Der Fluch des Indopazifiks und die strategische Fehleinschätzung Berlins

Der Fluch des Indopazifiks und die strategische Fehleinschätzung Berlins

Der Fluch des Indopazifiks und die strategische Fehleinschätzung Berlins

Ein Artikel von Ramon Schack

Es war der indische Marinestratege Gurpreet S. Khurana, der Anfang 2007 den Begriff „Indopazifik“ erfand und in die geopolitische Debatte brachte. Inzwischen wurde diese Begrifflichkeit – ganz zum Entsetzen des Urhebers – umgedeutet. Erstaunlich auch, wie viel Aufmerksamkeit die Bundesregierung dieser fernen Weltregion derzeit schenkt eingedenk der Tatsache, dass vor der eigenen geopolitischen Haustür mehrere ungelöste Konflikte toben. Von Ramon Schack.

Eine geostrategische Brücke zwischen Indischem Ozean und Pazifik

Die Wortschöpfung geschah mit dem Ziel, den indischen Subkontinent mit seiner zweitgrößten Bevölkerung weltweit strategisch mit den Boom-Regionen Ostasiens am Pazifik in Verbindung zu bringen, was den Anspruch Indiens unterstreichen sollte, der Volksrepublik China auf dem Weg zum Status einer Weltmacht zu folgen.

Traditionell wurden die Anrainerstaaten des Indischen Ozeans – in diesem Fall die asiatischen Anrainerstaaten, denn dieser Ozean liegt auch an den Küsten Ostafrikas und Westaustraliens – als Südasien betrachtet und getrennt von den südost- und ostasiatischen Anrainerstaaten des Pazifiks betrachtet. Bei dem Begriff „Indopazifik“ handelt es sich also um einen relativ neuen Begriff, der aber an Bedeutung gewinnt und daher eine immer stärkere Verwendung findet.

Olaf Scholz scheint vom „Indopazifik“ geradezu fasziniert, als ob er der Bundeskanzler einer der Anrainerstaaten dieser Ozeane wäre, aber nicht derjenige der Bundesrepublik Deutschland, die ja bekanntlich eher im Herzen Europas liegt.

Erstaunlich ist es auf jeden Fall schon, wie viel Energie und Aufmerksamkeit die Ampel dieser fernen Weltregion widmet, wo doch vor der eigenen geopolitischen Haustür die ungelösten Konflikte toben und andauern.

So darf es auch nicht verwundern, dass die Passage von zwei Schiffen der Bundeswehr, der Fregatte „Baden-Württemberg“ und ihres Begleitschiffs „Frankfurt am Main“, durch die Meerenge zwischen der Volksrepublik China und der Insel Taiwan am 14. September 2024 in Peking für Verärgerung sorgte.

Peking beansprucht die Hoheit über die 180 Kilometer breite Taiwanstraße, während Washington und ihre Verbündeten diese als internationales Gewässer betrachten.

In dem historischen Bewusstsein der Chinesen erinnert dieses Vorgehen nämlich an die sogenannte „Hunnenrede“ von Kaiser Wilhelm, welche der Hohenzollern-Monarch zur Verabschiedung des „Expeditionskorps“ 1900 nach China in Bremerhaven hielt.

„Kommt ihr vor den Feind, so wird derselbe geschlagen! Pardon wird nicht gegeben! Gefangene werden nicht gemacht“, hieß es darin. „(…) möge der Name Deutscher in China auf 1.000 Jahre durch euch in einer Weise bestätigt werden, dass es niemals wieder ein Chinese wagt, einen Deutschen scheel anzusehen!“

Die strategische Fehleinschätzung Berlins, wonach der „Indopazifik“ eine Priorität der deutschen Außenpolitik darstellen würde, ist nicht nur falsch, sie ist auch riskant. Sie ist aber nicht einmalig, denn in Ermangelung eigener geostrategischer Konzepte jenseits der Vorgaben Washingtons ist Deutschland dabei, seinen Ruf in der Welt zu riskieren und seinen Einfluss zu verlieren.

Titelbild: Von Eric Gaba – CC BY-SA 4.0, commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=95795701

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