Wieso muss Bundeswehrsoldat nach Ende der Duldungspflicht für mRNA-Impfverweigerung in den Knast?

Wieso muss Bundeswehrsoldat nach Ende der Duldungspflicht für mRNA-Impfverweigerung in den Knast?

Wieso muss Bundeswehrsoldat nach Ende der Duldungspflicht für mRNA-Impfverweigerung in den Knast?

Florian Warweg
Ein Artikel von: Florian Warweg

Am 16. September war der Oberfeldwebel Alexander Bittner vor seiner Kaserne in Ingolstadt von der Polizei verhaftet und in die JVA Aichach eingeliefert worden. Dort muss er eine sechsmonatige Haftstrafe wegen Verweigerung der COVID-19-Impfpflicht absitzen. Der Bundeswehrsoldat befindet sich mittlerweile im Hungerstreik. Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte zuvor am 28. Mai, nach einem Votum der Arbeitsgruppe des Wehrmedizinischen Beirats, die Duldungspflicht für COVID-19-Impfungen aufgehoben. Vor diesem Hintergrund wollten die NachDenkSeiten wissen, wieso der Oberfeldwebel trotzdem eine Haftstrafe antreten muss und was aus der angekündigten Evaluierung der mRNA-Impfungen in der Bundeswehr geworden ist. Von Florian Warweg.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Hintergrund:

Grundlage für Bittners Verurteilung war die im November 2021 von der damaligen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) eingeführte „Duldungspflicht für Covid-19-Impfungen“ für Bundeswehrangehörige. Die Pflicht war im Mai 2024 nach einem Votum des Wehrmedizinischen Beirats sowie der Empfehlung des Inspekteurs des Sanitätsdienstes der Bundeswehr wieder abgeschafft worden. Die NachDenkSeiten hatten zu der Aussetzung bereits am 29. Mai auf der Bundespressekonferenz nachgefragt. (Anmerkung der Redaktion: Die Bundeswehr und auch das Verteidigungsministerium nutzen, trotz des signifikanten Bedeutungsunterschieds, in öffentlichen Bekanntmachungen und Pressemitteilungen die Begriffe „Aussetzung“ und „Aufhebung“ als Synonyme.)

Das Amtsgericht Ingolstadt hatte den 41-Jährigen zunächst zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung sowie zur Zahlung einer Bewährungsauflage von 2.500 Euro verurteilt. Bittner lehnte die Auflage allerdings mit der Begründung ab, dass er „nicht schuldig“ sei. Die Zahlung zu akzeptieren, käme aber einem Schuldeingeständnis gleich.

Nach Ablauf der Bewährungszeit hätte der Oberfeldwebel die Haftstrafe am 9. September 2024 antreten müssen. Am 16. September ist Bittner durch die Polizei Ingolstadt, auf Anweisung der dortigen Staatsanwaltschaft, kurz vor Betreten der Kaserne festgenommen worden. Er war zu dem Zeitpunkt krankgeschrieben und nur dort, um die Krankschreibung seinem Truppenarzt auszuhändigen.

Wie das Online-Magazin Multipolar in einem Artikel mit dem Titel „Verhafteter Soldat tritt in Hungerstreik“ beschreibt, ist Bittner Alleinverdiener und Vater von drei Kindern. Laut Angaben seiner Frau und der Menschenrechtsorganisation „United For Freedom“ (UFF), die ihn unterstützt, darf er einmal in der Woche zehn Minuten telefonieren. Der Arzt und EU-Parlamentsabgeordnete Friedrich Pürner (BSW) hat kurzfristig um ein Gespräch mit der Anstaltsleitung und dem dort inhaftierten Oberfeldwebel gebeten. Bisher habe die JVA jedoch nicht auf die Anfrage reagiert. Der Mediziner war früher als Leiter des Gesundheitsamtes im Landkreis Aichach-Friedberg und als Gefängnisarzt in der JVA tätig, in welcher Bittner nun einsitzt.

Bittner ist nicht der einzige Fall

Ein anderer Soldat, der Oberstabsgefreite Jan Reiners, hat eine entsprechende Haftstrafe bereits hinter sich. Im Juli 2024 hatte er seine 40-tägige Haft in der Justizvollzugsanstalt Lingen in Niedersachsen angetreten. Zuvor hatte ihm die Bundeswehr, der er zwölf Jahre diente, laut eigener Darlegung gegenüber Kontrafunk alles weggenommen. Der Bundeswehrsoldat lebt seitdem von Bürgergeld:

„Bundeswehr-Führerschein, Truppendienstausweis, ich durfte nicht mehr einfach so in die Kaserne, mich hat man wie einen Schwerverbrecher behandelt.“

Das Soldatengesetz Paragraf 17a (2) besagt:

„Der Soldat muss ärztliche Maßnahmen gegen seinen Willen nur dann dulden, wenn sie der Verhütung oder Bekämpfung übertragbarer Krankheiten dienen.“

Vor diesem Hintergrund erklärte Reiners’ Anwalt, Edgar Siemund, dass der Befehl zur Covid-Impfung „unzulässig“ gewesen sei. Die Corona-Impfungen wurden im Rahmen ihrer Not-Zulassung nicht auf Schutz vor Übertragung des Virus getestet. Das bestätigte Pfizer-Direktorin Janine Small im Oktober 2022 in einem Sonderausschuss des Europäischen Parlaments. Auch die Europäische Arzneimittelaufsicht (EMA) musste dies im Oktober 2023 einräumen.

„COVID-19-Impfstoffe sind nicht zur Verhinderung der Übertragung von einer Person auf eine andere zugelassen. Die Indikationen sind nur zum Schutz der geimpften Personen vorgesehen.”

Bezugnehmend auf diese Aussagen und die Erkenntnisse aus der Veröffentlichung der ungeschwärzten RKI-Protokolle hatte das Verwaltungsgericht Osnabrück das Äquivalent zur Duldungspflicht in der Bundeswehr, die einrichtungsbezogene Impfpflicht für Pflege- und Gesundheitspersonal, erst in diesem Monat als „nicht verfassungskonform“ bewertet und zur erneuten Beurteilung an die höchste richterliche Instanz, das Bundesverfassungsgericht, verwiesen.

Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 18. September 2024

Frage Warweg

Herr Stempfle, am 16. September wurde der Oberfeldwebel Alexander Bittner vor seiner Kaserne in Ingolstadt von der Polizei verhaftet und in die JVA Aichach eingeliefert, wo er eine sechsmonatige Haftstrafe wegen Verweigerung der COVID-19-Impfpflicht absitzen muss. Er befindet sich mittlerweile im Hungerstreik. Verteidigungsminister Pistorius hatte allerdings höchstpersönlich am 28. Mai nach Votum der Arbeitsgruppe des Wehrmedizinischen Beirats die Duldungspflicht für COVID-19-Impfungen aufgehoben. Vor diesem Hintergrund würde mich interessieren, wieso der Oberfeldwebel eine Haftstrafe absitzen bzw. antreten muss – er hatte sich wegen Bedenken gegen mRNA-Impfstoffe widersetzt -, obwohl der Verteidigungsminister bereits vier Monate vorher die Duldungspflicht ausgesetzt hatte. Können Sie mir das kurz erläutern?

Stempfle (BMVg)

Das kann ich natürlich nicht, weil das eine Geschichte ist, die offenbar beim Gericht entschieden wurde und nicht bei uns. Deshalb müssten Sie wirklich beim Gericht nachfragen.

Zusatzfrage Warweg

Das Bundesverwaltungsgericht hatte in diesem ganzen Kontext auch eine Evaluierung der mRNA-Impfmaßnahmen der Bundeswehr eingefordert. Können Sie uns da auf den aktuellen Stand bringen, wie es um die Evaluierung steht?

Stempfle (BMVg)

Sobald die Evaluierung fertig ist, würden wir das bekannt geben – vorher nicht.

Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 18.09.2024

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