Der Weltkindertag – ein Tag zum Feiern, ein Tag, die Großen an ihre Pflichten für die Kleinen zu erinnern

Der Weltkindertag – ein Tag zum Feiern, ein Tag, die Großen an ihre Pflichten für die Kleinen zu erinnern

Der Weltkindertag – ein Tag zum Feiern, ein Tag, die Großen an ihre Pflichten für die Kleinen zu erinnern

Ein Artikel von Frank Blenz

Am Freitag war Weltkindertag, ein wichtiger Ehrentag für unsere kleinen und kleinsten Erdenbürger, der einst auf Vorschlag der Vereinten Nationen jedes Jahr am 20. September in mehr als 145 Ländern stattfindet. Das Motto des Tages hieß diesmal „Mit Kinderrechten in die Zukunft“ und ist Grund genug für unsere nachfolgende Generation zum Feiern einerseits. Landauf, landab organisieren die großen Menschen Feste für die Kleinen. In Thüringen (als einziges Bundesland) ist der Tag sogar offizieller Feiertag. Andererseits ist der heutige Weltkindertag ein ernstes politisches Ereignis, das mehr als nur Anstoß sein sollte, wohlmeinende Absichtserklärungen zu formulieren, schöne Reden zu schwingen, auf dass tags darauf doch wieder der gleiche Trott wie eh und je fortgesetzt wird. Ein Zwischenruf von Frank Blenz.

Das Hausaufgabenheft der Großen ist voll

Alle Jahre wieder werden an einem besonderen Tag besondere Worte gefunden, Würdigungen ausgesprochen, Hoffnungen geäußert und Ziele formuliert. Beim Weltkindertag stehen die Kinder im Mittelpunkt, weltweit und hier. So weit, so schön. Dieses Jahr heißt das Motto des Ehrentages „Mit Kinderrechten in die Zukunft“. Im vergangenen Jahr fanden die Macher den Slogan „Jedes Kind braucht Zukunft“ sehr cool und griffig. Und? Hat sich etwas getan? Das fade Gefühl und die Unzufriedenheit darüber, dass eine Antwort eher zurückhaltend bis deutlich verneinend ausfällt, lässt einen ins Grübeln kommen.

Bei aller Feierlaune heute und aller Freude über unsere Kleinen, über unsere Nachfolgegeneration, steht fest: Alle (!) unsere Kinder hierzulande haben Besseres verdient als das, was unsere Zeit, unsere Gesellschaft ihnen bietet und ihnen an Möglichkeiten zum Aktiv- und Froh-Sein einräumt. Ja, viele Große mühen sich wohl wundervoll um die Kleinen. Viele Eltern und Großeltern tun alles Mögliche, damit es den Kindern und Kindeskindern gut geht. Das ist die Ebene des Privaten, der kleinen Gesellschaft, des Miteinanders in der Zivilgesellschaft, die sich kümmert.

Was aber ist mit dem großen Ganzen? Zum heutigen Weltkindertag geht es, ja, um einen schönen Alltag in Geborgenheit, aber auch darum, dass die Politik für die Kinder da ist. Hier und weltweit. Es geht ebenso um etwas Größeres: um eine friedliche(ere) Welt, die die Erwachsenen den Kindern gerade vorenthalten. Und ein Innehalten, eine Umkehr ist nicht in Sicht. Das Hausaufgabenheft der Großen ist prall gefüllt, es bleibt vieles unerledigt. Und schauen wir allein auf unser Land. Da wären zum Beispiel die Kinderrechte.

Zuerst die gute Nachricht …

Vor einem Jahr schrieb eine Autorin auf der ARD-Tagesschau-Seite zum Thema „Kindergrundsicherung“ versöhnlich: „Die gute Nachricht. Die meisten Mädchen und Jungen in Deutschland erleben eine sichere und gesunde Kindheit …“. Was sie mit „die meisten“ meinte, erschließt sich mir nur schwer, weil das Wort „meiste“ den Eindruck erweckt, dass es lediglich ein paar wenige Kinder gäbe, bei denen das Fehlen einer sicheren und gesunden Kindheit zu beklagen sei. Einen Satz später räumt die Autorin ein, okay, es gibt auch eine schlechte Nachricht: „Die Zahl der Kinder, die in Familien aus den unteren Einkommensbereichen aufwachsen, steigt. Das Risiko, dauerhaft in Armut zu leben, begleitet derzeit mehr als 1,3 Millionen durch ihre Kindheit.“ Stand 2023.

Apropos Risiko. Es muss ergänzt werden, dass die im Tagesschau-Beitrag erwähnten „wenigen“ Kinder nicht nur „bedroht“, sondern betroffen sind, dass sie nicht nur einem vagen Risiko ausgesetzt sind, sondern im Schlamassel mit ihren Eltern, Großeltern, Geschwistern leben müssen. Und dass nicht ausreichend etwas dagegen unternommen, dieser beschämende Zustand geduldet, hingenommen, gar gefördert und ignorant ausgesessen wird. Und zwar von den Verantwortlichen, den Erwachsenen, denen in der Politik, von denen, die Entscheidungsträger sind.

Die Betroffenen sind Kinder und Erwachsene. Und betroffen sind wir schließlich alle. Doch was Wunder? Wir leben in einer Gesellschaft, die derlei Defizite satt aufzuweisen hat wie zum Beispiel in Sachen Gerechtigkeit, Fairness, Verteilung, Solidarität, Gleichheit. Die Ellenbogengesellschaft der Großen verursacht die Pein der Kleinen.

Die große Politik hat keinen Grund zum Mitfeiern

Nun im Jahr 2024 lautete das Motto des Weltkindertages „Jedes Kind braucht Zukunft“. Doch dazu gehört eben auch die entsprechende Politik. Siehe da, wir haben seit 2021 eine Regierung, die in ihrem Koalitionsvertrag entsprechende Vorhaben festgehalten hat, die von uns, dem Wahlvolk, als Wahlversprechen wahrgenommen wurden. Zwei markante Begriffe darin heißen: „Kindergrundsicherung“ und „Kinderrechte im Grundgesetz“. Im Koalitionsvertrag steht dazu dann konkret:

„Wir wollen allen Menschen unabhängig von ihrer Herkunft beste Bildungschancen bieten, Teilhabe und Aufstieg ermöglichen und durch inklusive Bildung sichern. Dazu stärken wir die frühkindliche Bildung, legen den Digitalpakt 2.0 auf und machen das BAföG elternunabhängiger und bauen es für die Förderung der beruflichen Weiterbildung aus. Kinder verdienen beste Bildung. Jedes Kind soll die gleichen Chancen haben. Diese Chancengleichheit ist aber noch lange nicht Realität. Wir wollen mehr Kinder aus der Armut holen, werden mit der Kindergrundsicherung bessere Chancen für Kinder und Jugendliche schaffen und konzentrieren uns auf die, die am meisten Unterstützung brauchen. Kinder haben eigene Rechte, die wir im Grundgesetz verankern wollen. Außerdem wollen wir den Kinderschutz stärken. Familien sind vielfältig. Sie sind überall dort, wo Menschen Verantwortung füreinander übernehmen und brauchen Zeit und Anerkennung. Wir unterstützen Eltern dabei, Erwerbs- und Sorgearbeit gerechter untereinander aufzuteilen.

Wir wollen die Kinderrechte ausdrücklich im Grundgesetz verankern und orientieren uns dabei maßgeblich an den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention. Dafür werden wir einen Gesetzesentwurf vorlegen und zugleich das Monitoring zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention ausbauen.“

Die Feierlaune trübt sich ein, denn weder gibt es bis heute, die Regierung ist drei Jahre in Amt und Würden, eine Kindergrundsicherung, noch sind die Kinderrechte im Grundgesetz verankert.

Damit das auch die kleinen Bundesbürger verstehen, hat das öffentlich-rechtliche Fernsehen einen Kinderkanal Kika. Das ZDF produziert dafür die Kindernachrichtensendung „logo“, in der Interessantes über das bislang ergebnislose Ringen im Parlament, besser über den Streit über die Kinderrechte im Grundgesetz berichtet wird: So dauere das Gezerre im Bundestag darum schon viele Jahre, weil es immer noch Politiker geben soll, die finden, dass Kinderrechte nicht extra ins Grundgesetz gehörten. Manche von ihnen sagten sogar, Kinder bräuchten keine eigenen Rechte, denn sie hätten ja die gleichen Grundrechte wie alle anderen Menschen auch und diese stünden ja im Grundgesetz schon drin. Abwiegeln leicht gemacht.

UNICEF fragt: Was wünscht ihr euch für Kinder in Deutschland? Wie sieht für euch eine kindgerechte Zukunft aus?

Da das mit den Rechten der Kinder und der Grundsicherung ja seitens der Politik derzeit „geklärt“ scheint und ungewiss ist, ob die nächste Regierung, das nächste Parlament anders agieren werden, bleibt erst einmal zumindest, die Kinder dennoch nach ihren Wünschen zu fragen. Zum diesjährigen Weltkindertag gibt es bei vielen Festen passende Spielrunden und Aktivitäten. So wie die Kinderrechte-Puzzleaktion, bei der die Kinder ihre Wünsche und Forderungen zusammentragen können. Man kann erahnen, dass sehr viele Puzzles zusammenkommen werden. Zu hoffen ist, dass die Großen diese nicht beiseiteschieben.

Und auch solche Wünsche sollten Erwachsene ernstnehmen: Bei einer Umfrage von „logo“ sagte ein Junge, dass Kinder, die zur Schule gehen, nicht mehr so früh aufstehen sollten. Ist ja auch nicht schön, immer so zeitig loszumüssen. Ausgeschlafen lernt sich auch besser.

Titelbild: PeopleImages.com – Yuri A/shutterstock.com