Demografie-Experte Herwig Birg grast am rechten Rand, er tritt bei der schlagenden Verbindung „Kölner Burschenschaft Germania“ auf.
Wir haben uns – obwohl die gedanklichen Verbindungen nahe liegend sind – bisher gescheut, dem Bielefelder Demografie-Experten, Herwig Birg in die Nähe reaktionären Gedankengutes zu stellen. Jetzt stellt er sich selbst dort hin und tritt bei einer Burschenschaft auf, die z.B. immer noch alle drei Strophen des Deutschlandliedes singt, die keine Ausländer aufnimmt, die Schwarz-Weiß-Rot im Panier trägt, die die Nation als Grundlage öffentlicher Meinungs- und demokratischer Willensbildung sieht.
Aus Anlass dieser Information wiederholen wir unseren Hinweis vom 26.3.06. Birgs Schlussfolgerungen erscheinen jetzt noch klarer zuordenbar:
Über das bornierte Weltbild des Demografieexperten Herwig Birg:
- Eine der Hauptursache für den Geburtenrückgang sei die Einführung der Rentenversicherung im 19. Jahrhundert. Weil es in den USA ein nicht so entwickeltes Sozialsystem gibt, sei die Geburtenrate höher. (Der Sozialstaat ist an allem schuld?!)
- Die Alterung führe dazu, dass das Wirtschaftswachstum erlahme. (Deswegen hatten wir wohl im Mittelalter, als die Hälfte der Bevölkerung unter 20 Jahren war, ein so viel höheres Wirtschaftswachstum?!)
- Bis zur Jahrhundertmitte müsste der Ruhestandsbeginn bis auf das 75. Lebensjahr angehoben werden. (Am besten schaffen wir doch den Ruhestand gleich ganz ab, dann löst sich das Demografieproblem für die Politik komplett auf?!)
- Die griechische und die römische Hochkultur seien an der Demografie zugrunde gegangen. (Ein wirklich neuer Ansatz für den Aufstieg und den Fall der Imperien?!)
- Die Zuwanderung senke die Gesamtqualifikation unseres Arbeitskräftepotentials drastisch. (Wohl wegen der Minderwertigkeit der Rasse der Zugezogenen, dagegen hilft nur „rassische Veredelung“ à la „Lebensborn“?!)
Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man die grotesken Schlussfolgerungen Birgs als eine Satire über das Weltbild eines Bevölkerungswissenschaftlers abtun. Angesichts der derzeitigen Demografie-Hysterie muss man allerdings befürchten, dass solche abstrusen gesellschaftspolitischen Rückschlüsse aus der angeblich wissenschaftlichen Disziplin „Demografie“ ernst genommen werden. Schirrmachers Familienparadigma vom Überleben am Donnerpass hat schon bewiesen, dass es für jede Talkshow gut ist. Das Birg-Interview wurde übrigens nicht etwa in der Satire-Zeitschrift „Titanic“ sondern in der „Wirtschaftswoche“ abgedruckt.
Quelle: wiwo.de