierten sie und ihre Büchsenspanner nach Herzenslust: Schon im Juni verkündete der Burgenländer Doskozil, dass es nach der Nationalratswahl eine Personaldiskussion geben werde. Der Wiener Bürgermeister Ludwig hatte sicher nichts damit zu tun, dass seine Spitzenkandidatin Doris Bures im Sommer über die „BILD-Zeitung Österreichs“, die Kronenzeitung, wissen ließ, dass das Wahlprogramm der SPÖ hinten und vorne nichts tauge. Allen anderen Bundesländerorganisationen voran übten sich die niederösterreichischen Genossen bei der Wahlwerbung in passivem Widerstand. Ohne eine Parteireform wird die SPÖ allem Anschein nicht wieder auf die Beine kommen.
Die langfristigen Aussichten Österreichs sind düster.
Es gibt eine „neue“ Partei, die einen Politikwechsel verspricht und regional schon beachtliche Erfolge erzielt hat, in Graz etwa oder in Stadt und Bundesland Salzburg. Unglücklicherweise nennt sie sich KPÖ und erinnert damit an den gescheiterten Kommunismus der Sowjetunion. Programmatisch hat sie damit nicht nur das Geringste zu tun, sondern enthält sich bisher auch noch eines über die kommunale Ebene hinausgehenden Parteiprogramms. Wohnen, Schulen, Kindergärten, Altersheime und Spitäler stehen an der Spitze ihrer Forderungen, verbunden mit dem Anspruch, die Finanzverteilung und die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu verändern. Um an die gesetzgeberische Ebene heranzukommen, brauchen sie allerdings mehr als die 2,35 Prozent von 2024.
Dr. Hans Bleibinhaus, Dipl.-Volkswirt, hat lange Zeit auch in Österreich gelebt. Jedenfalls kennt er sich dort fast so gut aus wie in München oder in seiner Heimatstadt Regensburg.